Die Stadt Mainz rüstet sich für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, vergangene Woche wurden zwei Turnhallen in Mainz-Drais und Mainz-Mombach für die Erstunterbringung mit Feldbetten ausgerüstet. Auch das Mainzer Allianzhaus erlebt seine Wiederauferstehung als Flüchtlingsunterkunft. 665 Menschen aus der Ukraine kamen seit Beginn des Kriegs vor vier Wochen bereits auf ihrer Flucht vor dem Krieg nach Mainz – 2.500 könnten es werden.
Der brutale Krieg in der Ukraine vertreibt immer mehr Menschen aus dem Land, nach Angaben des Flüchtlingswerks UNHCR haben bereits mehr als 3,5 Millionen Ukrainer ihr Land verlassen. Mindestens 200.000 von ihnen sind bereits weitergereist nach Deutschland – es dürfte erst der Anfang sein. Auch nach Mainz kommen zunehmend mehr Geflüchtete, die Stadt Mainz registrierte Anfang der Woche mittlerweile 665 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Mainz. 127 von ihnen lebten derzeit in der Gemeinschaftsunterkunft in der Gonsenheimer Housing Area, sagte Stadtsprecherin Sarah Heil auf Mainz&-Anfrage.
Vergangene Woche waren Geflüchtete noch von Mainz aus weitergeschickt worden in die zentrale Aufnahmestelle des Landes in Speyer, daran gab es auch Kritik: Gerade erst in Mainz angekommen, mussten die Geflüchteten weiter in eine weitere unbekannte Stadt – nur, um von dort wieder weiterverteilt zu werden. Das sei eine Vorgabe des Landes Rheinland-Pfalz gewesen, verteidigte Heil das Vorgehen, die sei aber bereits wieder hinfällig: „Wer hier ankommt, bleibt in der Kommune“, betonte sie.
Der Zuzug stellt die Stadt Mainz aber durchaus vor Probleme: Nach dem Ende der Flüchtlingskrise von 2015-2016 hatte die Stadt große Flüchtlingsunterkünfte wieder aufgelöst. Verschiedene Unterkünfte wurden geschlossen, die ehemalige Komissbrotbäckerei in der Mainzer Neustadt wird inzwischen zu Wohnungen umgebaut, und auch das Allianzhaus war zuletzt geschlossen worden. Nun muss die Stadt binnen kürzester Frist neue Unterkünfte schaffen – die Satdt greift deshalb auch zu Notunterkünften in Turnhallen.
In Mainz-Drais und am Montag in der Turnhalle in Mainz-Mombach wurden provisorische Feldbetten-Lager errichtet, die jeweils Platz für rund 100 Personen bieten. „Das ist immer nur sehr temporär gedacht, der Aufenthalt hier kann nur für ein paar Tage sein“, betonte Heil. Die Stadt wisse auch gar nicht, wann die provisorischen Quartiere benötigt würden, „aber wir wollen vorbereitet sein“, sagte Heil. In Mombach gebe es Einzelschlafplätze und getrennte Schlafbereiche für Männer sowie für Mütter mit Kindern – von Letzteren kämen sehr viele. Auch ein Spielbereich und ein Speiseraum würden eingerichtet, dennoch: Eine echte Unterkunft sind die Notquartiere nicht.
Die Stadt prüfe derzeit deshalb noch weitere Unterbringungsmöglichkeiten, sagte Heil weiter. So werde derzeit die Wilhelm-Quetsch-Straße in Mainz-Bretzenheim mit 65 Plätzen reaktiviert, die Stadt habe zudem Verfügbarkeiten in Hotels geprüft und könne diese gegebenenfalls abrufen. Wieder zu Ehren kommt nun auch das Allianzhaus an der großen Bleiche: Das als Flüchtlingsheim eingerichtete Gebäude war eigentlich bereits geschlossen, nun wird das Gebäude erneut als Unterkunft bereitgemacht.
