Das Mainzer Rathaus – ein echtes Meenzer Original? So sieht es jedenfalls die SPD Mainz-Altstadt und spricht sich entschieden für eine Sanierung des 1970er Jahre-Baus des dänischen Architekten Arne Jacobsen aus. Nach der harschen Kritik an der Kostenexplosion für die Rathaussanierung und einem Bürgerbegehren erreichte uns damit am Mittwochabend eine deutliche Stimme pro Rathaussanierung. „Wir sind entschieden für die Sanierung“, teilte die SPD-Fraktion im Ortsbeirat Mainz-Altstadt schriftlich mit, denn: „Alle mehr oder weniger ernsthaften Alternativen, die kursieren, hießen letztlich: Mainz hätte künftig gar kein Rathaus mehr“, sagte Ortsbeiratsmitglied Andreas Behringer im Namen seiner SPD-Fraktion. Dabei gehe es weniger um Architektur oder Ästhetik, sondern viel mehr „um das Selbstbewusstsein der Bürgerschaft“: Ein Rathaus „ist das Stein gewordene Symbol für eine demokratische Kommune“ – und genau solche Zeichen des Bürgerstolzes brauche es in Zeiten, in denen die Demokratie unter Beschuss radikaler Kräfte sei.
Die Rathaussanierung schlägt hohe Wellen, seit Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) vergangene Woche einräumen musste, dass der von ihm verkündete Sanierungsdeckel von 50 Millionen Euro nicht zu halten sein wird. Stattdessen gab Ebling nun eine Größenordnung von 60 Millionen Euro an, Experten und Kritiker gehen eher von 80 bis 100 Millionen Euro aus. Ebling schlug weiter als Alternative die Aufgabe des Arne Jacobsen-Baus und einen Umzug der Verwaltung in ein Bürogebäude an der Großen Bleiche samt Nutzung des Interimplenarsaals im Landesmuseum vor. Die Opposition aus CDU und ÖDP übte harsche Kritik an dem Vorschlag und warf Ebling vor, sich einen „Freibrief für die Kostenexplosion“ holen und sich damit aus der Verantwortung stehlen zu wollen.
„Klar können wir statt eines Rathauses auch anonyme Büroflächen über die Stadt verteilt anmieten oder ankaufen“, sagte Behringer. Dann aber hätte Mainz sein Rathaus verloren – „und eine Stadt ohne Rathaus ist ein Schritt weg vom Repräsentieren der Bürgerschaft, hin zum Administrieren der Einwohner.“
Auch sei ja völlig unklar, was mit dem aufgegebenen Rathausgebäude dann weiter passieren würde. Die CDU-Opposition hatte vorgeschlagen, das Rathaus an einen privaten Investor zu verkaufen, der das Gebäude in ein Hotel umwandeln könne, und war sich sicher, dass sich ein entsprechender Interessent finden werde. Der Jacobsen-Bau eigne sich nicht für eine privatwirtschaftliche Nutzung, betont hingegen die SPD. „Wer an den weißen Ritter glaubt, der unser Rathaus kauft und Millionen investiert, macht sich und der Bevölkerung etwas vor.“
Das Ergebnis wäre letztlich nur ein leeres Rathausgebäude, „das für Jedermann sichtbar verrotten würde“, sagte Behringer – das aber wäre doch wie ein Vorbote oder Sinnbild „für eine Bürgerschaft, die es nicht mehr so wichtig findet, in ihre demokratische Selbstverwaltung zu investieren.“ Dazu wäre das Verrotten-Lassen „eine Peinlichkeit nationaler und internationaler Dimension“ – schließlich steht der Bau unter Denkmalschutz und gilt als architektonisch bedeutsam.
Die SPD verweist zudem darauf, dass Mainz 500 Jahre lang kein Rathaus hatte, vor allem weil es unter der Knute des Fürstbischofs stand. Alt-ehrwürdige Rathäuser wie Wien, Hamburg oder München gebe es deshalb in Mainz nicht. Doch die Stadt habe seit 1974 „ein modernes Rathaus von einem dänischen Stararchitekten und Stardesigner“, das „unzweifelhaft ein Gesamtkunstwerk“ sei. Und damit sei der Bau am Rhein „ein Unikat, das es weltweit kein zweites Mal gibt – daher ist es echt meenzerisch“, schlussfolgern Behringer und die SPD. Und es komme ja auch keiner auf die Idee, künftig die typisch Mainzer Rotsandstein-Gebäude nicht mehr zu sanieren, „nur weil uns die Farbe oder Form nicht mehr gefielen.“
Die SPD-Fraktion im Ortsbeirat Altstadt spreche sich deshalb vehement für die Sanierung aus, sagte Behringer weiter. Gerade in Zeiten niedrigster Zinsen investiere derzeit jeder Eigentümer in seine Immobilie, das sollte der Staat selbstverständlich auch tun. „Wann, wenn nicht jetzt in Zeiten von Niedrigzinsen und Rekordeinnahmen sollte der Staat in sein Eigentum investieren?“, fragt Behringer.
Jetzt weitere innerstädtische Immobilien zu kaufen oder gar zu mieten, sei hingegen langfristig ineffizient und unrentabel. Bereits jetzt gebe es mit Rathaus, Zitadelle und Stadthaus drei Standorte für Politik und Verwaltung, eine Aufteilung auf fünf oder mehr Standorte wäre eine Zersplitterung, die der Zusammenarbeit schaden, den Bürger verwirren und zu Kosten und Ineffizienz führen werde. „Daher hoffen wir sehr, dass wir Mainzer uns für eine Sanierung unseres Rathauses aussprechen“, betonte Behringer: „Für die Vernunft, für den Bürgerstolz, für ein Mainzer Original!“
Ob die Mainzer SPD für einen Bürgerentscheid ist, wie ihn Ebling vorgeschlagen hat, sagte die Mitteilung hingegen nicht. Bislang hat sich die im Stadtrat regierende Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP dazu nicht geäußert. Offenbar soll aber der Stadtrat kommende Woche nicht unmittelbar über die Frage entscheiden: In einer Vorlage für eine gemeinsame Sitzung städtischer Ausschüsse am Mittwoch heißt es lediglich, „die Ausschüsse und der Stadtrat nehmen den Sachstandsbericht der Verwaltung zur Rathaussanierung zur Kenntnis.“ Die Beschlussfassung solle dann „in einer darauffolgenden Sitzung des Stadtrates“ erfolgen.
Im Übrigen empfehle die Verwaltung dem Stadtrat, einen Ratsbürgerentscheid nach Paragraph 17a der Gemeindeordnung über die Sanierung des Rathauses zu beschließen. „In diesem Ratsbürgerentscheid könnte geklärt werden, ob das Rathaus am bisherigen Standort erhalten werden soll oder ein Umzug in eine Alternative angestrebt wird“, heißt es weiter wörtlich. Ebling hatte auch betont, eine Entscheidung müsse angesichts des maroden Bauzustands des Rathauses schnell fallen und werde für die erste Jahreshälfte 2018 angestrebt. Möglicherweise könnte ein solcher Bürgerentscheid gleich mit einem zweiten zusammengelegt werden: Kommende Woche will der Stadtrat über ein Bürgerbegehren zum sogenannten Bibelturm am Gutenberg-Museum entscheiden.
Info& auf Mainz&: Mehr zur Kostenexplosion und dem Vorschlag eines Bürgerentscheids lest Ihr hier, die Kritik der Opposition daran steht hier bei Mainz&.