Spannender Schulterschluss im Mainzer Stadtrat: Nach Informationen von Mainz& wollen CDU, SPD, ÖDP und Freie Wähler heute eine Resolution in den Mainzer Stadtrat zu dem Streit um die Schiffsanleger im Mainzer Zollhafen einbringen. Darin appellieren die unterstützenden Fraktionen an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes: Verzichtet auf Schiffsanleger vor dem Mainzer Zollhafen! Respektiert die Bedürfnisse der Anwohner! Und: Sucht Alternativen, stellt den Binnenschiffern die für sie dringend nötigen Landemöglichkeiten kurz- und mittelfristig entlang des Rheinufers zur Verfügung – und zwar ohne Konfliktpotential mit den dort lebenden Menschen.

Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens vergangenen Samstag. - Foto: gik
Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens vergangenen Samstag. – Foto: gik

Es ist ein Paukenschlag, eine große Koalition des Unmuts: Gleich vier Fraktionen wollen heute im Stadtrat eine Resolution gegen die umstrittenen Schiffsanleger vor dem Mainzer Zollhafen und für die entschiedene Suche nach Alternativstandorten verabschieden. Die Resolution wurde von der CDU auf den Weg gebracht, dass ÖDP und Freie Wähler sie mit tragen, ist nicht überraschend: Die beiden kleinen Parteien haben sich schon lange gegen die Pläne des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Bingen ausgesprochen, vor der Südmole des neuen Wohngebiets „Mainzer Zollhafen“ vier Schiffsanlegestellen für bis zu 16 Binnenschiffe sowie eine Autoabsetzanlage vor dem Ufer der Mainzer Neustadt zu errichten.

Überraschend ist indes, dass nach Mainz&-Informationen wohl auch die SPD-Fraktion die Resolution mittragen will – die SPD-Fraktion würde sich damit gegen Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) stellen, der die Schiffsanlegestellen bislang entschieden verteidigt hatte. In der SPD Mainz-Neustadt hingegen zeigte man sich vor allem über die geplante Autoabsetzanlage vor der denkmalgeschützten Caponniere, unmittelbar am Feldbergplatz und in direkt vor der Grünanlage und einem Kinderspielplatz geschockt. Anwohner, Politik und die Bürgerinitiative Neustadt-Ufer halten die Pläne für nicht genehmigungsfähig, weil die Binnenschiffe zu viel Lärm und Abgase verursachen würden.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Die Resolution, die Mainz& im Entwurf vorliegt, will jedoch keineswegs einen Konflikt zwischen Anwohnern und Binnenschifffahrt konstruieren – im Gegenteil: „Mainz verdankt seine Existenz ganz wesentlich dem Rhein als Handelsroute, auf der stets zahlreiche Schiffe verkehren“, heißt es gleich zu Beginn des Textes. Zu dieser Tradition als Hafenstadt bekenne man sich ausdrücklich, die wichtige Rolle der Binnenschiffe beim Transport großer Gütermengen wisse man in Mainz besonders zu schätzen. „Binnenschiffern und ihren Angestellten wollen wir Heimat sein und ihren Schiffen sichere Liegestellen bieten“, heißt es weiter, „die entsprechende Infrastruktur in und um Mainz herum wollen wir daher pflegen und ausbauen.“

Binnenschiffe vor der Nordmole des Mainzer Zollhafens - auch diese Anlegestellen sollen dem neuen Wohngebiet weichen.- Foto: gik
Binnenschiffe vor der Nordmole des Mainzer Zollhafens – auch diese Anlegestellen sollen dem neuen Wohngebiet weichen.- Foto: gik

Und so fordern die Verfasser den Bund und die WSA auf, endlich eine Lösung im Einklang mit Binnenschiffern und Anwohnern gleichermaßen zu suchen: „Die Interessen der früher diese Flächen nutzenden Binnenschiffer müssen gleichermaßen geschützt werden, wie die Bedürfnisse der sich dort neu ansiedelnden Menschen“, heißt es mit Blick auf den Mainzer Zollhafen. Der frühere Industriehafen war 2013 als Hafen entwidmet und zu einem Wohngebiet umgestaltet worden. Daraus entstand nun der heftig tobende Konflikt: Neu zugezogene Anwohner wie alteingesessene Neustadtbewohner kritisieren gleichermaßen, sie hätten erst im Oktober 2018 von den Plänen für die Schiffsanleger erfahren, die Anlegestellen verstießen aber inzwischen gegen geltende Grenzwerte bei Lärm und womöglich auch bei Schadstoffen.

