UPDATE& – Mitten in der Hauptsaison der Sommerferien haben Aktivisten der sogenannten „Letzten Generation“ am Donnerstagfrüh den Frankfurter Flughafen lahm gelegt. „Wegen einer andauernden Demonstration“ seien derzeit alle Flüge am Airport ausgesetzt, teilte die Bundespolizei am frühen Morgen über den Nachrichtendienst X mit. Medienberichten zufolge hatten sich mehrere Personen an drei verschiedenen Punkten von Startbahnen festgeklebt, darunter war auch ein alter Bekannter aus Mainz. Der Flughafenbetrieb kam für fast zwei Stunden vollständig zum Erliegen, die Fraport verurteilte die Aktion scharf.
Eigentlich hatte die sogenannte „Letzte Generation“ im Januar angekündigt, man wolle nun nicht mehr mit Klebeaktionen auf Straßen gegen die Klimazerstörung und für mehr Umweltschutz protestieren, sondern „andere Formen des Protestes wählen“ – doch offenbar hielt der Vorsatz nicht lange: Am Mittwoch hatten Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ bereits den Flughafen Köln-Bonn lahmgelegt, indem sie sich auf dem Rollfeld des Flughafens festklebten – die Auswirkungen auf den Flugverkehr waren erheblich.
Am Donnerstagfrüh traf es nun das größte deutsche Drehkreuz, den Frankfurter Flughafen: Gegen 6.30 Uhr meldete die Bundespolizei auf dem Kurznachrichtendienst X, wegen „einer andauernden Demonstration“ seien derzeit alle Flüge in Frankfurt eingestellt. Passagiere würden gebeten, nicht zum Flughafen zu kommen, und den Status ihres Fluges zu prüfen. Medien berichteten umgehend den Grund für die Störung: Mindestens sechs Aktivisten der Gruppe hätten sich an verschiedenen Punkten von Startbahnen festgeklebt, berichtete die Hessenschau.
Klebeaktion: Drei Startbahnen am Frankfurter Flughafen blockiert
Betroffen seien demnach die Startbahn West, die Centerbahn und die Südbahn, der Flugbetrieb sei daraufhin eingestellt worden. Die Aktivisten schnitten sich offenbar mit Kneifzangen einen Zugang in den Maschendrahtzaun, und gelangten so auf das Flughafen-Areal – genau so waren sie auch schon am Mittwoch in Köln vorgegangen. Bei einer Person sei entsprechendes Werkzeug sichergestellt worden, bestätigte die Polizei dem HR. Die Demonstranten seien dann zu Fuß, mit Fahrrädern und Skateboards auf die Startbahnen gelangt. Derzeit werde versucht, die Aktivisten zu „entfernen“.
Die Aktivisten posteten selbst Fotos von sich auf den Startbahnen, begleitet mit Schildern mit der Aufschrift „Öl tötet“. „Wir fordern die Unterzeichnung eines Fossil Fuel Treaty“, heißt es in den Posts dazu. Die Regierung müsse sich damit zu internationalen Verhandlungen mit dem Ziel verpflichten, einen internationalen Vertrag „zum Ausstieg aus den Fossilen (Öl, Gas, Kohle) bis 2030“ abzuschließen.
Flughäfen seien „ein Ort, an dem deutlich wird: Was früher normal war, können wir uns heute nicht mehr leisten“, argumentiert die Gruppe weiter: „Öl tötet! Und deshalb brauchen wir jetzt eine gerechte Wende!“ Verwiesen wird ferner auf eine internationale Gruppierung mit dem Namen „Oil Kills“, in deren Namen bereits am Mittwoch „sieben zivile Widerstandsgruppen“ Flughäfen in ganz Europa gestört hätten.
Weitere Blockaden angekündigt, Wissing: „Nicht zu dulden“
Die Gruppe kündigte zudem weitere Flughafenblockaden an: Der internationale Zusammenschluss von Bewegungen aus über zehn Staaten – darunter die USA, Kanada, die Schweiz, Österreich, die Niederlande, Norwegen, Finnland, Großbritannien, Spanien und Deutschland – werde „in den nächsten Wochen weltweit koordiniert an Flughäfen protestieren, um der globalen fossilen Zerstörung friedliche Entschlossenheit entgegenzusetzen“, heiße es. Dies sei „der Anfang von etwas Großem“, einem „vereinten Aufbegehren gegen Öl.“
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte die Blockadeaktion am Mittwoch bereits scharf verurteilt: „Klimaschutz darf nicht als Vorwand für kriminelle Aktionen genutzt werden“, schrieb der Minister auf X. Genau das sei es aber, was die „Letzte Generation“ tue: „Menschenleben gefährden und Millionenschäden für unsere Wirtschaft verursachen, das ist nicht zu dulden“, kritisierte Wissing – und kündigte an: Schadenersatz müsse folgen.
