Die Partei Volt ist ein Neuling in der bundesdeutschen Parteienlandschaft: Gegründet wurde sie im März 2017 von einem Italiener, einem Deutschen und einer Französin, Anlass waren die Europawahl und die starken anti-europäischen Ressentiments, die erstmals auch in Deutschland von rechtspopulistischen Parteien verbreitet wurden. Volt will „mehr Europa wagen“, bei der Kommunalwahl 2019 holte die junge Partei aus dem Stand heraus 1,2 Prozent und ist seither im Mainzer Stadtrat vertreten, wo man eine Fraktionsgemeinschaft mit den Piraten hat. Volt versteht sich als pro-europäische Bürgerbewegung, auf kommunaler Ebene kämpft man für eine Verkehrswende nach dem Vorbild von Oslo oder Gent, für mehr Grün in der Stadt, Digitalisierung – etwa den Livestream des Stadtrats – und mehr Bürgerbeteiligung. Nun will VOLT auch in den Bundestag, als Volt-Direktkandidat tritt in Mainz Fabian Köhler-Langes an, hier seine Antworten auf unsere „12 Fragen an…“.

Direktkandidat der Partei Volt in Mainz: Florian Köhler-Langes. - Foto: Köhler-Langes
Direktkandidat der Partei Volt in Mainz: Florian Köhler-Langes. – Foto: Köhler-Langes

Name: Florian Köhler-Langes

Partei: Volt

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Alter: 36

(Erlernter) Beruf: Promovierter Physiker

Bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor, und zwar in Stichworten: Was charakterisiert Sie am besten, welche Merkmale sollten Wähler von Ihnen im Kopf haben?

Köhler-Langes: 36 Jahre alt, promovierter Physiker, Energieexperte, Musiker, kosmopolitischer Lokalpolitiker & lokaler Kosmopolitiker, leidenschaftlicher Papa im Wechselmodell, Backpacker, Vegetarier, Weltenbürger und Neustadt-Fan. Optimist, Realist, Demokrat, Teamplayer und Baupolitischer Sprecher der Stadtratsfraktion Piraten & Volt.

Frage 1: Warum kandidieren Sie persönlich für den Deutschen Bundestag? Was motiviert Sie dazu?

Köhler-Langes: Unsere Welt benötigt eine grundlegend neue Politik, die endlich die Bedürfnisse aller Menschen, Tiere und Pflanzen berücksichtigt. Die großen  Herausforderungen lassen sich nur noch grenzübergreifend gemeinsam als Menschheit lösen. Seit sechs Jahren beschäftige ich mich fast täglich für mehrere Stunden mit diesen großen Herausforderungen unserer Zeit, insbesondere mit der Klimakatastrophe und sozialer Ungleichheit. In den letzten zwei Jahren habe ich unser Bundestagswahlprogramm in verschiedenen Bereichen stark mit koordiniert, mitgeprägt und ausformuliert. Mit meiner Tätigkeit im Mainzer Bauausschuss bin ich zudem zu meiner großen Freude in der Realpolitik angekommen.

Wahlplakat Volt mit Florian Köhler-Langes. - Foto: Köhler-Langes
Wahlplakat Volt mit Florian Köhler-Langes. – Foto: Köhler-Langes

Im Bundestag könnte ich jedoch für unsere politischen Ziele noch viel weitreichender werben. Sehr wichtig ist mir, dass ich mit Volt antrete. Wir sind keine herkömmliche nationale Partei, sondern eine durch und durch europäische Partei. Wir wurden von drei jungen Menschen aus Frankreich, Italien und Deutschland am 29. März 2017 gegründet. Unsere politischen Forderungen erarbeiten wir länderübergreifend und vertreten diese dann europaweit. Dieser Ansatz durchbricht die nationale Brille, weitet den Blick auf unsere grenzübergreifenden Herausforderungen und ermöglicht grenzübergreifendes Handeln. Genau dieser transnationale Ansatz wird meiner tiefen Überzeugung nach der Schlüssel sein, um die globalen Herausforderungen wie beispielsweise die Klimakatastrophe wirklich zu lösen.

Frage: Was möchten Sie für Mainz im Deutschen Bundestag erreichen?

Köhler-Langes: Gerade als Baupolitischer Sprecher unserer Stadtratsfraktion Piraten & Volt gehören die exorbitanten Mieten und Immobilienpreise in Mainz und in großen Teilen des Wahlkreises zu den drängendsten Problem hier in der Region. Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen immer mehr von ihrem Einkommen in die Miete stecken müssen, und dass selbst gut verdienende Paare sich aus eigener Kraft kein Eigenheim in Mainz und Umgebung leisten können. Immer mehr Menschen sind bei Eigentum auf das Vermögen ihrer Eltern angewiesen. Das sorgt beim Vermögen für eine zunehmende Manifestierung gesellschaftlicher Schichten, die für eine liberale Gesellschaft sehr ungesund ist.

