Die Mainzer Rheingoldhalle wird und wird nicht fertig, im Großen Saal lagern immer noch Riesenmengen Schutt und Steine – nach dem Parkett entpuppte sich nun auch noch der Estrich darunter als zu stark beschädigt für einen Erhalt. Zwei Jahre nach dem Brand im Dachgestühl ist eine Fertigstellung der wichtigsten Mainzer Kongresshalle damit weiter nicht in Sicht – zu Verzögerungen kam es auch, weil es Verdacht auf den Fund einer Weltkriegsbombe gab. Und nun machen auch noch Lieferverzögerungen bei den Bauarbeiten Probleme. Die Mainzer CDU spricht von „offensichtlichen Mängeln in der Bauleitplanung“, sieht den Kongress- und Veranstaltungsstandort Mainz in erheblichen Nöten – und fordert eine Entschuldigung von Bürgermeister Günter Beck (Grüne) wegen seines „Rumpelstilzchen“-Vergleichs.

Brand der Mainzer Rheingoldhalle am 16. Mai 2019, im Dachstuhl hatte sich nach Schweißarbeiten ein Schwelbrand entwickelt. - Foto: Stadt Mainz
Brand der Mainzer Rheingoldhalle am 16. Mai 2019, im Dachstuhl hatte sich nach Schweißarbeiten ein Schwelbrand entwickelt. – Foto: Stadt Mainz

Im November 2018 hatte die Stadt Mainz den Startschuss für die Sanierung der 50 Jahre alten Veranstaltungshalle am Rhein gegeben, Ende 2019 wollte man ursprünglich fertig sein – doch daraus wurde nichts. Vor genau zwei Jahren, am 16. Mai 2019 beschädigte ein durch Schweißarbeiten ausgelöster Schwelbrand den Dachstuhl der Mainzer Rheingoldhalle schwer. Fast noch schlimmer:  das Löschwasser und der eingesetzte Löschschaum richteten im ganzen Gebäude darunter erhebliche Schäden an: Die gesamte Wandkonstruktion im Innenbereich wurde durchtränkt, Wasser und Schaum verteilten sich durch zahlreiche Lücken und Ritzen schnell und gründlich bis hinunter in den großen Saal. Das Löschwasser setzte zudem Asbest frei, zwei Monate dauerte allein die Sanierung wegen dieser Schadstoffe.

Inzwischen wird die Großbaustelle Rheingoldhalle immer mehr zum Alptraum: Bei einem Ortstermin vergangene Woche präsentierte die Rheingoldhallen GmbH gemeinsam mit Bürgermeister Günter Beck (Grüne) statt einem rundum sanierten Großen Saal eine Trümmerlandschaft. Schutt und Steinhaufen prägten das Bild, denn inzwischen ist endgültig klar: Nicht nur das ehrwürdige Parkett der großen Halle wurde durch Löschwasser und Schaum stark beschädigt, auch der Estrich muss runderneuert werden – die Rheingoldhalle braucht einen komplett neuen Fußboden.

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Schutt statt Parkett: Der Große Saal der Rheingoldhalle ist auch im Mai 2021 weiter eine Großbaustelle. - Foto: MAG/Alexander Sell
Schutt statt Parkett: Der Große Saal der Rheingoldhalle ist auch im Mai 2021 weiter eine Großbaustelle. – Foto: MAG/Alexander Sell

Bei der Stadt spricht man von einer „Überraschung“, die erst entdeckt worden sei, nachdem das Baugerüst im Großen Saal abgebaut wurde, dabei hatte die Stadt bereits vor mehr als einem Jahr, im Februar 2020, die erheblichen Schäden selbst konstatiert: „Parkett und Estrich im Großen Saal der Rheingoldhalle sind durch den Wasserschaden so stark beschädigt, dass ein kompletter Austausch erforderlich ist“, sagte damals MAG-Geschäftsführer Martin Dörneman bei einer Besichtigung vor Ort. Dörnemann hatte die Schäden damals als Begründung angeführt, warum die Rheingoldhalle nicht bis Ende 2020 fertig werde, sondern sich die Arbeiten „bis Anfang 2021“ verzögern würden.

Inzwischen ist es Mai 2021, und von einer baldigen Fertigstellung ist keine Rede mehr. Bürgermeister Beck wollte vergangene Woche nun gar keinen Fertigstellungstermin mehr nennen. Erst der Brandschaden, „dann Wasserschäden und Asbesteinträge, schließlich die Corona-Pandemie, Lieferengpässe und nun auch noch einen Bombenfund“, klagte Beck – man könne jetzt „nur noch Daumen drücken, dass auf der Zielgeraden nun keine Verzögerungen mehr eintreten werden.“

Buddeln vor der Rheinfassade der Rheingoldhalle: Ein vermeintlicher Bombenfund verzögerte hier die Arbeiten um sechs Wochen. - Foto: Foto MAG/Alexander Sell
Buddeln vor der Rheinfassade der Rheingoldhalle: Ein vermeintlicher Bombenfund verzögerte hier die Arbeiten um sechs Wochen. – Foto: Foto MAG/Alexander Sell

Fast sechs Wochen lang habe ein vermeintlicher Bombenfund im Bereich der Rheingoldterrasse an der Uferseite der Rheingoldhalle die Verantwortlichen in Atem gehalten, gab die Stadt nun überraschend bekannt – bislang war darüber nicht informiert worden. „Wir hatten einen Verdacht auf einen Bombenfund und mussten unter Einschaltung des Kampfmittelräumdienstes und aller zuständigen Behörden die Stelle zunächst Stück für Stück und äußerst sorgsam freilegen“, sagte Frank Intra, Projekteiter der Rheingoldhallen GmbH.

Der Bombenfund bestätigte sich nicht, die Experten fanden „lediglich“ Splitterteile einer Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die keinen Sprengsatz mehr enthielten. Die Bombenteile seien inzwischen fachgerecht entfernt worden, sagte Intra – doch die erneuten Verzögerungen an der Baustelle waren nicht mehr zu vermeiden. Nun räumt die städtische Tochterfirma auch noch ein: „Die Einschränkungen rund um die Corona-Pandemie beeinflussen den Bauablauf erheblich“, sagte Intra – bisher hatte die Stadt das immer bestritten. Nun aber heißt es, „durch die Lieferengpässe der Baustoffe und durch den Bombenfund ist der gesamte Zeitplan ins Wanken geraten.“ Wie sehr das die Baukosten in die Höhe treibt, dazu sagte die Stadt nichts.

Neue Decke mit völlig neuer und moderner Technik im großen Saal der Rheingoldhalle. - Foto: MAG/Alexander Sell
Neue Decke mit völlig neuer und moderner Technik im großen Saal der Rheingoldhalle. – Foto: MAG/Alexander Sell

Immerhin: Die gesamte Technik im Großen Saal ist bereits installiert, die Halle bekam eine völlig neue und hochmoderne Ausstattung mit Licht, Ton und Bühnentechnik. Neben dem Fußboden fehlen aber noch Wandverkleidungen und Teile des Bühnenaufbaus, ein hochwertiges neues Parkett soll auch künftig die große Halle zieren. Auch in den ehemaligen Räumen der Spielbank fehlen noch Estrich- und einige Endarbeiten, im Rohbau ist ebenfalls noch die neue Rheingoldterrasse zum Rhein hin, die das Rheinfoyer mit dem Rheinufer verbinden soll – hier muss auch noch die Fassade erneuert werden. Die Abstimmung mit der Denkmalpflege sei aber bereits erfolgt, hieß es weiter.

Die Verzögerungen sind eine Katastrophe für die Fastnachtsvereine, aber auch für die Mainzplus Citymarketing GmbH, der weiter ihr wichtigster Kongresssaal nicht zur Verfügung steht. Ganz Mainz blicke inzwischen „mit Besorgnis auf ein Großprojekt, das in der Öffentlichkeit bereits als ‚Mainzer BER‘ tituliert wird“, kritisierte die Mainzer CDU-Vorsitzende Sabine Flegel nun – und machte die Schuld dafür auch bei der zuständigen städtischen Aufbaugesellschaft MAG und bei Beck fest: Die vorgestellten Zeitpläne seien doch „von Vornherein nicht zu halten gewesen“, schon der Start der Sanierungen habe sich um sechs Monate verzögert, erinnerte Flegel.

Bürgermeister Günter Beck (Grüne) im Februar 2020 bei der Besichtigung der Baustelle Rheingoldhalle. - Foto: gik
Bürgermeister Günter Beck (Grüne) im Februar 2020 bei der Besichtigung der Baustelle Rheingoldhalle. – Foto: gik

Dann habe die Stadt immer wieder neue Zusagen und Perspektiven für eine Fertigstellung in Aussicht gestellt, während weitere Bauverzögerungen eine Wiedereröffnung der Rheingoldhalle immer weiter in die Zukunft verschoben. „Dass Beck immer noch keinen Fertigstellungstermin nennen will, ist eine Bankrotterklärung, und es wäre für die Stadt besser, wenn er sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der MAG niederlegt“, betonte die CDU-Oppositionspolitikerin. Die eigentlich hervorragende Position von Mainz als Kongress-, Tagungs-, Tourismus- und Kulturstandort werde durch die ständigen Verzögerungen inzwischen nachhaltig beeinträchtigt. „Kunden müssen immer wieder vertröstet, Veranstaltungen verlegt oder abgesagt, Buchungen wieder storniert werden“, kritisierte Flegel. Erschwerend komme die Sanierung der Rathaus-Tiefgarage für die nächsten 2 Jahre hinzu.

„Wir fordern von der MAG und der Stadtspitze umgehend einen professionellen und umsichtigen Umgang mit der Rheingoldhalle als Flaggschiff des Mainzer Kultur- und Kongresswesens“, forderte Flegel. Dazu gehöre auch ein respektvoller Umgang miteinander, öffentliche Diffamierungen verbäten sich: „Es ist unerhört, Geschäftsführer städtischer Beteiligungen – hier den der Mainzplus Citymarketing –  als ‚Rumpelstilzchen‘ zu bezeichnen“, schimpfte Flegel, „ich fordere Beck auf, sich öffentlich für diese Äußerung zu entschuldigen.“ Beck hatte Mainzplus-Chef August Moderer so bezeichnet, nachdem sich Moderer in einem Zeitungsinterview über die Unwägbarkeiten bei der Fertigstellung der Rheingoldhallen-Sanierung beklagt hatte. Die verbale Entgleisung von Bürgermeister Beck sei „in keinster Weise zu akzeptieren“, kritisierte Flegel.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Großbaustelle Rheingoldhalle könnt Ihr mit Stand Februar 2020 hier bei Mainz& nachlesen, über die Beschädigungen von Parkett und Estrich sowie den Bau insgesamt durch Löschwasser und Löschschaum nach dem Dachstuhlbrand haben wir hier bei Mainz& berichtet. Das Drama um den Brand der Rheingoldhalle im Mai 2019 könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.

 

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