Mit dem Sommerflugplan dröhnt es wieder in der Nacht über den Dächern von Mainz, pünktlich zur schönen Jahreszeit haben auch die nächtlichen Verspätungslandungen wieder zugenommen. Im Mai verzeichneten die amtlichen Statistiken des Landes Hessen bereits 52 außerplanmäßige Landungen nach 23.00 Uhr am Frankfurter Flughafen – im Juni waren es mit 108 Verspätungslandungen bereits mehr als doppelt so viele. Der Fluglärmkommission reicht es jetzt: In ihrer Sitzung im Juni forderte das Gremium eine drastische Anhebung der Lärmentgelte in den Nachtstunden. „Fliegen in der Nacht darf sich nicht mehr lohnen“, fordert die Kommission, die sich aus Anreinerkommunen zusammensetzt, darunter auch Mainz.

Startendes Flugzeug am Frankfurter Flughafen. - Foto: gik
Die Perlenkette der Flugzeuge am Frankfurter Flughafen wird immer dichter, die Verspätungen nehmen zu – die Fluglärmkommission fordert jetzt Gegenmaßnahmen. – Foto: gik

Damit bewegt sich die Zahl der nächtlichen Verspätungslandungen zwar weiter auf einem deutlich niedrigeren Niveau als 2018, als zeitweise bis zu 200 Verspätungslandungen registriert wurden. Hauptverursacher sind die Billigfluglinien wie Ryanair, Condor und TuiFly, das Land Hessen reagierte zwar mit Maßnahmen und Druck durch Ordnungswidrigkeitsverfahren, gelöst ist das Problem aber noch lange nicht. So stieg mit dem Sommerflugplan 2019 im Mai die Zahl der nächtlichen Landungen nach 23,00 Uhr wieder auf 52 an, im Juni waren es nun schon 108.

Die hohe Zahl kam auch durch Gewitter und Unwetter am Frankfurter Flughafen zustande, allein am 7. Juni gab es so 29 Verspätungslandungen auf einmal. Wetterbedingte Engpässe führten so auch zu 97 verspäteten Starts nach 23.00 Uhr, 35 davon allein am 7. Juni. Am Frankfurter Flughafen dürfen seit Einführung des sogenannten Nachtflugverbots zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr eigentlich keine Flugbewegungen stattfinden, eine Ausnahme gilt aber für die Stunde bis Mitternacht: Verspätete Flugzeuge dürfen dann trotzdem noch landen, wenn ihre Verspätung nicht von der Fluglinie verschuldet wurde, sondern etwa durch Wetterereignisse oder Streiks zustande kamen. Aus dem gleichen Grund dürfen Flieger in dieser Stunde auch noch verspätet starten, die Starts benötigen aber im Gegensatz zu den Landungen jeweils eine Einzelgenehmigung.

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Kritiker werfen den Billigfluglinien vor, diese Regelung gnadenlos auszunutzen und ihre Flugpläne so eng zu takten, dass verspätete Landungen vorprogrammiert sind. Der Fluglärmkommission reichte es deshalb jetzt: „Eine kurzfristige strukturelle und spürbare Verbesserung der Verspätungssituation ist momentan nicht erkennbar“, kritisierte die Kommission in ihrer Juni-Sitzung – im Gegenteil: Mit Blick auf den wahrscheinlich weiter zunehmenden Flugverkehr müsse man davon ausgehen, dass auch die Zahl der Verspätungsflüge weiter steigen werde.

Flugzeuge von Ryanair auf einem Rollfeld. - Foto: Ryanair
Billigfluglinien wie Ryanair sorgen seit 2018 für erhebliche Mengen an Verspätungslandungen in der Nacht. – Foto: Ryanair

Die Fluglärmkommission fordert, dem nun endlich einen Riegel vorzuschieben – und zwar durch die Anhebung von Lärmentgelten. Die Lärmzuschläge am Frankfurter Flughafen für die Nachtstunden seien im Vergleich zu anderen Flughäfen viel zu niedrig, kritisiert die Kommission. „Wir fordern deshalb eine deutliche Anhebung der Zuschläge auf die Lärmentgelte in der Mediationsnacht um mindestens 350-500 Prozent“, forderte der Nauheimer Bürgermeister Jan Fischer (CDU), der stellvertretender Vorsitzende der Kommission ist.

