Die letzten Corona-Schutzmaßnahmen sind im April 2023 ausgelaufen, seither gibt es keine verbindlichen Hygiene- oder Vorsorgemaßnahmen mehr – auch nicht in Schulen und Kitas. Angesichts der anrollenden neuen Corona-Herbstwelle kritisieren nun die Freien Wähler im Mainzer Landtag: Das Bildungsministerium in Mainz lasse jegliches „Bewusstsein für die Brisanz der Situation“ ebenso fehlen, wie Handlungsempfehlungen für die Bildungseinrichtungen. Von Vorsorgemaßnahmen in Sachen Infektionsschutz könne keine Rede sein. Das Land könne nicht einmal sagen, welche Lüftungssysteme in Schulen und Kitas installiert seien – und wälze die Verantwortung allein auf die Schulträger ab.
Luftreiniger waren eines der großen Themen der Corona-Pandemie, gleich mehrfach hatten wissenschaftliche Studien mobilen wie stationären Luftreinigungsanlagen hervorragende Ergebnisse beim Reinigen der Raumluft auch vor Viren bescheinigt. so ergab etwa eine Studie der Universität Frankfurt schon im Oktober 2020, dass Luftreiniger mit sogenannten Hepa-Filtern die Aerosolkonzentration in einem Klassenzimmer um 90 Prozent senken – und so auch das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 deutlich verringern können. Da Viren vor allem über Aerosole in der Luft verbreitet werden, seien Luftfilteranlagen „die technisch beste Lösung für den gesicherten Unterricht“, betonte auch der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Trotzdem wiesen Bildungspolitiker bis zuletzt Forderungen nach dem Einsatz mobiler Luftfilter in den Klassenräumen zurück – auch Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) in Rheinland-Pfalz. Dabei kamen die mobilen Luftreinigungsanlagen sogar in Ministerien und Ämtern des Landes selbst zum Einsatz, stellten Arztpraxen und Krankenhäuser eine deutlich verringerte Ansteckungsrate in Räumen fest, in denen mobile Luftfilter zum Einsatz kamen. Und Schulleiter konstatierten, die mobilen Anlagen würden nicht nur gegen Viren helfen – sondern auch gegen Allergieauslöser sowie allgemeine schlechte Luft in Städten.
Ministerium: keine Auskunft über Luftfilteranlagen in Klassenzimmern
Das Mainzer Max-Planck-Institut entwickelte gar eine einfache Luftfilteranlagen für Klassenzimmer, deren Elemente im Baumarkt gekauft werden können – damit wurden in Mainz die meisten Grundschulklassen ausgestattet, meist in Eigenleistung der Eltern und Erzieherinnen. Auch das Bildungsministerium lobte und förderte die Anlagen – trotzdem könne das Ministerium im Oktober 2023 nicht sagen, welche Schulen und Kitas mit Luftfilteranlagen ausgerüstet seien, und welche nicht, klagten nun die Freien Wähler.
„Es ist unverantwortlich, dass die Landesregierung keine Kenntnis darüber hat, wie die Bildungseinrichtungen mit Lüftungssystemen ausgestattet sind“, kritisierte der Bildungs- und Gesundheitspolitiker Helge Schwab am Freitag in Mainz. Die Erfahrungen der Pandemiejahre hätten doch deutlich gezeigt, „dass das Ansteckungsrisiko in Kindertagesstätten und Schulen durch raumlufttechnische Anlagen reduziert werden kann.“, betonte Schwab. Die Anlagen reduzierten die luftgetragenen Aerosolpartikel, die bei der Verbreitung von Coronaviren SARS-CoV-2 eine wichtige Rolle spielten – und trügen damit zu einem gesunden Raumklima bei.
Die Freien Wähler hatten Ende September eine Kleine Anfrage zum Thema „Infektionsschutz in Kindertagesstätten und Schulen“ an das Bildungsministerium gestellt. Der Grund: Die Krankheitsfälle stiegen derzeit saisonal bedingt wieder an, „die Sorge vor Ansteckung wächst in der Bevölkerung“, betonte Schwab: „Da drängt sich die Frage auf, wie es um den Infektionsschutz in Rheinland-Pfalz steht – insbesondere in unseren Kitas und Schulen.“
Schwab: Keine Vorsorge beim Infektionsschutz durchs Ministerium
Die Antwort wertete Schwab als völlig ungenügend: Die Antworten des Bildungsministeriums seien „mehr als unbefriedigend“, kritisierte Schwab: „Die Verantwortung in Sachen Infektionsschutz wird ausschließlich auf die Schulen und Einrichtungen der Kindertagesbetreuung übertragen.“ Bildungs-Staatssekretärin Bettina Brück sage, die Schulen und Kitas seien dazu verpflichtet, Hygienepläne festzulegen und damit die Weiterverbreitung von infektionsbedingten Erkrankungen zu unterbinden. „Konkrete Handlungsempfehlungen und ein Bewusstsein für die Brisanz der Situation lässt das Bildungsministerium in der Antwort gänzlich vermissen“, schimpfte Schwab.
Dabei habe doch gerade die Pandemie gezeigt, dass gerade Maßnahmen der Infektionsprophylaxe zentral seien, um die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sowie von Fach- und Lehrkräften zu schützen und den Präsenzbetrieb überdauernd zu sichern. „Die Erkenntnisse aus der Pandemie haben gezeigt, dass es vor allem um vorbeugende Maßnahmen geht“, betonte Schwab: „Prävention und eine verantwortungsvolle Normalität sollten oberstes Gebot sein – mit Ausnutzung aller Möglichkeiten.“ Es sei ihm „unerklärlich, warum die Infektionsprophylaxe ausschließlich in der Trägerzuständigkeit liegen soll und sich das Ministerium nicht dazu berufen fühlt, unsere Kitas und Schulen auf diese Situation vorzubereiten.“
Die steigenden Infektionszahlen und „der mancherorts sprunghaft ansteigende Krankenstand der Fach- und Lehrkräfte in Kitas und Schulen“ machten doch deutlich, „dass in Zeiten von Personalmangel und im Sinne der Betreuungs- bzw. Unterrichtsversorgung nun ein klares Infektionsschutzkonzept vorgelegt werden muss“, betonte Schwab. Tatsächlich verzeichnete das Landesuntersuchungsamt gerader einen sprunghaften Anstieg der Corona-Infektionszahlen. Es gehe dabei nicht darum, „unnötige Besorgnis in der Bevölkerung zu schüren“. Aber „sich frühzeitig um präventive Maßnahmen in Sachen Infektionsschutz zu bemühen, sollte nach den teils chaotischen Erfahrungen aus der Pandemie selbstverständlich sein“, fügte er hinzu.
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