Stellte die Staatsanwaltschaft Koblenz die Ermittlungen in Sachen Flutkatastrophe Ahrtal wirklich zu Recht ein? Hätte wirklich keine Anklage erhoben werden können – oder verweigerte die Behörde den Menschen im Ahrtal die juristische Aufarbeitung? Überzeugt von Letzterem ist eine Gruppe von Angehörigen von Opfern in der Flutnacht – und die Gruppe wird größer. Sie wollen nicht aufgeben, fordern weiter eine juristische Aufarbeitung – und haben nun neue Gutachter präsentiert. Die sagten klar: Die Flut war vorhersehbar, die Argumente der Staatsanwaltschaft seien haltlos. „7,07 Meter – das ist Armaggedon“, sagt der Hydrologe Erwine Zehe, spätestens da hätte gewarnt werden müssen. So, wie es die Behörden vergangenen Freitag in den USA taten.
Es ist die Nacht zu Freitag, als sich Hurrikan „Helene“ mit Hochdruck auf die Küste von Florida zubewegt. In den USA laufen die Hurrikan-Warnungen auf allen Kanälen. „Es wird ein katastrophaler, es wird ein potenziell tödlicher Sturm“, warnen Experten für Wetter, Katastrophen, warnen Sheriffs und Gouverneure. Zur besten Prime Time am Abend um 20.00 Uhr widmet der wichtigste Nachrichtensender CNN ganze Sendungen der Warnung vor dem Hurrikan und seinen Gefahren.
Hurrikans sind in den USA keine Seltenheit, gerade hat die sogenannte „Hurricane Season“ begonnen, während der immer wieder Tropenstürme aus der Karibik nach Norden ziehen, sich über dem warmen Meer mit Energie aufladen, und dann in Florida, Georgia oder South Carolina auf Land treffen. In den USA ist man vorbereitet: Ganze Landstriche sind bereits evakuiert, Straßen und Brücken für den Verkehr geschlossen. Wer sich nicht evakuieren lassen will, soll seinen Namen und sein Geburtsdatum auf sein Bein schreiben – damit er im Todesfall identifiziert werden kann.
„7,07 Meter Flut – das ist Armageddon. Da ertrinken Sie.“
Denn: Helene gilt als hochgradig gefährlicher und tödlicher Sturm, er wird der schlimmste Sturm werden, der seit Jahrzehnten die USA erreicht hat. Die Behörden wissen das – und sie warnen: Das Hurricane Center gibt stündlich Updates über die Geschwindigkeit und Richtung des Hurrikans heraus, über die Möglichkeit, wo er Land erreichen könnte und welche Regenmengen er mit sich bringen wird. Es werde eine Sturmflut in Höhe von 20 Fuß geben, sagt der Wettermann, und macht vollkommen klar: „Wenn Sie 6 Fuß groß sind, und geraten in eine 20 Fuß hohe Flut – dann sind sie tot.“ 20 Feet – das entspricht ungefähr 7 Metern.
