Welche Qualifikation hatte die Frankfurter Eventmanagerin Missy Motown mit ihrer Firma m2a für die Stellung von Personal zur Katastrophenhilfe im Ahrtal, und wie kam die m2a überhaupt an die lukrativen Aufträge? Die Fragen im Mainzer Landtag reißen nicht ab, nicht mehr nur die Freien Wähler, auch CDU und AfD haben inzwischen gleich im Dutzend neue Anfragen an die Regierung gestellt. Es geht um Millionen an Steuergeldern, und es geht um die Frage: Wurde die Hilfe für die Menschen im Ahrtal nach der Flutkatastrophe effizient organisiert? Mainz&-Recherchen werfen weitere Fragen auf: Hatte die m2a eine Art Personalstellungs-Monopol im Ahrtal?

Die Geschäftsführerin des Helfer-Stabs und der m2a artitude Betriebs GmbH, Missy Motown alias Nicole Schober, in einem Interview mit dem SWR. – Screenshot: gik
Die Geschäftsführerin des Helfer-Stabs und der m2a artitude Betriebs GmbH, Missy Motown alias Nicole Schober, in einem Interview mit dem SWR. – Screenshot: gik

Ende April war bekannt geworden, dass die in Frankfurt ansässige Firma „m2a artitude Betriebs GmbH2“ der Eventmanagerin Missy Motown alias Nicole Schober nach der Flutkatastrophe im Ahrtal Verträge in Millionenhöhe erhalten hatte – um beratende Hilfe an den sogenannten Info-Points zu leisten. Es geht um insgesamt vier Verträge mit der Dienstaufsicht ADD, der Kreisverwaltung Ahrweiler sowie der landeseigenen Investitionsbank ISB im potenziellen Auftragswert von rund 5,5 Millionen Euro, davon wurden bislang rund 3,14 Millionen Euro ausgezahlt.

Es geht damit um Steuergelder in Millionenhöhe, mit denen nach der Flutkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021 den Menschen im verwüsteten Ahrtal schnell und unbürokratisch geholfen werden sollte. Und es geht um die Frage: Wurde den Menschen im Ahrtal mit den Millionen wirklich schnell und gut geholfen? In der Fragestunde des Mainzer Landtags hatte Innenminister Michael Ebling (SPD) noch einmal betont: Wegen der dramatischen Verhältnisse nach der Katastrophe habe schnell gehandelt werden müssen, ein Vergabeverfahren dauere aber in der Regel „Wochen bis Monate“ – „das wäre in dieser Situation unverantwortlich gewesen.“

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„Andere konkrete Angebote als das von m2a lagen nicht vor“

Deshalb habe man von Vergabeerleichterungen Gebrauch gemacht und „Aufträge an dringend benötigte Helfer vergeben“, betonte der Innenminister weiter. Für die Besetzung der Info-Points sei hauptamtliches Personal nötig gewesen, das aber habe man in den Verwaltungen nicht gefunden – und Motowns Firma habe sich eben angeboten. In einer schriftlichen Antwort hatte das Innenministerium zudem erklärt: „In Abwägung zwischen einer effizienten Verwendung von Haushaltsmitteln und einer schnellen Bürgerhilfe war eine alternative, vergaberechtliche wettbewerbsschonendere Möglichkeit für die auftraggebenden Stellen nicht möglich und nicht sinnvoll.“

Innenminister Michael Ebling (SPD) in einer Debatte im Landtag im März 2023., - Screenshot: gik
Innenminister Michael Ebling (SPD) in einer Debatte im Landtag im März 2023., – Screenshot: gik

Im Klartext: Bei der Erstvergabe durch die ADD hatte diese schlicht keine weiteren Angebote eingeholt. „Andere konkrete Angebote als das der m2a artitude Betriebs GmbH lagen der ADD nicht vor“, heißt es von Seiten des Innenministeriums weiter. Wie hätten auch andere Angebote eingereicht werden können, wenn es doch gar keine Ausschreibung gegeben habe, wunderte sich daraufhin der AfD-Abgeordnete Michael Frisch, Obmann seiner Partei im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Mainzer Landtag: Wann und auf welchem Wege sei denn das Angebot der m2a bei der ADD eingegangen?

