Es war ja DER Schock schlechthin, als im Juni bekannt wurde, dass Kindergartenkinder in einer Kita in Weisenau andere Kinder bedroht und zu sexuellen Handlungen gezwungen hatten – und das über Monate. Das Bistum schloss daraufhin die Einrichtung und entließ die Mitarbeiterinnen, versprach aber, die Kita zum herbst wieder zu öffnen. Daraus wird nun nichts: Die Kita werde frühestens im Frühjahr 2016 wieder starten, und dann auch nur mit einer Gruppe, teilte das Bistum am Dienstag mit. Die Gründe: Umbau, das Personal ist noch nicht da – und mehr Abstand zum Geschehen.
Es war aber auch zu gruselig, was sich da in Weisenau über Monate abgespielt haben soll: Größere Kindergartenkinder drangsalierten andere Kinder, erpressten Spielzeug, erzwangen sexuelle Handlungen. 55 Kinder hatte die Kita, betroffen waren laut Bistum bis auf zwei Kinder in irgendeiner Form alle. Trotzdem behaupteten die Mitarbeiter, sie hätten nichts gesehen und gewusst – was nicht sein kann, weil Kinder die Erzieherinnen explizit auf Vorfälle ansprachen.
Mitarbeiter und Bistum streiten vor Gericht über Entlassungen
Es waren wohl Schutzbehauptungen, von mangelnder Führung und permanentem Personalwechsel war die Rede. Das Bistum handelte nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe sofort, schloss die Kita und entließ alle sieben Mitarbeiterinnen fristlos. Seither streiten sich Mitarbeiter und Bistum vor Gericht, eine Einigung war bisher nicht in Sicht.
Kita wird umgebaut: mehr Licht, offene Räume
All das waren wohl auch Gründe für die Entscheidung, die Wiedereröffnung der Kita zu verschieben. „Wir lassen uns noch ein bisschen Zeit“, sagte Bistumssprecher Alexander Matschak Mainz&. Die Kita – ein Haus aus den 1960er Jahren – solle erst noch umgebaut werden. Der Sanitärbereich werde saniert, die Räume würden offenere gestaltet, Farbe und mehr Licht sollen Helligkeit in die Räume bringen. Die dunklen Ecken sollen passé sein, möglichst wenig an die Vorfälle erinnern. „Der Neuanfang soll sich auch in den baulichen Veränderungen abbilden“, sagte Matschak.
Doch offenbar hat das Bistum auch noch kein Personal für den Neuanfang. Die Stellen seien noch nicht ausgeschrieben, sagte Matschak, drei sollen es werden, zwei Erzieherinnen und eine Leitungsstelle. Mit ihnen solle dann auch das neue Konzept erarbeitet werden. Kirchengemeinde, die Stadt Mainz, das Landesjugendamt und die Aufsichtsbehörden beim Bistum seien sich einig, dass „in einigen Bereichen weitere grundlegende Vorarbeiten“ erfolgen sollten.
Neuanfang mit nur einer Gruppe im Frühjahr 2016
Das werde noch dauern, sagte der Sprecher weiter – die Neueröffnung ist jetzt für Frühjahr 2016 angepeilt. Alle 55 Kinder wurden im Juni in anderen Einrichtungen untergebracht und können dort auch bleiben. Uns scheint das sinnvoll zu sein, müssen die Räume doch in den Kindern ungute Erinnerungen wecken… Auch wird es im Frühjahr zunächst nur eine Gruppe Kinder geben. „Es ist ein sehr sensibler Bereich, deshalb soll erst einmal mit einer kleineren Gruppe der Neuanfang versucht werden“, sagte Matschak.
Staatsanwaltschaft: Vernehmungen laufen, Gutachten fehlen noch
Bei der Staatsanwaltschaft in Mainz hieß es derweil, die Zeugenvernehmungen von Eltern und Kindern seien noch nicht vollständig abgeschlossen, auch lägen die aussagepsychologischen Gutachten noch nicht vor. Die Gutachtenw aren eigentlich für Ende August erwartet worden, sind aber noch nicht eingegangen, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller Mainz&. Zudem muss noch den betroffenen Erziehern rechtliches Gehör gewährt werden. Ob die sich aber äußern wollten, sei noch offen, sagte Keller weiter. Daher lasse sich auch noch nicht sagen, wann das Verfahren abgeschlossen werden könne.
Bei Bistum will man sich wegen all diesem noch Zeit lassen: „Wir brauchen noch mehr Ruhe und Abstand zum Geschehen, bevor weitere Schritte gegangen werden“, fügte Matschak hinzu.
Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Artikel zu den Vorfällen im Juni könnt Ihr in dem Mainz&-Artikel „Fassungslosigkeit über sexuelle Übergriffe nachlesen.