Die Arbeit an einem neuen Gutenberg-Museum nimmt nur sechs Wochen nach dem Bürgerentscheid zum Bibelturm bereits an Fahrt auf: An diesem Montag trifft sich erstmals auf Einladung der Bürgerinitiative Gutenberg-Museum ein Runder Tisch aus Vertretern der BI sowohl von Stadt, Land und Bund, wie die BI im Vorfeld mitteilte. Die BI fordert nichts weniger als ein grundlegende Neukonzept „Gutenberg im 21. Jahrhundert“ als zentrale Marke für die Stadt und legt in einem ersten Positionspapier Vorschläge dazu vor. Die wolle man am Montag mit Vertretern der Stadt, aber auch von Bund und Land diskutieren, heißt es in einem Statement der BI auf Facebook. Ideen für einen Neuanfang gibt es zahlreiche: Der Ex-Bundestagsabgeordete Johannes Gerster (CDU) schlägt im Interview mit Mainz& das Sinn Leffers-Haus als neuen Museumsstandort vor.

As dem „grauen“ Gutenberg-Museum soll ein echtes Weltmuseum der Druckkunst werden – die Arbeiten dazu beginnen gerade. – Foto: gik

Am 15. April hatten die Mainzer mit der überwältigenden Mehrheit von 77,3 Prozent den Neubau eines Bibelturms auf dem Liebfrauenplatz neben dem Gutenberg-Museum abgelehnt. „Wir verstehen das mehr als eindeutige Votum als Auftrag der Bürger an uns, den klaren Willen der großen Mehrheit auch nach der Abstimmung weiter zu verfolgen“, sagte BI-Gründer Thomas Mann. Daher wolle sich die BI auch weiter „aktiv in die dringend erforderliche Attraktivitätssteigerung und Modernisierung unseres Gutenberg-Museums einschalten.“ Es gebe „zahlreiche verfolgenswerte Ideen und gute Ansätze“ zur Erneuerung des Museums. „Wir bekommen E-Mails mit komplett ausgearbeiteten Konzepten für einen Neustart“, berichtet die Bürgerinitiative nun auf ihrer Facebook-Seite. Darunter seien Angebote von „fachlich versierten Mitbürgern“, sogar weit über die Stadtgrenze hinaus: „Wir sind sehr beeindruckt, welches Engagement hier nach wie vor besteht.“

Neues Museum am Ernst-Ludwig-Platz?

Auch Mainz& erreichten bereits Ideen und Vorschläge: „Ein völlig neues Museum war schon immer die ultima ratio“, schreibt Mainz&-Leser Heinz-Georg Diehl, früherer CDU-Stadtrat in Mainz. Das Museum brauche eine neue konzeptionelle Ausrichtung „von Gutenberg bis Bill Gates und die Auswirkungen der Kommunikationsentwicklung auf die Entwicklung der Menschheit.“ Nur so könne vielleicht das Interesse bei Bund und Land an einer Trägerschaft geweckt werden. Das neue Museum brauche zudem einen Neubau, das Rathaus könne dazu aus- und umgebaut werden, schreibt Diehl – allerdings wolle das die Stadtspitze und auch der Stadtrat nicht. Platz gebe es hingegen auf dem Ernst-Ludwigs-Platz an der Großen Bleiche, schlägt Diehl vor – gemeinsam mit dem Landesmuseum wäre das „fast eine Museumsmeile“.

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„Ein neues Museum muss einen Einmaligkeitscharakter haben“, fordert auch Johannes Gerster im Gespräch mit Mainz&: „Wir brauchen ein Museum für Kommunikation von Gutenberg bis ins Digitale.“ Gerster ist noch immer davon überzeugt, dass dafür Millionen beim Bund zu holen seien. Das Römisch-Germanische Zentralmuseum, das Museum für Antike Schifffahrt, aber auch die Chagall-Fenster und Renovierungen der Quintinskirche, all das sei in der Vergangenheit mit Bundesmitteln gefördert worden – Dank des Einsatzes der Mainzer Bundestagsabgeordneten. „Das würde auch heute noch funktionieren“, betont Gerster. Er habe in einem Brief an Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) seine Hilfe bei der Geldbeschaffung aus Berliner Geldtöpfen angeboten. „Wir reden hier nicht über 20, sondern über 100 Millionen Euro“, betont er: „Das Gutenberg-Museum muss ein nationales Museum werden.“

