Sie sind rechtswidrig und in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen, trotzdem will die Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) an ihnen festhalten: Rad-Piktogramme auf den Straßen leisteten „einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit“, sagte Steinkrüger auf Mainz&-Anfrage – und kündigte sogar neue Piktogrammketten an. Der Landesbetrieb Mobilität hingegen fordert ihre Entfernung – und hat das bereits am 19. Januar behördlich angeordnet. Bei Verstößen drohten Sanktionen „bis hin zur Entlassung des Bürgermeisters“, sagte eine Sprecherin. Scharfe Kritik am Vorgehen Steinkrügers kommt von der CDU-Opposition, die Mainzer SPD hält das Vorgehen hingegen für richtig.

Piktogramm statt Radweg: In Mainz wird das bereits seit 2016 so durchgeführt, hier in der Mainzer Oberstadt. - Foto: gik
Piktogramm statt Radweg: In Mainz wird das bereits seit 2016 so durchgeführt, hier in der Mainzer Oberstadt. – Foto: gik

Die Stadt Mainz hatte 2016 damit begonnen, weiße Piktogramme von Fahrrädern auf Straßen in Mainz anzubringen, damals unter der grünen Verkehrsdezernenten Katrin Eder, die heute Umweltministerin des Landes Rheinland-Pfalz ist. Die Piktogramme sollten darauf hinweisen, dass Fahrradfahrer ebenso wie Autos die Fahrbahn benutzen dürfen, und wurden vor allem an Straßen genutzt, an denen die Radwegepflicht aufgehoben war. Das Problem dabei: Die Piktogramme sind in der Straßenverkehrsordnung schlicht nicht vorgesehen.

Bislang wurde die Praxis verschiedener Städte aber geduldet, weil ein Pilotprojekt fünf Jahre lang die Wirkung der Piktogramme auf den Straßenverkehr untersuchte. Am Mittwochabend hatten die Landesnachrichten „SWR aktuell Rheinland-Pfalz“ nun berichtet, der Landesbetrieb Mobilität in Rheinland-Pfalz fordere von der Stadt Koblenz inzwischen die Entfernung der Radsymbole: Die Piktogramme seien „klar rechtswidrig und müssen weg“, sagte Gerd Weisel vom Landesbetrieb Mobilität gegenüber SWR Aktuell: Es bestehe die Gefahr, dass die Piktogramme mit anderen Verkehrszeichen verwechselt würden.

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LBM: am 19. Januar Anordnung zur Entfernung der Piktogramme

Am Donnerstag bestätigte der Landesbetrieb Mobilität gegenüber der Internetzeitung Mainz&: Ja, die Piktogramme seien rechtswidrig, weil sie in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen seien – und das gelte auch für Mainz. Man habe bereits am 19. Januar „alle Verkehrsbehörden in Rheinland-Pfalz angeschrieben“, sagte eine Sprecherin gegenüber Mainz&. In dem Schreiben werde „die Anordnung erteilt“, die Piktogramme wieder zu entfernen. Da der Landesbetrieb Mobilität die Obere Verkehrsbehörde sei, gehe man auch davon aus, dass die „unteren Verkehrsbehörden“ – also die Behörden in den Städten und Kommen – dem auch Folge leisten würden.

Die Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) in einer Stadtratssitzung. - Foto: gik
Die Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) in einer Stadtratssitzung. – Foto: gik

Das sieht man im Mainzer Verkehrsdezernat aber offenbar ganz anders: „Als Mainzer Verkehrsdezernentin ist mir die Förderung des Radverkehrs in der Landeshauptstadt ein besonderes Anliegen“, antwortete Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger am Donnerstag auf Mainz&-Anfrage. Dazu gehöre auch eine sichere und komfortable Radinfrastruktur – und zu der zählten „auch innovative Projekte und Ideen, wie die der Mainzer Piktogrammkette.“ Diese sei „in einem langen Abstimmungsprozess gemeinsam mit der  Straßenverkehrsbehörde und der Polizei entwickelt“ worden und leiste seitdem „einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer.“

Grund sei, dass „bei einer Vielzahl der baulich angelegten Radwege“ die Benutzungspflicht habe aufgehoben werden müssen, sagte Steinkrüger weiter – das ist in der Regel dann der Fall, wenn der Bauzustand des Radweges so schlecht ist, dass seine Benutzung für die Radfahrenden nicht mehr zumutbar ist. Leider gehe aber „eine große Anzahl der Autofahrenden davon aus, dass der Radweg dennoch nach wie vor zu benutzen sei,“, erklärte Steinkrüger weiter, dadurch entstünden viele konfliktreiche Situationen zwischen Rad- und Autofahrenden.

