Die Corona-Pandemie bedeutet mehr Distanz, mehr Schlabberlook und weniger Kultur – oder? Eine Mainzerin will sich damit nicht abfinden: „Wir dürfen uns nicht voneinander entfernen, dadurch, dass wir uns nicht physisch umarmen dürfen“, sagte die Modedesignerin Anja Gockel, und mahnt, trotz aller Sorge für die körperliche Gesundheit dürfe auch die Seele nicht vergessen werden. „Wir müssen Kultur in unser Leben holen“, betont Gockel, und genau das tut die Mainzerin nun: Am morgigen Dienstag präsentiert sie in Berlin, im Foyer des Hotel Adlon, mit einer großen Modenschau ihre neue Winterkollektion – Corona zum Trotz und als großes Live-Event. Und mit einem Zeichen dafür, wie wichtig Kultur, Nachhaltigkeit und liebevolles Miteinander sind.

Modedesignerin Anja Gockel bei ihrer Modenschau im Hotel Adlon im Sommer 2020 in Berlin. - Foto: Anja Gockel
Modedesignerin Anja Gockel bei ihrer Modenschau im Hotel Adlon im Sommer 2020 in Berlin. – Foto: Anja Gockel

„Embraceland“ hat Gockel ihre neueste Modekollektion getauft, ein Gegengewicht zur Corona-Pandemie sozusagen, und das auf ganz vielen Ebenen: Einander umarmen, füreinander sorgen, Achtsamkeit für Körper und Seele, für die Umwelt, für den Anderen, all das will Gockel mit ihrer Mode in die Welt tragen. „To embrace something“ bedeute ja nicht nur, etwas zu umarmen, sondern auch „den anderen annehmen, die Idee willkommen heißen“, sagte Gockel nun im Interview mit Mainz&. Die Coronakrise werfe die Menschen ganz stark auf sich selbst zurück, das ermögliche aber auch einen neuen Blick auf die eigenen Werte, findet die Designerin: „Psychologisch gesehen weiß ich, dass mein Inneres das Spiegelbild meines Äußeren ist“, sagt sie, genau deshalb habe sie bei ihrer Modenschau kommenden Dienstag Zwillingsmodels dabei, „weil die Zwillinge einander reflektieren.“

Als einzige Modedesignerin will Gockel ihre neue Kollektion in einer live gestreamten Modenschau mit großer Show zeigen, der Corona-Pandemie und dem Lockdown zum Trotz. „Uns steht das ganze Foyer des Hotel Adlon zur Verfügung“, sagte Gockel, und natürlich werde die Show unter allen Corona-Bedingungen stattfinden. Zuschauer vor Ort sind damit natürlich tabu, die Modenschau kommt in diesem Jahr deshalb per Livestream ins Haus, und damit können die Zuschauer selbst live dabei sein. Eine „Art Show“ solle es werden, verriet Gockel im Vorfeld, eine Verschmelzung von Kunst und Modedesign. „Die Zeiten sind vorbei, dass man sagt: das ist Kunst und das ist Mode“, glaubt Gockel: „Wir müssen Kultur in unser Leben holen.“

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Modeschöpferin Anja Gockel mit Maske und Mode in ihrem typischen Stil. - Foto: Anja Gockel
Modeschöpferin Anja Gockel mit Maske und Mode in ihrem typischen Stil. – Foto: Anja Gockel

Zwölf Künstler, Tänzer und Artisten hat Gockel zu ihrer Show eingeladen, sie wolle damit gerade in diesen Zeiten ein Zeichen setzen. „Wir wollen auf die Kunst und Kultur aufmerksam machen“, betont Gockel, denn gerade Kulturschaffende litten gerade besonders unter der Coronakrise und dem Shutdown aller Kultureinrichtungen. „Die Unterstützung kommt bei denen überhaupt nicht an, wie soll man denn ein Jahr ohne Geld überleben“ kritisiert Gockel: „Die Gefahr besteht, dass eine ganze Generation Kulturschaffender wegbricht.“

