Es war ein wahrhaft historischer Moment: Eben hatte Bernd Frank, seines Zeichens Allein-Verantwortlicher für die Mainzer Jägergarde, noch über die Vergabekriterien für den Mainzer Stadtorden gelästert – da hatte er ihn schon um den Hals hängen. Erstmals in der Geschichte wurde ein Fastnachter mit dem Stadtorden nach einem „Fastnachts-Volksbegehren“ ausgezeichnet, die Ein-Mann-Garde machte bei ihrem Ordensempfang 2022 mal wieder ihrem Ruf der herausragendsten Garde von Mainz alle Ehre. Bernd Frank verband den diesjährigen Ordensempfang mit einem Plädoyer pro Impfen – und durfte noch einen besonderen Gast begrüßen: den Ahrweiler Karnevalsprinz Mathias I. samt „Flutorden“.

Ordensempfang in Corona-Zeiten: Bernd Frank lud mit seiner Jägergarde zum Ordensempfang. - Foto: gik
Ordensempfang in Corona-Zeiten: Bernd Frank lud mit seiner Jägergarde zum Ordensempfang. – Foto: gik

2021 musste er noch jeden Gast einzeln empfangen, in diesem Jahr war immerhin ein Treffen unter freiem Himmel erlaubt: Am Sonntag hatte die Mainzer Jägergarde zu ihrem fünften Ordensempfang geladen. Der Ort war durchaus passend: Ein Kleingartengelände in Mainz-Bretzenheim mit rustikaler Hütte und viel Gesträuch. „Wir feiern acht Jahre Jägergarde und das unter 2G plus – mal 11“, begrüßte der Gastgeber seine Gäste. Gekommen waren Abordnungen zahlreicher anderer Fastnachtsvereine und Korporationen, die Jägergarde ist längst zum beliebten und sehr beachteten Bestandteil der Mainzer Fastnachtsszene geworden. „Die Jägergarde hat sich erstaunlich weiterentwickelt und ist zur Institution geworden“, staunte der Gardechef selbst.

Vor acht Jahren gründete der Mainzer DJ, Grafiker und Autonarr Bernd Frank seine eigene Garde, inspiriert von seiner Sammelleidenschaft des Kräuterlikörs Jägermeister. Seither zieht Frank in einer leuchtend orangenen Uniform samt Standarte durch Mainz und sorgt mit Farbe und kreativen Aktionen für höchst närrische Farbtupfer in der ohnehin bunten Fastnachtslandschaft. Da eröffnete Frank 2021 den Neujahrsumzug von Mainz im Alleingang, oder ließ sich in einer eigens umgebauten Rikscha durch den Rosenmontagszug fahren.

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Ordensverleihungsgestell Marke Jägergarde 2021: Orden verleihen mit Distanz. - Foto: Thomas Gottfried
Ordensverleihungsgestell Marke Jägergarde 2021: Orden verleihen mit Distanz. – Foto: Thomas Gottfried

2021, als der Corona-Lockdown so gut wie alle Fastnachts-Aktivitäten unmöglich machte, richtete Frank eine ganze Serie von 33 Ordensempfängen in einem Hinterhof mit jeweils nur einem Teilnehmer aus, die Orden wurden auf Distanz mit Hilfe eines selbst erfundenen Orden-Übergabe-Gestells verliehen – das Gestell hat Frank inzwischen zum Patent angemeldet. „Geantwortet haben die bis heute nicht“, berichtet er nun.

Das Ungewöhnlichste an der  Jägergarde aber ist ihre Mitgliederstruktur: „‚Wir‘ sind heute allein gekommen, wegen der Ansteckungsgefahr“, sagt Frank schmunzelnd, „es wären sonst viel mehr von ‚uns‘ gekommen.“ Viel mehr ist höchst übertrieben: Die Jägergarde besteht aus genau einem Mitglied, der Individualist Frank mochte zwar eine Garde sein, verfügte aber gleich nach Gründung einen Aufnahmestopp – seither parodiert er mit großem Vergnügen die üblichen Garderituale von Postenvergabe bis hin zu Beförderungs-Gerangel mit sich selbst als alleinige Hauptperson.

