Es war die mit Abstand größte Crowdfunding Aktion, die Deutschland je gesehen hat – und sie sammelte 4,5 Millionen Euro an Hilfsgelder ein: Die „Flutwein“-Aktion der Ahrwinzer war ein Riesenerfolg. Nun geht die Aktion in die digitale Welt: Zum Jahrestag der Flutkatastrophe versteigern die Ahr-Winzer eine der letzten original Flutwein-Flaschen, aber mehr noch – versteigert wird auch das digitale Abbild eben dieser Flutwein-Flasche. Das sogenannte NTF ist eine Art virtuelles Kunstwerk, los geht es heute Abend um 20.00 Uhr, die Versteigerung läuft bis Donnerstagvormittag, 11.00 Uhr.
Es ist die wohl ungewöhnlichste Versteigerung, die die Weinwelt je erlebt hat: versteigert wird zum einen eine handnummerierte Flutwein-Flasche – die Nr. 14 – aus dem Weingut Kriechel. Der „Ahrweiler Rosenthal, Spätburgunder Jahrgang 2012“ ist eine der wenigen Überlebenden der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021, als die Ahr in einer Nacht mit einer reißenden Flutwelle Keller und Häuser überspülte und alles mit sich riss, was im Wege stand.
Auch das Weingut von Peter Kriechel in Walporzheim an der Ahr traf die Flutwelle hart: 30 Zentimeter hoch stand die braune, schlammige Brühe in den Verkaufsräumen im Erdgeschoß, Flaschenlager und Barriquekeller wurden komplett geflutet. Aus dem Schlamm barg Kriechel wie die anderen Ahrwinzer auch schlammverkrustete Weinflaschen, sie wurden zu „Flutweinen“ und für die notleidenden Winzer an der Ahr verkauft: 45 der 50 Weinbaubetriebe an der Ahr wurden zum Teil schwer geschädigt, manche verloren alles, was sie besaßen – Häuser und Maschinen inklusive.
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Inzwischen wurden mehr als 47.500 Flutwein-Flaschen von Ahrwinzern zugunsten der notleidenden Betriebe verkauft – aber nicht alle: Einige wenige Originalflaschen wurden für besondere Events zurückgehalten. Die Flasche Nr. 14 stammt nun aus der überfluteten Schatzkammer des Weinguts Peter Kriechel, dem größte privaten Weingut an der Ahr, das seit 1555 in Familientradition geführt wird. Ihre Versteigerung gibt nun den Startschuss für die nächste Stufe des „Flutwein“-Projekts der Initiative „AHR – A wine region needs Help for Rebuilding e.V.“.
Die Versteigerung findet auf der Auktionsplattform Niftee statt, und das ist eine echte Besonderheit: Versteigert wird nämlich nicht einfach „nur“ die Falsche – sondern ein sogenanntes NFT. Darunter versteht die virtuelle Welt ein detailgetreues Abbild der Flasche, und zwar im 360-Grad-Modus – das virtuelle Abbild wurde detailgetreu gescannt und aufwändig modelliert, und somit selbst zu einem Kunstwerk. Denn NFTs erwirbt man genau wie ein Kunstwerk exklusiv und einmalig, es ist ein Abbild, das es so nur ein einziges Mal gibt. Dazu konserviert die Plattform Niftee das 3D-Modell der Weinflasche auf der Blockchain in einer 1/1-Edition.
„Die Flasche ist zu 100 Prozent Computer modelliert, ist aber der exakte Zwilling der Originalflasche“, erklärt Initiator Daniel Koller exklusiv im Gespräch mit Mainz&. Das sei auch eine Methode, um die Geschichte der Flutnacht zu konservieren: Denn die echte Flasche ändere mit jeder Bewegung, erst Recht mit ihrem Öffnen ihr Aussehen, gerade die durch die Flut entstandene Schlammschicht. „Die damit verbundene symbolische Kraft und die Erinnerung an die Katastrophe im Ahrtal dürfen nicht verloren gehen, um den Opfern zu gedenken und davor zu bewahren, dass sich die tragische Geschichte wiederholt“, betont Koller aber.
Das digitale Pendant der Flutwein-Flasche 14/1000, das von Simon de Payrebrune erstellt wurde, sei deshalb „eine Momentaufnahme und ein einmaliges historisches Zeugnis, das den Wiederaufbau der Region unterstützt.“ Denn der Erlös der Auktion kommt natürlich auch wieder der AHR-Initiative und damit den Flutgeschädigten Winzern zugute. Die Versteigerung beginnt am heutigen Mittwochabend um Punkt 20.00 Uhr auf der Auktionsplattform Niftee, wer mitsteigern will, muss sich vorher registrieren.
Die Versteigerung endet am Jahrestag der Flutkatastrophe, also am morgigen Donnerstag, den 14.07.2022 um 11.00 Uhr. Das Mindestgebot liegt bei 1.000 Euro, Koller ist aber optimistisch, dass die Endsumme deutlich höher liegen wird. „Der teuerste, bislang versteigerte, nicht historische Wein ging für rund 14.000 Euro weg“, berichtet Koller: „Ich schätze, dass wir das locker knacken werden.“ Er rechne fest damit, dass der Flutwein Nr. 14 einen neuen Rekord als teuerster, je versteigerter Wein halten werde. Das sei auch wichtig im Sinne der Ahr, betont Koller: Die Region brauche dringend neue Vermarktungswege für die Weinbranche und den Tourismus.
„Mit dem Schritt ins Metaversum wollen wir sowohl zu einer längerfristigen Unterstützung der Ahrweinerzeuger als auch zu einer Neupositionierung der Ahr als besonders innovative Weinregion beitragen“, sagt Peter Kriechel, der auch Vorsitzender von Ahrwein e.V. ist. Und so soll die Versteigerung des ersten Flutwein-NTFs auch der Auftakt zu mehr werden: Mitte August wollen die Initiatoren ein „Museum of modern Ahrts“ starten, in dem Objekte ausgestellt werden, die die bewegenden Geschichten der Flutnacht erzählen. Dieses Museum soll aber nicht nur als physisches Mahnmal existieren – sondern auch virtuell im Metaverse.
„Wir wollen in dem Mahnmal auch die gesamte Bewegung der Solidarität an der Ahr einfangen“, berichtet Koller gegenüber Mainz& weiter. So solle der enormen Solidahritäts-Bewegung aus ganz Deutschland auch im virtuellen Raum eine permanente Präsenz gegeben werden. Der Höchstbietende der ersten Auktion wird nun erst einmal das NFT der Flasche sowie das Besitzrecht an der Flasche selbst erwerben. „Ob er sie trinkt oder nicht, bleibt ihm überlassen“, sagte Koller, Bedingung aber sei: Die Flasche selbst werde Teil des Museums of Modern Ahrts.
Info& auf Mainz&:Die Versteigerung des ersten Flutwein-NFTs findet hier im Internet auf der Plattform Niftee statt, dort könnt Ihr alle Details nachlesen und Euch auch für die Auktion registrieren. Was aus den Flutwein-Spenden geworden ist – das verraten wir Euch morgen auf Mainz&. Mehr zu Aktion Flutwein könnt Ihr noch einmal hier auf Mainz& nachlesen: