Es wurde in der Tat ein „kleiner Rosenmontag“: Rund 30.000 Menschen haben nach Schätzung der Mainzer Polizei am Samstag den 11.11. und die Narrenzeit in der Mainzer Innenstadt gefeiert. Der Schillerplatz mit seiner Begrenzung auf 9.000 Besucher reichte bei Weitem nicht aus, so verteilten sich die Feierwilligen in der ganzen Innenstadt, stürmten die LU und das Marktfrühstück – und hinterließen erheblich Mengen an Müll und Scherben. Zum Helden wurde ein Hausmeister, auf der Strecke blieb der ÖPNV. Kritik kommt von der Mainzer Polizei.

30.000 Menschen feierten am 11.11. in der Mainzer Innenstadt. - Foto: gik
30.000 Menschen feierten am 11.11. in der Mainzer Innenstadt. – Foto: gik

Die gute Nachricht vorweg: Die spontane Megaparty in Mainz blieb bis in den Abend hinein vollkommen friedlich und fröhlich. Doch was sich da am Samstag über die Mainzer Innenstadt ergoss, war geradezu ein Party-Tsunami: Rund 30.000 Menschen strömten nach Schätzung der Polizei nach Mainz, um den 11.11., die Fastnacht und vor allem wohl eine riesige Party zu feiern. „Schon vor dem eigentlichen Beginn haben sich zahlreiche Feiernde in der Altstadt eingefunden, und die Achse Schillerplatz, Ludwigsstraße und die Domplätze eingenommen“, berichtete die Mainzer Polizei am Sonntag.

Dem Ansturm war die Stadt kaum gewachsen – zumal sich Mainz weitgehend unvorbereitet zeigte. Der Mainzer Schillerplatz, sonst Hauptplatz des Geschehens, konnte die feierwilligen Massen nicht fassen. Die Stadt Mainz hatte im Vorfeld dem organisierenden Mainzer Carneval-Verein (MCV) eine Begrenzung der Narrenparty auf 9.000 Menschen verordnet. Der MCV reagierte daraufhin mit einer Absperrung des Platzes und nahm Eintritt – die Karten waren binnen Stunden ausverkauft und das, obwohl der Kartenverkauf heimlich und ohne große Ankündigung gestartet worden war.

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„Als würden sie auf den Rosenmontagszug warten“

Am Samstag dann drängten sich zum Start um 11.11 Uhr bereits rund 6.500 bis 7.000 Besucher auf dem Schillerplatz – und viele Besucher strömten auch ohne Karten zum Gelände. Schnell drängten sich Zuschauer auch entlang der Schillerstraße, „als würden sie auf den Rosenmontagszug warten“, wie ein Vereinsoberer fassungslos vom Balkon des Osteiner Hofs aus anmerkte. In der Tat: Die Innenstadt brummte vor Narren, als würde jeden Moment ein Umzug um die Ecke kommen.

Feierwillige Narren stürmten bereits vor 11.11 Uhr auch die angrenzenden Bereiche rund um den Schillerplatz, wie hier die Schillerstraße. - Foto: gik
Feierwillige Narren stürmten bereits vor 11.11 Uhr auch die angrenzenden Bereiche rund um den Schillerplatz, wie hier die Schillerstraße. – Foto: gik

Kostümierte Narren stürmten das Mainzer Markfrühstück und bevölkerten Straßen und Plätze, insbesondere entlang der Ludwigsstraße entwickelte sich ein Narrentreiben wie sonst nur an den höchsten Fastnachtstagen. Im Polizeibericht las sich das dann so: „Früh war erkennbar, dass Personen ohne Karten außerhalb des abgesperrten Geländes am Schillerplatz ebenfalls dem Bühnenprogramm folgen wollten, und dadurch enormen Druck auf die umliegenden Straßen verursachten.“

Die Polizei Mainz musste daher sehr frühzeitig die Kreuzung vor dem Schillerplatz und die Schillerstraße für den Individualverkehr und den ÖPNV sperren – „entgegen der ursprünglichen Überlegungen“, wie die Polizei in ihrem Bericht betonte. Man habe Gefahren für Feiernde minimieren und gleichzeitig mehr Raum für diese schaffen müssen. „Eine angedachte Ausweitung des Veranstaltungsgeländes auf die Schillerstraße war zur Freihaltung von Rettungswegen nicht umsetzbar“, so der Bericht weiter – und übte nur wenig versteckte Kritik an den Planungen: „Die Umsetzung der Verkehrsmaßnahmen war nur mit hohem Kräfteaufwand der Polizei möglich.“

ÖPNV-Verbindungen brachen zusammen, Marktfrühstück gestürmt

Das Ergebnis: Im Öffentlichen Nahverkehr brachen reihenweise Verbindungen zusammen, der Ausfall der wichtigen Straßenbahntangente führte offenbar zu einem weitreichenden Chaos bei Bussen und Bahnen, und das bis weit in den Abend hinein. Mainz&-Leser berichteten, sie seien 30 Minuten zu spät zu Sitzungen gekommen, andere schimpften: Die Strecke von der Mainzer Oberstadt zum Mainzer Zollhafen sei mit Bussen und Bahnen überhaupt nicht zu bewältigen gewesen.