Die Gruppe hatte Ende 2022 und 2023 auch in Mainz wiederholt Straßen blockiert – am Frankfurter Flughafen war jetzt auch ein Aktivist dabei, der wegen einer Straßenblockade in Mainz bereits zu einer Geldstrafe wegen Nötigung verurteilt worden war: Raul Semmler. Bei seinem Urteil hatte das Mainzer Amtsgericht noch Strafmilderung geltend gemacht, weil Semmler geständig war. Damals hatte der Aktivist allerdings behauptet, weitere Klebeaktionen werde es vorerst nicht geben- im Wiederholungsfall sind Gerichte in der Regel nicht so milde. Jetzt sagte er, er sitze auf dem Flughafen, „weil er Angst um die Zukunft“ habe.
Die „Letzte Generation“ steht wegen ihrer Blockadeaktionen scharf in der Kritik, und musste sich wiederholt unter anderem wegen Nötigung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr vor Gericht verantworten. Die Auswirkungen auf den Flugverkehr in Frankfurt waren erheblich, doch offenbar konnten die Aktivisten schnell entfernt werden: Seit 7.50 Uhr seien alle Start- und Landebahnen wieder in Betrieb, meldete die Fraport kurz danach.
Fraport-Sprecher verurteilt Aktion scharf: hoher Schadensersatz
Für den Donnerstag waren nach Angaben der Fraport rund 1.400 Flüge über Frankfurt geplant, bislang sei es zu rund 140 Flugannullierungen gekommen – es müsse weiter mit Verzögerungen im Betriebsablauf gerechnet werden. Fluggäste werden gebeten, vor Anreise an den Flughafen ihren Flugstatus auf den Internetseiten der Fluggesellschaften zu prüfen.
„Wir verurteilen die Aktionen aufs Schärfste, und behalten uns rechtliche Schritte gegen die Urheber vor“, sagte ein Sprecher weiter: „Solche Aktionen gefährden den Flugbetrieb und damit letztendlich Menschenleben. Sie stellen einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr dar.“ Den Tätern drohten empfindliche Strafen und hohe zivilrechtliche Schadensersatzforderungen.
Warum die Aktivisten überhaupt auf das Gelände gelangen konnte, sagte der Sprecher nicht, betonte aber: In Frankfurt gebe es über 30 Kilometer Zaun, die technisch gesichert seien und bestreift würden. „Zusätzlich sind Alarmketten etabliert, um bei Feststellen eines Eindringens in den Sicherheitsbereich unmittelbar Polizei, Flughafenbetreiber und Flugsicherung zu alarmieren“, betont man bei Fraport weiter. Oberstes Ziel sei stets, „dass niemand zu Schaden kommt und eventuell eingedrungene Personen schnell und sicher aufgegriffen werden können.“
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) sprach von einer „großen Gefahr für die Sicherheit“ und verurteilte die Aktion ebenfalls scharf. „Die Klimakleber gefährden mit ihren Aktionen das Leben vieler Menschen, derartige Eingriffe sind schwerwiegende Straftaten“, sagte Poseck. Wer politische Ziele mit den Mitteln des Strafrechts durchzusetzen versuche, „verstößt fundamental gegen unsere demokratischen Spielregeln“, betonte Poseck weiter. Gefährdungen von Menschenleben und Straftaten könnten niemals legitime Mittel in der politischen Auseinandersetzung sein. Er fordere die „Letzte Generation“ auf, „diese Form des Protests schnellstmöglich beendet und auf den Boden des Rechts zurückkehren.“
Info& auf Mainz&: Mehr zu der Argumentation der „Letzten Generation“ und der Kampagne „Oil Kills“ findet Ihr hier im Internet. Alle Fotos von Personen in diesem Artikel stammen von der „Letzten Generation“ selbst.