Als am Abend des 14. Juli 2021 gegen 20.45 Uhr das Landesamt für Umwelt (LfU) in Mainz eine Pegelprognose für das Ahrtal in Höhe von 7,07 Meter für den Zeitpunkt 1.00 Uhr morgens errechnet – passiert: nichts. „7,07 Meter, das ist Armaggedon“, sagt Erwin Zehe, Professor für Hydrologie am Technischen Institut in Karlsruhe, und bekannt aus Fernsehsendungen wie „Planet Erde“. Zehe lässt keinen Zweifel an seiner Einschätzung: „7,07 Meter, da wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Da wäre sogar das obere Stockwerk eines Hauses komplett überflutet. Da werden Sie ertrinken.“
Allerspätestens jetzt hätten die Behörden höchsten Alarm auslösen müssen, eigentlich schon um 14.22 Uhr, sagt Zehe. Da hatte das LfU einen Pegel von knapp 5 Metern für das Ahrtal errechnet, auch das bedeutet schon: eine Flut, die bis zum 1. Stock der Häuser reicht. Auch da schon hätte klar sein müssen, was auf das Ahrtal zurollen würde, sagt Zehe. Aber dass bei einem Pegel von 7,07 Metern nicht reagiert wurde, macht den Experten fassungslos: „Man hätte warnen müssen, auf allen Kanälen“, sagt er: „Es hätte heißen müssen: Rennt! flieht!“
„Vier Stunden wäre noch genug Zeit gewesen – selbst zu Fuß“
Doch genau das passiert in jener Schicksalsnacht im Ahrtal vom 14. auf den 15. Juli 2021 eben gerade nicht. Die Menschen im Ahrtal erfahren nicht, dass ihnen eine sieben Meter hohe Flutwelle droht, nicht am Nachmittag, und nicht am Abend. Selbst um 21.00 Uhr am Abend wären noch vier Stunden Zeit gewesen, Menschen zu retten, sagt Zehe: „Ich frage mich, warum das nicht kommuniziert wurde. Vier Stunden bis zum Scheiteleintritt, das ist genug Zeit, mich in Sicherheit zu bringen – selbst wenn ich zu Fuß gehe.“ Doch stattdessen geben Gemeinden im Ahrtal Sandsäcke aus, warnen Feuerwehren mit Lautsprecherwagen davor, „in Keller und Tiefgaragen zu gehen.“
Um 20.17 Uhr dreht Johanna Orth ein kleines Video auf ihrem Handy. Vor ihrem Haus in Bad Neuenahr steht die Feuerwehr, per Lautsprecher warnen die Einsatzkräfte: „Gehen Sie nicht in den Keller, gehen Sie nicht in die Tiefgarage!“ Johanna Orth ist 22 Jahre jung, die Konditormeisterin bewohnt eine Erdgeschosswohnung, 300 Meter von der Ahr entfernt. An diesem Abend ist sie unruhig, den ganzen Tag hat es wie aus Eimern geregnet, die Wetterdienste warnen vor Hochwasser – vor einer Sturzflut warnen sie nicht.
„Johanna war tief beunruhigt, sie hat uns angerufen, sie war nervös“, berichtet ihr Vater Ralph Orth, der in der Nacht des 14. Juli 2021 mit seiner Frau Inka auf Mallorca ist. Mehrfach telefonieren die Eltern, die eine Seniorenresidenz in Bad Neuenahr betreiben, am frühen Abend mit ihrer Tochter. Als die Feuerwehr um 20.17 Uhr vor ihrer Tür steht, dreht Johanna das kleine Video und schickt es ihren Eltern. „Sie hat die Warnungen sehr ernst genommen“, sagt Mutter Inka Orth.
Die Erdgeschosswohnung wird zur tödlichen Falle – ungewarnt
Was die Feuerwehr aber nicht sagt, was sie offenbar nicht weiß, ist eine Warnung, die zu diesem Zeitpunkt eigentlich auch schon gilt: „Meiden Sie Erdgeschosswohnungen.“ Flüchten Sie mindestens in den 1. Stock. Doch das sagt die Feuerwehr vor der Tür von Johanna Orth eben gerade nicht – die Folge: Johanna legt sich schlafen. Um 00.30 Uhr wacht die junge Frau wieder auf, ein Instinkt weckt sie. Ihre Erdgeschosswohnung steht bereits bis zu den Knien unter Wasser, die Möbel schwimmen bereits. Johanna wird panisch: Ihre Eingangstür kann sie schon nicht mehr öffnen – und das Wasser steigt weiter. „Sie hat uns noch angerufen“, berichtet Vater Ralph, die Eltern reden mit ihrer Tochter – „irgendwann brach die Verbindung ab.“
Johannas Leiche wird zwei Tage später gefunden, in der Tiefgarage des Wohnkomplexes. Was genau geschah, ist unklar, womöglich versuchte Johanna noch, sich über ihre Terrasse in Sicherheit zu bringen – vergeblich. Johanna Orth ertrank, wie so wie viele andere Opfer im Raum Ahrweiler-Bad Neuenahr. 136 Menschen wurden in jener Nacht im Ahrtal von den bis zu zehn Meter hohen Fluten in den Tod gerissen, die meisten davon – 85 – starben zwischen Mitternacht und 2.00 Uhr morgens zwischen Ahrweiler und Sinzig.
