Die Zahl der Corona-Infektionen ist zu Beginn der Woche wieder rasant gestiegen: Die Sieben-Tage-Inzidenz in Mainz und Mainz-Bingen schnellte erneut auf mehr als 1.100 hoch. Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) wiegelte am Dienstag jedoch ab: das seien „mathematische“ Effekte. Doch gleichzeitig liegt die Hospitalisierungsquote mit 8,29 auf einem Rekordhoch, knapp 800 Menschen liegen derzeit in Rheinland-Pfalz mit Folgen von Covid-19 im Krankenhaus. Trotzdem reduziert Rheinland-Pfalz ab Mai die Quarantäne auf fünf Tage – und auch das Freitesten am Ende der Quarantäne entfällt. Das gilt auch für die Kitas und das Testen von Kontaktpersonen.

Steigt nur die Zahl der Coronatests wieder, oder die Zahl der Infektionen? Es gibt "eine hohe Dunkelziffer", räumt das Land ein. - Foto: gik
Steigt nur die Zahl der Coronatests wieder, oder die Zahl der Infektionen? Es gibt „eine hohe Dunkelziffer“, räumt das Land ein. – Foto: gik

Nach dem Ende der Osterferien steigt die Zahl der Corona-Infektionen derzeit wieder rasant an – entweder, weil nun wieder vermehrt Corona-Testungen stattfinden, oder auch, weil Urlauber Infektionen aus dem Urlaub mitbringen. So war etwa die Sieben-Tage-Inzidenz in Mainz am 20. April auf einen Wert von nur noch 582 gesunken – so niedrig wie seit Monaten nicht mehr. Auch die Quote der Einweisungen ins Krankenhaus lag entspannt niedrig bei 4,21, am 19. April sogar nur bei 3,17.

Doch das war offenbar nur eine Schein-Entwarnung: Bereits seit Ende der Osterferien stiegen die Zahlen sprunghaft wieder an. Im Landkreis Mainz-Bingen lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Freitag plötzlich wieder über der Marke von 1.000, in Mainz noch bei „nur“ 864 – in Rheinland-Pfalz landesweit bereits auch wieder bei 882. Am Montag dann das böse Erwachen: im ganzen Land Rheinland-Pfalz kletterte die Inzidenz plötzlich auf 1.013, in Mainz lag sie nun bei 1.037, und im Landkreis Mainz-Bingen bei stolzen 1.249. Praktisch jeder kannte nun auf einmal mindestens eine Person, die aktiv mit dem Coronavirus infiziert ist.

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Das Virus sei derzeit sehr präsent, räumte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) am Dienstag in Mainz ein, trotzdem verteidigte der Minister die jüngsten Lockerungen: „Wir haben über die Ostertage gesehen, dass wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben“, betonte Hoch.- Die Menschen gingen „sehr vernünftig und umsichtig mit der Lage um“, viele trügen weiter Maske beim Einkaufen, obwohl das nicht mehr vorgeschrieben sei. Der Anstieg der Infektionszahlen habe „einen hohen mathematischen Anteil“§, sagte Hoch weiter – und meinte damit offenbar Nachmeldungen der Osterfeiertage sowie vom Wochenende.

Knapp 800 Corona-Patienten in Krankenhäusern in RLP

Sieht die Corona-Lage sehr entspannt Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD). - Foto: RLP
Sieht die Corona-Lage sehr entspannt Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD). – Foto: RLP

Doch gleichzeitig musste der Minister auch einräumen: In den Krankenhäusern sei die Lage in den vergangenen vier Wochen „sehr angespannt“ gewesen. Die Belastung in den Kliniken sei aber vor allem auch hervorgerufen worden, weil auch viel medizinisches Personal in Quarantäne gemusst hätte, so hätten vielfach Betten deshalb nicht belegt werden können wie sonst. Gleichzeitig aber gab der Minister bekannt: in Rheinland-Pfalz müssen derzeit 793 Patienten wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden – die Hospitalisierungsinzidenz lag am Montag bei einem Rekordwert von 8,56.

Allerdings liegen gleichzeitig lediglich 65 Covid-Patienten auf den Intensivstationen, davon müssen 38 beatmet werden. „Wir haben die Lage sehr gut im Griff“, behauptete Hoch deshalb, es sei „die richtige Entscheidung“ gewesen, Rheinland-Pfalz nicht zu einem landesweiten Hotspot zu erklären. Nur mit dieser Hotspot-Erklärung hätte die Landesregierung nach dem neuen Bundesinfektionsschutzgesetz weitergehende Coronas-Einschränkungen noch rechtfertigen können, Hamburg hatte dies etwa getan.