Steinkrüger: Radfahrer „als gleichberechtigte Partner“ auf Straße

„Mit Hilfe der Piktogramme kann die Situation verdeutlicht werden, und das gemeinsame Miteinander auf der Fahrbahn einvernehmlich gestaltet werden“, sagte Steinkrüger weiter, und betonte zudem: „Mein erstes Interesse gilt selbstverständlich dem Ziel, die Radfahrenden wieder als gleichwertigen Partner auf der Fahrbahn zu etablieren.“ Eine „Anordnung durch Verkehrszeichen“ sehe sie darin nicht, mit den Piktogrammen würden „weder Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs angeordnet, noch werden Anordnungen durch Verkehrszeichen getroffen.“

Radfahrer auf der Göttelmannstraße in der Mainzer Oberstadt, mitten im Verkehr: Unfallzahlen laut Studie bei solchen Maßnahmen gestiegen. - Foto: gik
Radfahrer auf der Göttelmannstraße in der Mainzer Oberstadt, mitten im Verkehr: Unfallzahlen laut Studie bei solchen Maßnahmen gestiegen. – Foto: gik

Beim Landesbetrieb Mobilität (LBM) heißt es indes, die Piktogramme könnten Autofahrer verwirren und Radfahrer dazu verleiten anzunehmen, es handele sich um eine eigene Fahrradstraße – entsprechend könnten Unaufmerksamkeit und Unfälle steigen. Es bestehe auch die Gefahr, dass die Piktogramme mit anderen Verkehrszeichen verwechselt würden, betonte der Leiter der Oberen Verkehrsbehörde, Gerd Weisel, im Fernsehinterview. Grund für das Vorgehen der Landesbehörde zum jetzigen Zeitpunkt ist das Ende eines Pilotprojekts samt anschließender Studie der Universitäten Wuppertal und Dresden zur Wirkung der Rad-Piktogramme im Straßenverkehr, die 2021 abgeschlossen wurde.

Ergebnis der Studie: Die Piktogramme auf der Fahrbahn sorgten offenbar tatsächlich für mehr Klarheit im Verkehr, wer welche Route nutzen darf, in der Folge nutzten tatsächlich auch mehr Radfahrer die Fahrbahn als vorher – doch das hatte auch negative Konsequenzen: Die Zahl der Unfälle mit Radfahrern stieg nach Einführung der Piktogrammketten an, und zwar sowohl auf freien Strecken, als auch an Kreuzungen – mehr dazu ausführlich hier bei Mainz&. Beim Landesbetrieb sieht man hierin den Grund, warum der Bund als Gesetzgeber die Piktogramme gerade nicht in die Straßenverkehrsordnung aufnahm – was nun zu der Anordnung führte, sie zu entfernen.

Deutscher Fahrradpreis mahnte bereits 2017: Andere Farbe wählen!

Mainz hatte 2017 für seine Piktogrammketten sogar den „Deutschen Fahrradpreis“ bekommen – und das, obwohl auch damals schon die Piktogramme laut Straßenverkehrsordnung eigentlich rechtswidrig waren. Tatsächlich mahnte die Jury schon damals die Stadt Mainz: die in weiß gehaltenen Piktogramme erweckten den Anschein, als handele es sich um offizielle Verkehrszeichen. Die Stadt möge deshalb doch bitte künftig eine andere Farbe wählen – weiß und gelb seien der Straßenverkehrsordnung vorbehalten.