„Die Landeshauptstadt Mainz bekennt sich grundsätzlich zu ihrer Verpflichtung, den Binnenschiffern für umgewidmete Hafenflächen Liegestellen an anderen Stellen bereitzustellen“, heißt es deshalb nun in der Resolution. Zugleich stehe die Stadt aber auch ihren eigenen Bürgern gegenüber in der Pflicht, „die Belastung durch Luftschadstoffe und Lärmemissionen möglichst gering zu halten und die Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte zu gewährleisten.“ Dies gelte sowohl für jahrzehntelang bestehende Wohngebiete in Rheinnähe, als auch für neue Wohnungen auf früher industriell genutzten Flächen. „Die Menschen in der Landeshauptstadt Mainz haben einen Anspruch auf körperliche Unversehrtheit“, betonten die Verfasser.

Offizieller Plan für die geplanten Schiffsanleger vor der Südmole der Mainzer Neustadt. - Foto: gik
Offizieller Plan für die geplanten Schiffsanleger vor der Südmole der Mainzer Neustadt. – Foto: gik

Die Resolution fordert deshalb nun den Bund und die WSA auf, „im Stadtgebiet Mainz auf die Errichtung und Modernisierung von Schiffsliegestellen, Havarieplätzen und Autoabsetzanlagen in direkter Nähe zu Wohnbebauung zu verzichten.“ Das müsse auch einen Verzicht auf Liegestellen entlang der künftigen Grünfläche der Nordmole im Zollhafenareal beinhalten. Im Mai und im September hatte ein Runder Tisch nach Alternativen gesucht, der Bund sicherte die Prüfung eines Standorts in Mombach zu – und lehnte den Alternativstandort erneut ab. Gründe, die gegen Schiffsanleger etwa vor dem Winterhafen sprachen, wurden indes bei der Südmole einfach ignoriert, ob Alternativen tatsächlich ernsthaft geprüft wurden, erscheint zweifelhaft.

Die Resolution fordert nun „vermehrte Anstrengungen“, um „den Binnenschiffern diese dringend benötigten Einrichtungen kurz- und mittelfristig entlang des Rheinufers ohne Konfliktpotential mit den dort lebenden Menschen bereitzustellen.“ Das Festhalten am Planfeststellungsverfahren für die Südmole sehe man nicht als geeigneten Weg, denn das Verfahren werde „nach heutigem Stand zu langjährigen juristischen Auseinandersetzungen führen.“ Es brauche aber Wege, „die berechtigten Bedürfnisse der Binnenschiffer schnell zu befriedigen, und gleichzeitig die Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgern zu erfüllen.“

Mit insgesamt 29 Sitzen haben die vier Fraktionen allerdings noch keine Mehrheit für ihre Resolution, die Linke signalisierte aber offenbar Unterstützung – damit könnte die Resolution tatsächlich am Mittwoch verabschiedet werden. Es wäre das erste Mal, dass der Stadtrat seit Beginn des Konfliktes im Herbst 2018 eine Haltung zu der Frage einnimmt. Unklar war bislang noch, wie sich Grüne und FDP zu der Resolution verhalten wollen.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Ablehnung der WSA in Sachen Alterrnativen für die Schiffsanleger vor dem Mainzer Zollhafen lest Ihr hier bei Mainz&. Was genau die WSA am Mainzer Zollhafen plant, haben wir hier detailliert aufgeschrieben.

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein