Ab Donnerstagfrüh sind in Mainz Plakate zur Oberbürgermeisterwahl erlaubt, doch bereits am Dienstagabend tauchten die ersten Plakate im Stadtgebiet auf: Die Grünen hatten ihren OB-Kandidaten Christian Viering ab Dienstagabend plakatiert – rund 30 Stunden zu früh. Am Mittwoch tauchten auch 30 Plakate der CDU-Kandidatin Manuela Matz in Mainz-Bretzenheim sowie Plakate von SPD und FDP in Mainz-Hechtsheim auf. Die Freien Wähler sprachen von Dreistigkeit und Unfairness, die Stadt kündigte an, die verfrühten Plakate noch am selben Tag kostenpflichtig entfernen zu lassen. Bürgermeister Beck wies zudem Vorwürfe zurück, er habe den Frühstart erlaubt.
Die Plakatierung im OB-Wahlkampf regelt die sogenannte Gestattungssatzung der Stadt Mainz, und darin heißt es: „Im gesamten Stadtgebiet wird für den Zeitraum von Mittwoch, den 28.12.2022, 24.00 Uhr, bis Sonntag, den 12.02.2023, 24.00 Uhr, die Plakatierung gestattet.“ Damit ist klar geregelt: Wahlkampf-Plakate, die nicht an eine Veranstaltung gebunden sind, sondern rein für einen Kandidaten oder eine Kandidatin werben, wären ab Mitternacht in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag – dem 29.12.2022 – erlaubt gewesen.
Doch bereits am Abend des 27. Dezember tauchten die ersten Wahlkampfplakate mit dem Konterfei des Grünen OB-Kandidaten Christian Viering in Mainz auf. Im Laufe des Mittwochs wurden es dann einige Hundert, nach Mainz&-Informationen wurden Viering-Plakate in der Altstadt und der Mainzer Neustadt, in Bretzenheim, Gonsenheim, Hartenberg und Hechtsheim sowie in der Oberstadt und auf dem Lerchenberg gesichtet – ein massiver Verstoß gegen das Gleichheitsgebot im Wahlkampf: Damit plakatierten die Grünen rund 30 Stunden früher als die anderen Parteien.
Grüne räumen Verstoß gegen Plakatierungsordnung ein
Die Grünen in Mainz räumten den Verstoß am Mittwoch selbst via Kurznachrichtendienst Twitter ein: „Wir haben bereits am Abend des 27.12.2022 in einigen Ortsteilen mit der Plakatierung begonnen“, schrieben die Grünen via Twitter. Man sei „aufgrund der Plakatierungsverordnung von einem Plakatierstart zum 28.12.2022 ab 0.00 Uhr ausgegangen“ sei. „Uns ist direkt der erste Schnitzer passiert“, heißt es in der Twitter-Stellungnahme weiter, „wir möchten dafür um Entschuldigung bitten, da es keineswegs unsere Absicht war, uns einen unfairen Vorteil zu verschaffen.“
Als Grund für den Regelverstoß schrieb die Partei wörtlich: „Diese Auslegung der für uns missverständlichen Anweisung wurde uns auf Nachfrage auch so bestätigt.“ Medienberichten zufolge hatten die Grünen beim Wahlkampfleiter der Stadt Mainz nachgefragt – bei Bürgermeister Günter Beck (Grüne). Der wies am Abend die Darstellung entrüstet zurück: „Ich habe mich nie zum Plakatierungszeitraum geäußert und sicher auch keine Ausnahme genehmigt, wie heute an mancher Stelle zu lesen und zu hören war“, betonte Beck, und unterstrich: „Als Wahlleiter bin ich der Neutralität verpflichtet und halte mich daran. Ich fordere alle Parteien und Kandidaten auf, sich an die Spielregeln zu halten und einen fairen Wahlkampf zu führen.“
Stadt Mainz: verfrühte Plakate werden kostenpflichtig entfernt
Die Stadt Mainz bestätigte am Mittwoch aber ebenfalls die Verletzung der Plakatierungsregel: Bereits in den Morgenstunden seien „Plakate verschiedener Kandidaten an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet angebracht“ worden, teilte die städtische Pressestelle am Abend mit: Dies sei ein Verstoß gegen die Gestattung der Plakatierung. „Alle Kandidaten wurden am frühen Vormittag von der Abteilung ‚Öffentliche Sicherheit und Ordnung‘ des Standes-, Rechts- und Ordnungsamtes per Schreiben auf die Falschplakatierung hingewiesen“, so die Stadt weiter.