Marode Infrastruktur: Die gecrashte Salzbachtalbrücke in Wiesbaden. - Foto: gik
Marode Infrastruktur: Die gecrashte Salzbachtalbrücke in Wiesbaden. – Foto: gik

Chancengleichheit und Soziale Mobilität sind für mich ein ganz wesentliches politisches Anliegen. Marode Infrastruktur, wie sie sich an der Schiersteiner Brücke und an der Salzbachtalbrücke in wirklich dramatischer Form gezeigt haben, sind nur die Spitze des Eisbergs. Gerade die Mobilitätsinfrastruktur benötigt mehr Investitionen in ein sicheres Straßennetz, aber vor allem im Rhein-Main-Gebiet in den ÖPNV, den Fernverkehr und die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Den dringendsten Handlungsbedarf sehe ich jedoch beim Radwegenetz. Ich pendele jeden Tag mit meinem E-Bike nach Wiesbaden, eine Strecke die zeitlich absolut machbar ist. Allerdings muss ich als Radfahrer anders als Bahn- und Autofahrer Zick-Zack fahren. Wieso haben wir hier keine Fahrrad-Highways, wie es sie in den Niederlanden in jedem Dörfchen gibt?

Frage:  Welches sind die drei wichtigsten Ziele, für die Sie im Deutschen Bundestag streiten wollen? Was wollen Sie unbedingt erreichen?

Köhler-Langes: 1. Unsere erste existentielle Krise – die Klimakatastrophe kombiniert mit dem Artensterben und der Umweltzerstörung – raubt uns in einem atemberaubenden Tempo die Grundlage für unser Leben. Daher muss die Politik in Deutschland alles dran setzen, dass wir allen hier lebenden Menschen ein durch und durch nachhaltiges Leben ermöglichen, das Umwelt nicht weiter zerstört, klimaneutral und in geschlossenen Kreisläufen eingebettet ist. Gerade als Energieexperte des Statistischen Bundesamtes ist mir der wirklich sofortige Handlungsbedarf äußerst bewusst.

Politik anders machen: Gründung des VOLT-Landesverbandes RLP in Pandemiezeiten. - Foto: VOLT
Politik anders machen: Gründung des VOLT-Landesverbandes RLP in Pandemiezeiten. – Foto: VOLT

2. Die immer stärker werdende Soziale Ungleichheit, die sich in immer konzentrierteren Einkommens- und Vermögensverteilungen zeigt und zu immer schwerer zu bezahlenden Mieten bzw. Immobilien führt, bedrohen unser gesellschaftliches Miteinander. Wir benötigen daher eine etwas stärkere Steuerprogression beispielsweise bei sehr hohen Einkommen (> 100.000 Euro) und Erbschaften. Eine neue Erbschaftsteuer sollte Eigenheim und  Familienunternehmen schützen und zugleich starker Vermögenskonzentration entgegenwirken. Wir benötigen zudem ein deutlich durchlässiges Schulsystem, eine menschlichere soziale Absicherung und einen Mindestlohn, der eine Rente ermöglicht, die höher als die Grundsicherung ist.

3. Die Zunahme sozialer Ungleichheit, die in den letzten 40 Jahren durch einen globalen Unterbietungswettbewerb bei sozialen Standards befeuert wurde, und die existentielle Umweltkrise haben eins gemeinsam, sie haben planetare Dimensionen und Verflechtungen. Vollständig lassen sich beide somit nicht mehr innerhalb eines Nationalstaats lösen. Wir benötigen daher dringend ein Update unserer Politik, das handlungsfähige und demokratische länderübergreifende politische Strukturen schafft, so dass wir starke globale Regelwerke ausarbeiten, beschließen und durchsetzen können. Unser Kernanliegen bei Volt ist daher die Schaffung einer echten europäischen Demokratie. Parallel dazu sollten wir die Strukturen der Vereinten Nationen demokratisieren. Nur als Menschheit gemeinsam können wir planetare Herausforderungen lösen.

An der Lösung dieser drei Herausforderungen würde ich gerne Tag und Nacht im Bundestag
arbeiten.

Frage 4: Wie wollen Sie es schaffen, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen?

