Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur bekommt 2020 einen besonders prominenten Vertreter: Niemand geringeres als der frühere Bundespräsident Joachim Gauck wird im kommenden Sommersemester die renommierte Gastprofessur an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz ausfüllen. Gauck stelle seine Vorlesungsreihe unter den Titel „Demokratie in Frage“, im Kern werde es um die Frage nach der Zukunft des westlichen Modells der liberalen Demokratie gehen, teilte die Universität am Mittwoch mit. Gauck und andere renommierte Gäste werden diese Frage dienstagabends auf dem Campus verfolgen und diskutieren.
Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur wurde im Jahr 2000 zum 600. Geburtstag des Buchdruck-Erfinders Johannes Gutenberg von der „Vereinigung der Freunde“ der Universität ins Leben gerufen. Physiker, Informatiker und Evolutionsbiologen haben seither grundlegende Erkenntnisse der Menschheit diskutiert, auch früherer Politiker wie Ex-Außenminister Dietrich Genscher, UN-Exekutiv-Direktor des Umweltprogramms Klaus Töpfer oder der Mainzer Kardinal Karl Lehmann waren bereits Inhaber der Gastprofessur. Nun also kommt Bundespräsident a.D. Joachim Gauck nach Mainz, sein Thema: Die aktuelle und höchst akute Bedrohung der liberalen Demokratie westlicher Prägung.
„Das Modell der liberalen Demokratie ist in die Krise geraten und wird von populistischen Bewegungen und autoritären Staats- und Regierungsformen bedrängt“, heißt es in der Ankündigung der Hochschule. Digitalisierung und Klimawandel stellten dazu die überkommenen repräsentativen Demokratien vor ganz neue, übergreifende Probleme. „Demokratie in Frage“ werde deshalb fragen, ob das westliche Modell der liberalen Demokratie auch im 21. Jahrhundert zukunftsfähig ist und wie es sich verändern muss.
„Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur verschreibt sich in diesem Jahr in besonderer Weise dem Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft“, sagte Universitäts-Präsident Georg Krausch. Für diesen Brückenschlag habe die Universität in Joachim Gauck „einen ausgezeichneten Ansprechpartner gefunden, der Meinungsbildungsprozesse befördern und Impulse in aktuellen politischen Debatten setzen kann.“ Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur werde 2020 einen großen Zuhörerkreis finden
und zu einem lebendigen Wissenschaftsstandort Mainz beitragen, betonte Krausch.
Gauck war in seinem Leben bereits Theologe, Politiker und Publizist. Bekannt wurde er als Pastor, der 1989 in der DDR die Friedensgebete beim Aufstand der Bürgerrechtsbewegung leitete. Gauck wurde führendes Mitglied der Bürgerbewegung Neues Forum und 1990 Abgeordneter der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR, nach dem Fall der Mauer wurde er Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Am 18. März 2012 wurde Joachim Gauck von der Bundesversammlung zum 11. Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt, er verzichtetet aus Altersgründen auf eine Wiederwahl und beendete seine Amtszeit am 18. März 2017.
Gaucks Thema war stets die Freiheit, die Hoffnungen aber, er könne seine Amtszeit als Bundespräsident zur Versöhnung von Ost und West nutzen, erfüllten sich jedoch nicht so richtig. Auch in der zu seiner Amtszeit stattfindenden Flüchtlingskrise 2015 blieb Gauck eher blass. Impulse setzte er eher, als er 2014 mehr Verantwortung Deutschlands in der Welt forderte – und mit seiner Abschiedsrede 2017, als er mahnte, die Demokraten müssten die Republik in Zukunft deutlich stärker verteidigen, nach innen wie nach außen. Gauck sei „eine Persönlichkeit, die durch ihre Leistungen um die Demokratie und das Eintreten für Toleranz, für Freiheit und für die Verantwortung, die Freiheit mit sich bringt, Deutschland und die gesellschaftlichen Debatten entscheidend mitgeprägt hat und mitprägt“, heißt es von Seiten der Universität. Zu seinen Schriften zählen „Freiheit: Ein Plädoyer“ (2012) sowie das 2019 erschienene „Toleranz: einfach schwer“.
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