„Ich mag mein Mainz“ lautet die Kernbotschaft der Mainzer SPD auf ihren Plakaten im Kommunalwahlkampf 2019, das Wahlprogramm trägt den Titel „Mainz für Alle“ – ganz klar: die Sozialdemokraten gehen mit einem Anspruch auf soziale Gerechtigkeit und Verbesserung der Lebensqualität der Mainzer Bürger in die Kommunalwahl am 26. Mai. Die Partei, die seit 1949 durchgehend den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt stellt, will auch in Zukunft weiter regieren – und setzt dabei auf die Themen bezahlbares Wohnen, Ausbau der Kita- und Schullandschaft sowie die weitere Verbesserung von Mobilität und Verkehr in Mainz. Ihren Parteitag Anfang April garnierte die SPD mit heftigen Angriffen gegen sämtliche politische Gegner, im Endspurt vor dem Wahltermin zieht sie noch einmal alle Register: Dutzende von Veranstaltungen, viele mit hoher Parteiprominenz von Ministerpräsidentin Malu Dreyer bis Ex-MP Kurt Beck sollen helfen, die Landeshauptstadt Mainz zu verteidigen.

Ritt scharfe Attacken auf alle politischen Gegner: SPD-Spitzenkandidatin Alexandra Gill-Gers. – Foto: SPD Mainz

27,7 Prozent erreichte die SPD bei der Kommunalwahl 2014, die Sozialdemokraten wurden damit nur zweitstärkste Partei hinter der CDU, die auf 30,3 Prozent kam. Trotzdem reichten die 1.224.552 Stimmen der Mainzer zur Fortsetzung der Regierung im Stadtrat – weil Grüne und FDP ebenfalls die Ampel fortsetzen wollten. Die Grünen hatten stolze 20,1 Prozent eingefahren, die FDP war auf 5 Prozent abgestürzt, gemeinsam reichte es knapp für eine Neuauflage der Ampel-Koalition.

Acht Jahre danach herrscht in der Ampel-Koalition keine gute Stimmung. Vergangenen Herbst machte sich Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) über Nacht davon in die Wirtschaft und hinterließ eine düpierte Partei, aber ebenso einen düpierten Stadtvorstand samt SPD-Oberbürgermeister. Die Zusammenarbeit zwischen den Dezernenten knirscht, zwischen Bürgermeister Günter Beck (Grüne) und Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) sind erhebliche Spannungen zu beobachten.

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Auf dem SPD-Parteitag sparte die SPD denn auch nicht mit Angriffen in alle Richtungen: In der Verkehrspolitik „orientieren wir uns nicht an ideologischen Überzeugungen, sondern am Bürger“, schoss SPD-Vize Alexander Quis in Richtung Grüne, die SPD wolle einen starken Öffentlichen Nahverkehr als „Rückgrat einer modernen, nachhaltigen Verkehrspolitik“. Die SPD wolle die Citybahn, aber ohne Doppeltraktionszüge – erst kürzlich hatte die Altstadt-SPD in dieser Frage Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) stark unter Beschuss genommen. Und auch der Mainz-Pass für sozial Schwache sei erst auf Druck der SPD zustande gekommen, stichelte Quis – die Grünen reklamieren die Idee als ihren Erfolg.

Banner der Mainzer SPD, Ende 2018.

Besonders stark aber nahm die SPD die CDU-Opposition in den Fokus: Die CDU habe im Stadtrat gegen alle wichtigen Projekte der vergangenen Jahre gestimmt, schimpfte Spitzenkandidatin Alexandra Gill-Gers. Das neue KUZ, die Zentrale Beteiligungsgesellschaft, die Rathaus-Sanierung – die Christdemokraten hätten das Scheitern dieser wichtigen Projekte „billigend in Kauf genommen“, behauptete Gill-Gers. Die CDU habe auch kein Interesse gehabt, „die Wohnbau zu erhalten, die wir nun so dringend brauchen, um gegen steigende Mieten zu kämpfen.“ Ihre Politik sei wie „ein Fähnchen im Wind“, die Vorsitzende Sabine Flegel habe „nicht den Mumm gehabt, wie andere in der CDU auch, selbst als OB-Kandidatin anzutreten“, sagte Gill-Gers mit Blick auf den unabhängigen OB-Kandidaten Nino Haase, der auch für die CDU antritt.