Das treibt auch die Freien Wähler um: Es sei doch ganz erstaunlich, dass ausgerechnet zum notwendigen Bedarf dann auch ein passendes Angebot der m2a vorgelegen habe, wundert sich FW-Obmann Stephan Wefelscheid, und fragt nun: „Wie kam denn das konkrete Angebot der m2a auf den Tisch der ADD?“ Auch die CDU-Opposition bohrt in gleich sieben neuen Anfragen nach, auch sie will wissen: Wie sah das Angebot von Motown für den Dienstleistungsvertrag aus? Und welcher Kontakt habe denn im Vorfeld der Auftragsvergabe zwischen Missy Motown und der damaligen ADD-Vizepräsidentin Begoña Hermann bestanden – die den Vertrag unterzeichnet haben soll?

Ebling: ADD erstellte Konzept für Info-Points Ende Juli 2021

Für Verwunderung sorgte zudem Eblings Aussage in der Fragestunde, es sei die ADD selbst gewesen, die Ende Juli 2021 „ein Konzept der Info-Points entwickelt“ habe. Welche Personen hätten denn dieses Konzept unter wessen Federführung erarbeitet, will Frisch nun wissen – und seien denn Missy Motown oder andere Mitarbeiter von m2a oder Helfer-Stab daran beteiligt gewesen? „Wer hatte die Idee zu dem Konzept, in welchem Rahmen erfolgte die Erstellung und was war sein konkreter Inhalt?“, will auch Wefelscheid wissen, und wurde das von der ADD angeblich erstellte Konzept am Ende überhaupt umgesetzt? Habe die ADD zudem die Eignung sowie die Bonität der Firma m2a vor der Auftragsvergabe überprüft, fragt ihrerseits die CDU.

Einer der Info-Points im Ahrtal. - Foto: ADD
Einer der Info-Points im Ahrtal. – Foto: ADD

Die ADD hatte am 7. September 2021 einen Dienstleistungsvertrag mit der Firma m2a artitude Betriebs GmbH von Missy Motown geschlossen, Sitz der Firma ist bis heute Frankfurt. Die m2a wiederum sollte Personal für die Besetzung der Info-Points im Ahrtal organisieren – den Betrieb der Info-Points leitet allerdings der Helfer-Stab, der eigentlich ein Zusammenschluss ehrenamtlicher Helfer nach der Flutkatstrophe war. Motown habe eben das Organisationstalent, die Vernetzung und die Ortskenntnisse gehabt, antwortete Ebling im Landtag: „Die Leistung, die dringend benötigt war, wurde gesucht, sie wurde gefunden, und sie wurde erfüllt.“

Hört man sich unter den Helfern im Ahrtal um, die unmittelbar nach der Flutkatastrophe anpackten, zeigt sich indes ein anderes Bild: Es seien freiwillige Helfer mit großem Wissen über Katastrophenmanagement gewesen – etwa Feuerwehrmänner – , die nach der Flut die ersten Anlaufstellen für die Bewohner im völlig verwüsteten Tal ins Leben gerufen hätten, so berichten es verschiedene Fluthelfer unisono gegenüber Mainz&. Im Gespräch fällt dabei immer wieder ein Name: Marco G., ein Helfer aus Brandenburg.

Wer erfand den Helfer-Stab, wer die Info-Points?

Marco, so betonen die Gesprächspartner gegenüber Mainz&, habe viele Hilfsstrukturen aufgebaut: Whattsapp-Gruppen zur Vernetzung der Helfer, Spendenanlaufstellen, Versorgungspunkte und vieles mehr. Es sei Marco G. gewesen, der die „Info-Points“ als Anlaufstellen für Erstversorgung und für Informationen ins Leben gerufen habe, und der auch die Idee für den Helfer-Stab angestoßen habe, berichten die Katastrophenhelfer: Gedacht gewesen sei der Helfer-Stab als eine Art Krisenstab, der die verschiedenen Helfergruppen zusammenbinden und koordinieren sollte.

