Es war ein ganz großer Bahnhof da am Donnerstag auf dem Messegelände in Hechtsheim: Firmenchefs, OB, Honoratioren und Stadträte, selbst die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), persönlich war gekommen. „Wenn in Mainz schon mal Geschichte geschrieben wird…“, sagte Stadtwerke-Vorstand Detlev Höhne. Es ging um die Einweihung des Energieparks Mainz, und der hat tatsächlich Besonderes zu bieten: die angeblich größte grüne Wasserstoffanlage der Welt.

Portrait Martin Frey
Fachjournalist Martin Frey – Foto: gik

Für Mainz& war ein Experte vor Ort: Martin Frey, Fachjournalist für Erneuerbare Energien hat für uns den neuen Energiepark begutachtet. Ihr kennt Frey schon von unserem Bericht über den Baedecker „Erneuerbare Energien“, den Mainz&-Artikel dazu findet Ihr hier. Hier sein Bericht.

Bei gleißendem Sonnenschein und leichtem Wind – die benachbarten Windräder drehten sich – nahmen die Stadtwerke zusammen mit ihren Projektpartnern Linde, Siemens und der Hochschule Rhein-Main, die hochmoderne Anlage feierlich in Betrieb. Binnen eines Jahres gelang es ihnen, diese zwischen Messegelände und Möbelgroßmarkt hochzuziehen.

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Der Energiepark Mainz besteht aus einer großen Maschinenhalle, in der drei Elektrolyseure stehen. In diesen wird mittels Strom normales Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff wird dann verdichtet, damit man ihn besser transportieren kann. So kann „überschüssige“ elektrische Energie – etwa aus Windkraftanlagen – gespeichert werden, so werden die Erneuerbaren Energien flexibler einsetzbar – eines der großen Probleme der Energiewende.

Energiepark Mainz - Elektrolyseur - Foto mfy
Elektrolyseur im Energiepark Mainz – Foto: M. Frey

Die Mainzer Anlage gehört nun zu den größten Anlagen weltweit, die ihrerseits Strom aus Erneuerbaren Energien verwenden – eben die der Ebersheimer Windräder. Der in Hechtsheim erzeugte Wasserstoff soll nach Plänen der Projektpartner zum Teil für spezielle Fahrzeuge der Stadtwerke verwendet werden, zum Teil vermarktet ihn aber auch Linde an seine Kunden.

Neben diesen Einsatzmöglichkeiten im Verkehr haben die Stadtwerke aber auch eine Einspeisestation gebaut, über die eine gewisse kleinere Menge des Wasserstoffs in das Erdgasnetz von Ebersheim abgegeben werden soll. Somit können Gaskunden auch einen kleinen Teil des „erneuerbar“ hergestellten Gases nutzen. Die Elektrolyseure werden nämlich über eine Stromleitung versorgt, an der unter anderem auch die Windräder auf der Ebersheimer Hochebene dranhängen.

„Wir verstehen uns als Vorreiter der Energiewende in der Region“, bekundete denn auch Dr. Tobias Brosze, der neue Vorstand der Stadtwerke Mainz. Landesmutter Malu Dreyer zeigte sich stolz: „Ich bin froh, dass dieses weltweite Pilotprojekt mit industriellem Charakter in Rheinland-Pfalz steht“, sagte sie. Wasserstofferzeugungsanlagen gibt es bundesweit zwar schon an mehreren Orten, aber nicht in diesem Maßstab und in direkter Verbindung mit einer benachbarten Erzeugung aus Erneuerbaren Energien.

Energiepark Mainz - Gasspeicher - Foto Mfy
gasspeicher der Firma Linde im Energiepark Mainz – Foto: M. Frey

Der Energiepark Mainz ist nun rund um die Uhr in Betrieb und kommt in der Regel ohne Personal aus. Die Fahrer der an- und abfahrenden Lkw mit den Gastanks melden sich eigenständig über ein spezielles Terminal und wechseln die Anhänger aus. Überwacht wird die Produktion natürlich auch, denn die Gasqualität muss ja stimmen. Zudem gibt es ein Infocenter, in dem angemeldete Besuchergruppen empfangen werden.