„Den destruktiven Kräften, den Egomanen, die gerne die Erfolge unserer Stadt kleinreden, setzen wir unser Programm ‚Mainz für Alle‘ entgegen“, betonte Gill-Gers. Das Kommunalwahlprogramm stelle sich den Anforderungen der wachsenden Stadt und stehe für „Nachhaltigkeit, Inklusion und sozialer Zusammenhalt“, das sei „der rote Faden in unserem Programm.“ Andere politische Gegner redeten die Stadt schlecht und versuchten Kapital aus Anfeindungen wie dem anonymen Brief zu schlagen, schimpfte sie dann noch in Richtung der Freien Wähler: Dort meine man „unter dem Deckmantel Freidenker, man wird ja wohl eigentlich noch sagen dürfen“, dabei „geht es nur und alleine darum, Menschen fertig zu machen“, sagte Gill-Gers weiter: „Das ist der menschenervachtende Niveaulimbo, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen.“ Die SPD sei hingegen „die verantwortungsvolle, ehrliche und zuverlässige Kraft in dieser Stadt“, betonte Gill-Gers.

Aktuelle Wahlkampagne der Mainzer SPD 2019.

„Wir haben es auch nicht nötig, hier mit Dreck zu schmeißen, wie die Grünen“, sagte SPD-Parteichef Marc Bleicher, „und wir werden heute kein Programm, allen wohl und niemand weh verabschieden, wie es die Mainzer CDU getan hat.“ Die SPD habe echte Verbesserungsvorschläge zu bieten ohne Dogmatik und trete ein für die unteilbare Gesellschaft. „Wir werden sehr genau zeigen, dass wir aufstehen und eintreten, gegen die Schwarzredner und Verleumder, gegen die Miesmacher“, sagte Bleicher, „wir sind die Partei der Zuversicht.“

Inhaltlich setzt die SPD Schwerpunkte vor allem im Bereich bezahlbares Wohnen, zusätzliche Kitaplätze und Verkehr. Mehr bezahlbaren Wohnraum hatte die SPD allerdings auch schon vor fünf Jahren versprochen: „Den steigenden Mieten stellt sich die SPD entgegen“, hieß es im Mainz&-Fragebogen zur Kommunalwahl 2014 wörtlich. Stattdessen explodierten Mieten und Immobilienpreise gerade in den vergangenen vier Jahren erheblich, Mainz gehört nun mit einem Durchschnittspreis von über 10 Euro pro Quadratmeter bundesweit zu den teuersten Städten und überholte gerade sogar Köln und Düsseldorf.

Beim Thema mehr Wohnraum und bezahlbares Wohnen setzt die SPD vor allem auf das Heiligkreuz-Areal – eine Entwicklung der GFZ-Kaserne scheiterte bislang. – Foto: gik

Beim Thema Wohnen habe die SPD in der vergangenen Wahlperiode „die Trendwende hin zu mehr sozialem Wohnraum geschafft“, betonen die Sozialdemokraten jetzt: „Wir werden auch künftig für mehr bezahlbaren Wohnraum in unserer Stadt sorgen.“ Nach 6.000 Wohnungen in den vergangenen Jahren wolle man nun weitere 6.000 Wohnungen neu bauen, darunter 2.000 öffentlich geförderte. Die Wohnbau soll gestärkt werden, gleichzeitig sollen 80 Prozent ihrer Mietverträge den Mainzer Mietspiegel nicht überschreiten, die jährlichen Mietpreissteigerungen auf ein Prozent begrenzt werden. „Wir haben einen Anstieg von mietpreisgebundenen Wohnungen, und das ist wichtig für die Zukunft“, sagte SPD-Stadtrat Johannes Klomann, der in der Neustadt als Ortsvorsteher wiedergewählt werden will: „Wir haben die richtigen Weichen gestellt.“

Einen neuen Stadtteil, wie ihn Wiesbaden oder Frankfurt planen, und wie ihn die CDU vorgeschlagen hat, lehnt die SPOD hingegen ab: Das Wachstum wolle man „mit vorhandenen städtebaulichen Instrumenten“ steuern, gewachsene Strukturen erhalten und der fortschreitenden Versiegelung sowie der Nachverdichtung „mit einem Umdenken hin zu qualitativem Wachstum begegnen“, heißt es im Wahlprogramm weiter. Gleichzeitig will die SPD aber auch „eine Stadt mit Grün- und Naherholungsflächen“ und einem „gesunden Stadtklima“ – wie das zusammengehen soll,  sagt die Partei so: Man wolle eine engere Zusammenarbeit mit dem Umland und „im partnerschaftlichen Miteinander mit den Gemeinden und Landkreisen Rheinhessens und der Metropolregion Rhein-Main eine abgestimmte, gemeinsame und damit regionale Antwort auf das stetige Wachstum der Region und unserer Stadt finden.“

Die SPD will einen Ausbau der Rheinhessenstraße auf maximal 3 Spuren und lehnt einen neuen Stadtteil Rheinhöhe ab. – Foto: gik

Bislang fiel die Zusammenarbeit zwischen Mainz und dem Umland eher spärlich aus, Umlandgemeinden klagen vielfach, sie würden von Mainz bei den Planungen nicht einbezogen. Eine erste Regionalkonferenz Rheinhessen fand wenige Wochen vor der Kommunalwahl statt. Beim Verkehr will die SPD die Mainzelbahn „über die Stadtgrenzen hinaus“ ausdehnen, von weiteren Buslinien ist nicht die Rede. Die Rheinhessenstraße seiht die Partei durchaus als Nadelöhr, man befürworte aber erst einmal den Ausbau der Knotenpunkte, im zweiten Schritt müsse es „eine Prüfung der Mehrspurigkeit und eines zusätzlichen ÖPNV-Angebotes“ geben, heißt es im Programm weiter. Die SPD kann sich einen dreispurigen Ausbau vorstellen, nicht aber einen vierspurigen.

