Die Hochschulen in Rheinland-Pfalz sollen im kommenden Wintersemester in großen Teilen zum Präsenzunterricht zurückkehren dürfen. Das Land Rheinland-Pfalz schloss vergangene Woche eine Vereinbarung mit der Landeshochschulpräsidentenkonferenz, wie wieder mehr Präsenzveranstaltungen möglich sein können. Die Hochschulen sollen dabei viel Eigenständigkeit erhalten, und nach eigenem Ermessen Präsenzunterricht für Geimpfte, Genesene und Getestete anbieten können. Veranstaltungsräume dürfen dafür entweder mit Abstand im Schachbrett-Muster oder ohne Abstand jedoch mit Maskenpflicht am Platz besetzt werden.

Eingang zur Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität: Bald wieder mit Studis? - Foto: gik
Eingang zur Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität: Bald wieder mit Studis? – Foto: gik

Die Studierenden gehören zu den vergessenen der Corona-Pandemie: Seit Frühjahr 2020 waren ihre Hochschulen praktisch durchgehend für den persönlichen Besuch geschlossen, viele Neustudis haben nie ein echtes Studentenleben mit Vorlesungen, Diskussionen, Seminaren und Parties erlebt. „Wir haben Studierende, die seit vier Semestern studieren, aber nicht einmal an der Uni waren“, sagt der Präsident der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität (JGU), Georg Krausch. Im ersten Corona-Lockdown im März 2020 war zuerst der Beginn des Sommersemesters auf nach Ostern verschoben worden – dann gingen die Hochschulen im ganzen Land faktisch für mehr als 1,5 Jahre in den Lockdown. Erst seit dem 7. Juni ist die Mainzer JGU wieder im eingeschränkten Regelbetrieb.

Die Mainzer Universität habe in den vergangenen Semestern rund 7.000 Lehrveranstaltungen für rund 23.000 Studierende digital organisiert, sagt Krausch, für viele Studierende wurde die Zeit zum surrealen Erlebnis: Vorlesungen, Hausarbeiten, die anderen Kommilitonen – das Studenten-Leben fand nahezu ausschließlich digital statt.  Wenn Mitte Oktober die Vorlesungen in Mainz und an anderen Hochschulen in Rheinland.-Pfalz wieder beginnen, soll das nun anders werden: Nach der neuen, am Montag veröffentlichten Corona-Verordnung dürfen die Hochschulen nun endlich wieder Präsenz-Veranstaltungen anbieten, allerdings nur für Geimpfte, Genesene und Getestete.

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Menschenleerer Uni-Campus in Mainz in der Coronazeit, hier an der Alten Mensa. - Foto: gik
Menschenleerer Uni-Campus in Mainz in der Coronazeit, hier an der Alten Mensa. – Foto: gik

Das digitale Lehren sei zwar ein Erfolg gewesen, gerade für Forschung und Lehre sei aber „der intensive Austausch von großer Bedeutung“, sagte Landesimpfkoordinator Daniel Stich, daher wolle das Land nun wieder mehr Kommunikation und Interaktion an unseren Hochschulen ermöglichen. „Wir sind sehr froh, um diese neuen Regeln“, betonte Krausch. Die großen Massenveranstaltungen werde die Mainzer Uni wahrscheinlich weiter digital anbieten, sagte der Präsident weiter. Aber wenigstens kleinere Veranstaltungen könne man jetzt wieder in Präsenz und mit Maskenpflicht anbieten.

Noch im Sommersemester verhinderten die Corona-Abstandsregeln eine Rückkehr zum Präsenzunterricht an den Hochschulen, weil volle Seminarräume oder große Vorlesungen schlicht nicht möglich waren. Viele Studierende gaben schon 2020 ihre Studentenzimmer auf und zogen zurück zu den Eltern, die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie warnte noch im Mai, fast 40 Prozent der Studierende litten stark unter Einsamkeit und Depressionen, unter Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen oder dem Verlust von Interessen und Freude. Nicht nur Nebenjobs brachen weg, sondern auch Auslandsaufenthalte, Praktika und ehrenamtliches Engagement, ergab eine Umfrage, viele Studierende seien pessimistisch, was ihre berufliche Zukunft angehe, und litten unter Zukunftsangst.

Zum Wintersemester sollen die Studierenden wieder in die Hochschulen zurückkehren. - Foto: gik
Zum Wintersemester sollen die Studierenden wieder in die Hochschulen zurückkehren. – Foto: gik

Nun sollen die Hochschulen selbst entscheiden dürfen, ob sie in ihren Räumlichkeit auf Abstand im Schachbrettmuster setzen, oder eine Maskenpflicht im Unterricht anordnen. „Wir freuen uns auf die Studierenden, und freuen uns, dass sie ein bisschen zurückkommen zu einem normalen Studium“, sagte Krausch. Die Studierenden hätten in den vergangenen Monaten eine besondere Last getragen – und bei der Impfstrategie „ganz hinten“ gestanden, sagte Krausch in einer Ansprache, die auf der Homepage der JGU veröffentlicht wurde. Er habe „größten Respekt“ vor den Leistungen der Studierenden, aber auch seinen Lehrkräften in der schwierigen Coronaphase.

„Das ist für uns eine außerordentlich erfreuliche Entwicklung“, sagte auch der Präsident der Hochschule Koblenz, Kristian Bosselmann-Cyran, der Vorsitzender der Landeshochschulpräsidentenkonferenz ist. Die Hochschulen erhielten einen flexiblen Handlungsspielraum in eigener Verantwortung, so könne man den Studierenden zum Wintersemester „einen sicheren und verantwortungsvollen Hochschulbetrieb mit deutlich größerem Präsenzanteil anbieten.“ Vor allem, dass nun „die Erstsemester der vergangenen drei Semester endlich den Campus und das studentische Leben kennenlernen können, freut uns sehr“, betonte Bosselmann-Cyran.

Freut sich auf seine Studis: JGU-Präsident Georg Krausch. - Foto: JGU
Freut sich auf seine Studis: JGU-Präsident Georg Krausch. – Foto: JGU

Möglich werden die neuen Freiheiten durch die Corona-Impfungen: Die Impfkampagne schreitet voran, zuletzt hatte es auch Sonderaktionen direkt an Hochschulen gegeben, Stich zufolge habe man dabei bereits rund 12.000 Studierende impfen können. Zum Semesterstart sollen die neuen Impfbusse nun noch einmal gezielt die Hochschulen anfahren, kündigte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstag an.

Wie viele Studierende bereits geimpft sind, ist allerdings unklar: Offiziell sind in Rheinland-Pfalz inzwischen 65,5 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, das Robert-Koch-Institut sieht derzeit eine Impfquote von 61,8 Prozent in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen in Rheinland-Pfalz. Bei den Sonderimpfaktionen an den Hochschulen im Land Ende Juli konnten nicht alle Impfdosen verbraucht werden. Krausch zeigte sich aber optimistisch: Bei einer Umfrage der Universität Tübingen hätten 74 Prozent der Studierenden angegeben, bereits jetzt zweifach geimpft zu sein. „Ich glaube, dass die Tübinger Studierenden nicht so anders sind als unsere“, sagte Krausch, zu Beginn des Wintersemesters würden in Mainz „über 90 Prozent geimpft sein.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Corona-Regeln der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität findet Ihr hier im Internet. Mehr zu der Umfrage zu Depressionen und Ängsten unter Studierenden in der Corona-Pandemie findet Ihr hier im Internet.

 

 

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