Vor gut einer Woche stellte der Mainzer Carneval Verein (MCV) das neue Mainzer Zugplakettcher für die Kampagne 2024 vor – zum Erstaunen vieler Fastnachter präsentierte sich der Schoppenstecker: in Grau. Ausgerechnet das Aushängeschild für die bunteste Zeit des Jahres kommt uni in reinem Grau daher, ungetrübt von irgendeiner Farbe. Den fassungslosen Kommentaren folgte die Kreativität: viele Fastnachter suchen jetzt nach Wegen, das Umhängefigürchen vierfarbbunt aufzupeppen. In den sozialen Netzwerken tobt seither ein munterer Wettbewerb: Wer verleiht dem Zugplakettche die meiste Farbe?
Sie sind wenige Zentimeter groß und kommen in aller Regel so bunt daher, wie es nur irgend geht: Seit 1950 hilft das Zugplakettcher dabei, den Mainzer Rosenmontagszug zu finanzieren – nach dem Vorbild des Katholikentags 1948, der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg mit Hilfe einer Plakette finanziert wurde. Die Narren in Mainz besannen sich 1950 auf die Idee als es galt, den ersten Rosenmontagszug nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Straßen zu bekommen.
Seither sind die Zugplakettcher aus der Mainzer Fastnacht nicht mehr wegzudenken, und eines war ihnen immer gemeinsam: egal, ob Schwellkopp, Gardist, der Narrenmond oder die Zugente höchstselbst, das Umhängefigürchen war immer und grundsätzlich – bunt. War das Zugplakettche nicht Rot oder Golden, erstrahlte es nicht selten in den vier Farben der Fastnacht: Rot, Weiß, Blau und Gelb.
Schoppestecher: Feldgrau, mausgrau oder doch betongrau?
Nicht so in diesem Jahr: Der Schoppestecher, die Mottofigur der Kampagne 2024, kommt in schlichtem Grau daher. Der Mainzer Carneval-Verein hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das Zugplakettcher nicht länger in China fertigen zu lassen, sondern die Herstellung wieder nach Deutschland zu holen. In Kooperation mit der Firma Bericap, geleitet von der Firma Krautkrämer. entwarf man beim MCV den Schoppestecher, der dann im 3D-Druck in einem Werk in Ungarn gefertigt wurde.
Aber warum kommt das Plakettche ausgerechnet in Uni-Grau daher? Angesprochen auf die Farbwahl, hieß es beim Mainzer Carneval-Verein lediglich, Vorbild sei das Denkmal des Schoppestechers am Mainzer Proviantamt gewesen – und das sei schließlich ebenfalls Grau. Falsch, antworteten prompt Kunstexperten in den sozialen Netzwerken: Das Denkmal am Proviantamt sei aus Bronze, die Farbe Grau mitnichten angemessen.
Und so sorgt das mausgraue Zugplakettche seither in den sozialen Netzwerken für viel Spott: “Schrecklich”, kommentierte eine Fastnachterin, “ist die Farbe ausgegangen?” Andere spekulierten – ganz in Verneigung vor dem großen Meister Loriot -, ob das wohl “aschgrau, bleigrau, betongrau, staubgrau” oder ein freundliches Steingrau sei. Andere hatten weniger freundliche Assoziationen: “Ein Zugplakettchen in FELDGRAU… – da kann man ins Nachdenken kommen”, grübelte ein Fastnachter: “Wenn schon monochrom, warum nicht vier Plaketten jeweils in den Fastnachtsfarben? Es ist ja Plastik und es gibt keine Notwendigkeit für Feldgrau.”
Grauer Schoppestecher bekommt Farbe
In der Tat gab es das schon einmal: 2022 präsentierte der MCV das Zugplakettcher für die Kampagne gleich in fünffacher Ausfertigungen. Die Kinder-Schwellköppe Annabelle und Kevin gab es in Rot und Blau, die Figürchen waren buntig und luden zum Sammeln der verschiedenen Variationen ein. Die Figur des Schoppestechers sei ja sehr gelungen, befanden Fastnachter auf Facebook – aber warum gebe es die nicht in jeweils Rot, Weiß, Blau und Gelb?
Die Debatte inspirierte offenbar viele Fastnachter, das mausgraue Umhängefigürchen in Eigenregie etwas aufzuhübschen: Seither läuft ein munterer Wettbewerb, wer die schönste Variante erfindet. Die häufigste Methode derzeit: Dem Schoppestecher mit vierfarbbunten Streifen eine Schärpe verpassen, oder mit einer vierfarbbunten Kordel einen Umhängeschal. Andere verpassen dem Zugplakettcher eine Halskette aus vierfarbbunten Perlen – und eine Närrin hängte dem Schoppestecher gar eine winzige Zugente um.
Für besonders viel Lob und Begeisterung aber sorgte eine ganz besondere Variante: Fastnachter Jochen Behrendt, bekannt als “Altstadtadel”, verzierte seinen Schoppestecher vierfarbbunt mit Acrylfarbe – heraus kam ein wahres Kunstwerk. “Super Idee, so sieht der Schoppestecher richtig gut aus”, staunte ein Kommentator. “So hätte ich ihn mir vorgestellt”, lobte eine andere Fastnachterin. Und ein Dritter meinte: “Super Idee, hätten die Erbauer auch drauf kommen können!”
Stiller Aufruf zur Kreativität der Narren?
Das führte prompt zu Nachfragen: “Könntest Du vielleicht noch ein paar Tausend auffrischen? Ich frage für einen Freund…”, kommentierte ein Fastnachter, und ein weiterer merkte süffisant an: Jetzt müsse Behrendt “nur” noch 39.999 weitere anmalen… Das Zugplakettcher kommt in einer Auflage von 40.000 Stück daher. Der so Geehrte wehrte sich: Das komme überhaupt nicht in Frage, es möge bitte jeder selbst kreativ werden.
“Es ist vermutlich ein stiller Aufruf des MCV an alle Narren, sich das neue Zugplakettchen frei nach dem Gusto jedes Einzelnen zu dekorieren”, sinnierte Behrendt schließlich: “Das kam aber vielleicht nicht so rüber…. Also Kreativität ist gefragt. Haut rein Leute!” Und vielleicht veranstalte der MCV ja “im Nachhinein eine Auslosung über die beste Kreativität in Sachen “Kreation des Zugplakettchens 2023/2024″. Ich würde sofort mitmachen.”
Was wiederum einen anderen Großen der Fastnacht – den MCV-Bajazz Réné Pschierer – zu einer Verneigung in Versform inspirierte:
Info& auf Mainz&: Mehr zum Schoppestecher, dem Mainzer Zugplakettcher 2024, und seiner Fertigung lest Ihr hier bei Mainz&. Ihr habt auch kreative Verschönerungsideen für das aktuelle Zugplakettche? Schickt uns Eure Fotos!