Ferner setzt die SPD auf sinkende Fahrpreise und bessere Taktfrequenzen, ein 365-Euro-Ticket für alle will man einführen, Park & Ride-Angebote an den Stadtgrenzen schaffen. Einer zusätzlichen Rheinbrücke steht man skeptisch gegenüber: „Wir wollen auch nicht einfach so eine Brücke bauen, nur damit eine gebaut ist“, sagte Quis, „diese Art Aktionismus ist mit uns nicht zu machen.“ Die grünen behaupteten ja, die SPD „sei verantwortlich für die zu hohen ÖPNV-Preise“, schimpfte SPD-Stadtrat Andreas Behringer, doch das Gegenteil sei doch der Fall: „Bis vor einem Jahr gab es noch eine Verhinderungskalkulation aus dem Hause Eder“, sagte Behringer, und empfahl: „Die Grünen sollten erst einmal ihre Hausaufgaben erledigen.“

Banner der SPD Mainz

Auch den Fahrradverkehr will die SPD weiter ausbauen: Man wolle einen weiteren Ausbau von Fahrradwegen, Fahrradstraßen und Stadtteil-Radwegen, mehr Fahrradständer – und eine Aufstockung der personellen Ressourcen für den Fahrradverkehr in der Stadtverwaltung., Bislang hat Mainz einen Fahrradbeauftragten, von der aktuellen Inhaberin der Stelle war in den vergangenen Jahren wenig zu sehen.

Im Bereich Soziales verspricht die SPD 2.000 zusätzliche Kita-Plätze in den kommenden Jahren sowie eine 4. Integrierte Gesamtschule und ein weiteres Gymnasium für Mainz. „Wir wollen die beste Betreuung und die beste Bildung für unserer Kinder“, heißt es im Wahlprogramm. Die Betreuungszeiten sollten ausgebaut werden, man wolle gutes und bezahlbares Essen in den Kitas, nach Möglichkeit frisch gekocht, sagte Myriam Lauzi. Die SPD wolle zudem ein Kinder und Jugendbüro einrichten und ein „Sicherer Hafen“ für Seenot-Geflüchtete sein – der Stadtrat stimmte im April noch schnell einem entsprechenden Antrag der Linken (!) zu. „Wir stehen für eine tolerante, weltoffene Stadt, eine gesunde und lebendige Stadt, eine Stadt für jung und alt und ein Miteinander“, betonte Lauzi: „Laut für die Leisen, stark für die, die es nicht sind – dafür steht die SPD 2019.“

Info& auf Mainz&: Das komplette Wahlprogramm der Mainzer SPD für die Kommunalwahl 2019 könnt Ihr hier im Internet nachlesen. Mehr zur Spitzenkandidatin Gill-Gers erzählen wir Euch hier bei Mainz&. Alle Kandidaten der SPD für die Stadtratswahl findet Ihr hier im Internet. Unseren Fragebogen von 2014 mit den Antworten der SPD findet Ihr hier. Die SPD lädt bis zum Wahltag am 26. Mai noch zu zahlreichen Veranstaltungen, weitere findet Ihr hier im Internet.

  • „SIE! Tun es – Sozialdemokratinnen gestalten Politik“ am 16. Mai 2019 um 19.00 Uhr im Café 7 Grad, Am Zollhafen – u.a. mit Doris Ahnen, Alexandra Gill-Gers, Marianne Grosse, Myriam Lauzi und Gabriele Schneidewind.
  • „Seniorinnen- und Seniorenabend der Mainzer SPD“ am Montag, dem 20. Mai 2019 um 18.00 Uhr im ASB Seniorenzentrum „Karl-Delorme-Haus“ im Münchfeld 80 – u.a. mit Alexandra Gill-Gers, Corinne Herbst, Michael Ebling und Eleonore Fahrbach.
  • „Wahlkampfabschluss mit Malu Dreyer“ am 23. Mai um 17.00 Uhr auf dem Gutenbergplatz vor dem Staatstheater

Kommunalwahl&: Dieser Artikel ist Teil unserer Serie im Vorfeld der Kommunalwahl, dabei stellen wir (nach Möglichkeit) alle bisher im Stadtrat vertretenen Parteien in einer Analyse und mit ihren Wahlprogrammen vor. Die anderen Artikel findet Ihr hier:

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