Das Land Hessen zieht nun die Konsequenzen aus den anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen und verschärft seine Regeln für extreme Corona-Hotspots: Nächtliche Ausgangssperren, ein Alkoholverbot und scharfe Kontaktbeschränkungen über Silvester – diese Regeln müssen ab Freitag in Regionen erlassen werden, die mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner im 7-Tages-Schnitt haben. „Auch bei uns in Hessen ist die Situation nach wie vor sehr angespannt und es besteht kein Anlass zur Entwarnung“, begründete Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) die Maßnahmen. Zuletzt betraf die 200er-Inzidenz Offenbach, den Main-Kinzig-Kreis, aber auch den Kreis Groß-Gerau und die Landeshauptstadt Wiesbaden.

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bei einer Pressekonferenz im Oktober in Wiesbaden.- - Screenshot: gik
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bei einer Pressekonferenz im Oktober in Wiesbaden.- – Screenshot: gik

Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown hat die Erwartungen der Politik nicht erfüllt: Die Corona-Infektionszahlen sind weiterhin auf hohem Niveau, Hessen zählte am Dienstag allein 1.262 neue bestätigte Infektionen und 51 neue Todesfälle. „Die Zahlen steigen weiterhin an und sind immer noch zu hoch“, sagte Hessens Ministerpräsident Bouffier am Dienstag in einer Regierungserklärung im Wiesbadener Landtag. Hessen führte deshalb am Dienstag ei9ne neue Eskalationsstufe in seinem Corona-Stufenplan ein: Ab einer Inzidenz von 200 Fällen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen gilt nun die Corona-Stufe Schwarz.

Überschreitet eine Stadt oder ein Landkreis drei Tage hintereinander diese Stufe, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehört vor allem eine nächtliche Ausgangssperre für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr früh, das Verlassen der eigenen Wohnung ist dann während dieser Zeit nur aus gewichtigen Gründen gestattet. Zu „gewichtigen Gründen“ gehören der Gang zur Arbeit oder zum Arzt oder anderer medizinischer oder therapeutischer Leistungen, die Betreuung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen, die Begleitung Sterbender, sowie die Teilnahme an Gottesdiensten zu besonderen religiösen Anlässen.

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Ab Freitag gelten in Hessen in extremen Corona-Hotspots nächtliche Ausgangsbeschränkungen. - Foto: gik
Ab Freitag gelten in Hessen in extremen Corona-Hotspots nächtliche Ausgangsbeschränkungen. – Foto: gik

Ferner wird in den extremen Corona-Hotspots der Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum sowie der Verkauf zum sofortigen Verzehr. Auch Hessen nimmt zudem die Lockerungen der Kontaktbeschränkungen über Silvester zurück, vom 28. Dezember bis einschließlich 1. Januar 2021 gelten in den schwarzen Hotspots wieder nur die sehr eingeschränkten Regeln von maximal fünf Personen aus zwei Haushalten. Ferner seien weitergehende Maßnahmen in Schulen „in Betracht zu ziehen“, und zwar in den älteren Jahrgängen ab Jahrgangsstufe 8, ausgenommen Abschlussklassen, heißt es in der neuen Verordnung weiter.

Gleichzeitig lehnt aber auch Hessen einen flächendeckenden Wechselunterricht strikt ab: Der Präsenzunterricht an Schulen habe „weiterhin höchste Priorität“, betonte Bouffier mit Blick auf den gemeinsamen Beschluss von Bund und Ländern, das Recht auf Bildung könne „am besten durch Lernen und Lehren in Präsenz gewährleistet werden.“ Bund und Länder wollten deshalb so lange wie möglich am Unterricht vor Ort festhalten, das Offenhalten der Schulen, aber auch der Präsenzunterricht könne „aus epidemiologischer Sicht sehr gut verantwortet werden.“

Lehrergewerkschaften wie die GEW widersprechen seit Wochen dem Mantra der Politik dass Schulen keine Pandemietreiber seien – und verweisen darauf, dass Schulen eben auch keine Ausnahme vom Pandemiegeschehen seien, Infektionen deshalb auch in Schulen vorkommen müssen. Die Kultusminister behaupten hingegen weiter, Infektionen mit dem Coronavirus würden zum Großteil außerhalb der Schulen und eben nicht in den Schulen geschehen, der Schulbetrieb sei deshalb sicher, der Präsenzunterricht zudem die beste Unterrichtsform für die Schüler.

Was treibt die Corona-Infektionen in Frankfurt in die Höhe? - Foto: gik
Was treibt die Corona-Infektionen in Frankfurt in die Höhe? – Foto: gik

Eine Untersuchung der Stadt Frankfurt ergab aber gerade das Gegenteil: Nach Daten des Gesundheitsamtes Frankfurt lag die 7-Tages-Inzidenz an Frankfurts Schulen zwischen Mitte Oktober und Ende November deutlich über den Werten der Stadt Frankfurt. So habe etwa in der Woche vom 23. bis 29. November die Inzidenz an weiterführenden Schulen bei den 11 bis 17-Jährigen bei 276 gelegen, die der Stadt Frankfurt insgesamt jedoch lediglich bei 170, wie die Hessenschau berichtet. Bei der Stadt sehe man trotzdem Schulen weiterhin nicht als Hotspots, beim Gesundheitsamt werde argumentiert, man habe bisher keine Häufungen von Fällen an einzelnen Schulen gefunden – Infektionen fänden vermutlich außerhalb der Schule in der Freizeit statt.

Gerade in Hessen kamen viele Regionen wochenlang nicht von einer Inzidenz über dem Wert von 200 herunter, darunter Frankfurt, Offenbach und Wiesbaden. Derzeit liegen vor allem noch der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Offenbach deutlich über 200, der Landkreis Groß-Gerau rutschte gerade erst mit einer Inzidenz von 193,8 unter die Schwelle, könnte aber am Freitag auch von den neuen Regeln betroffen sein: Am Mittwoch lag die 7-Tages-Inzidenz im Kreis Groß-Gerau laut Robert-Koch-Institut wieder bei 203,8. In Wiesbaden fiel die Inzidenz am Dienstag auf 104,1 – in Mainz stieg sie dagegen erneut auf einen Wert von 174.

In Mainz hatte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstag die Rücknahme von Lockerungen rund um Silvester angekündigt und ein Böllerverbot in Aussicht gestellt, auch Bouffier betonte in seiner Regierungserklärung, weitere Einschränkungen seien „sehr wahrscheinlich“. Hessen werde „rechtzeitig nach den Beratungen zwischen Bund und Ländern voraussichtlich am 16.12.2020 die neuen Regeln beschließen“, die dann bis zum 10.01.2021 gelten sollten. „Wir wollen bewusst auch die Entwicklung der Infektionszahlen uns anschauen und dann entscheiden“, betonte Bouffier. Klar sei aber schon jetzt, dass an Silvester öffentliche Feiern und Feuerwerke nicht stattfinden könnten.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den neuen Maßnahmen für extreme Corona-Hotspots in Rheinland-Pfalz sowie zu den Plänen für Weihnachten und Silvester lest ihr hier bei Mainz&.

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