Die Coronakrise erschüttert das Leben, viele Menschen bangen um ihren Job, manche wissen bereits nicht, wie sie die nächste Miete zahlen sollen. Mitten in dieser Situation hat die Mainzer Wohnbau nun – Mieterhöhungen verschickt. Die Schreiben tragen das Datum vom 18. oder 19. März 2020, die Wohnbau bezieht sich darin auf Investitionen in Neubau, Modernisierung und Bedarf. „Wohnbau Mainz, wie wäre es jetzt mit Mietenpause“, fragte ein Betroffener auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Politiker der Linken reagierten entsetzt und forderten Konsequenzen: „Einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die so handelt, muss dringend der Kopf gewaschen werden“, forderte Linksfraktionschef Tupac Orellana Konsequenzen. Auch die SPD reagierte.

In der Mainzer Neustadt finden sich viele der Sozialwohnungen der Mainzer Wohnbau. - Foto: gik
In der Mainzer Neustadt finden sich viele der Sozialwohnungen der Mainzer Wohnbau. – Foto: gik

„Damit wir ausreichend in Neubau, Modernisierung und Bedarf investieren können, Sie im Schadensfall Hilfe durch unsere Handwerker erhalten und auch sonst auf unseren Service vertrauen können, sind Mieterhöhungen leider unvermeidbar“, heißt es in einem der Schreiben der Wohnbau, das das Datum vom 19. März 2020 trägt: „Deshalb kommen wir wegen der erforderlichen Anpassung der Miete auf Sie zu.“ Gleich mehrere Betroffene teilten am Wochenende ihre Mieterhöhungsschreiben auf den sozialen Netzwerken, darin war etwa von einer Mieterhöhung um vier Prozent die Rede, wirksam zum 1. Juni 2020.

Wegen der Coronavirus-Pandemie legt Deutschland bundesweit das öffentliche Leben lahm, viele Arbeitsplätze stehen auf der Kippe, Firmen melden Kurzarbeit an. Viele Freiberufler haben bereits mit der Schließung von Theatern und Kulturstätten über Nacht ihre Berufsgrundlage verloren. „Unfassbar!!! Alle reden davon, das Volk zu unterstützen (…) und die Mainzer Wohnbau erhöht schnell noch die Miete“, schimpfte ein Mieter auf der Facebookseite des Unternehmens. Und dabei argumentiere die Wohnbau auch noch, man hebe die Mieten ja nicht so weit an, wie man dürfte – der Mieterhöhungsdeckel für das städtische Wohnbauunternehmen liegt bei 15 Prozent. Die Wohnbau ist der Hauptanbieter von Sozialwohnungen in Mainz und verwaltet eigenen Angaben zufolge mehr als 10.000 Wohnungen im Mainzer Stadtgebiet.

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Linksfraktionschef Tupac Orellana fordert Konsequenzen bei der Wohnbau. - Foto: Linke
Linksfraktionschef Tupac Orellana fordert Konsequenzen bei der Wohnbau. – Foto: Linke

„Völlig abgedriftet, der Laden“, schimpfte Linksfraktionschef Tupac Orellana auf Twitter, es sei „nicht das erste Mal, dass die Wohnbau komplette Taktlosigkeit an den Tag legt.“ Orellana spielte damit auf die Vorgänge um die Sömmeringstraße an, als die Wohnbau mit unpersonalisierten Briefen den Mietern mitteilte, dass sie innerhalb eines Jahres aus ihren Wohnungen mussten. „Einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die so handelt, muss dringend der Kopf gewaschen werden“, forderte Orellana auf seinem Facebook-Profil: „Das scheint kein Ausrutscher gewesen zu sein und muss Konsequenzen haben.“ Gerade das soziale Wohnungsunternehmen der Stadt Mainz „hätte längst von allein darauf kommen müssen, dass alles, was mit Mieterhöhungen zu tun hat, sofort einzustellen ist.“

Auch die SPD reagierte am Sonntag: Viele Menschen würden in den kommenden Monaten mit Einkommenseinbußen zu kämpfen haben, sagte der Mainzer SPD-Chef Johannes Klomann: „Die verschickten regulären Mietererhöhungen kommen da zur Unzeit.“ Auch die Wohnbau sei aufgefordert, „ihren Beitrag zu leisten und auf die neuen Umstände zu reagieren, sodass niemand im Regen stehen gelassen wird, der seine Miete nicht mehr zahlen kann.“ Die Wohnbau müsse ihren Kunden „Angebote unterbreiten, wie sie über die nächsten Wochen und Monate kommen“, forderte Klomann. Er begrüße die Überlegungen auf Bundesebene, ein generelles Kündigungsverbot bis September einzuführen.

Zudem bereitet das Bundesjustizministerium derzeit ein Gesetz in Sachen Mieten  in der Coronakrise vor. Danach sollen flächendeckend Mietrückstände gestundet werden müssen und Kündigungen von Wohnungen vermieden werden. Die Gesetzesvorlage soll am Montag vom Bundeskabinett beschlossen werden.

UPDATE: Ebenfalls auf Twitter berichtete am Nachmittag ein Freiberufler von einer großartigen Aktion seines privaten Vermieters: „Heute unter der Tür durchgerutscht, unser Vermieter verzichtet im Falle eines Verdienstausfalls wegen Corona auf zwei Monatskaltmieten“, schrieb ein Mieter dazu: „Als Freiberufler bin ich unfassbar dankbar dafür und hoffe, dass sich mehr Vermieter so sozial und menschlich zeigen!“ In dem Schreiben heißt es, der Staat habe zwar weitreichende wirtschaftliche Hilfen in Aussicht gestellt, es ei aber die Frage, wann die bei wem ankämen. Deshalb seien nun „sofortige, clevere, unbürokratische und schlanke Ideen gefragt“, wie den Folgen begegnet werden könne, heißt es in dem Schreiben des Vermieters im saarländischen Saarbrücken.

Wem die Einnahmen wegen der Coronakrise wegbrächen, dem biete er an, auf zwei Monatskaltmieten zu verzichten. „Ich fände es gut, wenn die Idee des Mieteinnahmen-Verzichts staatlich verordnet im großen Stil umgesetzt würde“, plädiert der Vermieter weiter: „Eigentum verpflichtet und jeder muss einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten.“ Der Vermieter bat darum, die Idee weiter zu verbreiten. 

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