Es ist das Ende einer Ära: Nach 25 Jahren schließt der legendäre Mainzer Hardrockclub „Alexander the Great“ Ende des Jahres für immer seine Türen. „Am Morgen des 01.01.2025 schließen sich unsere Pforten für den regulären Betrieb“, teilte Betreiber Michael „Sweaty“ Vogt am Dienstag überraschend auf seinen Facebookseiten mit. Es werde künftig nur noch wenige Einzelveranstaltungen geben. Das Aus hat mit Corona, aber auch mit der unklaren Situation des abbruchreifen Gebäudekomplexes in der Hinteren Bleiche zu tun, auch die Zukunft des hier einst ansässigen Kinos „Palatin“ steht neuerdings wieder in den Sternen.
Es war im August 2021, als die Betreiber der beiden letzten Mainzer Programmkinos „Capitol“ und „Palatin“ Alarm schlugen: Dem Gebäude des „Palatin“ in der Hinteren Bleiche drohe der Abriss, damit stünden beide Kinos auf der Kippe – und dem einst traditionsreichen Kinostandort Mainz der Kahlschlag. Was folgte, war ein enormer Aufschrei in der Mainzer Kulturszene, und ein zwei Jahre folgendes Ringen um die Zukunft der beiden Lichtspielhäuser.
Ende 2022 verkündete die Stadt Mainz dann, man wolle die Kinos sichern helfen, im November 2023 wurde ein Mietvertrag für das Capitol abgeschlossen – da hatten Capitol & Palatin unter ihren alten Betreibern bereits die Tore geschlossen. Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) kündigte an, ein ganzheitliches Kinokonzept für Mainz entwickeln zu wollen, eine Jury kürte im Mai 2024 neue Interimsbetreiber für das inz3wischen geschlossene Capitol, die Arthouse Kinos Frankfurt Gruppe eröffnete Ende Juli 2024 das Capitol neu.
Gelder für neues Palatin-Kino im Haushaltsentwurf 2025 gestrichen
Das Palatin wiederum sollte in dem geplanten Neubau an der Hinteren Bleiche neue Kinoräume bekommen, der Kinosäle waren geplant, die ebenfalls von der Stadt angemietet und dann an die Arthouse-Gruppe verpachtet werden sollte. Doch dieser Plan steht nun auf der Kippe: das neue Haushaltsloch der Stadt Mainz macht drastische Einsparungen nötig – und auf der Streichliste des Stadtvorstands stehen nun auch die Mittel für das Palatin. Scharfe Kritik daran kam nun von der Linken: „Jahrelang wurde um die Zukunft der letzten verbliebenen Programmkinos in Mainz, Palatin & Capitol, gerungen, jetzt droht das endgültige Aus für das Palatin – und ein kultureller Kahlschlag“, klagte Linken-Stadtrat Martin Malcherek.
Die Streichung der Gelder in dem Haushaltsentwurf von Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) sei „ein Offenbarungseid in der Kulturpolitik“, schimpfte Malcherek – und warf Kulturdezernentin Grosse vor, für den Erhalt des Palatin auch „nicht gekämpft zu haben.“ Die Streichung der Mittel für das Palatin bedeute in der Folge womöglich auch das erneute Aus für das gerade wieder eröffnete Capitol, warnte Malcherek: „Der Betreiber hatte die Aufnahme des Kinobetriebes an die Zusage der Stadt geknüpft, dass er auch das Palatin übernehmen kann, weil sich ein Programmkino alleine wirtschaftlich nicht lohne.“
Nach Mainz&-Informationen könnte das gesamte Neubauprojekt an der Hinteren Bleiche womöglich vorerst in Frage stehen – das aber betrifft einen weiteren Mieter des Komplexes: den Hardrockclub Alexander the Great. Und dessen Betreiber kündigte nun das Aus des legendären Musikclubs an: „Was fast 25 Jahre lang gut war, ist heute nicht mehr gefragt“, schreibt Michael „Sweaty“ Vogt in der Ankündigung auf Facebook: „Jede Ära hat ihre Zeit, jede Ära geht zu Ende. Wir hatten sie ein Viertel Jahrhundert -und es war eine geile Zeit mit unvergesslichen Partys und dem geilsten Publikum!“ Diese Entscheidung sei ihm und dem Team „wirklich nicht leicht gefallen, aber schweren Herzens müssen wir es doch tun“, fügte Vogt hinzu.