Nur mal kurz Europa und die Welt retten: VOLT-Direktkandidat Florian Köhler-Langes am Wahlkampfstand in Mainz. - Foto: gik
Nur mal kurz Europa und die Welt retten: VOLT-Direktkandidat Florian Köhler-Langes am Wahlkampfstand in Mainz. – Foto: gik

Köhler-Langes: Treibhausgase müssen endlich adäquat bepreist werden, so dass es auf uns Menschen einen wirklichen Handlungsdruck gibt. Mobilität muss vollständig neu gedacht werden, gemeinschaftlich, Ressourcen schonend und klimaneutral. Sämtliche Gebäude müssen in den nächsten 15 Jahren so modernisiert werden, so dass wir in ganz Deutschland bis 2035 CO2-Neutralität erreichen. Landwirtschaft muss neu gedacht werden – effizient und biodivers. Die riesigen EU-Subventionen müssen vollständig umstrukturiert werden, so dass nur noch Nachhaltigkeit subventioniert wird. Die Industrie braucht glasklare Ansagen, um planungssicher zu investieren. Jährlich benötigen wir zusätzliche Erneuerbare Energien mit einer Leistung von 25 bis 30 Gugawatt. Dies sind nur einige wenige Beispiele aus unserem ambitionierten Klimaprogramm. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, fordern wir in ganz Europa Klimaneutralität bis 2040.

Frage 5: Die Mieten in Mainz steigen und steigen – seit Jahren, Mainz gehört inzwischen zu den zehn teuersten Städten der Republik. Was tun Sie dagegen in Berlin? Wie stehen Sie zu einem Mietendeckel?

Köhler-Langes: Wie oben beschrieben, ist genau diese Herausforderung ein Kernanliegen von mir. Neben der Schaffung von neuem Wohnraum, müssen wir das Problem an der Wurzel angehen, also durch die Reduktion sozialer Ungleichheit. Eine ganz wesentliche Maßnahme ist die Förderung von nicht-profitorientierten Bauen. Der Mietendeckel kann krassen Exzessen entgegen wirken, löst die Problematik im Kern aber leider nicht.

Wahlplakat Volt zum Thema Wohnen. - Foto: Volt
Wahlplakat Volt zum Thema Wohnen. – Foto: Volt

Frage 6: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein gutes Gesundheitssystem ist – wie wollen Sie die Finanzierung von Krankenhäusern sicher stellen? Setzen Sie sich für eine Abschaffung der Fallpauschalen ab? Und wie kann die Medizin wieder mehr für die Menschen da sein und eine individuelle Behandlung mit Zeit für den Patienten sicher stellen?

Köhler-Langes: Wir benötigen eine ganzheitliche Finanzierung unseres Gesundheitssystems, so dass gleiche Leistungen gleich bezahlt werden. Aus diesem Grund wollen wir die Fallpauschalen abschaffen. Um den ganzheitlichen Aspekt zu ermöglichen, müssen wir parallele Strukturen bei der ambulanten und der stationären Versorgung, sowie bei der Rehabilitation, aufbrechen und zusammenführen. Um die individuelle Behandlung zu verbessern, wollen wir den hausarztzentrierten Ansatz weiter vorantreiben und dort, wo Engpässe bestehen, für Entlastung sorgen.

Frage 7: Sind Sie für eine einheitliche Bürgerversicherung? Und wenn Nein, warum nicht?

Köhler-Langes: Wir wollen das System der Krankenversicherungen reformieren und dazu eine Bundesgesundheitskommission einsetzen. Die genaue Ausgestaltung der Versicherungen haben wir aufgrund der komplexen Fragestellung und der begrenzten Zeit leider noch nicht im Detail ausgearbeitet. Hiermit werden wir uns nach der Bundestagswahl eingehender beschäftigen.

Köhler-Langes 2019 in Rom beim Europäischen Parteitag von Volt. - Foto: Köhler-Langes
Köhler-Langes 2019 in Rom beim Europäischen Parteitag von Volt. – Foto: Köhler-Langes

Frage 8: Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft aus, und wie setzen Sie sich dafür im Deutschen Bundestag ein? Wie stehen Sie zur Forderung eines kostenlosen ÖPNV?

Köhler-Langes: Die Mobilität der Zukunft muss innerhalb von 14 Jahren vollständig klimaneutral ausgestaltet werden. Wir wollen hierzu den Bahnverkehr, den ÖPNV und Sharing-Modelle massiv ausbauen. Der Güterverkehr gehört wann immer auf die Schiene oder auf Binnenschiffe mit klimaneutralen Antriebssystemen. Um diesen Wandel zu schaffen, müssen diverse Verkehrsmittel günstiger werden. Aus diesem Grund wollen wir günstige Mobilitätsflatrates für den ÖPNV und Regionalverkehr unter anderem mit Bundesmitteln umsetzen. Gerade in Mainz haben wir mit unser Stadtratsfraktion schon öfters versucht die Mobilitätswende zu ermöglichen – beispielsweise mit unseren Stadtratsanträgen zu autofreien Bereichen in Mainz und unserem Antrag zum Ausbau des Radwegenetztes.