Versorgungsstation in einer Scheune in Altenahr, wenige Tage nach der Flutkatastrophe. - Foto: gik
Versorgungsstation in einer Scheune in Altenahr, wenige Tage nach der Flutkatastrophe. – Foto: gik

„Missy Motown kannte im Tal zu dem Zeitpunkt niemand“, das sagen übereinstimmend gleich mehrere Gesprächspartner gegenüber Mainz&. Marco G. verschwand irgendwann aus dem Ahrtal, warum ist unklar – auf Anfragen von Mainz& antwortet er nicht. Das Konzept des Helfer-Stabes sei schließlich von mehreren Aktiven aus der Gruppe von freiwilligen Helfern geschrieben worden – darunter sei auch Missy Motown gewesen. ADD-Präsident Thomas Linnertz hingegen hatte in der Pressekonferenz eigens betont: „Missy, die im Hintergrund sehr viel organisiert hat, hat einen Helfer-Stab gegründet.“

Auf derselben PK hatte Motown auch bekannt gegeben, der Helfer-Stab koordiniere „die kompletten Ehrenamtler und die Verwaltung der aktuellen Ressourcenlager“ im Ahrtal – das aber war mitnichten korrekt: Zahlreiche Helfer-Gruppen wurden nicht von dem Helfer-Stab „koordiniert“ – erst recht nicht Akteure wie der Landwirt Markus Wipperfürth oder der Gartenbauer Wilhelm Hartmann. Im Gegenteil: Zu einer „Pressekonferenz der freiwilligen Hilfe im Ahrtal“ am 20. Oktober 2021 mit Motown waren zwar zahlreiche Helfer-Organisationen geladen, Wipperfürth und Hartmann hingegen ausdrücklich nicht.

Konkurrenz statt Koordination, Hetzkampagne gegen Helfer

Der Pulheimer Landwirt Markus Wipperfürth und der Gartenbauer Wilhelm Hartmann aus Fulda waren am ersten Tag nach der Flutkatastrophe in Ahrweiler aufgeschlagen, und hatten tatkräftig mit schweren Maschinen von den ersten Stunden an beim Aufräumen geholfen. Durch ihre Videos und ihre enorme Reichweite auf Facebook mit millionenfachen Aufrufen bewegten sie Tausende, ebenfalls zum Helfen ins Ahrtal zu kommen. Doch beide Ersthelfer sehen sich seit Herbst 2021 einer massiven Kampagne aus Hass und Hetze ausgesetzt, – das Ziel, so ihre Überzeugung: Sie sollen aus dem Ahrtal vertreiben werden.

Wilhelm Hartmann (links) und Markus Wipperfürth: Ersthelfer seit dem 15. Juli 2021. - Foto: Hartmann
Wilhelm Hartmann (links) und Markus Wipperfürth: Ersthelfer seit dem 15. Juli 2021. – Foto: Hartmann

Die Angriffe beginnen just zu der Zeit, als der Helfer-Stab im Tal aktiv wird und das Management der Info-Points übernimmt. Wipperfürth und Hartmann bekommen in den Wochen danach immer öfter Probleme mit Behörden: Man verweigert Zahlungen, trotz vorheriger Abstimmungen mit den Behörden, in den sozialen Medien nehmen persönliche Angriffe in ungeahntem Ausmaß zu – Wipperfürth und Hartmann sprechen von einer organisierten Diffamierungskampagne gegen sie und ihre Unternehmen, die bis heute anhalte.

Für den 21. Oktober 2021 hatten die beiden Ersthelfer gemeinsam mit anderen zu einer Pressekonferenz geladen, auf der es um die Situation der freiwilligen Helfer im Tal, um das Vorstellen ihrer Aktivitäten, aber auch um Probleme mit den Behörden gehen sollte. Kaum wurde dies bekannt, verkündete der Helfer-Stab unter Motown eine eigene Pressekonferenz – für eben jenen 20. Oktober. Statt Koordination „aller Ehrenamtler“ ging es um Konkurrenz, dazu passt auch ein weiterer Punkt, der sich in den Unterlagen zu Motowns Pressekonferenz findet: Unter „zukünftige Projekte“ des Helfer-Stabs ist da vom Aufbau eines Handwerker-Dorfes in Motowns Heimatort Krälingen die Rede – und das, obwohl es mit dem Containerdorf von Wilhelm Hartmann längst eine florierende und beliebte Einrichtung gab.

