Eine Corona-Impfung wird nun auch für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahre möglich werden: „Wenn die Priorisierung ab dem 7. Juni fällt, werden wir den Kindern, werden wir den Familien ein Angebot machen können“, sagte der Regierende Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstag nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern. Damit werde eine Impfung für Kinder ab 12 Jahren ab dem 7. Juni möglich – sofern die Europäische Arzneimittelagentur EMA Impfstoffe für diese Gruppe zulässt. Die Entscheidung wird für Freitag erwartet. Zusätzlichen Impfstoff für die Impfungen bei Kindern gibt es aber nicht. Rheinland-Pfalz plant zudem ab kommender Woche weitere Lockerungen – so soll die Coronatestpflicht für die Außengastronomie fallen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ihrer Pressekonferenz nach dem Impfgipfel am Donnerstag. - Screenshot: gik
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ihrer Pressekonferenz nach dem Impfgipfel am Donnerstag. – Screenshot: gik

Bund und Länder hatten sich am Donnerstag nach längerer Pause wieder einmal zu einem Gipfel in Berlin getroffen, Thema dieses Mal: die Impfkampagne. Wichtigstes Thema am Donnerstag war das Thema Corona-Impfungen für Kinder, dabei geht es derzeit um die Gruppe der 12- bis 16-Jährigen. Für Jugendliche ab 16 ist der Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech bereits zugelassen, heftig umstritten ist derzeit aber die Frage: Sollte man jüngere Kinder ebenfalls gegen das Coronavirus impfen?

Bei der Ständigen Impfkommission (Stiko) gebe es derzeit „eine große Reserviertheit gegenüber einer Empfehlung“ für eine Impfung von Kindern, sagte der Bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Tatsächlich will man bei der Stiko derzeit wohl keine Empfehlung für eine Impfung abgeben, es gebe noch nicht genügend Daten, ob der Impfstoff für Kinder „sicher sei“, argumentiert die Stiko – bislang sei unklar, ob der Nutzen einer Corona-Impfung das Risiko einer Impfung übersteige.

- Werbung -
Werben auf Mainz&
Der Mainzer Kinderarzt Fred Zepp im April 2021 auf einer Pressekonferenz. - Screenshot: gik
Der Mainzer Kinderarzt Fred Zepp im April 2021 auf einer Pressekonferenz. – Screenshot: gik

Tatsache ist: Kinder reagieren auf Impfungen anders als Erwachsene, Tatsache ist aber auch: Auch Kinder und Jugendliche erkranken an Covid-19, auch sie können schwer erkranken und Langzeitschäden bekommen. Einer neuen britischen Studie zufolge drohen etwa sieben Prozent der erkrankten Kinder auch mit dem Long Covid-Syndrom zu erkranken – Experten gehen davon aus, dass sich langfristig jeder nicht geimpfte Mensch mit dem Coronavirus infizieren wird. In Deutschland gibt es derzeit rund 5,3 Millionen Kinder und Jugendliche von 12 bis 18 Jahren.

In der Stiko sitzen aber auch Kinderärzte wie der Mainzer Fred Zepp, der bereits seit Monaten argumentiert, Kinder und Jugendliche müssten gar nicht geimpft werden – bei ihnen werde die Herdenimmunität auch ohne Impfung erreicht. Kinder und Jugendliche hätten einen meist asymptomatischen oder milden Verlauf und nur ein sehr geringes Risiko auf eine schwere Erkrankung, sagte Zepp gerade in einem Interview mit dem SWR: dass nahezu keine Kinder krank werden.  Berufskollegen widersprechen: „Wir wissen wenig über die Langzeitschäden von Corona“, sagte der Landesvorsitzende des Berufsverbands der Kinder-und Jugendärzte in Rheinland-Pfalz, Lothar Maurer, dem SWR.

Um Corona-Impfungen von Kindern ist eine heftige Debatte entbrannt. - Foto: Biontech
Um Corona-Impfungen von Kindern ist eine heftige Debatte entbrannt. – Foto: Biontech

Man wisse inzwischen von dem Coronavirus, dass es Herzmuskelentzündungen und schwere neurologische Schäden verursachen könne, „es gibt bei Kindern immer mal wieder Fiebersyndrome und schwere Entzündungsreaktionen im Körper“, sagte Maurer im Interview mit dem SWR – das Risiko, dass auch Kinder das Pech hätten, eine schwere Erkrankung zu bekommen, „halte ich für weit, weit höher als das Impfrisiko“, betonte der Kinderarzt, und plädierte klar für eine Impfung bei Kindern. Auch andere Länder wie die USA oder Kanada gingen diesen Weg – dort ist der Impfstoff von Biontech für Kinder bereits zugelassen. Eine Impfung sei das geringere Risiko – auch ohne Stiko-Empfehlung, betonte Maurer, der zudem kritisierte: Die Ansprüche der Stiko seien so hoch, dass es „Jahre dauere“, bis man genug Daten für eine Empfehlung beisammen habe.