Auch bei ihr selbst komme seit dem Herbst keinerlei Unterstützung staatlicher Hilfen mehr an, die Novemberhilfen griffen nicht, der Steuerberater sei teurer als die zu erwartende Unterstützung, berichtet Gockel. „Wir hatten 80 Prozent Umsatzrückgang in unseren Geschäften“, sagte die Modedesignerin, „jetzt sind die ganz geschlossen – wie soll man da überleben?“ Was Gockel dabei besonders stört: Es seien gerade die kleinen Firmen, die Startups und die Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit und faire Löhne setzten, die dabei auf der Strecke blieben. „Wir zerstören jetzt noch die letzten Firmen, die auf Nachhaltigkeit setzen, weil wir ihnen keine Hilfe zukommen lassen“, kritisiert Gockel: „Wir brauchen weniger Flugzeuge in der Luft, und mehr nachhaltige Firmen auf der Erde.“

Raumgreifende Modelle sind ein Markenzeichen von Anja Gockels Mode - neben farbenfrohen Stoffen. - Foto: Anja Gockel
Raumgreifende Modelle sind ein Markenzeichen von Anja Gockels Mode – neben farbenfrohen Stoffen. – Foto: Anja Gockel

Gockel selbst ist Nachhaltigkeitsbotschafterin, wurde bereits dafür ausgezeichnet, ihre Schneiderinnen arbeiten nicht zum Hungerlohn, ihre Kollektionen arbeiten mit hochwertigen Materialien. „Was wir Designer machen, ist überhaupt nicht vergleichbar mit dem, was da an Massenproduktion passiert, und was die Vermüllung der Welt vorantreibt“, betont Gockel. Ein Billigshirt würde sie nie tragen, „weil ich weiß, was dieses Teil alles an Leid erlebt hat – das möchte ich nicht an meinem Leib haben.“ Natürlich könne sich nicht jeder Mensch Designermode und teure Kleidung leisten, sagte sie, aber es gebe genug Reichtum in Deutschland: „Ich rede von Menschen, die können, wenn sie wollen.“

Und so spricht „Embraceland“ auch von Achtsamkeit für die Umwelt und für Produktionsbedingungen und wirbt für nachhaltig entstandene Kleidung, die gut tut. „Ich bin nur Modedesignerin, aber ich möchte dazu einen Ansatz liefern“, sagt Gockel. Ihre neue Kollektion reiche deshalb auch von „New British Chique“ mit großen schwarz-weißen Karos bis hin zu Blumenmustern, von Körper umhüllenden Stoffen bis hin zu raumgreifenden, Energie gebenden Modellen. Auch weiche Cashmere-Kleider sind dabei, und die könne man auch mal gut zur Videokonferenz tragen, plädiert Gockel: „Wir können durch Kleidung unsere Haltung stärken, zu uns, zu unserem Leben“, sagt sie: „Das unterstreicht unsere Worte, unser Wohlfühlen – das hat etwas damit zu tun, was ich mir gönne.“

Mit schöner Kleidung fühle man sich mich anders, habe eine andere Ausdrucksstärke, auch bei der Videokonferenz. „Kleidung dürfen wir nicht unterschätzen, Kleidung ist der Spiegel unserer Seele“, betont die Designerin – und auch die edle Seite müsse wieder gelebt werden, „sonst wird die Haltung krumm und lotterig – wie der Jogginganzug.“

Info& auf Mainz&: Die Modeschau von Anja Gockel wird am Dienstag, den 19. Januar 2021 per Livestream übertragen, und zwar ab 18.00 Uhr auf dem Youtube-Kanal von Anja Gockel – den Link dazu gibt es hier. Über den Link kann man die Show auch noch zu einem späteren Zeitpunkt im Nachhinein genießen. Mehr zu Anja Gockel und ihrer Mode erfahrt Ihr natürlich auch auf ihrer eigenen Homepage hier im Netz, und hier bei Mainz&.

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