Am Freitagabend wurde die 55. Mainzer Johannisnacht eröffnet – es ist das versprochene große Sommernachtsfest: War der Freitagabend noch der „Abend der Meenzer“, so strömte am Samstag gefühlt die halbe Welt nach Mainz. Proppevolle Innenstadt, ausgelassene Stimmung und ein wahres Traumwetter: Das große Mainzer Stadtfest zu Ehren Gutenbergs lockt die Menschen in Scharen. Erster Höhepunkt: Das große Buchdrucker-Gautschen am Samstag. Im Bottich auf der Bühne landete niemand Geringeres als der neue Mainzer Oberbürgermeister – und der erste Stadtschreiber überhaupt: Alois Hotschnig. Mit Fotogalerie und Videos!

Mainzer Dom, Gutenberg auf dem Sockel, dazu ein Gautschmeister (Jürgen Schunk) und Traumwetter: Klar, das ist die Mainzer Johannisnacht! Mit OB Nino Haase (parteilos, Mitte) und Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). - Foto: gik
Mainzer Dom, Gutenberg auf dem Sockel, dazu ein Gautschmeister (Jürgen Schunk) und Traumwetter: Klar, das ist die Mainzer Johannisnacht! Mit OB Nino Haase (parteilos, Mitte) und Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). – Foto: gik

Mit rotem Knopf und Lichterorgel begann es: Das große Fest der Mainzer, das „Meenzerischste aller Feste“, wie der neue Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) bekannte – mit leichter Verspätung wurde es am Freitagabend gegen 20.30 Uhr offiziell eröffnet „Die wichtigsten Menschen überhaupt – die stehen hier VOR der Bühne“, sagte Haase bei seiner ersten Festeröffnungsrede, und bekannte: Nach den ganzen schwierigen Jahren sei es einfach toll, dass so viele Menschen nun wieder zum Fest gekommen seien – „Toll, dass Ihr alle da seid!“

Und gekommen waren wirklich einfach alle: Der Freitagabend wurde zum „Abend der Mainzer“ – gefühlt alle Mainzer waren in die Innenstadt gekommen, zum Bummeln, zum Feiern und sich Treffen. Enthusiastisch wurde einander begrüßt und umarmt, und das ging trotz vieler Besucher sogar noch mitten auf der Ludwigsstraße. Mainz feierte sich selbst, und das in vollen Zügen, allerdings auch auf gar nicht so vollen Gassen, wie schon in früheren Jahren.

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Schorlegläser „Im Schatten des Doms“ vom Dombauverein

Denn so voll die Stadt auch war: Es war immer noch gut Durchkommen, stellenweise gab es sogar größere Lücken im Festgeschehen – eigentlich ungewöhnlich für einen Freitagabend. Die Händler auf dem Künstlermarkt sprachen gar vereinzelt von enttäuschend wenig Besuch, wo immer es etwas zu Trinken gab, da herrschte derweil Hochkonjunktur. Auf dem Weindorf der Mainzer Winzer zu Füßen des Doms oder auf dem Leichhof war kein Platz mehr zu bekommen, alle Bierstände bildeten dicke Trauben um sich herum. Am Leichhof wiederum gab es (leere) Weinschorle-Gläser mit Dom-Motiv: „Im Schattend es Doms“ verkaufte der Mainzer Dombauverein Gläser für den guten Zweck: die Domsanierung.

Schorlegläser "Im Schatten des Doms" zugunsten der Domsanierung verkaufte die Gonsenheimer Ortsvorsteherin Sabine Flegel (CDU), Vorsitzende des Dombauvereins. - Foto: gik
Schorlegläser „Im Schatten des Doms“ zugunsten der Domsanierung verkaufte die Gonsenheimer Ortsvorsteherin Sabine Flegel (CDU), Vorsitzende des Dombauvereins. – Foto: gik

Am Samstag dann platzte die Mainzer Innenstadt schier aus allen Nähten: Lange Schlangen auf den Einfallstraßen und vor den Parkhäusern noch am Abend, gedrängt volle Plätze, Wege, Gassen – auf dem Künstlermarkt und auf der Kirmes am Rheinufer war stellenweise kein Durchkommen mehr. Bei Temperaturen von an die 30 Grad war das ein schweißtreibendes Vergnügen, umso klüger war es, dass sich auf dem Künstlermarkt zwischen den Ständen immer mal wieder Getränke-Oasen fanden.