Verwechslungsgefahr? Rechts ein offizieller Radweg mit Piktogramm, links die inoffiziellen Rad-Piktogramme auf der Göttelmannstraße in Mainz. - Foto: gik
Verwechslungsgefahr? Rechts ein offizieller Radweg mit Piktogramm, links die inoffiziellen Rad-Piktogramme auf der Göttelmannstraße in Mainz. – Foto: gik

Das aber geschah nicht, Mainz nutzt die Piktogrammketten bis heute – und will sie offenbar nicht nur nicht entfernen, sondern auch weiterhin nutzen: „Aufgrund der bisherigen positiven Erfahrungen aus Planersicht wie auch aus alltäglichen Erfahrungen der Radfahrenden beabsichtigt die Landeshauptstadt Mainz auch weiterhin auf weiteren Straßen Piktogrammketten aufzubringen“, teilte Steinkrüger weiter mit. Die explizite Frage, ob der Landesbetrieb gegenüber der Stadt Mainz bereits die Entfernung der Piktogramme gefordert habe, beantwortete Steinkrüger übrigens nicht.

Unterstützung kommt derweil von der Mainzer SPD: „Wir können die ablehnende Haltung des Landesbetriebs Mobilität zu Fahrrad-Piktogrammen nicht nachvollziehen“, sagte SPD-Verkehrsexperte Erik Donner: „Seit 2016 sorgen diese Piktogramme dafür, dass Radfahrerinnen und Radfahrer im Straßenverkehr besser wahrgenommen werden.“ Auch sei bei Piktogrammen im Gegensatz zu Schutzstreifen der seitliche Abstand bei der Überholung durch PKWs in der Regel größer.

Es stelle sich „die Frage, warum erst jetzt – acht Jahre nach der Einführung – der Landesbetrieb auf die Idee kommt, dass Fahrrad-Piktogramme rechtswidrig sein sollen“, sagte Donner, und betonte: Es sei „gut“, dass die Verwaltung erst einmal keinen Änderungsbedarf sehe. „Im Zweifel sollten auch alle Rechtsmittel gegen die merkwürdige Auffassung des Landesbetriebs Mobilität ausgeschöpft werden“, fügte Donner hinzu. Man wolle das Thema auch am 6. März mit einer Anfrage im Mainzer Stadtrat behandeln.

LBM: Sanktionen bis hin zur „Enthebung des Bürgermeisters“ möglich

Im Landesbetrieb dürfte man das mit Erstaunen hören: Die Piktogramme seien „klar rechtswidrig“, der Bund habe sich gegen die Einführung in die Straßenverkehrsordnung entschieden – und Rheinland-Pfalz im Gegensatz zu anderen Ländern auch keine Ausnahmeregel im Landesgesetz geschaffen. „Es ist fünf Jahre abgewartet worden, ob der Bund sich dazu äußert“, sagte die LBM-Sprecherin, nun müsse man handeln: „Die Piktogramme müssen entfernt werden.“ Das Nicht-Befolgen einer Anordnung der übergeordneten Behörde ziehe in der Regel kommunalrechtliche Sanktionen nach sich, betonte die Sprecherin zudem: „Das kann bis zur Enthebung des Bürgermeisters führen.“

Die CDU-Stadträte Gerd Schreiner und Thomas Gerster 2018 mit ihrem Plan für einen neuen Radweg entlang der Straße "And er Goldgrube". - Foto: gik
Die CDU-Stadträte Gerd Schreiner und Thomas Gerster 2018 mit ihrem Plan für einen neuen Radweg entlang der Straße „And er Goldgrube“. – Foto: gik

Scharfe Kritik am Agieren der Dezernentin kommt derweil von der CDU-Opposition: Die Anordnung des LBM zeige, „dass unsere jahrelang von der CDU geäußerte Kritik an der fehlenden Verkehrssicherheit dieser Maßnahme leider vollends berechtigt ist“, sagte CDU-Verkehrsexperte und Kreischef Thomas Gerster auf Mainz&-Anfrage: „Die Verkehrsdezernentin hätte diese Maßnahme nie durch führen dürfen, da eine Entsprechung in der StVO fehlt.“ Zudem sei die Maßnahme „als gescheitert anzusehen“, da klaut der entsprechenden Studie „die Unfallhäufigkeit gestiegen und nicht, wie von der ehemaligen Verkehrsdezernentin Eder behauptet, gesunken ist“, sagte Gerster weiter.