Narrenmassen auf der Ludwigsstraße in Mainz am 11.11.: Fast wie ein kleiner Rosenmontag. - Foto: Unsichtbare Römergarde
Narrenmassen auf der Ludwigsstraße in Mainz am 11.11.: Fast wie ein kleiner Rosenmontag. – Foto: Unsichtbare Römergarde

„Die Mainzer Mobilität überzeugt ein weiteres Mal heute mit Totalversagen“, kommentierte ein erboster Nutzer auf Facebook. Man habe ewig an der Bushaltestelle gewartet, aber „hier hielt nix, hier kam nix.“ Informationen zur notwendig gewordenen Umstellung der Fahrten wurden zumindest in der App der Mainzer Mobilität ebenfalls nicht gesendet.

„Wie zu erwarten, war auch das letzte Mainzer Marktfrühstück brechend voll“, berichtete die Mainzer Polizei weiter. Das sei „ganz offensichtlich auch darin begründet“ gewesen, dass die Veranstaltung des MCV auf dem Schillerplatz eben nur mit Ticket betreten werden konnte, „und die Menschen Alternativen suchten.“ Die Beschicker des Mainzer Wochenmarktes hätten sich wegen der großen Personenmassen dazu entschieden, ihre Verkaufsstände vorzeitig abzubauen. „Auch zahlreiche Gaststätten waren bereits nachmittags sehr gut besucht“, so der Polizeibericht weiter: „In den Abendstunden verlagerte sich das Geschehen immer mehr in diese.“

Müllberge und Scherbenhaufen auf der LU

Am Mittag und Nachmittag aber füllten die Narrenscharen vor allem die LU: Mehrere tausend Menschen feierten dort „friedlich bis in den späten Abend“, so die Polizei weiter, „spielten Musik über Bluetoothboxen ab und konsumierten mitgebrachte Speisen und Getränke.“ Das Ergebnis: „Dies führte zu einer starken Verunreinigung der gesamten Straße mit Glasscherben, die nicht nur ein erhöhtes Verletzungsrisiko darstellten, sondern auch bei mindestens einem Streifenwagen für einen Plattfuß sorgten.“

Einer von drei Müllbergen auf dem Gutenbergplatz vor dem Mainzer Staatstheater. - Foto: gik
Einer von drei Müllbergen auf dem Gutenbergplatz vor dem Mainzer Staatstheater. – Foto: gik

Gegen 21.00 Uhr stürzte sogar eine Person auf der inzwischen spiegelglatten Ludwigsstraße und erlitt dabei eine tiefe Schnittwunde an einer Wange am Übergang zum Hals. „Es war wohl nur ein glücklicher Umstand, dass die Verletzung nicht lebensgefährlich war“, konstatierte die Polizei. Der Mann wurde durch Einsatzkräfte der Polizei erstversorgt und von Rettungskräften und Notarzt übernommen.

Zum Helden wurde derweil der Hausmeister des Mainzer Staatstheaters: Er habe bereits gegen 19.00 Uhr „den dringenden Reinigungsbedarf“ erkannt und alleine begonnen, den Vorplatz des Theaters zu kehren. Dabei „erhielt er Unterstützung durch zwei Feiernde, stattete diese mit Besen aus und sie kehrten gemeinsam den Theatervorplatz sowie die Straße des Gutenbergplatzes.“ Die Drei hätten zumindest große Scherben beseitigen können, eine fachgerechte Reinigung sei dann durch die Stadt Mainz veranlasst worden.

Polizeireport: Kaum Strafverstöße, friedliche Stimmung

Trotz der Massen aber blieb es überaus friedlich: Bis zur Meldezeit um 21.00 Uhr sei es nur zu wenigen relevanten Vorfällen gekommen, „und trotz sichtbar hohen Alkoholpegels bei vielen Feiernden kaum zu Aggressionsdelikten.“ Die Bilanz der Polizei bis 21.00 Uhr: „2 x Körperverletzung durch Anspucken, 1 x Streitigkeit, 1 x Anzeige Sachbeschädigung an KFZ, 1 x Trickdiebstahl, 1 x Verstoß Kunsturhebergesetz, 1 x Betäubungsmittel-Delikt.“ Die Beamten des Jugendschutzes hätten zudem fünf 5 Verstöße wegen Alkoholgenuss und fünf Verstöße wegen E-Zigaretten durch Minderjährige festgestellt. Nur eine Person erhielt einen Platzverweis.

Trotzdem klang in dem Polizeibericht eine gewissen Fassungslosigkeit mit, als es hieß: „Die Polizei Mainz war im Tagesverlauf mit rund 120 Einsatzkräften pausenlos im Einsatz, um die Sicherheit zu gewährleisten und Gefahrenbeseitigungen durch die zuständigen Stellen zu veranlassen.“ Die Erkenntnisse aus dieser Einsatzlage würden in die Planungen für die Fastnachtstage 2024 einfließen.

Info& auf Mainz&: Wie der 11.11. am Vormittag auf dem Schillerplatz verlief, könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Einen Kommentar zum 11.11. findet Ihr hier bei Mainz&: Scherbenhaufen der Naivität.