Helfer-Stab: Logo wie das Land Rheinland-Pfalz

Das Ursprungskonzept für den Helfer-Stab wiederum trägt das Datum vom 14. August 2021, in der Einleitung heißt es: „Der Helfer-Stab setzt sich aus mehreren NGO’s zusammen“, man befinde sich „in einer entsprechenden Konzeptionsphase“ für Stabsstrukturen. Das Logo auf diesem Erstkonzept zeigt ein grünes „H“ in einem grünen Kreis – und erinnert damit stark an das spätere Logo des Helfer-Shuttles, jenes innovativen Transportsystems, mit dem die Gründer Marc Ulrich und Thomas Pütz unmittelbar nach der Flut ab dem 17. Juli freiwillige Helfer gezielt an ihre Arbeitsstätten im Tal brachten.

Logo des Helfer-Stabs: Wappen, täuschend ähnlich wie das Landes-Wappen.- Screenshot: gik
Logo des Helfer-Stabs: Wappen, täuschend ähnlich wie das Landes-Wappen.- Screenshot: gik

Heute führt der Helfer-Stab hingegen in seinem Logo ein Wappen, das dem des Landes Rheinland-Pfalz zum Verwechseln ähnlich sieht: Das Trierer Kreuz, der pfälzische Löwe und das Mainzer Rad – alles exakt so, wie auf dem Landeswappen. Einzig die Weinlaubkrone oben auf dem Wappen fehlt. Wieso führt der Helfer-Stab, der als Zusammenschluss von Nicht-Regierungs-Hilfsorganisationen startete, quasi das abgespeckte Wappen des Landes Rheinland-Pfalz?

Auch auf der offiziellen Seite des Landes zum Wiederaufbau im Ahrtal rangiert im Bereich „Ansprechpartner“ der Helfer-Stab gleich hinter dem Land, seiner Fluthilfe und der ADD – als wäre er eine Institution des Landes. Gleichzeitig betont man im Innenministerium auf Anfrage von CDU-Landeschef Christian Baldauf: „Über interne Vorgänge des ehrenamtlich organisierten Helfer-Stabes“ habe die Landesregierung „keine Kenntnis“. Es habe auch keine „formale Beauftragung“ durch die ADD an den Helfer-Stab gegeben.

Vertragsbeziehungen zwischen m2a und Helfer-Stab? Unklar

Das ist zumindest merkwürdig zu nennen: Der Vertrag der ADD vom 7. September 2021 wurde ja mit der m2a artitude Betriebs GmbH gerade deswegen geschlossen, damit diese Personal für die Info-Points stellt – die der Helfer-Stab organisiert und betreibt. Missy Motown wurde eigens dafür auch zur Geschäftsführerin des Helfer-Stabs gemacht, wann genau das geschah, ist unklar.

Eine der ersten Info-Anlaufstellen nach der Flutkatastrophe in Schuld, betrieben von ehrenamtlichen Helfern. - Foto: gik
Eine der ersten Info-Anlaufstellen nach der Flutkatastrophe in Schuld, betrieben von ehrenamtlichen Helfern. – Foto: gik

Unklar ist auch die genaue Art der Geschäftsbeziehung zwischen der m2a artitude Betriebs GmbH und dem Helfer-Stab selbst. Auf Anfrage, wie denn die vertraglichen Beziehungen zwischen beiden Organisationen geregelt seien, antwortet der Anwalt von Missy Motown: „Die Frage ist nicht hinreichend konkret“, das könne man so nicht beantworten. Eine Arbeitnehmerüberlassung zwischen den beiden Unternehmen gebe es aber nicht – denn „die Annahme, die Helfer-Stab gGmbH“ stelle das Personal für die Info-Points, treffe nicht zu. In welcher Form und mit welchem Personal betreibt der Helfer-Stab dann aber eigentlich die Info-Points?

Auf alle weiteren Fragen zu Mitarbeitern, Organisation und der Art, wie das Personal für die Info-Points ausgewählt wurde, heißt es in der Antwort des Anwalts nur stereotyp: „Bitte informieren Sie sich hierzu auf der Webseite“ – gemeint ist die Internetseite des Helfer-Stabs. Dort heißt es aber wörtlich: „Die Mitglieder des Helfer-Stabs arbeiten entweder ehrenamtlich, sind Mitarbeiter der m2artitude GmbH oder der Helfer-Stab gGmbH von Missy Motown und werden für die Aufgaben im Helfer-Stab eingesetzt.“

Personal für Info-Points, vom Helfer-Stab ausgewählt?

Mainz& liegen indes Informationen vor, nach denen das Personal für die Info-Points sehr wohl von Mitarbeitern des Helfer-Stabs ausgewählt wurde – und nicht ausschließlich von der m2a. Auch CDU-Landeschef Baldauf fragt nun die Landesregierung, ob denn auch die Eignung der m2a für die Aufgabe der Personalstellung geprüft worden sei? „Öffentliche Aufträge sollen im allgemeinen an fachkundige und leistungsfähige Unternehmen vergeben werden“, begründet die CDU ihre Fragen, das habe auch bei der Katastrophenbewältigung gegolten.

Wie kam das Angebot der m2a auf den Tisch der ADD - und unterschrieb die damalige ADD-Vize Begona Hermann den Vertrag? - Foto: gik
Wie kam das Angebot der m2a auf den Tisch der ADD – und unterschrieb die damalige ADD-Vize Begona Hermann den Vertrag? – Foto: gik

Und auch bei der CDU will man wissen, ob Bewerbungsgespräche und Personalauswahl für die Info-Points nicht von der m2a in Frankfurt, sondern vom Helfer-Stab in Krälingen durchgeführt worden seien? Solche Vorgänge könnten arbeitsrechtlich durchaus relevant sein, es stehen Fragen nach Weisungsbefugnis und im Raum: Wenn die Info-Points auf einem Konzept der ADD beruhten, fragt Wefelscheid: „Wieso unterlagen diese dann nicht der Weisung der ADD?“

Die gleiche Frage dürfte noch in höherem Maße für die Info-Points der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB) gelten: Die ISB hatte mit Motowns m2a gleich drei Dienstleistungsverträge mit einem Auftragsvolumen von insgesamt rund vier Millionen Euro abgeschlossen, auch hier sollte die m2a das Personal für Beratungsstellen stellen, deren Betrieb sich aber der Helfer-Stab auf die Fahnen schreibt. Die Berater wiederum sollen die Flutgeschädigten gezielt bei den komplizierten Antragsverfahren der ISB zu Wiederaufbauhilfen beraten – die ISB schult diese Berater sogar eigens zu diesem Zweck, wie sie selbst angab. Die CDU will nun wissen: Wie erfolgte die Abrechnung des Personals zwischen m2a und der ADD auf der einen, und der ISB auf der anderen Seite?

Helfer-Stab verlieh auch Personal an andere Organisationen

Denn die beiden Info-Points der ADD und später des Kreises Ahrweiler einerseits, und der ISB andererseits, waren mitnichten räumlich getrennt: Die Berater saßen zumeist in einem Container oder unter einem Pavillondach. Ob tatsächlich immer zwei Personen hier anwesend waren, oder ein Berater beide Jobs erledigte – auch diese Fragen werden nun gestellt. Tatsache ist: Motowns m2a erhielt für die Organisation des Personals an den Info-Points eine Verwaltungspauschale von 15 Prozent, sie selbst betonte inzwischen in einer Pressemitteilung: Nach Abzug von Steuern und Ausgaben sei „nicht viel Gewinn übrig“ geblieben.

Die Kreisverwaltung in Ahrweiler im Frühjahr 2022. - Foto: gik
Die Kreisverwaltung in Ahrweiler im Frühjahr 2022. – Foto: gik

So hätten etwa ADD und Kreisverwaltung Ahrweiler für Aufbau und Betrieb der Info-Points insgesamt rund 900.000 Euro an die m2a bezahlt. „Davon haben wir Personalkosten in Höhe von rund 660.000 Euro bezahlt“, betont Motown weiter. Von den übrigen 240.000 Euro hätten 19 Prozent Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt werden müssen – insgesamt rund 180.000 Euro -, die verbleibende Verwaltungspauschale aber habe „Krankheitsausfälle, Berufsgenossenschaftsbeiträge und Steuerberatungskosten und vieles mehr“ decken müssen. „Wer uns in Bezug auf solche Verträge also Profitabsicht unterstellt, zeigt eindrücklich, wie wenig Ahnung von Buchhaltung und Personalverwaltung er oder sie hat“, kritisiert Motown weiter.

Doch Einnahmen erzielte Motown nicht nur über die Verträge mit ADD, Kreis und ISB.  Recherchen von Mainz& ergaben: Der Helfer-Stab verlieh auch Personal an weitere Hilfsorganisationen im Tal – und stellte dafür Rechnungen. Mainz& liegen Informationen und Belege über mindestens drei Organisationen vor, denen Personal durch die m2a zur Verfügung gestellt wurde. Die Rechnung stellte der Helfer-Stab, das Personal war indes bei der m2a angestellt – und auf die wurden auch Organisationen verwiesen, die Personal einstellen, und eine Refinanzierung von der ADD oder dem Kreis Ahrweiler beantragen wollten.

Hatte die m2a ein Monopol beim Stellen von Personal im Ahrtal?

Man sei dann an die m2a artitude Betriebs GmbH als einstellende Firma verwiesen worden, berichten Helferorganisationen – direkte Zahlungen seien angelehnt worden. Hatte Motowns Firma also eine Art Monopol bei der Stellung von Personal für Hilfsorganisationen im Ahrtal Und wenn bei der m2a angestellte Arbeitnehmer einer anderen Firma als Arbeitskraft überlassen wurden – greifen dann Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes? Bei der Bundesagentur für Arbeit heißt es dazu: „Arbeitnehmerüberlassung bedeutet, dass ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber einem Dritten gegen Entgelt und für eine begrenzte Zeit überlassen wird.“ Der Arbeitgeber werde dabei zum Verleiher, dafür brauche er eine Genehmigung der Arbeitsagentur.

Die Fragen im Landtag zur Auftragsvergabe an die m2a von Missy Motown reißen nicht ab. - Foto: gik
Die Fragen im Landtag zur Auftragsvergabe an die m2a von Missy Motown reißen nicht ab. – Foto: gik

Beim Land weist man bislang jegliche Verantwortung in diese Richtung von sich: Es gebe kein „verliehenes Personal“, weil die m2a ja nicht der ADD Arbeitnehmer überlassen habe, heißt es im Innenministerium. Bleibt die Frage: Hätte das Land auch Sorge tragen müssen, wie das Stellen von Personal für die Info-Points rechtlich geregelt war? Und wieso konnte die m2a anderen Hilfsorganisationen Personal ausleihen, für die der Helfer-Stab die Rechnung stellte – und zwar laut einer Rechnung, die Mainz& vorliegt, explizit auf Stundenbasis, also auf Zeit?

Die Antworten auf die noch ausstehenden Kleinen Anfragen von CDU, Freien Wählern und AfD müssen noch diese Woche eintreffen – die Landesregierung hat bis zum 6. Juni beziehungsweise bis zum 9. Juni Zeit für ihre Antworten.

Info& auf Mainz&: Über die einzelnen Verträge zwischen der m2a artitude GmbH und der ADD sowie der ISB haben wir ausführlich hier bei Mainz& berichtet. Die ganze Geschichte zu Hass und Hetze im Ahrtal gegen Fluthelfer lest Ihr bitte hier bei Mainz& nach. Alle unsere Berichte aus dem Ahrtal sowie zur Aufarbeitung im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal findet Ihr hier in unserem großen Mainz&-Dossier.