Im April befand die Staatsanwaltschaft Koblenz in ihrem Abschlussbericht zu den Ermittlungen zur Flutkatastrophe im Ahrtal: Eine Schuldfrage könne nicht zur Anklage gebracht werden, weil „nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ festgestellt werden könne, dass durch eine frühzeitige Warnung Menschenleben hätten gerettet werden können. Niemand habe im Vorfeld „eine schwallartige Flut in diesem Ausmaß vorhergesagt“, betonte Mannweiler, „eine Vorhersage über das konkrete Ausmaß gab es nicht.“ Das war schon im April falsch, inzwischen belegt der Abschlussbericht des Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Landtag, wie frühzeitig die Behörden Pegelhöhen und Wasserstände kannten – und nichts unternahmen.
„Durch Warnungen werden keine Menschenleben gerettet“
„Durch die Ausrufung des Katastrophenfalls werden keine Menschenleben gerettet“, behauptete jedoch der Leitende Oberstaatsanwalt Manfred Mannweiler wörtlich in der öffentlichen Pressekonferenz, denn: Man könne ja nie genau sagen, wie der Gewarnte auf die Warnung reagiere. Es gebe ja schließlich auch „die Freiheit, nicht zu reagieren“, also könne keine zwingende Kausalkette zwischen einer Warnung und der Rettung von Menschen mit Sicherheit gezogen werden.
Dass Mannweiler dabei das komplette System des Katastrophenschutzes samt Warnungen mal eben für irrelevant und nutzlos erklärte, störte den Staatsanwalt nicht. Dass er auf die Frage, wieviel Prozent genau denn „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ bedeute – 95 Prozent? 99 Prozent? 100 Prozent? – nicht antworten konnte oder wollte, störte offenbar seine Einschätzung auch nicht weiter. Die Staatsanwaltschaft Koblenz schloss die Akte und erklärte: eine Anklageerhebung werde es nicht geben.
Die Familie Orth aber will das nicht so stehen lassen. „Es gibt mindestens ein Menschenleben, das mit Sicherheit hätte gerettet werden können – und das ist Johanna Orth“, sagt Christian Hecken, Anwalt der Familie Orth sowie von weiteren Angehörigen, die geliebte Menschen im Ahrtal verloren haben. 136 Menschen seien in jener Nacht gestorben, sagt Hecken, doch die Staatsanwaltschaft habe sich nicht mit einem einzigen Fall auseinandergesetzt und untersucht, ob dieses Leben hätte gerettet werden können. Hecken hält das für einen Skandal – und zieht deshalb gegen das Justizsystem in Rheinland-Pfalz im Namen der Angehörigen zu Felde.
Beschwerden, Appelle, Anklage gegen Justizminister Mertin
Hecken hat Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft Koblenz eingelegt, 141 Seiten dick, die Beschwerde ging zur Prüfung an die Generalstaatsanwaltschaft, das Ergebnis: „Wir haben bis heute von der Generalstaatsanwaltschaft nichts gehört“, sagte Hecken vergangenen Mittwoch in Koblenz. Hecken hat an Justizminister Herbert Mertin (FDP) appelliert, ihn aufgefordert, die Staatsanwälte anzuweisen, das Verfahren wieder aufzunehmen, sie notfalls abzulösen – Mertin behauptet, er könne nicht eingreifen.
„Der Justizminister ist für die Staatsanwaltschaft zuständig, sie ist weisungsgebunden, NATÜRLICH ist er zuständig“, sagt Hecken. Gerade wenn Recht verletzt werde, MÜSSE der Minister sogar eingreifen – inzwischen hat Hecken gar Klage gegen Justizminister Herbert Mertin (FDP) erhoben. Der Vorwurf: Untätigkeit im Amt. Wann über die Klage entschieden werden wird: völlig unklar.
Hecken appellierte auch an die damalige Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), flehte in einem Brief, den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen, eine öffentliche Verhandlung vor einem unabhängigen Gericht zu ermöglichen. Reaktion der Staatskanzlei in Mainz laut Hecken: keine. Ende April zog die Familie Orth mit einer Installation von 135 „Stummen Zeugen“ – weißen Schaufensterpuppen, arrangiert von dem Künstler Dennis Meseg – auf einem Rheinschiff von der Ahrmündung bis nach Mainz vor die Staatskanzlei, sie forderten ein Stück Gerechtigkeit, ein öffentliches Verfahren – Malu Dreyer empfing sie nicht.
