Der Unmut über die Impfterminvergabe des Landes Rheinland-Pfalz lässt nicht nach – jetzt kommt die Kritik von den Freiwilligen Feuerwehren. Man sei seit Beginn der Corona-Pandemie zu 450 Einsätzen ausgerückt, und das stets ohne Rücksicht auf ein Infektionsrisiko, kritisierte nun die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim in einem Offenen Brief an die Landesregierung – doch die Impfungen ließen auf sich warten. Während in anderen Ländern gebündelte Impftermine für Feuerwehrangehörige stattfänden, tue sich hier nichts – viele Kameraden seien „kurz davor ihren Dienst zu quittieren.“ Kritik kommt auch vom Landesfeuerwehrverband, Unterstützung von der CDU-Opposition: Das Land müsse dringend die Vergabe der Impftermine verbessern.

Die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim auf ihrem Facebook-Profil. - Foto: FFW Ingelheim
Die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim auf ihrem Facebook-Profil. – Foto: FFW Ingelheim

Seit Wochen hagelt es Kritik und Unmut von vielen Gruppen an der Impfterminvergabe des Landes: Erst hingen noch mehr als 100.000 über 70-Jährige im Wartepool des Landes, dann wurde bekannt, dass noch 140.000 Menschen mit schweren Vorerkrankungen der Priogruppe 2 seit Wochen vergeblich auf Impftermine warten – die Verteilung dieser Termine läuft jetzt erst an. Gleichzeitig aber hatte das Land Rheinland-Pfalz bereits Anfang April die Registrierung für über 60-Jährige geöffnet und startete am 23. April die Terminvergabe für die Priogruppe 3, seither wurden von dieser Gruppe auch zahlreiche Menschen geimpft, obwohl Menschen der Gruppe 2 weiter auf Termine warten.

Vorgesehen war die Priogruppe 3 eigentlich für Personen aus systemrelevanten Berufen oder für Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen, sie sollten vorrangig geimpft werden, weil sie besonderen Schutz vor einer Erkrankung mit dem Coronavirus brauchen – doch wie Mainz& schon berichtete, wird diese Priorisierung in Rheinland-Pfalz offenbar kaum noch eingehalten. Genau das beklagt nun auch die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim in einem Offenen Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz (beide SPD): Der Frust in den Reihen sei groß, denn Impftermine seien bei ihnen noch nicht vergeben worden, heißt es in dem Schreiben, das Mainz& vorliegt – stattdessen erlebe man, wie Werkstudenten aus dem Homeoffice vorrangig geimpft würden.

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Einsatz der Mainzer Feuerwehren bei einem schweren Unfall im März 2021. - Foto: Feuerwehr Mainz
Einsatz der Mainzer Feuerwehren bei einem schweren Unfall im März 2021. – Foto: Feuerwehr Mainz

Man könne sich zwar registrieren, „Impftermine wurden aber noch nicht vergeben und wann diese erfolgen, zeichnet sich für uns nicht ab“, berichtet der Werksleiter der Freiwilligen Feuerwehr Ingelheim, Mirko Gauer: „Unsere Geduld ist nun aufgebraucht!“ Auch in der Corona-Pandemie habe die Freiwillige Feuerwehr rund um die Uhr Einsätze geleistet, 450 Einsätze seien es in den vergangenen 14 Monaten gewesen, schreibt Gauer weiter. „Oft sind wir auch ersteintreffend, noch vor dem Rettungsdienst, und müssen die Erstversorgung übernehmen, auch bei Reanimationen und der Versorgung Schwerstverletzter“, heißt es weiter: „Nie haben wir zurückgeschreckt, wenn es darum ging, Menschen in Not zu helfen, auch wenn dies mit einem erhöhten Infektionsrisiko für uns einhergeht und man immer ein ungutes Gefühl mit nach Hause nimmt.“

Umso mehr hätten die freiwilligen Feuerwehrleute der Impfung entgegengefiebert, auch um die eigenen Angehörigen schützen zu können, trotzdem habe man geduldig gewartet, bis die Gruppe 3 an der Reihe war. Nun aber müssten die Feuerwehren erleben, wie andere Menschen mit deutlich niedrigerem Infektionsrisiko Impftermine bekämen, während sie selbst noch immer warteten. „Erschwerend kommt hinzu, dass wir in unserem Umfeld zunehmend wahrnehmen, wie bestens organisierte Unternehmen ihren Mitarbeitern pauschal Bescheinigungen ausstellen, sodass diese der Gruppe 3 angehören, auch wenn sie zu 100% im Homeoffice tätig sind“, heißt es in dem Brief weiter.