Die CDU hatte tatsächlich bereits 2016 die Einführung der Piktogrammketten kritisiert, betroffen war damals vor allem die Straße „An der Goldgrube/Göttelmannstraße“. Hier musste der parallel verlaufende Radweg wegen seines katastrophal-schlechten Zustandes durch Löcher und angehobene Baumwurzeln gesperrt werden, statt einer Sanierung oder einer Neuordnung des Radweges griff die Stadt Mainz zur Lösung mit den Piktogrammen. Die CDU warnte damals, ein Mischverkehr werde auf dieser viel befahrenen Achse mit Busverkehr zu gefährlichen Situationen führen, und legte damals einen eigenen Plan vor.

Plan der Mainzer CDU für einen Radweg entlang der Achse Göttelmannstraße / An der Goldgrube aus dem Jahr 2018. - Foto: gik
Plan der Mainzer CDU für einen Radweg entlang der Achse Göttelmannstraße / An der Goldgrube aus dem Jahr 2018. – Foto: gik

Der CDU-Plan sah einen von der Fahrbahn getrennten, parallel führenden Radweg entlang der Göttelmannstraße vor: Eine klare Trennung zwischen Radweg und Fahrbahn sei notwendig, um den Radfahrern Sicherheit auf der viel befahrenen Straße zu verschaffen, argumentierte damals der Mainzer CDU-Landtagsabgeordnete und Stadtrat Gerd Schreiner, der als Architekt den Plan entworfen hatte. Man könne durchaus einen zwei Meter breiten Radweg auf jeder Seite einrichten, der zudem Platz für eine Fahrbahnbreite von 7,50 Metern lasse – genug Platz, damit sich zwei Busse sicher begegnet könnten.

Der Plan wurde von der Ampel-Mehrheit von SPD, Grünen und FDP abgelehnt, Pläne der Stadt Mainz für einen neuen Radweg aber ebenfalls nicht umgesetzt. „Die CDU fordert die Verkehrsdezernentin auf, endlich rechtmäßige Zustände auf Mainzer Straßen herzustellen“, forderte Gerster nun – und schloss sogar Rücktrittsforderungen gegen Steinkrüger nicht aus: „Wenn die Verkehrsdezernentin nun trotz eindeutiger Aufforderung nicht bereit ist, rechtmäßige Zustände herzustellen, muss sie konsequenterweise von ihrem Posten zurücktreten.“

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zu den Piktogrammketten sowie der Studie zum Pilotprojekt lest Ihr hier auf Mainz&. Dort findet Ihr auch eine Auswertung der Studie sowie den Link zum Download – wir können hier nicht die ganze Studie noch einmal nacherzählen, bitte lest dort nach.

Kommentar& auf Mainz&: Wie hältsts Du es mit Recht und Gesetz?

Was würde die Stadt Mainz wohl sagen, wenn ein Autofahrer bei Rot über die Ampel fährt, durch die Stadt rast oder bei seinem Fahrzeug den TÜV nicht absolviert? Richtig: Sie würde ihn verwarnen, zur Kasse bitten und bestrafen – unter Verweis auf die Straßenverkehrsordnung. Man sollte meinen, dass diese STVO für alle gilt – und erst Recht für die Behörden, die sie durchzusetzen haben.

Illegale Tempo 30-Zonen-Schilder in der Mainzer Rheinallee bei Beginn der Maßnahme - die Schilder waren nach wenigen Tagen wieder verschwunden. - Foto: gik
Illegale Tempo 30-Zonen-Schilder in der Mainzer Rheinallee bei Beginn der Maßnahme – die Schilder waren nach wenigen Tagen wieder verschwunden. – Foto: gik

Aber, nööö – in Mainz gelten Gesetze und Regeln offenbar für Regierende nur so lange, wie sie ins eigene politische Konzept passen, oder wie sollen wir das verstehen? Wenn eine Maßnahme in die eigene Vorstellungswelt passt, wird sie umgesetzt – egal, was das Gesetz sagt? Das war übrigens schon bei der Umsetzung von Tempo 30 so: Die Einführung auf Hauptverkehrsachsen, auf Bundesstraßen zumal, war damals von der STVO untersagt und damit streng genommen rechtswidrig. Mainz machte es trotzdem – und verließ sich darauf, dass man von Seiten des Verkehrsministeriums schon nicht dagegen vorgehen würde. Das Dieselfahrverbot drohte ja.