„Was muss man denn noch tun, um Gehör zu bekommen?“
Nun sitzen die Orths und Hecken in der Anwaltskanzlei in Koblenz, und sie wirken ratlos. Drei Gutachten habe man bereits in Auftrag gegeben, alle Topexperten hätten eindeutig bescheinigt: Die Einstellungsentscheidung sei so nicht tragbar, die Staatsanwaltschaft habe sehr wohl die Möglichkeit gehabt, Anklage zu erheben – wenn sie denn nur gewollt hätte. „Man versteht es nicht“, sagt Hecken: „Was muss man denn noch tun, um Gehör zu finden?“
Vergangenen Mittwoch ließ dann auch Ingeborg Puppe kein gutes Haar an der Argumentation von Mannweiler & Co. Puppe ist nicht irgendjemand, die rüstige 83-Jährige ist renommierte Strafrechtsprofessorin von der Uni Bonn. mehrere Standardwerke für Juristen hat sie verfasst, auch das juristische Tauziehen um die Love Parade hat sie verfolgt. Auch damals verweigerte die Staatsanwaltschaft zunächst eine Anklage, auch damals hieß es „kein hinreichender Tatverdacht“ – bis das Oberlandesgericht Düsseldorf den Beschluss kippte: Im Dezember 2017 begann der Love Parade-Prozess in Düsseldorf.
Doch der Prozess kam zu spät: bevor ein Urteil fallen konnte, stellten die Richter 1,5 Jahre später das Verfahren ein – weil Verjährung bevorstand. „Die Legende von der Unaufklärbarkeit von Katastrophen“, lautete damals ein Kommentar zweier namhafter Juristen in der „Legal Tribune Online“, eine davon: Ingeborg Puppe.
„Niemand hat eine Warnung in den Wind geschlagen – es gab keine“
Nun hat Puppe ein Deja Vue, und wieder zerpflückt sie eine Argumentation, die sie schlichtweg für unhaltbar hält: Es sei doch Unsinn, sich darauf zu berufen, dass jemand eine theoretische Freiheit habe, auf eine Warnung nicht zu regieren – wenn derjenige gar nicht gewarnt worden sei, sagt Puppe: „Keines der Opfer hat eine Warnung in den Wind geschlagen – denn sie haben keine bekommen. Es wäre schön, wenn man das mal zur Kenntnis nehmen würde.“
Denn das sei doch das Drama im Ahrtal gewesen: Die Menschen wurden nicht gewarnt, sie konnten gar nicht entscheiden, ob sie fliehen wollten oder nicht. Hätte man den Menschen gesagt: Es komme eine Flut von 7,07 Metern Höhe, wäre es doch ein leichtes gewesen, einfach in den 1. oder 2. Stock zu gehen, sagt Zehe. Und was sei mit den ganzen Alten, den Pflegebedürftigen, den Bettlägerigen? Sie hätten ohnehin keine Wahlfreiheit gehabt, ihnen hätte man helfen müssen, ihre Wohnung zu verlassen – doch genau das sei nicht geschehen.
„Johanna“, sagt ihre Mutter Inka noch, „hätte sich einfach nur ins Auto setzen und zu uns kommen müssen. Dann wäre nichts passiert.“ Doch Johanna Orth legte sich schlafen – mit dem Gefühl, sie sei in Sicherheit. Dass genau das keinerlei Konsequenzen für die Verantwortlichen in den Behörden haben soll, das können die Orths nicht glauben. Das wollen sie nicht hinnehmen.
Appell an Ministerpräsident Schweitzer: Appell für Gerechtigkeit
Nun haben sie einen Appell an den neuen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD) gerichtet, der Nachfolger von Malu Dreyer soll doch noch für ein kleines Stück Gerechtigkeit sorgen – für die Wiederaufnahmen des Ermittlungsverfahrens. „Es ist offensichtlich, dass Leben hätten gerettet werden können, dass Johanna Orth hätte gerettet werden können“, sagt Hecken: „Es ist schlichtweg nicht vertretbar, dass eine Staatsanwaltschaft an Feststellungen festhält, die offensichtlich nicht haltbar sind.“
Der Kampf um eine juristische Aufarbeitung – er wird auch deshalb so intensiv geführt, weil es die letzte Chance auf ein Stückchen Gerechtigkeit für die Menschen im Ahrtal ist. Der Untersuchungsausschuss ist abgeschlossen, Konsequenzen auf politischer Ebene wird es keine weiteren geben – auch Schweitzer hat weitere Entlassungen abgelehnt. Eine Entschuldigung kam dem neuen Ministerpräsidenten ebenfalls nicht über die Lippe, obwohl er erstmals für einen Politiker des Landes „Fehler auf allen Ebenen“ einräumt.
Den Menschen im Ahrtal reicht das nicht für eine Versöhnung mit dem, was dort geschehen ist. „Wir hätten gerne eine tatsächliche Verhandlung gehabt“, sagte die Ahrweiler Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) vorletzte Woche in Mainz. Sie war diejenige, die damals als Bürgermeisterin von Altenahr versuchte, den Katastrophenalarm ausrufen zu lassen, um die Menschen zu waren. Heute ist sie Landrätin in der Nachfolge Pföhlers und wird noch immer mit den Erinnerungen, der Wut und der Verzweiflung der Menschen im Ahrtal konfrontiert.
„Es würde helfen, zu Kraft zu kommen, wieder schlafen zu können“
Es gehe den Menschen weniger um eine Verurteilung von Schuldigen, „sondern um die Chance, in der Öffentlichkeit aufzuarbeiten, was war“, betonte Weigand im Gespräch mit Journalisten: „Die entsprechenden Vernehmungen zu führen, die Diskussion zu führen, und das noch einmal neutraler – das würde vielen Menschen einfach gut tun. Das ist etwas, was vielen gefehlt hat, was vielen sehr, sehr wichtig ist.“ Es geht um die Chance der Verarbeitung: „Es würde vielleicht ein wenig helfen, mit manchem im Alltag doch etwas besser umgehen zu können“, sagt Weigand, „wieder zu Kraft zu kommen, wieder schlafen zu können – und wieder ein Vertrauen in die Menschheit, in den Katastrophenschutz und in den Alltag zu bekommen.“
„People go to bed around this time“, sagt die CNN-Moderatorin. Es ist 21.00 Uhr Ortszeit in den USA, die Menschen würden jetzt zu Bett gehen, was rate der Bürgermeister einer Stadt in Florida nun, fragt sie: „Was ist Ihre Empfehlung an die Menschen?“ – „Hören Sie auf die Anordnung der Behörden“, sagt dieser: „Fahren sie nicht durch überflutete Straßen – und wenn es eine Evakuierungsanordnung gibt: Gehen Sie!“
Der Hurrikan Helene wird in den nächsten zwei Tagen eine breite Schneise der Verwüstung durch das Land schlagen, wie wird rund 1.000 Kilometer weit von Florida bis hinauf nach North Carolina reichen. Ganze Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten, Straßen weggerissen, Häuser dem Erdboden gleichgemacht. Die Bilder sind schwer zu ertragen – sie erinnern zu sehr an das Ahrtal. Bis Montagabend wurden bereits 120 Tote gezählt, in drei Bundesstaaten und auf einer riesigen Fläche. Im Ahrtal gab es 136 Tote auf 40 Kilometern Länge.
Die Menschen in Florida und den Carolinas, sie waren wenigstens gewarnt, Tausende wurden evakuiert und gerettet. „In unserem Fall hatten die Opfer ein Recht darauf, eine Warnung zu bekommen“, sagt Ingeborg Puppe – doch genau das sei eben nicht geschehen. Wer aber „die Frage, ob jemand die Pflicht zur Warnung hat, davon abhängig macht, ob der Gewarnte sie befolgt, missachtet sein Recht auf Erhalt einer Warnung.“ Da wäre sie, die Pflichtverletzung: Die Menschen im Ahrtal, sagt Puppe noch, hätten keine Warnungen in den Wind geschlagen – sie hätten einfach gar keine bekommen.
Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zur Einstellung der Staatsanwaltschaft in Sachen Flutkatastrophe Ahrtal lest Ihr hier bei Mainz&.