Fliegen gilt als hochgradig umweltschädlich, der Ausstoß von Treibhausgasen, von CO2 – Fliegen schadet dem Klima mehr als die meisten anderen Verkehrsmittel. Doch Tatsache ist auch: Fliegen macht weniger als drei Prozent des weltweiten Ausstoßes des Treibhausgases CO2 aus. Dennoch – die Luftverkehrswirtschaft steht in der Kritik wie wenige andere Branchen, beim Frankfurter Flughafen-Betreiber Fraport weiß man das.
Doch Tatsache ist auch: Schon 2008 hat das Unternehmen Klimaziele ausgegeben, erreicht wurden sie 2017., Nun gibt es neue: Die Fraport will bis 2050 komplett CO2-frei werden. Man arbeitet an einem Photovoltaik-Programm, denkt über einen Offshore-Windpark in der Nordsee nach und modernisiert die Klimatechnik. Mit Show hat das nichts zu tun, dafür alles mit Finanzen: “Es rechnet sich”, sagt der Chef des Umweltprogramms, “deshalb machen wir es.” Ein Besuch am Frankfurter Flughafen.
CO2-Reduzierung, Energieeinsparung, Erneuerbare Energien? Beim Frankfurter Flughafen-Betreiber sind das keine neuen Vokabeln. “Wir haben 2008 die ersten Klimaziele für 2020 ausgegeben, und haben die schon 2017 erreicht”, sagt Wolfgang Scholze, Leiter des Umweltmanagements der Fraport. 2017 habe die Fraport deshalb neue Umweltziele aufgestellt, lange vor den Fridays for Future-Demonstrationen. Man habe gemeinsam mit dem Freiburger Ökoinstitut Einsparpotenziale errechnet, erzählt Scholze: “Es rechnet sich – deshalb machen wir das ja.”
Der Energieverbrauch am Frankfurter Flughafen ist enorm, zwei große Terminals müssen mit Klimatechnik betrieben werden, das dritte Terminal wird gerade gebaut. Rund 3.000 Fahrzeuge sind auf dem Vorfeld des Flughafens unterwegs, dazu kommen zehntausende Lampen der Vorfeld-Beleuchtung. 600.000 Megawattstunden Strom und Wärme benötigt der Frankfurter Flughafen pro Jahr, die Energie kommt aus Fernwärme – und schon jetzt zu 46 Prozent aus regenerativen Energien.
Der Frankfurter Flughafen ist eine Stadt für sich, gerade verzeichnete das internationale Drehkreuz einen neuen Rekord: 241.226 Passagiere wurden am 30. Juni an einem einzigen Tag abgewickelt. “Die entwickeln eine extreme Hitze, da ist das Thema Kühlung enorm wichtig”, sagt der technische Leiter Mathias Müller. Wir stehen im Untergeschoss des Terminals 1, hinter einer unscheinbaren Tür an einem der zahlreichen Terminaleingänge erstreckt sich die Welt der Heizungs- und Kühltechnik.
Christian Horn ist hier der Herr der Technik, er referiert über Abluft und Wärmeentzug, hochmoderne Pumpentechnik, Filteranlagen und Wärmerückgewinnung. Wir stehen in der Lüftungszentrale 43, auf 4.000 Quadratmetern erstreckt sich hier modernste Technik so weit das Auge reicht. 16,9 Millionen investierte die Fraport alleine in die Erneuerung dieser einen Lüftungszentrale, seit Anfang 2018 ist sie in Betrieb. Drei Jahre Vorbereitung und drei Jahre Bauzeit habe das Vorhaben gebraucht, berichtet Horn.
80 Lüftungszentralen gibt es allein im Terminal 1, wie viele von diesen schon modernisiert sind, können (oder wollen) sie nicht genau sagen. Die Hälfte, sagte Horn. Chef Müller schwärmt derweil von den Einsparungen durch die moderne Technik: Mehr als 50 Prozent Stromkosten spare man mit der neuen Zentrale ein, bei der Kälte seien es 45 Prozent. “Wir achten darauf, dass das Temperaturdelta zur Außenluft nicht so hoch ist”, erklärt Müller, die Temperatur im Terminal wird auf etwa sechs Grad kälter gesteuert als die Außenluft.
Die Einsparungen sind keine Kleinigkeit für das Unternehmen: 80 Prozent des Energieverbrauchs am Flughafen entstehen durch Klimatechnik. “Wir haben richtig Strom gespart”, sagt Scholze. 14.000 Vorfeld-Lampen wurden auf LED umgerüstet, 24.000 Tonnen CO2 allein in der Klimatechnik in den vergangenen fünf Jahren eingespart. 190.000 Tonnen CO2 lautet derzeit der Ausstoß allein des Flughafens, die Flugzeuge nicht mitgerechnet, 300.000 Tonnen waren es vor 15 Jahren noch.
“Wir machen beim Thema Klimaschutz große Fortschritte”, sagt Fraport-Chef Stefan Schulte: “Bis 2030 wollen wir unseren CO2-Ausstoß auf 80.000 Tonnen senken, bis 2050 auf Zero.” Das sei auch notwendig, findet der Fraport-Chef, auch der Flughafen müsse seinen Beitrag zur CO2-Reduzierung bringen. “Wir überlegen, wie wir regenerative Energien einsetzen können”, sagt Schulte.
Eine Photovoltaikanlage auf einer Frachthalle in der Cargo City Süd startet demnächst, auch das Parkhaus am neuen Terminal 3 soll eine Solaranlage bekommen, das Terminal 3 selbst zumindest dünne Solarschichtmodule auf dem Dach – mehr geht der Statik wegen nicht. Auch über Photovoltaikanlagen auf dem Flughafengelände werde nachgedacht, verrät Scholze – moderne Solaranlagen hätten für Flugzeuge keine Blendwirkung mehr.
Auch ein eigenes Blockheizkraftwerk sei in der Prüfung, sagt Schulte – und Fraport denke gerade sehr konkret über einen eigenen Offshore-Windpark im Norden nach. “Wir haben uns verpflichtet, CO2-neutral zu wachsen, das hat keine andere Branche”, betont Schulte. 77.000 Tonnen CO2 wird allein das neue Terminal T3 ausstoßen, das sei in der Klimastrategie der Fraport eingerechnet. Eine CO2-Steuer lehnt Schulte denn auch strikt ab: “Das ist nicht der richtige Ansatz”, sagt Schulte, “erster Schritt wäre doch mal, die Luftverkehrssteuer anders einzusetzen – für emissionsärmere Flugzeuge oder die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe.” Synthetische Kraftstoffe statt Kerosin, das halten sie hier für die Zukunft der Luftfahrt.
Von der viel beschworenen “Flugscham” merken sie hier hingegen nichts. Man habe sich mit den Fridays for Future-Vertretern getroffen. “Gerade auch die Jugendlichen wollen mobil bleiben und auch weiter fliegen”, sagt Schulte, “wir wollen uns als Verkehrsträger so umweltgerecht wie möglich bewegen.” Und dann plädiert der Fraport-Chef tatsächlich dafür, dass sich “jeder Einzelne sich jedes Mal überlegen sollte, ob ein Flug nötig ist.” Seine Slots am Flughafen, sagt Schulte dann noch, nutze er lieber für internationale Flüge.
Info& auf Mainz&: Mehr über den Passagierrekord am Frankfurter Flughafen sowie die Diskussion um die Lärmentgelte findet Ihr hier bei Mainz&. Einen ausführlichen Bericht über den Fluglärm über Mainz und insbesondere die Belastung der Mainzer Uniklinik lest Ihr hier bei Mainz&.