Trotz des nassen Frühjahrs und des durchwachsenen Wetter-Jahres, sind die Winzer bereits in die Lese der ersten Trauben gestartet: In der Pfalz wurden bereits am Montag die ersten Trauben für den Federweißen gelesen – sogar zwei Tage früher als vor einem Jahr. Dabei hatten die Winzer in diesem Jahr mit echten Wetterextremen zu kämpfen: Viel Regen im Frühjahr, dann starke Trockenheit, und zuletzt wieder Kälte und Nässe – es ist ein Wechselbad der Wetterfälle. Warum das Deutsche Weininstitut trotzdem mit einem guten Weinjahrgang 2023 rechnet.

Die Pfälzische Weinkönigin Lea Baßler bei der Lese der ersten Trauben des Jahres in der Nähe von Neustadt an der Weinstraße. - Foto: DWI
Die Pfälzische Weinkönigin Lea Baßler bei der Lese der ersten Trauben des Jahres in der Nähe von Neustadt an der Weinstraße. – Foto: DWI

„Der heiße Sommer sorgt nun für eine frühen Start in Sachen Weinlese“, das schrieb Mainz& vor genau einem Jahr: Der sehr sonnige Sommer dieses Jahres habe die Trauben bundesweit schnell reifen lassen, teilte das Deutsche Weininstitut (DWI) in Bodenheim bei Mainz mit. Das Ergebnis: Ein Start in die lese der ersten frühen Trauben schon am 16. August.

In diesem Jahr ist alles anders, das Wetter schlägt Kariolen, wie selten – und trotzdem fand der Start in die Federweißer-Lese sogar noch zwei Tage früher statt als im Vorjahr: Am 14. August seien in der Pfalz die ersten Trauben des Jahres mit 74 Grad Öchsle für die Bereitung des Federweißen gelesen worden, teilte das DWI nun mit. Damit bewege sich „der diesjährige Lesestart wie auch der allgemeine Entwicklungsstand der Reben im Durchschnitt der letzten Jahre.“

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Wein-Lesestart immer früher, Trockenstress in den Weinbergen

Tatsächlich hat sich der Lesestart in Deutschland in den vergangenen Jahren immer weiter nach vorne verlagert – der Klimawandel lässt grüßen. Höhepunkt war das Jahr 2018, als die ersten Trauben für den Federweißer bereits am 6. August geerntet wurden – ein Rekord. 2018 war allerdings ein Jahr der enormen Trockenheit, dazu hatte es den wärmsten April aller Zeiten vorzuweisen. Im vergangenen Jahr stresste erneut hohe Trockenheit Winzer und Weinberge, der Wassermangel ließ die Trauben klein bleiben – ein toller Jahrgang wurde es trotzdem.

Die Trockenheit war in diesem Jahr schon im Frühsommer groß - danach kam wieder ergiebiger Regen. - Foto: gik
Die Trockenheit war in diesem Jahr schon im Frühsommer groß – danach kam wieder ergiebiger Regen. – Foto: gik

In diesem Jahr nun erlebten die Winzer echte Wetterkapriolen: Auf ein ungeheuer nasses und kaltes Frühjahr folgte ein Frühsommer mit großer Hitze und hoher Trockenheit. „Vor allem in jüngeren Rebanlagen, deren Wurzelwerk noch nicht so kräftig ausgebildet ist, sind teilweise Symptome von Trockenstress zu sehen“, berichtete DWI-Sprecher Ernst Büscher. Symptome seien etwa „Welkeerscheinungen“, ältere Weinberge hingegen erreichten mit ihren langen Wurzeln noch tiefer liegende Wasserreserven.

„Von daher kamen die ausgiebigen Niederschläge der vergangenen Wochen für die Reben gerade noch rechtzeitig und in ausreichender Menge“, sagte Büscher weiter. Die Situation in den Weinbergen sei deshalb „insgesamt gesehen recht gut.“ Besonders Plus in diesem Jahr: Die Winzer blieben bisher von größeren witterungsbedingten Schäden verschont – weder große Hagelschäden noch verwüstende Unwetter waren bisher zu verzeichnen. geblieben.

