Rheinland-Pfalz öffnet ab diesem Freitag nun auch die Impfanmeldung für die Prioritätengruppe 3, und zwar vollständig. Damit können sich nun auch Personen mit Asthma oder Rheuma, Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel oder bei Unternehmen der „kritischen Infrastruktur“ sowie Lehrer in weiterführenden Schulen für eine Corona-Impfung registrieren – insgesamt mehr als eine Million Rheinland-Pfälzer zusätzlich. Die Entscheidung stieß aber vielfach auch auf Unverständnis: „Impft doch erst mal die Leute, die seit Ewigkeiten registriert sind und immer noch warten“, kritisierten zahlreiche Leser in den sozialen Netzwerken – die Reihenfolge der durchgeführten Impfungen wird immer verwirrender. Das Land betont derweil: Alle, die in der Prioritätengruppe 2 seien, würden auch vor der Prioritätengruppe 3 geimpft.

Viele über 70-Jährige in Rheinland-Pfalz warten noch immer auf ihre Corona-Impfung, der Unmut wächst. - Foto: Stadt Wiesbaden
Viele über 70-Jährige in Rheinland-Pfalz warten noch immer auf ihre Corona-Impfung, der Unmut wächst. – Foto: Stadt Wiesbaden

Rheinland-Pfalz hatte bereits Anfang April die Impf-Registrierung im zentralen Terminpool des Landes für die über 60-Jährigen geöffnet, prompt berichteten zahlreiche Mainzer, sie hätten binnen Tagen einen Impftermin bekommen. Derweil aber warten noch immer Zehntausende über 70-Jähriger oder Vorerkrankte auf einen Impftermin – und das zum Teil schon seit Wochen. Da berichten Mainz&-Leser von 76-Jährigen, die ihre erste Impfung diese Woche erhielten – andere aber, die bereits 80 seien, sollten erst im Mai ihre erste Impfung erhalten. Einer 79-Jährigen, die kurz vor ihrem 80. Geburtstag stehe, seien die Impftermine gar komplett abgesagt worden, neue habe sie nicht, berichtete eine andere Leserin.

Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) kündigte erneut eine Erweiterung der Impfungen an. - Foto: gik
Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) kündigte erneut eine Erweiterung der Impfungen an. – Foto: gik

„Wir werden diesen Freitag die Impfprioritätengruppe 3 komplett öffnen können“, hatte am Dienstagmittag Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) angekündigt: Damit könnte sich ab Freitag mehr als eine Million Rheinland-Pfälzer für einen Impftermin registrieren, die Termine sollten ab Ende Mai stattfinden. „Ich freue mich sehr, dass wir dann auch weiteren Personen mit Asthma oder Rheuma eine Impfung anbieten können“, sagte Bätzing-Lichtenthäler, dazu könnten sich alle Mitarbeiter in Schulen sowie Lehrer an weiterführenden Schulen registrieren – Lehrergewerkschaften hatten nach den Grundschullehrern auch hier eine schnelle Impfung gefordert. Das Lehrpersonal soll nun in der ersten und zweiten Maiwoche geimpft werden.

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Dazu können sich ab Freitag auch Personen registrieren, die in Einrichtungen der kritischen Infrastruktur tätig sind, sagte die Ministerin weiter. Dazu gehörten „Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das Gemeinwesen“, bei denen ein Ausfall gravierend wäre, also etwa Mitarbeiter von Stromversorgern, aber auch in den Bereichen Ernährung, Transport und Verkehrswesen sowie der Pharmawirtschaft und Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel. Auch „Mitglieder von Verfassungsorganen“ können sich dann für Impfungen registrieren lassen – das sind nichts anderes als Politiker, die in Parlamenten und Räten sitzen.

Die Corona-Impfungen sind für viele das rettende Ufer, doch vier Monate nach Impfstart warten noch immer Zehntausende Ältere. - Foto: BionTech
Die Corona-Impfungen sind für viele das rettende Ufer, doch vier Monate nach Impfstart warten noch immer Zehntausende Ältere. – Foto: BionTech

Der Wartepool der Prioritätengruppe 2 „soll bis dahin abgearbeitet sein“, versprach Bätzing-Lichtenthäler weiter – doch das scheint ausgesprochen zweifelhaft: Noch immer warten nach Angaben des Landes mehr als 200.000 Menschen der Prioritätengruppe 2 in Rheinland-Pfalz auf einen Impftermin. Darunter seien rund 60.000 Menschen zwischen 70 und 79 Jahren, dazu weitere rund 160.000 Menschen mit Vorerkrankungen oder Kontaktpersonen, sagte Bätzing-Lichtenthäler. Etwa 165.000 Registrierungen habe man von Personen zwischen 60 und 69 Jahren, „die ersten haben ihren Impftermin bekommen“, räumte die Ministerin ein, und betonte zugleich: „Wir haben immer gesagt, es muss erst die Prio 2 bearbeitet werden.“ Alle, die in der Prioritätengruppe 2 seien, würden auch vor der Prioritätengruppe 3 geimpft.

In den sozialen Netzwerken widersprechen da viele: Er kenne viele über 60-Jährige, die bereits geimpft seien, heißt es da, während aber seine Eltern mit Ende 70 noch immer auf einen Impftermin warteten. Sie warte jetzt seit fünf Wochen auf einen Impftermin, klagte eine Facebook-Nutzerin, und kritisierte: Man solle doch erst einmal die impfen, die noch immer im Terminpool des Landes registriert seien, bevor man die nächste Gruppe aufmache. „Super, dass sich die nächste Gruppe registrieren kann… während Gruppe 2 seit zwei Monaten auf die Termine wartet! Lächerlich!“, schimpfte eine Facebook-Leserin auf der Seite der Landesregierung. „Das ist doch Terminchaos“, schimpfte ein Kommentator, „würfeln die???“, fragte ein anderer sarkastisch.

Lotterie der Impftermine: Viel zu viele Wartende, viel zu wenig Impfstoff - so sieht es Karikaturist Ralf Böhme. - Copyright: Rabe Cartoon
Lotterie der Impftermine: Viel zu viele Wartende, viel zu wenig Impfstoff – so sieht es Karikaturist Ralf Böhme. – Copyright: Rabe Cartoon

Die Terminvergabe und Terminplanung sei „ein komplexes System“, heißt es im Mainzer Gesundheitsministerium, die Prioritätengruppe 1 werde vor der zweiten Gruppe bevorzugt behandelt – eine Abstufung innerhalb der jeweiligen Priorisierungsgruppen finde aber nicht statt. Die Termine würden nach Abfrage der Impfberechtigung innerhalb der priorisierten Gruppe und nach Klärung möglicher Kontraindikationen „im System an möglichen Tagen hinterlegt“, erklärte das Ministerium auf Anfrage weiter – die Terminmitteilung erfolge dann per Brief oder E-Mail.

Die Terminvergabe erfolge durch das Team der Impfdokumentation Rheinland-Pfalz, abhängig sei die von der Auslastung des jeweiligen Impfzentrums, der Priorisierung und dem Zeitpunkt der Registrierung sowie der Menge des zur Verfügung stehenden Impfstoffs. Zu Verzögerungen sei es zudem durch die Umplanungen beim AstraZeneca-Impfstoff durch die Änderung der Impfempfehlung gekommen, heißt es weiter – warum das aber nicht die Impfungen gerade bei den über 65-Jährigen beschleunigte, dazu sagte das Ministerium nichts. Auch eine Antwort auf die Frage, warum so viele Ältere seit fünf Wochen und mehr auf ihre Termine warten, bekam Mainz& auf Nachfrage nicht.

Impfkoordinator Alexander Wilhelm mit Ministerin Bätzing-Lichtenthäler auf einer der Pressekonferenzen der vergangenen Wochen. - Foto: gik
Impfkoordinator Alexander Wilhelm mit Ministerin Bätzing-Lichtenthäler auf einer der Pressekonferenzen der vergangenen Wochen. – Foto: gik

Derweil teilte das Gesundheitsministerium am Mittwoch mit, Impfkoordinator und Gesundheitsstaatssekretär Alexander Wilhelm werde das Ministerium zum 15. Mai verlassen – Wilhelm wird Geschäftsführer des Landeskrankenhauses in Andernach. Damit geht mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie der zentrale Koordinator von Impfkampagne und Corona-Pandemie-Management von Bord – ein „Wegloben“ im negativen Sinne sei das nicht, analysiert die Rhein-Zeitung: Wilhelm gelte als hochkompetent, sein Wechsel zum Landeskrankenhaus sei für ihn ein gut dotierter Karriereschritt – für die SPD sei sein Posten ein attraktives Pfund im gerade anstehenden Posten-Roulette der Koalitionsverhandlungen. Bleibt die Tatsache: Mitten in der Pandemie geht der wichtigste Pandemie-Manager des Landes.

Immerhin: Die Impfzentren sollen nun demnächst ein besseres Verfahren für Nachrückerlisten bekommen. „Wir werden in Kürze einrichten, dass die Terminzentren auf den Terminpool zugreifen können, um Nachrücker schnell anrufen zu können“, kündigte Bätzing-Lichtenthäler an. Das Verfahren solle in drei Zentren erprobt, und bei einem reibungslosen Ablauf auf alle Zentren ausgedehnt werden. Dann könnten Nachrücker bei nicht wahrgenommenen Terminen oder übrigbleibenden Impfdosen schneller benachrichtigt werden – auch das geschehe aber streng nach Priorisierung, betonte die Ministerin.

Damit zieht das Land auch die Konsequenz daraus, dass immer mehr Termine in Impfzentren verfallen, entweder, weil Menschen eine Impfung mit AstraZeneca scheuen, oder weil sie inzwischen über ihren Hausarzt geimpft sind. In solchen Fällen solle man doch bitte den Termin im Impfzentrum absagen, bat Bätzing-Lichtenthäler. Bei der Sonderimpfaktion am Wochenende wurden von rund 40.000 zur Verfügung stehenden Dosen nur 32.886 verimpft – mehr als 7.000 blieben unverimpft liegen.

Info& auf Mainz&: Die genau Impfreihenfolge mit den Prioritätengruppen, und wer zu welcher Gruppe zählt, könnt Ihr hier beim Land Rheinland-Pfalz nachsehen. Mehr zu den Corona-Impfungen, der Reihenfolge und den Zweitimpfungen zu AstraZeneca lest Ihr hier bei Mainz&.

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