Das Sinn Leffers-Haus direkt am Dom könnte vielleicht das neue Zuhause des Gutenberg-Museums werden – schlägt Johannes Gerster vor. – Foto: gik

Gerster schlägt Sinn Leffers-Haus vor

Ein großer Wurf, betont Gerster weiter, könne nicht in den alten Räumen geschehen, ein Neubau müsse her. Drei Varianten sehe er dafür, erklärt er im Mainz&-Gespräch: „Man könnte den Römischen Kaiser zum Ort der Wissenschaft machen und dort seltene Drucke unterbringen“, schlägt Gerster vor. Den Schellbau wiederum könne man abreißen und gemeinsam mit dem heutigen Innenhof neu bebauen, den Hof mit einer Glasdachkonstruktion. Variante zwei sei ein Neubau an der Ludwigsstraße, falls das Einkaufszentrum dort doch nicht komme. „Das hätte den Charme, dass der Eingang zum Gutenberg-Museum am Gutenbergplatz liegen könnte“, sagte Gerster.

Favorit des Ex-CDU-Chefs aber wäre Variante drei: Ein Gutenberg-Museum unter Einbeziehung des heutigen Sinn Leffers-Hauses. Seit Monaten halten sich Gerüchte, die Modekette wolle das Gebäude räumen, der Komplex sei so groß, dass sein Anlieferungshof bis zum Gutenberg-Museum reiche, sagte Gerster: „Lasst uns das Sinn Leffers-Haus mit dem heutigen Museum verbinden!“

BI fordert Konzept für „Gutenberg als Marke“ für Mainz

Am Montag sollen nun erste Vorstellungen ausgetauscht und das weitere Vorgehen festgezurrt werden. „Wir wollen unsere Ideen aus unserem Positionspapier vorbringen, mehr Bürgerbeteiligung bei der zukünftigen Arbeitswerkstatt einfordern und auf konstruktive Weise mit den Politikern über das Thema Gutenberg-Museum diskutieren“, schreibt die BI in einer Stellungnahme auf Facebook. Es sei doch völlig richtig, dass diejenigen, „die beim Bürgerentscheid fast 50.000 Stimmen gewinnen konnten“, jetzt eine Initialzündung für einen Neuanfang gäben. Natürlich sei „klar, dass die Stadt Mainz im Nachgang die Führung im Prozess übernimmt“, heißt es weiter, dafür werde ja die „Arbeitswerkstatt Gutenberg-Museum“ eingerichtet. „Keine Angst, keiner will Eure Arbeit übernehmen und das Stadtparlament in Frage stellen“, schreibt die BI weiter.

In die Neuaufstellung des Museums wolle man sich aber weiter aktiv einmischen, das sehe die BI einfach als ihre Verantwortung nach dem Bürgerentscheid, sagte BI-Gründer Thomas Mann: „Wir möchten gemeinsam den Blick nach vorne richten und die Zukunft des Gutenberg-Museums sowie der zukünftigen Bürgerbeteiligung besprechen.“ Es solle zunächst darum gehen, eine Bestandsaufnahme zu erstellen sowie neue Ideen und Konzepte zu sammeln, um einen konkreten Fahrplan für die nächsten Schritte aufzustellen.

In ihrem neuen Positionspapier schlägt die BI vor, ein großes Gutenberg-Museum der Zukunft als Aushängeschild für die Stadt zu entwickeln und fordert ein professionelles Spendenmanagement zu etablieren. Dazu müsse aber auch „die Bedeutung von Gutenberg als größten Sohn von Mainz, als zentrale Marke der Stadt, herausgearbeitet werden“, fordert die BI weiter – jetzt gebe es die Chance, eine echte „Marke Gutenberg“ für das 21. Jahrhundert zu etablieren, und das gemeinsam mit den Mainzern. „Diese Begeisterung für mehr Bürgerbeteiligung am Gutenberg-Museum“, heißt es von der BI, „werden wir in den ersten Runden Tisch tragen.“

Info& auf Mainz&: Das Ergebnis des Bürgerentscheids zum Bibelturm am 15. April könnt Ihr hier noch einmal bei Mainz& nachlesen, einen Artikel zum Neustart danach findet Ihr zum Beispiel hier.

 

 

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