Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine Minister für sein erstes Bundeskabinett vorgestellt, und es sind eine ganze Reihe von Überraschungen dabei. Aus rheinland-pfälzischer Sicht ist die größte: Der Eifelaner Patrick Schnieder soll neuer Bundesverkehrsminister werden. Schnieder ist bereits seit Langem als Verkehrsexperte im Bundestag aktiv und war zuvor unter anderem Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz. Warum das der CDU im Land einen Schub geben könnte, warum sich ein anderer Schnieder richtig freute, welche Überraschungen Merz noch im Gepäck hatte und warum das durchaus ein Neuanfang ist – eine Analyse von Mainz&.

CDU-Chef Friedrich Merz hat am Montag seine Kandidaten für das Bundeskabinett vorgestellt. - Foto: CDU
CDU-Chef Friedrich Merz hat am Montag seine Kandidaten für das Bundeskabinett vorgestellt. – Foto: CDU

Friedrich Merz wird voraussichtlich kommende Woche vom Bundestag zum neuen Bundeskanzler gewählt werden – sofern die SPD-Basis dem Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD zustimmt -, mit 69 Jahren startet der CDU-Chef noch einmal in eine neue Karriere – und in sein erstes Regierungsamt überhaupt. Einen Politikwechsel und einen Neuanfang hatte Merz im Wahlkampf versprochen, die Spannung war deshalb groß: Wie würde die Ministerriege unter einem Kanzler Merz aussehen? Wie viele Alt-Minister aus den Kabinetten seiner Vorgängerin Angela Merkel würden sich dort wiederfinden – und würde Merz überhaupt genug Frauen für eine Geschlechter-ausgewogene Aufstellung finden?

Am Montagmittag stellte Merz im Berliner Hotel Estrel vor, welche CDU-Politiker und Politikerinnen er als Minister in sein Kabinett holen will, kurz danach stellte der Partner CSU seine Auswahl vor. Nach dem Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD stellt die CDU von den insgesamt 17 Ministerprosten sieben – darunter den designierten Kanzleramtschef Thorsten Frei -, die CSU drei und die SPD sieben. Die Sozialdemokraten wollen ihre Minister erst am 5. Mai vorstellen, die CDU tat es am Montag – und dabei erwartete das politische Berlin einiges an Überraschungen.

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Überraschungen in der Ministerriege: Personifizierter Politikwechsel

Denn bei der Vorstellung stellte sich heraus: Friedrich Merz will tatsächlich einen politischen Neuanfang. Von den sieben CDU-Ministern war kein einziger zuvor Minister eines Bundesministeriums, mehr noch: Kein einziger und keine einzige war zuvor Minister in einem Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel. Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn – lange für ein Ministeramt gehandelt – wird nun Fraktionschef von CDU und CSU, Julia Klöckner ist Bundestagspräsidentin, noch holte Merz Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet in seine Riege. Stattdessen: Neuanfang pur mit komplett neuen Gesichtern.

Liste der designierten Minister der CDU für das Bundeskabinett unter Friedrich Merz. - Quelle: CDU
Liste der designierten Minister der CDU für das Bundeskabinett unter Friedrich Merz. – Quelle: CDU

„Das ist der personifizierte Politikwechsel“, nannte es denn auch ZDF-Hauptstadt-Korrespondentin Diana Zimmermann am Abend in den Heute-Nachrichten. Das bedeutet aber nicht, dass die Nominierten durchweg keinerlei Regierungserfahrung haben: Karin Prien, designierte neue Ministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, ist derzeit Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, die designierte neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche war bereits zwei Mal Staatssekretärin in der Bundesregierung: Von 2009 bis 2013 Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium und von 2013 bis 2015 Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium.