Seit Mittwoch, dem 16. März, seien die ersten Etagen im Allianzhaus wieder belegungsfähig, sagte Nils Teske, Geschäftsführer der Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG). Ursprünglich wäre der Mietvertrag zur Nutzung der Immobilie als Flüchtlingsunterkunft zum 31. März dieses Jahres ausgelaufen, die Räumlichkeiten sollten vereinbarungsgemäß von der Stadt Mainz an die MAG zurückgegeben werden. Nun aber habe man am vergangenen Freitag den Mietvertrag mit der Stadt Mainz bis zum 31. März 2025 verlängert, sagte Teske weiter.
„Die tragischen Ereignisse durch den russischen Einmarsch in die Ukraine hat unsere ursprünglichen Planungen von heute auf morgen geändert“, betonte Teske: „Wir sind sehr froh, dass wir so spontan reagieren konnten.“ Die Etagen 3 und 4 seien bereits komplett nutzbar, in den anderen beiden Etagen müssten noch einige Restarbeiten vorgenommen werden, dann stehe das alte Allianzhaus für mehr als 200 Flüchtlinge als Unterkunft vollständig zur Verfügung. „Es ist davon auszugehen, dass die gesamte Kapazität des Allianzhauses in den nächsten Wochen gebraucht wird, um die zu erwartende Anzahl an Flüchtlingen unterzubringen“, sagte Teske.
Gehe man von einer Million ukrainischer Flüchtlinge für Deutschland aus, könnten nach dem üblichen Verteilerschlüssel 2500 Menschen nach Mainz kommen, rechnete Heil vor – die Ukrainer, die bereits bei Freunden oder Verwandten untergekommen sind, nicht mitgerechnet. Die von der Stadt ins Leben gerufene Wohnbörse laufe ebenfalls langsam an, sagte Heil weiter, der Stadt seien bereits 288 Angebote aus WGs, Ferienwohnungen oder Häusern gemeldet worden. „Das wird systematisch erfasst“, sagte Heil, die Unterbringung erfolge „mit Fingerspitzengefühl.“
Ein weiteres Problem bei den Geflüchteten ist der Impfstatus: Schätzungen zufolge sind lediglich rund 30 Prozent der Ukrainer gegen das Coronavirus geimpft, Impfungen für Kinder waren offenbar in der Ukraine noch deutlich seltener. Wer geimpft sei, sei das oft nur einmal – oder mit dem russischen Impfstoff Sputnik, der in der EU aber gar nicht zugelassen ist. Bei der Stadt heißt es, wie viele ungeimpft seien, wisse man nicht, alle Geflüchteten könnten aber ohne Anmeldung jederzeit zu einer C0orona-Impfung im Mainzer Impfzentrum vorbeikommen. Lediglich für Kinder unter 12 Jahren gebe es mittwochs und donnerstags Sonder-Impftage.
Geflüchtete aus der Ukraine dürfen bis zu 90 Tage ohne Visum in Deutschland bleiben, danach müssen sie registriert sein – was viele Vorteile bringt: Für Menschen aus der Ukraine hat die EUI eine Sonderregel geschaffen, nach der die Menschen eine sofortige Arbeitserlaubnis bekommen. Auch bekämen die Menschen in Mainz sofort eine elektronische Gesundheitskarte sagte Heil weiter. Die Abwicklung erfolgt im Bürgeramt im Stadthaus. Dort kümmerten sich inzwischen vier Teams um die Geflüchteten, auch stünden Dolmetscher mit Russisch oder Ukrainisch zur Verfügung., „Der Andrang ist sehr, sehr groß“, betonte Heil, „aber Verständigungsprobleme gibt es nicht.“
Info& auf Mainz&: Mehr zur Hilfe für die Ukraine lest Ihr auch hier bei Mainz&. Alle Informationen zum Thema geflüchtete Ukrainer in Mainz findet Ihr hier bei der Stadt Mainz. Das Land Rheinland-Pfalz hat zudem eine eigene Webseite eingerichtet, auf der Informationen rund um die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge zusammengestellt werden – hier im Internet.