Der Krieg in der Ukraine treibt immer mehr Menschen in die Flucht – und die Hälfte von ihnen sind Kinder. Bereits mehr als 250.000 Menschen sind inzwischen auf ihrer Flucht nach Deutschland gekommen, die Stadt Wiesbaden schlug bereits Alarm: Man sei überlastet, könne keine Menschen mehr unterbringen. Auch in Mainz sucht die Stadt noch händeringend Unterbringungsmöglichkeiten – die Junge Union schlägt nun vor, dafür doch einfach das Schloss Waldthausen zu nutzen. Das riesige Anwesen vor den Toren von Mainz stehe seit Jahren leer – und sei als Fortbildungsakademie bestens geeignet.
„So ein tolles Areal sollte weiterhin genutzt werden und nicht leer stehen“, sagte der Vorsitzende der Jungen Union, Torsten Rohe, am Freitag beim Ortstermin vor Schloss Waldthausen: „Wir möchten in Zeiten von Krieg den vielen Geflüchteten die Möglichkeit geben, hier unterzukommen.“ Schloss Waldthausen ist ein Unikum: Die repräsentative Villa zwischen Mainz und Budenheim, idyllisch im Lennebergwald gelegen, wurde zwischen 1908 und 1910 für den Freiherrn Martin Wilhelm von Waldthausen erbaut.
Der Offizier und seine Familie lebten nur sehr kurz in dem nach romantischen Vorbildern erbauten Schloss, 1978 erwarb die Stadt Mainz das gesamte Anwesen. Seit 1982 ist Schloss Waldthausen im Besitz des Sparkassenverbandes Rheinland-Pfalz (SVRP), der hier zuletzt eine Fortbildungsakademie betrieb – doch seit 2018 steht das Schloss samt seiner Nebengebäude leer, die Zukunft ist ungewiss: Bereits mehrfach scheiterten Verkaufsverhandlungen.
Das Schloss und seine Nebengebäude seien als Nutzung für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine sehr gut geeignet, schlägt nun der Chef der Jungen Union in Mainz, Torsten Rohe vor: „Wir haben dort 134 Einbett- und 8 Doppelbettzimmer, wo wir die Familien unterbringen könnten.“ Dazu gebe es eine große Mensa, die sogar noch mit Tischen und Stühlen bestückt und auch sonst gut ausgestattet sei. „Es gibt auch viele Seminar- und Veranstaltungsräume, und sogar Sportmöglichkeiten und einen Tennisplatz – also alles, um sich hier wohl zu fühlen“, zählte der JU-Vorsitzende weiter auf. Mit diesen Räumlichkeiten könnten die ukrainischen Kinder auch gleich im Schloss unterrichtet werden, denn die Kinder seien vom ersten Tag an eigentlich schulpflichtig.
„Im Sozialausschuss der Stadt Mainz haben wir kürzlich festgestellt, dass die Hälfte der ukrainischen Geflüchteten, die nach Mainz kommen, Kinder im schulpflichtigen Alter sind“, sagt auch der stellvertretende Vorsitzende der Mainzer CDU, Karsten Lange. Für diese Kinder gebe es derzeit aber keine adäquaten Unterkünfte. „Die Kinder sind vom ersten Tag an schulpflichtig, das stellt unsere Schulen vor große Herausforderungen“, sagte Lange weiter. Der Vorschlag der Jungen Union sei deshalb „eine ausgezeichnete Idee.“
„Es geht auch darum, dass man die Kinder zusammenlässt und ihnen dadurch ein bisschen Heimat bietet“, argumentierte Rohe weiter. Die meisten Familien wollten nach dem Krieg ja auch unbedingt zurück in die Ukraine, wie lange sie hierbleiben würden, sei derzeit gar nicht abzusehen. Die Stadt Mainz rüstet sich zurzeit für die Unterbringung der vom Krieg Vertriebenen, hier rechnet man mit 2.500 Geflüchteten, die binnen kurzer Zeit nach Mainz kommen könnten. Dafür wurden nun das Allianzhaus in der Innenstadt sowie weitere Flüchtlingsunterkünfte reaktiviert, reichen werden die aber wohl nicht. Anfang der Woche wurde deshalb schon eine zweite Turnhalle in Mainz-Mombach mit Feldbetten als Notunterkunft eingerichtet.
„Nachvollziehbar ist das nicht, dass man jetzt Turnhallen mit Feldbetten vollknallt – und vor den Toren von Mainz steht so ein großes Gelände zur Verfügung“, kritisierte Rohe. Zwar seien die Eigentumsverhältnisse des Schlosses „nicht ganz einfach“, räumte er ein – das Schloss sei nämlich in Erbpacht abgegeben worden. Eigentümer sei damit aber immer noch die Stadt Mainz. Die müsse sich nun mit dem Sparkassenverband und dem Land Rheinland-Pfalz zusammensetzen, und eine Lösung schaffen, forderte Rohe: „In Schloss Waldthausen wären die Menschen aus der Ukraine ordentlich untergebracht.“
Zustimmung kommt auch vom Präsidenten der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft, Lukas Augustin: „Ich bekomme täglich mehrere Anfragen für Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine“, sagte der CDU-Politiker. Das seien in der Mehrheit Frauen mit Kindern, denn wehrpflichtige Männer dürften die Ukraine ja gar nicht verlassen. „Diese Leute haben oft eine mehrtägige Flucht hinter sich, drei, vier fünf Tage, über mehrere europäische Länder“, berichtete Augustin. Bisher habe die Unterbringung in Mainz gut geklappt, weil es viele private Unterbringungsmöglichkeiten gebe.
„Das wird sich aber bei den steigenden Zahlen von Geflüchteten in den nächsten Wochen dramatisch ändern“, warnte Augustin weiter: Die Zahl der durch den Krieg Vertriebenen werde steigen, dann brauche es dringend Einrichtungen, wo die Leute anständig untergebracht werden könnten. „Ich finde die Idee, sich das Schloss Waldthausen als Unterbringung anzusehen, ganz hervorragend“, sagte Augustin – das sei doch erheblich besser, als eine mit Feldbetten vollgestellte Turnhalle, die zudem ja auch für den Sport gebraucht werde. „Ich hoffe, dass sich die Stadt ganz unbürokratisch dem Vorschlag öffnet, und hier eine Unterbringung ermöglicht“, fügte Augustin hinzu.
Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema, wie sich die Stadt Mainz für die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine rüstet, lest Ihr hier auf Mainz&. Einen ausführlichen Bericht über die Erfahrungen der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft und die Hintergründe des Kriegs in der Ukraine lest Ihr hier bei Mainz&.