Der Künstlermarkt selbst bot wieder alles, was das Herz an Schönem verlangte: Taschen und Geldbeutel, ausgefallene Kleider, kreative Dekoration für Haus und Garten – und in diesem Jahr gefühlt besonders viel Schmuck. Auch die Stände schienen weniger geworden zu sein, dazu leidet der Markt in diesem Jahr ein wenig unter der Rathaus-Baustelle: Hier müssen sich die Besucher an unschönem Container-Flair vorbeizwängen. Manch ein Standbetreiber nutzte das derweil für eine kreative Erweiterung seiner Standfläche.

Festmeile mit Kirmes, Künstlermarkt und Straßenkunst

Proppenvoll war auch die Kirmes am Mainzer Rheinufer: Am Samstagabend war das Ufer schwarz vor Menschen, die flanierten, die Fahrgeschäfte stürmten, oder staunend zu den großen Abenteuerschaukeln hinauf sahen. Trotzdem: Früher war mehr Flair auf dem Rummel am Rhein, zum Teil stehen die Fahrgeschäfte mit riesigen Lücken, gerade in Richtung Kaisertor hin – schade. Unglücklich auch, dass die Besucher am Eingang unter der Theodor-Heuss-Brücke zunächst vor abweisenden Rückseiten der Fahrgeschäfte stehen – das zieht nicht unbedingt in Richtung Kirmes.

Gut gelaunt auf Entdeckungstour: Der Mainzer Stadtschreiber Alois Hotschnig (rechts) mit Gautschmeister Jürgen Jürgen Schunk. - Foto: gik
Gut gelaunt auf Entdeckungstour: Der Mainzer Stadtschreiber Alois Hotschnig (rechts) mit Gautschmeister Jürgen Jürgen Schunk. – Foto: gik

Quer durch die Stadt zieht sich die Festmeile bis hinauf zum Schillerplatz, wo Büchermarkt und die große Musikbühne locken. Zwischendurch tummelten sich auch immer wieder die versprochenen Straßenkunst-Acts, die allerdings vor lauter Menschenmassen zuweilen gar nicht mehr zu sehen waren. Mittendrin und immer voll dabei: Der diesjährige Mainzer Stadtschreiber Alois Hotschnig. Der gebürtige Österreicher schaute zuweilen ungläubig auf das Getümmel und die reichlich fließenden Weinschorlen, und staunte manches Mal nicht schlecht: „Wenn ich gewusst hätte, worauf ich mich hier einlasse…“

Wie nur wenige Stadtschreiber vor ihm, stürzte sich Hotschnig schon am Freitagabend ins Getümmel – und wurde prompt mit einer hohen Ehre belohnt: Als erster Stadtschreiber der Stadt Mainz überhaupt landete Hotschnig am Samstagnachmittag im eiskalten Zuber der Jünger Gutenbergs – und gehört nun zu dem auserwählten Club derer, die offiziell in der alten Buchdruck-Tradition gegautscht wurden.