Einsatz bei einem Kellerbrand Feuerwehreinsatz in Mainz-Weisenau im Februar 2021, auch freiwillige Feuerwehrkräfte waren hier dabei. - Foto: Feuerwehr Mainz
Einsatz bei einem Kellerbrand Feuerwehreinsatz in Mainz-Weisenau im Februar 2021, auch freiwillige Feuerwehrkräfte waren hier dabei. – Foto: Feuerwehr Mainz

In einem konkreten Fall habe ein Werkstudent, der ausschließlich im Homeoffice arbeite, „die gleiche Möglichkeit auf einen Impftermin wie wir Feuerwehrleute“, so die Kritik: „Anstatt sich auf wirklich systemrelevante Personen zu beschränken, findet offenbar eine sehr großzügige Auslegung statt.“ Gleichzeitig hätten viele Feuerwehrleute wegen ihrer Altersstruktur aber keinen Hausarzt, an den man sich wenden könne, zentral organisierte Impfungen für Feuerwehrleute wie in anderen Ländern gebe es aber auch nicht. „Gleichzeitig müssen wir erleben, wie bundesweit Kreise und Städte koordinierte Impfungen für die Feuerwehren organisieren und zeigen, wie es funktionieren kann“, heißt es weiter.

Tatsächlich hatte etwa die Stadt Wiesbaden bereits am Wochenende des 23. und 24. April eine Sonder-Impfaktion für Angehörige des Katastrophenschutzes und der Freiwilligen Feuerwehren durchgeführt, rund 700 Termine standen speziell für diese Gruppe bereit. In Mainz oder dem Landkreis Mainz-Bingen gab es solche Aktionen bislang nicht, die schleppende Terminvergabe sorge für „großen Frust in unseren Reihen“, schreibt Gauer weiter: „Nicht wenige Kameraden sind kurz davor, ihren Dienst zu quittieren oder zumindest vorübergehend einzustellen.“ Nur baldige Impfungen könne einen annähernd normalen Einsatz- und Übungsbetrieb gewährleisten.

Innenminister Roger Lewentz (SPD) bei einem besuch der Feuerwehr in Mainz 2020. - Foto: gik
Innenminister Roger Lewentz (SPD) bei einem besuch der Feuerwehr in Mainz 2020. – Foto: gik

Der Offene Brief ist von 44 weiteren Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr Ingelheim unterzeichnet und an Ministerpräsidentin Malu Dreyer sowie Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) gerichtet. Man bitte doch „eindringlich darum, sich dieser Angelegenheit anzunehmen und ein zeitnahes Impfangebot für alle impfwilligen Feuerwehrangehörigen zu schaffen – um die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr aufrecht zu erhalten, aber auch als Zeichen der Wertschätzung dieses so wichtigen Ehrenamts.“ Dies gelte übrigens nicht nur für die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim, sondern für alle Feuerwehren im Landkreis Mainz-Bingen und im gesamten Land Rheinland-Pfalz.

Auf Landesebene schloss man sich eilig der Forderung an: „Wir erhalten immer mehr Rückmeldungen von Feuerwehrangehörigen, die ziemlich verärgert sind“, sagte der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes (LFV) Rheinland-Pfalz, Frank Hachemer: „Das Verständnis für die lange Wartezeit bis zu flächendeckenden Impfungen von Feuerwehr-Angehörigen schwindet.“ Es breite sich die Wahrnehmung aus, dass der Dienst an der Allgemeinheit „eher am Rande betrachtet wird“, klagte Hachemer.

Rettungshundestaffel der Wiesbadener Feuerwehr bei einer Übung 2019. - Foto: gik
Rettungshundestaffel der Wiesbadener Feuerwehr bei einer Übung 2019. – Foto: gik

Unverständnis gebe es auch gegenüber Erklärungen, die Feuerwehren könnten nicht als eigene Gruppe mit Impfungen versorgt werden, sagte Hachemer weiter: Die Wehren hätten in den Feuerwehrhäusern die Möglichkeiten, eigene Impfstationen einzurichten, die Feuerwehrärzte stünden bereit. Interventionen des Verbandes bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätten aktuell aber nur eine hinhaltende Antwort eingebracht: „Das sehen viele als deutlichen Widerspruch zu den zahlreichen Beteuerungen aus der Politik, dass das Ehrenamt in der Feuerwehr als wichtig geschätzt werde“, kritisierte der LFV-Präsident.

Der richtige Ansprechpartner für die Beschwerde sei ohnehin  das Land Rheinland-Pfalz, verwies daraufhin süffisant der Fraktionsvize der CDU-Landtagsfraktion in Mainz, Gordon Schnieder: „Die Impftermine werden zentral durch das Land vergeben und das nach einem Verfahren, das für Viele nicht mehr nachvollziehbar ist.“ Das Land müsse die Vergabe der Impftermine verbessern, und für eine zügigere Impfung der Feuerwehrkräfte sorgen, forderte er.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Chaos bei der Vergabe der Impftermine in den vergangenen Wochen mit vielen Fallbeispielen lest Ihr hier bei Mainz&. Den Offenen Brief der Freiwilligen Feuerwehr Ingelheim könnt Ihr selbst in voller Länge hier auf Facebook nachlesen.

 

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