Man habe den Parteien eine Frist bis Mittwoch, 12.00 Uhr gesetzt, um die Plakate zu entfernen. „Seit dem frühen Nachmittag, also nach Verstreichen der Frist, kontrolliert der Zentrale Vollzugs- und Ermittlungsdienst nun die Plakatierung im Stadtgebiet und lässt die Plakate, die gegen die bekannten Auflagen verstoßen, kostenpflichtig entfernen“, hiße es weiter.
Tatsächlich waren neben Plakaten für Viering auch einzelne Plakate von SPD und FDP in Mainz-Hechtsheim aufgetaucht, dort wird gleichzeitig mit der OB-Wahl auch ein neuer Ortsvorsteherin gewählt. Dazu wurde im Stadtteile Mainz-Bretzenheim auch die OB-Kandidatin Manuela Matz plakatiert – ebenfalls ein Verstoß gegen die Plakatierungsverordnung.
CDU räumt verfrühte Matz-Plakate in Mainz-Bretzenheim ein
„Wir haben Dienstagabend die Plakate an unsere Ortsteile ausgegeben, und dabei die Vorgabe gemacht, nach den Regeln zu plakatieren“, sagte CDU-Wahlkampfmanager Philipp Breiner gegenüber Mainz&. Ein Ortsverband sei dabei „etwas übermotiviert gewesen“, und habe bereits am Mittwoch losgelegt: „In Bretzenheim wurden heute Morgen 30 Plakate aufgestellt“, räumte Breiner offen ein.
Bürgermeister Beck äußerte sich zudem erstaunt über die Fehlplakatierung: „Ich verstehe nicht, wie die Formulierung der Gestattung der Wahlplakatierung missverstanden werden konnte. Sie regelt ganz klar den frühestmöglichen Plakatierungszeitpunkt“, sagte Beck.
Die Freien Wähler rügten den Frühstart der anderen Parteien scharf – tatsächlich waren vom parteilosen Kandidaten Nino Haase, der von den Freien Wählern unterstütz wird, keine verfrühten Plakate im Stadtgebiet zu sehen. „Straßenwahlkampf-Regeln sind für alle da“, kritisierte der Vorsitzende der Freien Wähler Mainz, Christian Weiskopf: „Mindestens einen Tag zu früh werden Wahlkampfplakate gestellt und gehängt, was die Teams hergeben, begeht man ganz offenbar gezielt reihenweise Ordnungswidrigkeiten, nur um sich die besten Plätze zu sichern.“
Freie Wähler: Dreister Frühstart wirft Fragen auf
Der offizielle Starttermin sei ja gerade dafür da, „damit alle Parteien, die großen und die kleinen, die gleiche Chance auf Sichtbarkeit haben“, betonte Weiskopf weiter. Hier werde „klar gegen Regeln und Fairness verstoßen, die sonst gerne laut von allen anderen eingefordert werden“, schimpfte er.
Die von den Grünen vorgebrachte Entschuldigung, „man habe sich geirrt und sogar beim Bürgermeister Günter Beck (Grüne) nachgefragt, macht es nicht besser“, kritisierte Weiskopf zudem: „Sie lässt vielmehr tief blicken und zudem auch mit Blick auf die nächsten Wochen die Frage offen, ob es sich hier um regelhafte Dreistigkeit oder sogar mehr handelt.“ Sich hinzustellen, und zu behaupten das sei ein Versehen, nannte Weiskopf „dreist“: „Mit Verlaub: Das sind doch Parteien, also Politprofis, da wird man doch eine Frist lesen können“, fügte er hinzu.
Der offizielle Start zur Plakatierung ist nun heute um Mitternacht – ab null Uhr dürfen dann tatsächlich alle Parteien ausschwärmen, und sich die besten Stellen sichern.
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Kandidaten zur OB-Wahl und den Fristen lest Ihr auch hier bei Mainz&. Warum die bisherigen Plakate zu Terminen mit den OB-Kandidaten kein Verstoß waren, könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.