„Ab Juni wird es erheblich mehr Impfstoff geben, das rechtfertige die Freigabe der Priorisierung ab dem 7. Juni, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) im Anschluss an den Gipfel. „Wir wollen Impfungen für Schüler ermöglichen“, betonte sie zugleich, Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren könnten sich dann „wie alle anderen auch“ sich ab dem 7. Juni impfen lassen, das solle über die Ärzte erfolgen. „Alle gehen davon aus, dass die EMA morgen die Entscheidung trifft, den Impfstoff von Biontech für Kinder zuzulassen“, sagte Dreyer weiter. Der Wunsch, dass es mehr Impfstoff für die Kinder gebe, gehe aber nicht in Erfüllung, ein Sonderkontingent werde es nicht geben.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) auf ihrer Presskonferenz nach dem Impfgipfel in Berlin. - Screenshot: gik
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) auf ihrer Presskonferenz nach dem Impfgipfel in Berlin. – Screenshot: gik

Die Freigabe der Priorisierung durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum 7. Juni hat zu scharfer Kritik und erheblicher Hektik geführt: In Rheinland-Pfalz warten derzeit noch mehr als 450.000 Menschen allein der Priorisierungsgruppe 3 auf einen Impftermin, viele befürchten nun, dass ihre Impftermine nicht mehr rechtzeitig vor dem 7. Juni kommen – und sie danach im allgemeinen Ansturm auf den Impfstoff untergehen. Schon jetzt kommt es zu einem erheblichen Ansturm insbesondere bei Hausärzten auf Impftermine, auch weil die Priorisierung für den Impfstoff von AstraZeneca bereits freigegeben ist.

Bund und Länder beschlossen nun, nicht auf die Empfehlung der Stiko zu warten. „Kinder und junge Leute sollen die gleichen rechte haben wie alle anderen auch“, sagte Dreyer. Wichtiger Punkt dabei: „Der Schulbetrieb wird davon völlig unabhängig gesehen“, unterstrich Dreyer, auch Merkel hatte zuvor betont: „Ein sicherer Schulbetrieb wird auch in Zukunft völlig unabhängig von der Frage sein, ob ein Kind geimpft ist oder nicht.“ Eine Impfpflicht soll es also auf keinen Fall geben, auch nicht „durch die Hintertür“.

Auch Rheinland-Pfalz will ab dem 7. Juni Corona-Impfungen für Kinder ab 12 Jahren freigeben. - Foto: gik
Auch Rheinland-Pfalz will ab dem 7. Juni Corona-Impfungen für Kinder ab 12 Jahren freigeben. – Foto: gik

Dreyer betonte zudem, die Impfkampagne werde im Juni noch einmal weiter an Fahrt aufnehmen: Rheinland-Pfalz habe im Mai rund 861.000 Impfdosen bekommen, im Juni würden es rund 1.553.000 Impfdosen sein – das seien 660.000 Impfdosen oder fast 65 Prozent mehr. „Wir können dann noch einmal eine Schüppe drauflegen“, sagte sie. Merkel hatte auch betont, es bleibe dabei: Bis Ende des Sommers werde jedem Bürger ein Impfangebot gemacht werden können. Allerdings gibt es weiter Schwierigkeiten: Rund 1,5 Millionen Impfdosen von Johnson & Johnson liegen weiter bei der US-Arzneimittelbehörde FDA fest. Es habe Verunreinigungen in einem Werk gegeben, sagte Merkel, die Dosen seien noch nicht freigegeben – wann sie geliefert werden können, ist unklar.

Eine Entscheidung gibt es nun endlich auch in Sachen digitaler Impfpass: Ein digitales Impfzertifikat werde kommen, und zwar sowohl als unabhängige App als auch als Möglichkeit in der Corona Warn App, sagte Merkel in Berlin: „Da kann jeder wählen, wie er möchte.“ Bundesgesundheitsminister Spahn habe zugesichert, der digitale Impfpass komme spätestens bis Ende Juni oder Anfang Juli, auch die Kompatibilität mit allen Mitgliedsstaaten der EU sei sicher gestellt.

Dreyer kündigte zudem an, Rheinland-Pfalz wolle kommenden Dienstag weitere Lockerungen bei der Kultur und auch bei Kontaktbeschränkungen gehen. Wegen der stark sinkenden Inzidenzen „können wir da ein Stück mehr Freiheit schaffen.“ Rheinland-Pfalz wolle auch den Coronatest in der Außengastronomie abschaffen, es gebe da „unheimlich viele Beschwerden“. Auch die Freibäder sollen bereits kommende Woche definitiv wieder öffnen dürfen – mehr dazu lest Ihr hier bei Mainz&.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Debatte um Corona-Impfungen für Kinder könnt Ihr in diesem Beitrag des SWR nachlesen. Mehr zu dem bisherigen Verlauf der Corona-Impfungen in Rheinland-Pfalz und den vielfältigen Problemen lest Ihr hier bei Mainz&: „Landeten Impftermine im digitalen Mülleimer“?. UPDATE: Inzwischen hat die EMA den Biontech-Impfstoff für Kinder ab 12 Jahren freigegeben – mehr dazu lest ihr hier bei Mainz&.

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein