Es war im ersten Corona-Lockdown als dem Mainzer Thomas Mann der Pianist auffiel, der mit seinem Klavier durch die Straßen von Mainz zog, um wenigstens draußen Konzerte geben zu können. Mann unterhielt sich mit dem Mann – und wurde sehr nachdenklich: „Die Musiker und Künstler sind nicht nur arbeitslos geworden, sondern leben zum Teil an der Armutsgrenze“, sagt Mann – und suchte nach Abhilfe: Mann rief das Hilfsprojekt „Kirche für Künstler“ ins Leben, in der Evangelischen Kirche in Mainz-Weisenau soll es ab Dezember jeden Monat ein Benefizkonzert in der Kirche geben – Spendenaktion für Künstler in Not inklusive.

Die Evangelische Kirche in Mainz-Weisenau will mit der Aktion "Kirche für Künstler" Kulturschaffenden in Not helfen. - Foto: gik
Die Evangelische Kirche in Mainz-Weisenau will mit der Aktion „Kirche für Künstler“ Kulturschaffenden in Not helfen. – Foto: gik

Die Corona-Pandemie hat viele Bereiche der Gesellschaft in Turbulenzen gestürzt, im ersten Lockdown im März brachen vielen Unternehmen Umsätze und Einnahmen weg – aber keine Branche traf der Lockdown so hart wie freiberufliche Künstler und Musiker. „Corona hat die Kulturwelt über Monate stillgelegt und der Branche deutlich zugesetzt“, sagt der Mainzer Thomas Mann: „Wir alle wissen, dass zurzeit den Künstlerinnen und Künstlern in Mainz und Umgebung eine Vielzahl von Auftritten und Veranstaltungen weggebrochen, und viele von ihnen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind.“

Doch so richtig klar wurde Mann das ganze Ausmaß erst, als er Künstler persönlich traf und sich mit ihnen unterhielt. „Ich habe auf Facebook das Konzert mit dem rollenden Klavier eines Mainzer Pianisten gesehen“, berichtet Mann im Gespräch mit Mainz&. Im Sommer habe er den Pianisten in der Innenstadt getroffen und sich mit ihm unterhalten. „Er hat berichtet, dass er gerade seine Altersversorgung aufzehrt“, berichtet Mann. In Konstanz erlebte eine Künstlerveranstaltung mit Artisten, Pianisten und einer Tanzgruppe, der Artist berichtete ihm am Rande, wie seiner ganzen Familie von heute auf morgen das gesamte Einkommen wegbrach. „Da ist es mir eiskalt den Rücken heruntergelaufen“, berichtet Mann – der Weisenauer beschloss zu helfen.

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Pfarrerin Britta Busch und Initiator Thomas Mann am Altar der Evangelischen Kirche in Mainz-Weisenau. - Foto: gik
Pfarrerin Britta Busch und Initiator Thomas Mann am Altar der Evangelischen Kirche in Mainz-Weisenau. – Foto: gik

„Wir alle sorgen uns um die kulturelle Welt, die seit Monaten auch in Mainz stark herunter gefahren werden musste“, sagt Britta Busch, Pfarrerin der evangelischen Kirche Mainz-Weisenau. Deshalb sei sie sofort bereit zur Unterstützung gewesen, als Mann mit seiner Idee auf sie zugekommen sei: Den großen Raum der evangelischen Kirche als Veranstaltungsort zu nutzen, um Künstlern die Gelegenheit zu einem Auftritt zu geben – und damit die Chance, etwas Einkommen zu erwirtschaften. „Wir wollen genau denen Unterstützung zukommen lassen, die unser Leben sonst bereichern“, sagt Busch. Es gehe auch darum, ein Zeichen der Solidarität und der Unterstützung zu senden.

„Es gibt viele Menschen jetzt in der Coronazeit, die sind gefestigt und finanziell abgesichert, und die von diesem Bereich der Bedrohung nicht betroffen sind“, weiß Busch: „Ich hoffe, dass diese solidarisch helfen wollen.“ Gerade unter den vielen Künstlern in Mainz gebe es „hervorragende Profis, und das nicht nur auf der Bühne, sondern auch die, die dahinter stehen“, sagt Busch, „die stehen jetzt alle vor dem Nichts.“ Und gerade jetzt, wo der zweite Lockdown da sei, sei die Unterstützung für diese Gruppe besonders wichtig. „Die schwierige Situation von freiberuflichen Musikern, Schauspielern und Künstlern im Großraum Mainz erfordert unsere Solidarität und Unterstützung“, betonten sie und Mann.