Frage 9: Wie machen Sie Ihren Bundestagskollegen in Berlin die Bedeutung der Ahrtal-Katastrophe klar?

Köhler-Langes: Um sich eine solche Katastrophe wirklich zu vergegenwärtigen, würde ich mit meinen Kolleg*Innen die Menschen im Ahrtal besuchen und gemeinsam ihnen eingehend zuhören. Darüber hinaus würde ich mich mit Wissenschaftler*Innen austauschen, um zu erfahren, wo genau solche extremen Ausprägungen der Klimakatastrophe noch auftreten können.

Wahlkampf-Flyer von VOLT: Ihre Farbe ist Lila. - Foto: gik
Wahlkampf-Flyer von VOLT: Ihre Farbe ist Lila. – Foto: gik

Frage 10: Wie werben Sie für rheinhessischen Wein in Berlin?

Köhler-Langes: Dort würde ich unseren rheinland-pfälzischen Spitzenkandidaten und Winzer Michael Reuther vorschicken. Er kennt sich deutlich besser aus und kann sich Abende lang über Wein aus der Region unterhalten.

Frage 11: Wo liegt Ihre Partei am Abend des 26.9. in Prozentzahlen – und wie traurig sind Sie, wenn es nicht zu Ihrem persönlichen Einzug in den Deutschen Bundestag reicht?

Köhler-Langes: Volt liegt hoffentlich bei hohen Prozentzahlen und schafft den Einzug in den Bundestag. Wir tun gerade alles, um wirklich maximal viele Wahlstimmen zu erhalten. Gerade am letzten Wochenende haben wir in Niedersachsen bei der Kommunalwahl weitere 16 Mandate erhalten.

Unser Wachstum von unten ist äußerst dynamisch und robust. Wenn der Einzug in den Bundestag jedoch dieses Mal nicht klappt, dann ist das kein Beinbruch und auch keine verschenkten Stimmen. Denn jede Stimme beflügelt uns in unseren wirklich sehr tiefgreifenden und zukunftsweisenden Ideen. Wir werden so oder so in den nächsten Jahren für unseren Ansatz werben, in Parlamenten, auf der Straße und im Netz. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir damit unglaublich viel Erfolg haben werden, weil wir mit unserem einzigartigen länderübergreifenden Ansatz den Schlüssel liefern, um die Probleme wirklich weltweit zu lösen.

Persönlich fange ich erst mit meiner politischen Karriere an und diese werde ich noch lange Zeit weiter verfolgen. Im Innersten träume ich davon, irgendwann mal in einem globalen Parlament zu sitzen und starke Abkommen auszuhandeln, um unsere Lebensressourcen global zu schützen und unser Finanz- und Wirtschaftssystem global menschlicher zu gestalten.

Frage 12: In welchem Fall würden Sie Ihr Mandat niederlegen?

Köhler-Langes: Uff, halt wenn ich Mist bauen sollte. Oder wenn wir unseren weitreichenden Anliegen alle umgesetzt haben. 😉 Oder wenn ich aufhöre mich selbstkritisch zu reflektieren. Oder wenn meine Partei das so wünscht, denn ich vertrete als Kandidat von Volt die Forderungen meiner Partei.

Info& auf Mainz&: Ihr wollt alle Fragebögen aller Mainzer Direktkandidaten auf einen Blick? Bittesehr: Alle Fragebögen sowie alle weiteren Informationen zur Bundestagswahl 2021 findet Ihr auf unserer Sonderseite Bundestagswahl& – genau hier bei Mainz&.

Mehr über Volt Mainz und die Themen hier auf kommunaler Ebene findet Ihr hier im Internet, mehr über den Direktkandidaten Florian Köhler-Langes könnt Ihr ausführlich hier im Internet nachlesen. Über die Aktivitäten von Volt im Mainzer Stadtrat haben wir zum Beispiel hier in der Coronazeit zur Forderung nach Abschaffung des Alkoholverbots in der Öffentlichkeit berichtet. Eine kleine Analyse zum Ausgangspunkt der Bundestagswahl in Mainz sowie den bisherigen Kandidaten und ihren Chancen lest Ihr hier bei Mainz&. Dort findet Ihr auch eine Liste, welchen Direktkandidaten zur Bundestagswahl in Mainz wir den Mainz&-Fragebogen geschickt haben, und welche davon schon erschienen sind, und welche noch kommen.

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