Sie ist 130 Jahre alt, und sie ist inzwischen etwas wackelig auf den Beinen: Die Kaimauer am Mainzer Rheinufer muss dringend saniert werden. Damit das historische Bauwerk nicht irgendwann mal in den Rhein rutscht, beginnt der Wirtschaftsbetrieb Mainz im Mai mit umfangreichen Sanierungsarbeiten. Die Mauer soll nämlich wie mit riesigen Schrauben unterirdisch ans Ufer gespannt werden, Ankerköpfe sollen die Mauer am Ufer halten. Dazu werden Steine erneuert, Unkraut entfernt und Fugen neu vermörtelt. Bis Jahresende soll die Sanierung am ersten Teilstück fertig sein, die Arbeiten erfolgen, wenn gerade mal kein Fest am Rheinufer stattfindet – Johannisnacht, Bierbörse & Co. sind also nicht gefährdet.
Die Kaimauer entlang des Rheinufers steht unter Denkmalschutz, wurde das Bauwerk doch schon vor 130 Jahren errichtet. Zum Glück: Die hohe Mauer schützt seither Mainz wirksam vor Hochwassern und Abrutschen, doch die altehrwürdige Mauer bröckelt. Steine brechen, vor dem Rathaus ist die Mauer gar so marode, dass die Frühjahrsmesse umziehen musste. Nun wird das 1,3 Kilometer lange Bauwerk nach 130 Jahren saniert, am Ende soll das Rheinufer wieder ganzflächig nutzbar sein. Das aber wird dauern: Allein für die ersten einhundert Meter brauchen die Wirtschaftsbetriebe im Auftrag der Stadt den Rest des Jahres 2017.
Das liegt auch daran, dass die Rheinpromenade die Mainzer Feiermeile schlechthin ist: Johannisnacht, Mainzer Sommerlichter, Bierbörse – für die Arbeiten mussten Wochen gefunden werden, in denen hier ausnahmsweise mal keine Stände stehen. Und zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober darf auch nichts nach Baustelle aussehen…. Der Wirtschaftsbetrieb werde bei der Sanierung eine Technik anwenden, „die so gut wie keine sichtbaren Spuren hinterlässt“, sagte denn auch Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) bei der Vorstellung der Maßnahmen am Dienstag.
Die Ingenieure greifen nämlich zu einer unterirdischen Technik: Mit neun Meter langen Gewindestäben wird die Kaimauer praktisch an das Rheinufer gespannt. „Vom Prinzip her ist das ähnlich, wie wenn Sie eine Schraube mit einer Mutter verbinden – nur in einer etwas größeren Dimension“, erklärte Bauleiter Carsten Krollmann. Totmann-Konstruktion heißt die Methode, dabei werden die Gewindestäbe in Stahlbeton verankert, der vorher ins Erdreich eingelassen wird. Dafür müssen auf der Rheinpromenade Löcher und Kanäle Richtung Fluss gebohrt werden, insgesamt werden rund 2.000 Kubikmeter Erde ausgehoben und 33 Stahlbetonblöcke verlegt, das sind die sogenannten Totmänner. An denen werden dann die Gewi-Stahl-Stangen verankert.
Auf der Rheinseite werden wiederum Ankerköpfe angebracht, die die Kaimauer mit einer gewissen Zugkraft am Ufer halten sollen – alle drei Meter. Die Ankerköpfe sollen aber hinterher nicht zu sehen sein, sondern mit Steinen verkleidet werden, versprechen die Wirtschaftsbetriebe. Die Methode sei nicht nur die einfachste, sondern auch die kostengünstigste Methode, heißt es weiter, doch das ist relativ: 700.000 Euro kostet die Sanierung allein für die ersten einhundert Meter, 7.000 Euro pro Meter. Rechnet man das auf die anstehende Strecke bis zum Rathaus hoch, könnten auf die Stadt Mainz weitere Kosten von mindestens sieben Millionen Euro zukommen.
Es sei geplant, die gesamte Kaimauer bis zum Fischtorplatz zu sanieren, versicherte Dezernentin Eder auf Mainz&-Anfrage am Mittwoch noch einmal ausdrücklich. Bis wann das aber erfolgt sein kann, kann derzeit niemand sagen – aus Planungs- und Kostengründen. „In den folgenden Jahren“ gehe es dann weiter Richtung Theodor-Heuss-Brücke, hieß es erst einmal nur.
Los geht es nun mit den ersten einhundert Metern zwischen Kaisertor und der Rheinufer-Garage, das sind genau Rheinkilometer 498,9 bis 499,0. Hier sollen die ersten 40 Totmänner vom 8. Mai bis 14. Juni eingebaut werden, also vor der Johannisnacht Ende Juni fertig sein. Nach den Sommerlichtern geht es dann am 2. August weiter, an diesem zweiten Bauabschnitt bis 16. September sollen rund 60 Totmänner eingebaut werden.
Der dritte Bauabschnitt erfolgt dann nach dem Tag der Deutschen Einheit ab 9. Oktober und bis zum 1. Dezember fertig sein, in dieser Zeit sollen dann die Natursteine der Kaimauer saniert werden. Denn auch an der Optik der Kaimauer werde gearbeitet, beschädigte Natursteine durch neue ersetzt und das Unkraut entfernt. Dazu werden 1.250 Quadratmeter Natursteinpflaster neu verlegt. Rund 1.500 Tonnen Wasserbausteine sind für die Sanierung nötig, etwa 400 Quadratmeter Mauerwerk wird neu ausgefugt.
Übrigens haben die Mainzer dabei überaus interessierte Zuschauer von der anderen Rheinseite: Wiesbaden schaue sich die Sanierungsmaßnahme ganz genau an, denn dort gebe es das gleiche Problem mit der Kaimauer, teilte der Wirtschaftsbetrieb mit. Die Kollegen auf der anderen Rheinseite wollten dafür möglicherweise auf die Mainzer Technik zurückgreifen. In der nächsten Zeit sind also Ferngläser ziemlich begehrt in Wiesbaden… [v_icon color=“#444444″ size=“18px“ target=“_blank“ name=“moon-cool“]