Buchdrucker-Gautschen: Hotschnig, 33 Lehrlinge – und Nino Haase

Das große Buchdrucker-Gautschen am Samstag auf der SWR-Bühne auf dem Liebfrauenplatz wurde denn auch einer der großen Höhepunkte der Johannisnacht. 33 offizielle Gautschlinge meldete Gautschmeister Jürgen Schunk, selbst noch neu am Mikrofon und als Zeremonienmeister vor der Wasser-Bütt. Die jungen Gautschlinge waren fast alle Mediengestalter der neuen, digitalen Zunft. „Es sei! Packt an Gesellen!“ rief Schunk den Packern zu: „So lasst das Wasser laufen!“ Und so geschah es: Bei fast 30 Grad floss das Wasser in Strömen und wurden die Täuflinge zum Ende ihrer Lehrzeit kräftigst getunkt – sehr zur Gaudi des Publikums.

Gegautscht und tief getunkt, den Schwamm wie es die Tradition gebiert über dem Kopf: Der neue Mainzer OB Nino Haase - Foto: gik
Gegautscht und tief getunkt, den Schwamm wie es die Tradition gebiert über dem Kopf: Der neue Mainzer OB Nino Haase – Foto: gik

Der Ehrengautschling des Jahres war dann schon keine Überraschung mehr: Natürlich musste der neue Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase kräftig getunkt werden. Der Gautsch-Anwärter hatte es schon geahnt: „Dass ich hier heute nicht im Anzug stehe, dass war natürlich ein ganz großer Zufall…“, bekannte er. Und so wanderte Haase direkt vom Mikrofon weg in den Fäusten der kräftigen Packer in Richtung Gautschzuber, holte tief Luft und ließ sich dann genauso tief tunken, während Gautschmeister Schunk fröhlich der Menge zurief: „Wollen wir ihn reinlasse?!“ Ein Video von Haases Gautschen könnt Ihr hier bei Mainz& auf Facebook sehen.

Im Anschluss bekam Haase ebenso wie jeder andere Gegautschte ein Glas Wein, dazu aber auch einen Ehrengautschbrief – freigesprochen von der Lehrlingszeit wurden am Ende alle Gegautschten. „Denn nur wer gegautscht, ist rechter Art und Zunft, und gilt als Gutenbergs Jünger“, sprach Gautschmeister Jürgen Schunk. Der gelernte Drucker ist übrigens genau so alt, wie die Johannisnacht, die ebenfalls im Jahr 1962 das Licht der Welt erblickte – Schunk trat vor zwei Jahren, mitten in der Coronazeit, die Nachfolge des Gautschmeisters Harro Neuhardt an.

Neuer Gautschmeister Schunk: Im Gewand von Ali Lange

Der "Neue" im Gewand des Gautschmeisters: Jürgen Schunk, natürlich gelernter Drucker. - Foto: gik
Der „Neue“ im Gewand des Gautschmeisters: Jürgen Schunk, natürlich gelernter Drucker. – Foto: gik

Gegenüber Mainz& verriet Schunk, der heute im Verpackungs-Business tätig ist, dass ihm eine besondere Ehre förmlich am Leibe klebt: „Das Gewand, das ich trage, ist das alte Gewand meines verehrten Gautschmeisters Ali Lange, eines legendären Mainzer Gautschmeisters“, sagte Schunk, „ich bin sehr stolz, dass ich das tragen darf.“ Er sei selbst 1987 gegautscht worden, damals vor dem Gutenberg-Denkmal – und unter Gautschmeister Lange. Das ganze Interview mit dem „neuen“ Gautschmeister findet Ihr hier bei Mainz&.

Die Mainzer Johannisnacht, gefeiert zu Ehren des großen Buchdruck-Erfinders Johannes Gensfleisch zu Gutenberg, geht noch bis Montagabend weiter – zum Abschluss wartet das große Höhenfeuerwerk am Rhein. Was noch an Highlights bei der Mainzer Johannisnacht bis Montagabend auf Euch wartet, lest Ihr hier bei Mainz&.

Info& auf Mainz&: Videos von der Johannisnacht findet Ihr hier auf unserem Mainz&-Facebook-Account – auch zugänglich für Menschen, die kein Facebook-Account haben. Und natürlich darf unsere Fotogalerie nicht fehlen – viel Spaß dabei!