Hauptweinlese erst ab Anfang September erwartet

„Nach einer gut verlaufenen Rebenblüte ist der Fruchtansatz der Reben zufriedenstellend und die Trauben sind gut ausgebildet“, berichtete Büscher weiter. Die Kernregel im Weinbau besagt, dass rund 100 Tage nach der Blüte die Trauben reif zur Lese sind – der Federweißer ist traditionell noch ein Stückchen früher dran: Für ihn werden frühreife Sorten wie Ortega oder Solaris verwendet, wie sie jetzt auch in der Pfalz gelesen wurden.

Ausblick auf den Weinjahrgang 2023: Bastian Klohr, Geschäftsführer der Weinbiet Manufaktur, misst den Zuckergehalt seiner Trauben mit einem Refraktometer. - Foto: DWI
Ausblick auf den Weinjahrgang 2023: Bastian Klohr, Geschäftsführer der Weinbiet Manufaktur, misst den Zuckergehalt seiner Trauben mit einem Refraktometer. – Foto: DWI

Mit dem Beginn der Hauptweinlese wird dann erst Anfang bis Mitte September gerechnet, den Anfang machen dann weitere früh reifende Traubensorten wie etwa der Müller-Thurgau. „Für die Sekterzeugung könnten die ersten Trauben von Burgunder­sorten eventuell auch schon Ende August eingebracht werden“, sagte Büscher – das Jahr 2023 wartet also erneut mit einer frühen Weinlese auf. „Der später reifende Riesling dürfte in diesem Jahr je nach Anbaugebiet Mitte bis Ende September lesereif sein“, schätzte Büscher weiter.

Die gute Wasserversorgung sei „zum jetzigen Zeitpunkt auch optimal für die weitere Reifeentwicklung“, schätzte der Experte zudem – das gelte vor allem in Verbindung mit den prognostizierten wärmeren Temperaturen. „Wenn es in den nächsten Wochen sonnig und vor allem zur Hauptlesezeit weitgehend trocken bleibt, steht einem qualitativ guten Weinjahrgang 2023 nichts im Wege“, betonte Büscher.

Sorgen wegen viel „Echtem Mehltau“ in den Weinbergen

Sorgen und viel Arbeit bereitete den Winzern allerdings in diesem Jahr die Folgen der häufig nassen Wetterlagen: Es habe einen außergewöhnlich hohen Befallsdrucks durch den „Echten Mehltau“ gegeben, berichtete Büscher.  in der Fachsprache Oidium genannt, den die Erzeuger letztendlich dennoch gut in den Griff bekommen haben. Der „Echte Mehltau“ ist ein Ektoparasit, der durch ein weißgraues spinnwebenartiges Geflecht auf den grünen Pflanzenteilen auffällt, wie es bei Wikipedia heißt.

Federweißer oder "junger Wein" ist eine Delikatesse - und der erste Herbstbote. - Foto: DWI
Federweißer oder „junger Wein“ ist eine Delikatesse – und der erste Herbstbote. – Foto: DWI

Ausgelöst wird das durch einen Schlauchpilz, der Echte Mehltau gehört zusammen mit dem „Falschen Mehltau“ und dem Reblausbefall zu den häufigsten Krankheiten im Weinbau, und kann hohe wirtschaftliche Schäden durch Ernteverluste und schlechte Weinqualität verursachen. Dumm dabei: Eindämmen kann man ihn praktisch nur durch erheblichen Einsatz von chemischen Bekämpfungsmitteln, dazu gehören vor allem Schwefel, aber auch viele Pestizide.

Widerstand leisten da nur sogenannte „PiWis“: Pilzwiderstandsfähige Rebsorten wie etwa Muscaris oder Cabernet Cortis, aber auch der Regent – oder eben die Solaristraube. Den ersten Federweißer in Mainz könnt Ihr mit Sicherheit dann beim Mainzer Weinmarkt probieren – das große Mainzer Weinfest im Herbst startet am 24. August und findet am letzten August- und am ersten Septemberwochenende statt.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Umgang mit Federweißem findet Ihr hier beim DWI. Ein ausführliches Dossier zum Neuen Wein mit vielen Rezepttipps zum Federweißer könnt Ihr hier beim DWI herunterladen – probiert doch mal ein Herbst-Bruschetta zum Federweißen!