Damit holt Merz zudem gleich zwei starke Frauenpersönlichkeiten ins eine Ministerriege – ein Ausrufezeichen, war ihm doch im Vorfeld wiederholt unterstellt worden, er werde genau das nicht schaffen. Doch Merz hatte stets gekontert, es gebe in der CDU genug fähige „Frauen-Köpfe“, meist wurde er dafür herablassend belächelt. Nun zeigte sich: Der CDU-Chef besetzte drei der sechs CDU-Ministerposten in Bundesministerien mit Frauen – das nennt sich Parität.

Starke Frauen als Ministerinnen: Karin Prien und Katherina Reiche

Prien ist dabei schon lange eine der führenden Köpfe der Bildungspolitik in der CDU, die Schleswig-Holsteinerin kommt zudem aus dem eher liberalen Norden und könnte eine prägende Rolle spielen. Reiche wiederum ist eine echte Überraschung: Die gebürtige Ostdeutsche war von 2015 bis 2019 Hauptgeschäftsführerin beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU), wechselte dann zum Energiekonzern E.ON und zur Innogy Westenergie GmbH. Seit Juni 2020 ist sie zudem Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung.

Die designierte neue Wirtschaftsministerin der CDU: Katherina Reiche. - Foto: Westenergie AG, Laurence Chaperon
Die designierte neue Wirtschaftsministerin der CDU: Katherina Reiche. – Foto: Westenergie AG, Laurence Chaperon

Spannend dabei: Reiche steht explizit für eine Fortsetzung des Energieumbaus hin zu Erneuerbaren Energien, sie steht zudem für den möglichen Zukunftsenergiebringer Wasserstoff, und sie kennt ausführlich die Nöte kommunaler Energieversorger – sie dürfte also weder „die Energiewende zurückdrehen“, noch einseitig die Interessen großer Energiekonzerne vertreten. Dass dazu mit ihr eine erfahrene Managerin aus der Wirtschaft und dazu eine Frau an der Spitze des wichtigen Wirtschaftsministeriums steht, ist ein Zeichen, das wohl die wenigsten Merz zugetraut hätten.

Der Deutsche Mittelstandsbund begrüßte denn auch die Nominierung Reiches im ZDF, ebenso weitere Vertreter aus der Wirtschaft: Endlich jemand mit Wirtschaftserfahrung, lautete der Tenor. Pikantes Detail am Rande: Am Montag wurde am Rande der Nominierungen bekannt, dass Reiche mit Ex-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) liiert ist – das bestätigte ein Anwalt der beiden Politiker gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

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„Eifelturm“ Patrick Schnieder soll Bundesverkehrsminister werden

Frau Nummer drei in Merz‘ Kabinett ist Nina Warken, die neue Gesundheitsministerin werden soll, und bislang Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion im Bundestag war. Die Personalie ist eine Überraschung, da die Juristin Warken bislang eher als Innenpolitikerin gearbeitet hatte, und keine profilierte Gesundheitspolitikerin ist. Warken kommt aus Baden-Württemberg, ist dort seit 2023 Generalsekretärin der CDU, und gibt damit einem lange dahinschwindenden Landesverband der CDU ein Jahr vor der Landtagswahl neues Gewicht.

Der Verkehrsexperte Patrick Schnieder aus der Eifel soll neuer Bundesverkehrsminister werden. - Foto: Schnieder, Tobias Koch
Der Verkehrsexperte Patrick Schnieder aus der Eifel soll neuer Bundesverkehrsminister werden. – Foto: Schnieder, Tobias Koch

Und genau das ist auch bei einer weiteren Überraschung im Kabinett Merz der Fall: Der Rheinland-Pfälzer Patrick Schnieder soll neuer Bundesverkehrsminister werden. Der Jurist aus Kyllburg in der Eifel wird am 1. Mai 57 Jahre alt, und sitzt seit 2009 im Deutschen Bundestag. Dort hatte sich Schnieder eher im Hintergrund einen Namen als solider und verlässlicher Fachpolitiker einen Namen gemacht, wurde dann 2018 Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – ein wichtiges Amt bei der Organisation von politischen Abläufen.