Mit der Produktion der Anlage in Hechtsheim könnten 6.000 Haushalte mit einem Grüngas-Erdgas-Gemisch versorgt werden, sagte Brosze. Alternativ könnte man auch 2.000 Fahrzeuge betanken, war auf der Veranstaltung zu erfahren. Noch ein Vergleich: Angenommen, alle Mainzer Stadtbusse wären einmal Wasserstoffbusse, könnte damit ein Drittel dieser Flotte betrieben werden. So mussten die Stadtwerke am Donnerstag allerdings einen Wasserstoffbus-Bus aus Köln holen – der umweltfreundliche Treibstoff ist in Mainz noch Zukunftsmusik.

Energiepark Mainz - Eingang - Foto Mfy
Der Energiepark Mainz – Foto: M. Frey

Pilotprojekte sind meist nicht ganz billig: Das 17-Millionen-Euro-Projekt wurde daher zur Hälfte durch den Bund gefördert, aus Mitteln des Programms „Förderinitiative Energiespeicher.“ Vor knapp einem Jahr war deshalb kein Geringerer als Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Grundsteinlegung gekommen. Nun erhoffen sich die Beteiligten aus den Betriebserfahrungen Rückschlüsse darauf, wie die Mainzer Anlage in Zukunft viele Nachfolgeprojekte bekommen könnte. „Die Energiewirtschaft verfolgt dieses Projekt mit Interesse“, Stadtwerkechef Höhne fest.

Die Erwartungen der Energiefachleute sind hoch, denn vielerorts in Deutschland müssen bei zu viel Wind oder Sonne bestehende Windkraft- oder Solaranlagen bereits vom Netz genommen werden, damit es nicht zusammenbricht. Gleichzeitig gibt es aber auch Mangelsituationen im Jahr, in denen weder Wind weht noch die Sonne scheint. Gerade hier könnte eine Wasserstoff-Wirtschaft die Lösung sein. Außerdem wären Wasserstoff-betriebene Autos ein echter Segen für unsere Innenstädte – und dies nicht nur an hitzigen Tagen. Denn aus ihren Auspuffen kommen keine giftigen Gase mehr, sondern vielmehr nichts weiter als reines Wasser.

Energiepark mainz - Startschuss - Foto Mfy
Der Startschuss für den Energiepark: Alle Hände auf den roten Knopf – Foto: M. Frey

P.S.: Am Nachmittag wurde bekannt, dass sich auch die Mainzer Stadtwerke an der Klage bei der EU gegen Subventionen für das britische Kernkraftwerk Hinkley Point beteiligen werden. Ein Bündnis aus Ökostromanbietern und deutschen Stadtwerken wehrt sich gegen Atomsubventionen in dreistelliger Milliardenhöhe, weil sie ökologisch und volkswirtschaftlich unsinnig seien und erhebliche finanzielle Nachteile für andere Energie-Anbieter, die Erneuerbaren Energien und die Verbraucher bedeuteten, hieß es am Donnerstag in Berlin. Durch die Entscheidung der EU-Kommission drohten besonders negative Auswirkungen für umweltschonende Erzeugungsanlagen.

Das Klagebündnis will zudem mit einer neuen Studie belegt haben, „dass Hinkley Point C und weitere mögliche AKW-Projekte nach dem blaupausenartigen Genehmigungsmodell der Kommission die Preise auf dem deutschen Strommarkt um bis zu zwölf Prozent beeinflussen und so den Wettbewerb massiv verzerren können.“ Allein eine für 35 Jahre versprochene und an die Inflation angepasste staatliche Einspeisevergütung für Hinkley Point C summiere sich nach Berechnungen im Auftrag von Greenpeace Energy auf 108 Milliarden Euro. Hinkley Point C dürfe nicht zum Türöffner für eine teure und gefährliche Wiederkehr der Atomkraft in Europa werden, hieß es weiter.

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