Neujahrs-Spaziergang von Jägergarde und Carolin Schnarr von der Dallesgarde an Neujahr 2022. - Foto: Thomas Gottfried
Neujahrs-Spaziergang von Jägergarde und Carolin Schnarr von der Dallesgarde an Neujahr 2022. – Foto: Thomas Gottfried

„Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger“, seufzt der Gardechef in diesem Jahr – und ernennt sich selbst flugs zum „Oberarmleuchter“. Der Grund: Franks höchst närrisch-ernstes Plädoyer für die Corona-Impfung. „Es geht nicht gleich, es geht nur Stück für Stück, wir impfen uns die Fastnacht Stück für Stück zurück“, lautet das Fastnachtsmotto 2022 der Mainzer Jägergarde, und Frank betont, gerade auch mit Blick auf die Protestierer: „Wir sind die Vernünftigen.“ Und dann knickt er einen Leuchtstab, steckt ihn in eine Mini-Jägermeisterflasche, steckt das Ensemble in seinen Dreispitz – und schon hat der Jägergardist ein eindeutiges Corona-Abzeichen am Hut: „Man sieht, dieser Gardist ist geimpft.“

Die Orden und Auszeichnungen bekommen dafür in diesem Jahr andere: Seit 2018 führe er nun Ordensempfänge durch, „das wäre nicht möglich ohne die Unterstützung von Mitgliedern anderer Garden“, sagt Frank. Und so bekommen die Damen von der  „Mombacher Fastnachtsmafia“ den Top-Groupie-Orden der Jägergarde, und Carolin Schnarr von der Budenheimer Dalles-Garde den selbst kreierten Bunny-Orden als Top-Unterstützerin. Orden gibt es auch von einem ganz besonderen Gast: Ahrtal-Prinz Matthias I., Tollität aus dem von der Flut zerstörten Ahrweiler, ist eigens zum Empfang nach Mainz gekommen – auch, um sich für die Unterstützung von hier zu bedanken: „Gerade hier im Süden, Ihr seid so toll bereit, uns zu unterstützen“, dankt der Gast, der natürlich auch seine „Flutorden“ mit im Gepäck hat, deren Erlös an die von der Flut getroffenen Karnevalsvereine im Ahrtal geht.

Prinz Matthias I. aus Ahrweiler beim Ordensempfang der Jägergarde in Mainz. - Foto: gik
Prinz Matthias I. aus Ahrweiler beim Ordensempfang der Jägergarde in Mainz. – Foto: gik

Und dann hebt Frank zu seiner alljährlichen Lästerei an: Es sei doch „eine Diskriminierung von Ein-Mann-Garden, dass die Verleihung des Stadtordens von einem anderen Mitglied der Garde beantragt werden muss“, schimpft Frank gerade – als er rüde gestoppt wird. Die Bühne betritt Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) – und der hat nichts Geringeres im Gepäck, als den Mainzer Stadtorden. „Ich habe ein Volks-Fastnachtsbegehren der letzten Tage aufgegriffen“, verkündete der Oberbürgermeister – Carolin Schnarr und ihr Mitstreiter Jörg Hartmann von den Schwarzen Husaren hätten nämlich „Unterschriften gesammelt für den historischen Bruch des Antrages eines Stadtordens über Gardegrenzen hinaus – das gab’s noch nie.“

Die Antragsteller würdigten umfangreich Franks Leistungen in der Fastnacht, unter anderem als Hygienebeauftragter – siehe die Ordensempfänge – oder auch als Frauenbeauftragter: Der Jägergardist stelle sich höchst ritterlich bei Bedarf Frauen im bunten Fastnachtstreiben zur Seite und präsentiere sich im Notfall auch schon mal als zukünftiger Schwiegersohn, loben die Antragsteller. „Diese Ein-Mann-Garde hat sich als voll akzeptierte Garde in Mainz etabliert – trotz dass sie die Gepflogenheiten der Mainzer Garden selbst auf die Schippe nimmt“, heißt es im Antragstext weiter: „Wir halten dies für eine grandiose Leistung für die Mainzer Fastnacht.“

Verleihung des Meenzer Stadtordens an Bernd Frank durch Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD, ganz links). - Foto: gik
Verleihung des Meenzer Stadtordens an Bernd Frank durch Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD, ganz links). – Foto: gik

Eine stattliche Menge an Unterschriften kam zusammen, darunter geradezu das „Who is Who“ der Fastnachtsszene, wie Ebling sagte. Es sei ein historischer Moment, und er freue sich sehr, „dabei sein und ihn überreichen zu dürfen.“ Und Ebling dankte dem Vorsitzenden, dem Generalfeldmarschall, dem Komiteesprecher – Bernd Frank – sowie ausdrücklich „den Vielen in der Garde, die man nicht so sieht, die nicht so sichtbar sind, die helfenden Hände im Hintergrund“, also Brötchenschmierer, Chefeinrichter, Choreograph, Bühnenbildner, Leiter des Kinderballetts – also: Bernd Frank. „Danke schön“, rief der OB: „Glückwunsch, Weitermachen!“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Ein-Mann-Garde von Bernd Frank könnt Ihr hier in unserer Reportage vom Januar 2015 nachlesen, oder etwa in diesem Mainz&-Artikel über den Ordensempfang der Jägergarde 2020. Mehr über den „Flutorden“ fürs Ahrtal und Prinz Matthias lest Ihr hier bei Mainz&. Unser Video zur Verleihung des Stadtordens an Bernd Frank findet Ihr hier auf dem Mainz&-Facebook-Account.

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