Sweaty: Aus für „Alexander the Great“ schon zum Januar 2025
Als Turning Point nennt „Sweaty“, wie der beliebte Wirt genannt wird, die Corona-Pandemie: Die Schließung von Bars und Clubs hatte einen tiefen Einschnitt bedeutet, viele Clubs standen vor dem Aus – das „Alexander the Great“ wurde nur mittels einer Spendenkampagne seines treuen Publikums gerettet. Doch Corona habe „sehr viel verändert, leider nicht alles zum Guten“, schreibt Vogt nun: „Die Gäste von vor Corona blieben danach aus, für das Partyvolk von heute sind so alte Clubs wie der unsere nicht mehr angesagt. Was fast 25 Jahre lang gut war, ist heute nicht mehr gefragt.“
Vogt machte zudem aber auch klar: Corona habe die Sache zwar beschleunigt, die Schließung wäre trotzdem irgendwann geschehen. Denn die Räume des Rockclubs seien „mittlerweile in einem teils katastrophalen Zustand“, schreibt Vogt weiter: „Seit dem Rohrbruch von damals dringt Feuchtigkeit durch die Außenwand nach innen, müffelt und sieht unansehnlich aus, auch das Sammelbecken vom Abwasser stinkt immer mehr vor sich hin.“ Die neuen Eigentümer verlangten, dass er sich darum kümmere, „aber dafür fehlt uns schlichtweg auch das Geld“, betont der Wirt – und macht der Stadt Mainz schwere Vorwürfe.
Von den Spenden der Corona Zeit sei nämlich zwar ursprünglich noch Geld übrig gewesen, „aber das hat die Stadt Mainz dann als Gewerbesteuer eingezogen“, kritisiert Vogt: „Helfen konnten sie uns während dieser Zeit nicht, aber das Geld dann einstecken von denen, die geholfen haben, das konnten sie dann sehr gut.“ Zudem sehe er auch keine Perspektive für die nächste Zeit: Die neuen Eigentümer Fischer und Co. hätten zwar zugesagt, dass der Club während der Baumaßnahmen nur kurzfristig geschlossen bleiben müsse und dann weiter existieren könne, doch das sei „grotesk“: „Man schließt nicht einfach heute einen Club, der dann in paar Jahren wieder öffnen wird“, und alles sei wie zuvor.
Zukunft des Hardrockclubs fraglich, Corona als Turning Point
Zudem sei eine neue Konzession ebenso fraglich wie Konflikte mit den neuen Nachbarn im Neubau möglich – und Fischer & Co träfen derzeit gar keine Aussage mehr über die Zukunft: Die Eigentümer „können oder wollen da leider keine Aussage mehr machen, die haben wohl auch ihren Plan verloren“, schreibt Vogt weiter: „Es wird ihnen ja auch nicht leicht gemacht. Erst planen sie ein hübsches Haus, dann müssen sie wieder alles umkrempeln, weil die Stadt ein Kino da rein haben möchte, nun ist der Stadt das Kino plötzlich Schnuppe, wohl alles nicht so einfach.“
Nun sei es eben das Ende einer Ära, denn das „Alexander the Great“ werde jetzt auch nicht „plötzlich Popmusik spielen oder gar noch schlimmeres“, so Sweaty weiter: „Nur waren wir fast 25 Jahren ein reiner Rock Club und als solcher wollen wir auch in Erinnerung bleiben.“ Ab Januar werde es deshalb nur noch einzelne Events, diverse Konzerte oder Vermietung an Privatfeiern geben – denn es gebe ja noch einen Pachtvertrag, er müsse Kündigungsfristen einhalten, und „die Hütte ja noch räumen.“
„Wir bedanken uns für fast 25 Jahre geile Partys, bestes Publikum, die tollsten Bands und unvergessliche Augenblicke, über die man mehrere Bücher schreiben könnte“, bilanzierte der Clubchef, der mit dem „Good Times“ und der „Weintorklause“ zwei weitere Kneipen betreibt. Und Sweaty kündigte an: „Lasst uns die letzten Tage noch einmal richtig abfeiern, an Silvester dann die letzten Stunden genießen. Ein leiser Abschied wird das nicht!“
Info& auf Mainz&: Mehr zur Geschichte der Programmkinos in Mainz und dem Ringen um deren Zukunft sowie die des Hardrockclubs könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.