Beides zusammen gab nun wohl den Ausschlag für seinen großen Karrieresprung: Schnieder ist schon lange als Verkehrsexperte in der Politik tätig und Mitglied im Verkehrsausschuss, war zudem Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Schnieder komme „aus dem Maschinenraum der Fraktion“, sagte Merz denn auch bei der Vorstellung am Montag in Berlin, und betonte: „Es müssen nicht immer diejenigen sein, die laut sind, es kann auch mal jemand sein, der leise ist und seine Arbeit gut geleistet hat“ – und er sei sich sicher, dass Schnieder seinen Job gut machen werde.

Experte für ländlichen Raum, Bruder von CDU-Landeschef Schnieder

Dazu steht Schnieder wie kaum ein anderer für den ländlichen Raum: Gerade seine Eifel-Region ist seit der Flutkatastrophe 2021 vom Schienenverkehr weitgehend abgehängt und kämpfte zudem lange für den Lückenschluss der Autobahn A1, der die Region an den Wirtschaftsraum Köln-Bonn anschließen soll. Schnieder selbst setzte sich stets für die Elektrifizierung der Eifelbahnstrecken ein, dazu auch für den Radverkehr in der Region, gerade als touristischer Baustein.

Freute sich sehr über die Entwicklung am Montag: Gordon Schnieder ist CDU-Landes- und Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, und Bruder des designierten neuen Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder. - Foto: CDU RLP
Freute sich sehr über die Entwicklung am Montag: Gordon Schnieder ist CDU-Landes- und Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, und Bruder des designierten neuen Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder. – Foto: CDU RLP

Mit Schnieder bekommt das Bundeskabinett also jemanden, der explizit die Sichtweise und Interessen der ländlichen Räume gerade auch in Sachen Mobilität in Berlin einbringt – angesichts der Tatsache, dass die meisten Menschen in Deutschland eben zum größten Teil in ländlichen Regionen und gerade nicht in mit ÖPNV gut versorgten Großstädten wohnen, eine interessante Wahl. So lobte denn auch die Mainzer Mobilitätsminister Katrin Eder (Grüne) am Abend im SWR Fernsehen Schnieders Nominierung als gute Wahl für eben diese ländlichen Regionen – und schielte dabei auf weiteren Bahnausbau.

Bei der Bundestagswahl in Rheinland-Pfalz hatte Schnieder im Übrigen das beste Erststimmen-Ergebnis in Rheinland-Pfalz für die CDU erzielt, der gerne wegen seiner Größe auch „Eifelturm“ genannte Schnieder holte im Wahlkreis Bitburg 40,2 Prozent. Mit ihm bekommt nun auch die CDU Rheinland-Pfalz erstmals seit Langem wieder ein ganz neues Gewicht in Berlin, und zudem einen besonders engen Draht: CDU-Landeschef Gordon Schnieder ist der Bruder des designierten neuen Verkehrsministers, und freute sich am Montag in einem Instagram-Video sichtlich über die Ankündigung. Gordon Schnieder will bei der Landtagswahl in einem Jahr – genau am 22. März 2026 – Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz werden.

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Wadephul als Außenminister, Manager Wildberger für Digitalisierung

Merz hat damit nun also zwei Landesverbände gestärkt, die im kommenden Jahr Wahlen zu bestreiten haben – es dürfte spannend werden, ob das für den rheinland-pfälzischen Schnieder eher ein Vorteil ist, oder eher zum Nachteil gereicht: Die Wähler könnten im März 2026 auch ein erstes Urteil über die Arbeit der Bundesregierung bei der Landtagswahl fällen, und dabei die Kanzlerpartei belohnen oder abstrafen. Die rheinland-pfälzische SPD wiederum steht beinahe schon düpiert da: Aus ihren Reihen ist bislang werde ein Minister noch ein Staatssekretär für die neue Bundesregierung im Gespräch.