Nun also will sich also ausgerechnet die Verkehrsdezernentin der Landeshauptstadt einer Anordnung einer ihr übergeordneten Landesbehörde verweigern – das ist, mit Verlaub, ein starkes Stück: Welches Zeichen sendet das eigentlich an die Bürger? Zumal Steinkrüger ja keineswegs signalisiert, die Piktogramme überprüfen zu wollen, sie vielleicht zu ändern – womöglich einfach durch eine andere Farbwahl. Stattdessen verschweigt sie auf explizite Nachfrage sogar, dass die Anordnung existiert – und beharrt darauf, es sei ihr ausdrückliches Ziel, Radfahrer „als gleichberechtigte Partner“ auf die Straße zu bringen.

Fahrradbrücke in Kopenhagen: Getrennte Bahnen für Autos, Fahrräder und Fußgänger. - Foto: gik
Fahrradbrücke in Kopenhagen: Getrennte Bahnen für Autos, Fahrräder und Fußgänger. – Foto: gik

Schlimm dabei sind zwei Dinge: Die Dezernentin ignoriert dabei beharrlich nicht nur recht und Gesetz, sondern auch eine wahrlich erdrückende Faktenlage, nach der sämtliche Experten seit Jahren betonen: Getrennte Radwege sind gute Radwege, weil sichere Radwege – die Niederlande machen es schon lange vor. Vorzeigestädte wie Kopenhagen haben es nachgemacht – ein Trip dorthin sei dringend empfohlen: Getrennte Radwege, wohin das Auge schaut. Denn „gleichberechtigt“ werden Radfahrer auf der Straße einfach niemals sein – ihnen fehlt schlicht die Knautschzone. Und so ist es umso schlimmer, dass im Verkehrsdezernat einfach die steigende Unfallgefahr, ja: die Lebensgefahr für Radfahrende schlicht negiert wird.

Ja, auch die Autorin dieser Zeilen ist erstens auf dem Fahrrad, und zweitens mit dem Kampfruf groß geworden: Radfahrer auf die Straße! Macht sie sichtbar! Macht sie gleichberechtigt! Das aber war in den 1970er und 1980er Jahren – es ist nicht nur lange her, sondern auch durch neue Erkenntnisse und nicht zuletzt die massiv gestiegene Verkehrsdichte völlig überholt worden. Heute weiß man, was Radwegechecks und Fahrradklimatests von ADAC bis ADFC seit Jahren nachdrücklich gerade auch in Mainz anmahnen: Radfahren muss sicherer werden. Sicherer wird es durch gut ausgebaute und getrennte (!!) Radwege.

Grafik ADFC: getrennte Radwege.
Grafik ADFC: getrennte Radwege.

81 Prozent der Radfahrenden sei es „wichtig oder sehr wichtig“, getrennt vom Autoverkehr unterwegs zu sein, schreibt der ADFC – wahrlich keine Autofahrer-Lobby. Radfahrende fühlen sich auf Straßen gemeinsam mit Autos NICHT SICHER – und sie sind es auch nicht: Die Unfälle steigen, und sie gehen praktisch immer zum Nachteil des Radfahrers aus. In Mainz ficht das die Dezernentin nicht an, hier wird weiter mit Konzepten früherer Jahrzehnte agiert – und sie werden gegen jede Vernunft und Faktenlage durchgedrückt: Ignoriert wird, was nicht ins Konzept passt.

Bei Gesetzen und Anordnungen aber hört der Spaß auf: Wenn der Staat seine eigenen Gesetze ignoriert, dann nennt man das – Bananenrepublik. Und genau das untergräbt die Akzeptanz für Staat und Demokratie.