In Frankfurt würden derzeit nach der bestehenden Entgeltordnung in der Mediationsnacht zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr Zuschläge auf die Lärmentgelte von 200 Prozent  erhoben. Andere Flughäfen wie etwa Hamburg stellten den Fluglinien hingegen Zuschläge von 350 bis 500 Prozent in Rechnung, zeitlich gestaffelt im 15-Minuten-Rhythmus, so die Kommission weiter. Auch am Flughafen Zürich seien ab September 2019 Lärmzuschläge ab 23.00 Uhr von rund 300 Prozent genehmigt worden. „Die ökonomischen Vorteile von Verspätungsflügen müssen auch am Flughafen Frankfurt beseitigt werden – Fliegen in der Nacht darf sich nicht mehr lohnen“, forderte Fischer.

Flugzeuge drängen sich am Frankfurter Flughafen auf dem Rollfeld. - Foto: Fraport
Immer dichterer Flugverkehr, immer mehr Verspätungen, die sich bis in die Nacht ziehen – die Fluglärmkommission fordert deshalb höhere Lärmzuschläge. – Foto: Fraport

Dazu fordert die Fluglärmkommission auch eine deutliche Anhebung der Lärmzuschläge in den Nachtrandstunden zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr und zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens. Bisher beliefen sich die Lärmzuschläge in dieser Zeit lediglich auf 50 Prozent, das sei „für einen wirksamen wirtschaftlichen Anreiz bei Weitem nicht ausreichend.“ Am Flughafen Hamburg würden hingegen Lärmzuschläge von 150 Prozent in der Zeit von 22.00 bis 23.00 Uhr erhoben, Frankfurt solle sich der gleichen Größenordnung anschließen, heißt es. Die Nachtrandstunden seien laut Luftverkehrsgesetz besonders schützenswerte Nachtzeiten, heißt es zur Begründung.

Da viele Verspätungen durch einen Dominoeffekt an Verspätungen schon von Flügen vor 22.00 Uhr ausgelöst würden, fordert die Kommission zudem die Einführung von gesonderten Lärmzuschlägen für Verspätungsflüge ab 22.00 Uhr für solche Flüge, die eigentlich vor 22.00 Uhr geplant waren. Insgesamt solle Flughafen-Betreiber Fraport den lärmabhängige Entgeltanteil ab dem Jahr 2020 stufenweise anheben, um ihn von derzeit 13,6 Prozent auf 30 Prozent in fünf Jahren zu steigern. So könne die Nutzung lärmarmer Flugzeuge am Flughafen Frankfurt gefördert werden. Das betreffe auch die völlig veralteten Flugzeuge, die den Standard von ICAO-Kapitel-4 nicht erfüllen, diese Flieger mit veraltetem technischen Standard sollten deutlich höhere Entgelte zahlen müssen.

Und die Kommission geht sogar noch einen Schritt weiter: Mitursächlich für die erheblich gestiegene Zahl nächtlicher Verspätungen sei der gestiegene Flugverkehr in Frankfurt, allein 2018 hätten Flugbewegungen und Passagierzahlen um acht Prozent zugenommen. Dieses Wachstum sei aber vor allem durch das 2014 ins Leben gerufene Incentive-Programm der Fraport verursacht worden – das Programm bietet Anreize für Fluglinien, die neue Verbindungen von Frankfurt aus starten. Das Incentive-Programm war der maßgebliche Auslöser für die Ansiedlung der Billigairlines wie Ryanair in Frankfurt Rhein-Main, die Fluglärmkommission fordert nun: Die finanzielle Förderung der
Zunahme des Flugverkehrs müsse „unverzüglich gestoppt und das Incentive-Programm beendet werden.“ Man lehne „das künstliche Generieren weiterer Flugbedarfe durch Ansiedlung zusätzlicher Airlines ab.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Wiederanstieg der nächtlichen Verspätungen am Frankfurter Flughafen im Mai lest Ihr hier bei Mainz&. Wie Fraport Ryanair und andere Billigairlines nach Frankfurt lockte, haben wir hier erklärt, mehr zur Kritik an der „Billigfliegerstrategie“ lest Ihr hier. Die Statistiken des Landes Hessen zu verspäteten Starts und Landungen in Frankfurt könnt Ihr hier selbst nachlesen.

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