Brücken eröffnen: Den Job übernimmt nun Patrick Schnieder von Ex-FDP-Minister Volker Wissing. - Foto: gik
Brücken eröffnen: Den Job übernimmt nun Patrick Schnieder von Ex-FDP-Minister Volker Wissing. – Foto: gik

Schnieder tritt damit die Nachfolge eines anderen Rheinland-Pfälzers an: Volker Wissing, Ex-FDP-Landeschef und Mit-Architekt der Ampel. Statt seiner darf nun Schnieder womöglich eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des Infrastruktur-Sondervermögens in Sachen Verkehr, Bahn und Brücken spielen. Auf einen erfahrenen, langgedienten Parlamentarier setzt derweil Friedrich merz auch im Bereich Außenpolitik: Johann Wadephul soll neuer Außenminister werden. Der eher ruhige CDU-Außenpolitikexperte aus Schleswig-Holstein reiste schon in den vergangenen Wochen munter durch die europäischen Hauptstädte, wo seine konzentrierte Art weitgehend erfreut begrüßt wurde.

Die größte Überraschung des Tages aber dürfte die Nominierung von des Media-Saturn-Geschäftsführers Karsten Wildberger als neuer Digitalisierungsminister werden: Merz wagt damit erneut das Experiment, einen profilierten Manager aus der Wirtschaft zum Chef genau des Hauses zu machen, das nicht nur die Digitalisierung in Deutschland voranbringen, sondern auch für Entbürokratisierung sorgen soll – ein Blick von außen aus der Wirtschaft könnte da durchaus hilfreich dabei sein.

FAZ: Erfahrener Sanierer soll Staat modernisieren

Dazu schreibt die FAZ zu der Personalie: „Der erfahrene Sanierer Karsten Wildberger steht zudem, und das unterscheidet ihn von manche CEO-Kollegen, nicht für Großsprecherei, sondern für an Mensch und Sache orientiertes gemeinsames Führen, das er ‚geliehene Verantwortung‘ nennt.“ Wildberger habe das Amt weder nötig, noch habe er sich irgendetwas „ersessen oder erschleimt“, so die FAZ weiter – ausgezeichnet habe ihn bei Media Markt seine „Liebe zur Technik, Dienst am Kunden, flotte Werbung.“

So sieht das neue "Team Merz" aus - Post der CDU am Montag auf Instagram.- - Foto: CDU
So sieht das neue „Team Merz“ aus – Post der CDU am Montag auf Instagram.- – Foto: CDU

Zur Seite stellt ihm Merz einen der profiliertesten CDU-Strippenzieher: Philipp Amthor soll einer der beiden Parlamentarischen Staatssekretäre im neuen Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung werden – eine Bewährungsprobe für die gerade 32 Jahre junge Nachwuchshoffnung, der sich nach der Affäre um seine Rolle bei dem IT-Unternehmen Augustus Intelligence zuletzt Konsequenzen gezogen und sich zuletzt wieder aufgerappelt hatte. Amthor war zuletzt Fachsprecher für Staatsorganisation und Staatsmodernisierung in der CDU-Bundestagsfraktion.

Die Wahl von Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler soll am 6. Mai im Deutschen Bundestag stattfinden, dann würden auch die neuen Minister vereidigt und ihr Amt antreten. Damit hätte Deutschland nur zehn Monate nach der Bundestagswahl bereits eine neue Regierung. Neben den Bundesministern benannte die CDU zudem auch noch fünf Staatsminister für verschiedene Aufgaben, dazu eine ganze Reihe Staatssekretäre – die ganze Liste samt Kurzportraits, sowie wen die CSU ins Kabinett Merz schickt, findet ihr hier beim ZDF im Internet.

Info& auf Mainz&: Alle Mainz&-berichte rund um die Bundestagswahl lest Ihr hier in unserem Mainz&-Dossier.