Dass medizinische Masken gut vor der Ansteckung durch das Coronavirus schützen, haben inzwischen viele Studien nachgewiesen, doch was Göttinger Forscher nun herausfanden, ist erschreckend und hilfreich zugleich: „Sogar drei Meter Abstand schützen nicht“, lautet die Bilanz einer neuen Studie mit Blick auf das Ansteckungsrisiko bei der Delta-Variante des Coronavirus. Die gute Nachricht: Das Tragen einer medizinische Maske senkt das Ansteckungsrisiko beinahe um 100 Prozent – wenn richtig getragen, und wenn es sich um eine FFP2-Maske handelt. Damit werden Masken noch einmal mehr zum entscheidenden Faktor bei der Abwehr der Corona-Pandemie.

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) mit OP-Maske in einem Klassenzimmer. - Foto: dpa
Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) mit OP-Maske in einem Klassenzimmer. – Foto: dpa

Das Tragen einer Schutzmaske gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 war von Anfang an eine der heißesten umstrittensten Maßnahmen in der Corona-Pandemie – auch, weil die Politik in Deutschland bei dem Thema lange herumeierte. Noch im April 2020 wehrten führende Politiker in diesem Land entschieden ab: Nein, Masken brauche es nicht, eine Maskenpflicht schon gar nicht – selbst Virologen wie Christian Drosten äußerten Zweifel an der Wirksamkeit. Dabei war zu diesem Zeitpunkt in asiatischen Ländern die Wirksamkeit der Maske längst erwiesen. Bis heute kämpft Deutschland mit den Auswirkungen des Masken-Wirrwarrs vom Beginn der Pandemie – dabei waren die meisten Aussagen von Politikern der Tatsache geschuldet dass schlicht keine Masken da waren: Man hatte versäumt, Vorsorge zu treffen, der Weltmarkt war dann im Frühjahr 2020 komplett leer gefegt.

Inzwischen gehören Schutzmasken zur Ausrüstung der Corona-Pandemie wie die Sonnenbrille und der Hausschlüssel, und zahllose Studien haben ihre Wirksamkeit bewiesen. Zuletzt stellte etwa eine Studie des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie im Mai 2021 eindeutig fest: Masken schützen sehr effizient vor dem Coronavirus. Trotzdem strich die Politik im Sommer 2021 die Maskenpflichten im Freien und vor allem auch in den Schulen – Experten sehen darin einen Grund für die enorm hohe Infektionswelle Ende des Jahres 2021 mit Inzidenzen von um die 1000 in der Altersgruppe der Schüler.

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Atemrauch einer Versuchspuppe ohne jede Corona-Maske. - Video: MPI Göttingen
Atemrauch einer Versuchspuppe ohne jede Corona-Maske. – Video: MPI Göttingen

Im Dezember 2021 belegte nun eine weitere Studie aus Göttingen, wie ungemein wichtig Masken für den Schutz vor Ansteckungen sind. Die Forscher des Max-Planck-Instituts (MPI) untersuchten dabei erstmals die Ansteckungsrate mit Blick auf die inzwischen vorherrschende, hochansteckende Delta-Variante, und was sie fanden, erschreckte selbst die Experten: „Sogar drei Meter Abstand schützen nicht“, lautete die Bilanz der Forscher: Selbst bei dieser Distanz dauere es „keine fünf Minuten“, bis sich eine ungeimpfte Person, die in der Atemluft eines Corona-infizierten Menschen stehe, mit fast 100-prozentiger Sicherheit anstecke.

„Wir hätten nicht gedacht, dass es bei mehreren Metern Distanz so schnell geht, bis man aus der Atemluft eines Virusträgers die infektiöse Dosis aufnimmt“, sagte Eberhard Bodenschatz, Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. Denn auf diese Distanz habe sich die Atemluft schon kegelförmig im Raum verbreitet, hätten sich die infektiösen Partikel eigentlich in der Raumluft entsprechend verdünnt. Die besonders großen und damit besonders virusreichen Partikel fielen zudem schon nach einer kurzen Strecke durch die Luft zu Boden.

Atemluft einer Versuchspuppe mit schlecht sitzender FFP2-Maske: trotzdem erhebliche Schutzwirkung. - Video: MPI Göttingen
Atemluft einer Versuchspuppe mit schlecht sitzender FFP2-Maske: trotzdem erhebliche Schutzwirkung. – Video: MPI Göttingen

„Trotzdem haben wir in unserer Studie auch in drei Metern Entfernung noch ein enormes Ansteckungsrisiko festgestellt, wenn man Infizierten mit einer hohen Viruslast, wie sie bei der vorherrschenden Delta-Variante des Sars-CoV-2-Virus auftritt, für ein paar Minuten begegnet und keine Maske trägt“, betonte Bodenschatz. Und solche Begegnungen seien „etwa in Schulen, Gaststätten, Clubs oder gar im Freien unvermeidbar.“ Die Ergebnisse zeigten: „Das Maske-Tragen an Schulen und auch generell ist eine gute Idee.“

Denn die gute Nachricht der Göttinger Studie: Gut sitzende medizinische Masken reduzieren das Ansteckungsrisiko in einem geradezu unglaublichen Ausmaß. Tragen sowohl die infizierte als auch die nicht-infizierte Person gut sitzende FFP2-Masken, beträgt das maximale Ansteckungsrisiko nach 20 Minuten selbst auf kürzeste Distanz kaum mehr als ein Promille, so die Forscher. Sitzen ihre Masken schlecht, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion aber immer noch auf ganze vier Prozent. Selbst einfach OP-Masken reduzieren das Ansteckungsrisiko dramatisch: Tragen beide gut angepasste OP-Masken, wird das Virus innerhalb von 20 Minuten mit höchstens zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit übertragen.

Atemluft einer Versuchspuppe mit gut sitzender FFP2-Maske: massiv verbesserte Schutzwirkung. - Video: MPI Göttingen
Atemluft einer Versuchspuppe mit gut sitzender FFP2-Maske: massiv verbesserte Schutzwirkung. – Video: MPI Göttingen

So hoch das Infektionsrisiko ohne eine Maske auch sei, so effektiv schützen medizinische oder FFP2-Masken, bilanzieren die Göttinger Forscher. FFP2- oder KN95-Masken filterten infektiöse Partikel besonders wirkungsvoll aus der Atemluft – vor allem wenn sie an den Rändern möglichst dicht abschließen. Für einen wirkungsvollen Infektionsschutz sollte vor allem die infizierte Person eine möglichst gut filternde und dicht schließende Maske tragen, bilanzieren die Forscher. Auch medizinische Masken reduzierten das Ansteckungsrisiko schon deutlich im Vergleich zu einer Situation ganz ohne Mund-Nasenschutz, dicht abschließende FFP2-Masken schützen aber im Vergleich zu einer gutsitzenden OP-Maske noch einmal 75-mal besser.

Das Team des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen hatte mit seiner Studie herausfinden wollen, wie gut welche Masken bei welcher Trageweise schützen. Mit einer Puppe demonstrierte das Team dabei, wie sich die Atemwolke und mit ihr möglicherweise Coronaviren in verschiedenen Szenarien ausbreiten. Ohne Maske verteilen sich viele potenziell infektiöse Partikel im Raum, das wurde verglichen mit dem Tragen einer OP-Maske sowie einer FFP2-Maske. Dabei bestimmten die Forschenden für zahlreiche Situationen das maximale Infektionsrisiko und berücksichtigten einige Faktoren, die in ähnlichen Untersuchungen bislang nicht einbezogen wurden, heißt es in der Mitteilung des Instituts.

Schutzwirkung von FFP2-Masken gegen das Coronavirus.- Grafik: Birte Thiede / MPI für Dynamik und Selbstorganisation
Schutzwirkung von FFP2-Masken gegen das Coronavirus.- Grafik: Birte Thiede / MPI für Dynamik und Selbstorganisation

Die dabei ermittelten Ansteckungswahrscheinlichkeiten gäben jeweils die obere Grenze des Risikos an, heißt es weiter. „Im täglichen Leben ist die tatsächliche Infektionswahrscheinlichkeit sicherlich 10- bis 100-mal kleiner“, sagte Bodenschatz. Denn die Luft, die an den Rändern aus der Maske ströme, werde verdünnt, sodass man nicht die gesamte ungefilterte Atemluft abbekommt. „Das haben wir aber angenommen, weil wir nicht für alle Situationen messen können, wieviel Atemluft eines Maskenträgers bei einer anderen Person ankommt, und weil das Risiko so konservativ wie möglich berechnen wollten“, erklärte Bodenschatz weiter: „Wenn unter diesen Bedingungen sogar das größte theoretische Risiko klein ist, ist man unter realen Bedingungen auf der ganz sicheren Seite.“

Für den Vergleichswert ohne den Schutz einer Maske fällt der Sicherheitspuffer jedoch deutlich kleiner aus: „Für eine solche Situation können wir die Virusdosis, die eine ungeschützte Person einatmet, mit weniger Annahmen bestimmen“, sagte Mohsen Bagheri, der als Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation an der aktuellen Studie maßgeblich beteiligt war. „Deshalb ist es so wichtig, dass die Menschen in der Pandemie eine Maske tragen“, betonte Bagheri.

Die Forscher empfehlen deshalb: unbedingt Maskentragen, das ist enorm wichtig. - Foto: gik
Die Forscher empfehlen deshalb: unbedingt Maskentragen, das ist enorm wichtig. – Foto: gik

Die Forscher untersuchten dabei erstmals auch, wie ein schlechter Sitz der Maske den Schutz schwächt – und wie sich das verhindern lässt. „Die Membranen von FFP2- oder KN95-Masken, aber auch von manchen medizinischen Masken filtern extrem effektiv“, betonte Bagheri. Die Konsequenz: Das Ansteckungsrisiko werde von der Luft, die an den Rändern der Maske aus- und einströmt dominiert. Dazu kommt es, wenn der Rand der Maske nicht dicht am Gesicht anliegt. In aufwendigen Versuchen haben Bagheri, Bodenschatz und ihr Team gemessen, in welcher Größe und Menge Atempartikel an den Rändern unterschiedlich gut sitzender Masken vorbeiströmen.

Die Konsequenz aus den Untersuchungen: Die Maske sollte möglichst gut angepasst am Gesicht sitzen, das lasse sich durch ein Biegen der Maske erreichen. „Eine Maske lässt sich an die Gesichtsform hervorragend anpassen, wenn man ihren Metallbügel vor dem Aufsetzen zu einem abgerundeten ‚W‘ biegt“, erklärte Bodenschatz: „Dann gelangen die ansteckenden Aerosolepartikel nicht mehr an der Maske vorbei, und auch Brillen beschlagen nicht mehr.“

Info& auf Mainz&: Die gesamte Studie der Göttinger Forscher samt einem Versuchs-Video findet Ihr hier im Internet. Die Studie der Mainzer Forscher könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.

 

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