 

Was der Minister allerdings auch nicht sagte: In Rheinland-Pfalz sind nach offiziellen Statistiken bereits 5.484 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben, davon 207 in den vergangenen vier Wochen. Und noch immer sterben in Deutschland bis zu 300 Personen an den Folgen einer Covid-Erkrankung – pro Tag. Das entspricht weiterhin der Größenordnung einer gut besetzten Passagiermaschine, Folgen haben diese Mengen täglicher Toten indes nicht.

Long Covid-Ambulanzen wird es weiter nicht geben

Dazu kommt: „Wir haben eine hohe Dunkelziffer nicht gefundener Infektionen“, räumte Hoch zudem ein, und betonte zugleich: „Das ist auch okay für uns.“ Es bedeute nämlich, dass viele Menschen asymptomatisch oder nur mit leichten Symptomen erkrankten. „Wir werden jetzt lernen, mit dem Virus zu leben“, sagte Hoch weiter, er sei „sehr optimistisch, dass wir einen guten Sommer haben werden.“ Zugleich sagte der Minister auch auf Mainz&-Nachfrage, er sehe „kein weitere Notwendigkeit“, seinen Kurs bei der Behandlung von Long Covid-Patienten zu ändern – und etwa auch in Rheinland-Pfalz eigene Long Covid-Ambulanzen aufzubauen.

 

Stattdessen geht Rheinland-Pfalz nun einen weiteren Lockerungsschritt: Am dem 1. Mai – also schon ab kommendem Sonntag – wird die Quarantäne bei einer Corona-Infektion auf fünf Tage verkürzt -, ein Freitesten ist dann auch nicht mehr nötig. Damit entfällt de facto jegliche Kontrolle, ob eine Corona-Quarantäne auch wirklich eingehalten wird oder nicht, die Einhaltung wird zur Privatsache der Infizierten und höchstens noch relevant im Zusammenspiel mit dem Arbeitgeber. Erst Anfang April war Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit dem Vorstoß, die Corona-Isolation ab Mai freiwillig zu machen gescheitert – Lauterbach hatte nach heftigen Protesten zurückrudern müssen.

Das Freitesten in Kitas nach einer Corona-Infektion in der Gruppe entfällt künftig, hier ein Kita-Kind in Köln beim Lollitest. - Foto: Stadt Köln, Thomas Banneyer
Das Freitesten in Kitas nach einer Corona-Infektion in der Gruppe entfällt künftig, hier ein Kita-Kind in Köln beim Lollitest. – Foto: Stadt Köln, Thomas Banneyer

Mit der neuen „Absonderungsverordnung“ für Rheinland-Pfalz müssen demnach ab dem 1. Mai nur noch mit dem Coronavirus selbst infizierte Menschen in Quarantäne, und zwar erst einmal für fünf Tage. Sind sie asymptomatisch, können sie die Quarantäne nach fünf Tagen einfach beenden, gibt es noch Symptome, verlängert sich die Quarantäne solange, bis 48 Stunden keine weiteren Symptome mehr auftreten. Kontrolliert wird das indes nicht: Der bislang obligatorische Schnelltest fällt dann weg. Auch könne die Quarantäne nach zehn Tagen „auf jeden Fall beendet werden“, sagte Hoch – egal, ob dann noch Symptome vorliegen oder nicht.

Kontaktpersonen müssen unabhängig vom Impfstatus zudem gar nicht mehr in Quarantäne – und sie müssen sich auch nicht mehr freitesten. Das hat auch Auswirkungen auf die Kitas: „Der Ein-Tages-Freitest-Zyklus in den Kitas fällt weg“, kündigte Hoch an. De facto bedeutet das: Es wird noch mehr unerkannte Folgeinfektionen mit dem weiterhin hochansteckenden Virus geben. Experten befürchten nun, dass der Druck auf Arbeitnehmer, zu früh zum Arbeitsplatz zurückzukehren, deutlich wachsen wird.

Die Fallzahlen werden unterdessen noch weniger verlässlich werden: Hoch kündigte auch an, Rheinland-Pfalz werde gemeinsam mit Hessen die Meldungen der Corona-Infektionen an den Wochenenden einstellen. Aktuelle Corona-Fallzahlen werde es künftig nur noch montags bis freitags geben.

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