Viel Platz für Konzerte vor 50 Zuschauern in der Evangelischen Kirche in Mainz-Weisenau. - Foto: gik
Viel Platz für Konzerte vor 50 Zuschauern in der Evangelischen Kirche in Mainz-Weisenau. – Foto: gik

Ab Dezember soll es deshalb in der Evangelischen Kirche in Weisenau einmal im Monat ein Konzert mit zwei Künstlern pro Abend geben, die Zuschauer sollen dann nicht nur Applaus, sondern auch Geld spenden. „Wir möchten in Not geratene freiberufliche Künstler im Großraum Mainz ermuntern, sich bei uns zu bewerben“, sagt Busch. Ein Demovideo wäre gut, oder aber eine Internetseite. Aus den eingereichten Bewerbungen wolle man dann Künstler für die insgesamt fünf Auftritte auswählen.

Das Kirchenschiff in ihrer Gemeinde sei groß genug für Veranstaltungen mit 50 Plätzen, „alles, was ein Auftritt ist, kriegen wir mit der Abstandsregel sehr gut hin“, erklärt Busch. Sollte eine der Veranstaltungen zu dem Zeitpunkt coronabedingt ausfallen müssen, werde man sie zu einem späteren Termin nachholen. Der erste Künstlerabend soll schon am 6. Dezember, Nikolaus sein, „wir halten das erst einmal aufrecht, vielleicht haben wir ja Glück“, sagt Busch. Für diesen Abend sind auch bereits zwei Künstler gesetzt: Die Schauspielerin Gudrun Landgrebe will die Aktion mit einer Lesung unterstützen – dazu spielt eben jener Pianist, der mit einer der Anlassgeber für die Aktion „Kirche für Künstler“ war.

Die Evangelische Kirche in Mainz-Weisenau startet die Aktion "Kirche für Künstler". - Foto: gik
Die Evangelische Kirche in Mainz-Weisenau startet die Aktion „Kirche für Künstler“. – Foto: gik

„Wenn es wegen Corona gar nicht geht, werden wir die Veranstaltungen einfach ins Frühjahr legen, da haben wir einen schönen Pfarrgarten“, sagt Busch optimistisch: „Wir können nicht alles auffangen, aber wir wollen auf die Lage aufmerksam machen.“ Vielleicht, so ihre Hoffnung, „steigen auch andere Kirchen mit ein“, sagt sie – es gebe doch viele Kirchenräume, die sich für solche Benefizkonzerte öffnen ließen. Und die Konzerte sollen nicht das einzige sein: Man wolle auch Spenden für eine Hilfsfonds für in Not geratene Künstler sammeln, sagte Mann, „abhängig davon, wieviel Geld wir kriegen, wollen wir auch Künstler direkt unterstützen.“

Der ehemalige Mainzer Kulturdezernent Peter Krawietz (CDU), betonte, genau deshalb habe er die Schirmherrschaft übernommen: „Damit dieses Projekt auch gelingen kann, sind wir auf eine großzügige Spendenbereitschaft der Mainzerinnen und Mainzer angewiesen“, sagte Krawietz, „und das auch unabhängig von den Veranstaltungen.“ Die Hoffnung sei, dass so Veranstaltungen entstünden, „die in dieser schweren Zeit etwas Zuversicht geben sollen und werden“, sagte Busch noch: „Wir wollen eine Initiative anstoßen, aus dieser Ohnmacht herauszugehen.“

Info& auf Mainz&: Wer die Initiative „Kirche für Künstler“ unterstützen oder sich als Künstler dafür bewerben möchte, kann sich an die Evangelisch Kirche Mainz-Weisenau, Pfarrerin Britta Busch wenden, und zwar unter der Email-Adresse kirche-fuer-kuenstler-mainz(at)t-online.de. Die Kirche samt ihrer Pfarrerin findet Ihr außerdem hier im Internet, die Veranstaltungen der Reihe „Kirche für Künstler“ sollen immer sonntags um 17.00 Uhr in der Kirche stattfinden, die vorläufigen Termine sind: 06.12.2020, 24.01.2021, 14.02.2021, 21.03.2021, 18.04.2021.

 

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