Rund 8.500 Fahrradfahrer haben am Sonntag im Rhein-Main-Gebiet zwischen Frankfurt und Wiesbaden für eine schnellere Verkehrswende in Hessen demonstriert. Am Mittag bewegte sich dabei ein Rad-Corso über die Autobahn 66 von Frankfurt nach Wiesbaden, sie A66 war dafür abschnittsweise zwei bis drei Stunden gesperrt worden. Die Autobahn GmbH des Bundes hatte am Samstag noch kurzfristig versucht, die Fahrraddemo auf der Autobahn zu verhindern. In Wiesbaden übergab das Bündnis Verkehrswende“ mehr als 70.000 Unterschriften.

Fahrrad statt Auto: Bei der Fahrraddemo von Frankfurt nach Wiesbaden radelten rund 8.500 Teilnehmer mit. - Foto: Initiative Verkehrswende Hessen
Fahrrad statt Auto: Bei der Fahrraddemo von Frankfurt nach Wiesbaden radelten rund 8.500 Teilnehmer mit. – Foto: Initiative Verkehrswende Hessen

Die Initiative “Verkehrswende Hessen” hatte für diesen Sonntag zu einem “Verkehrswende-Festival” sam Sternfahrt durch das Rhein-Main-Gebiet aufgerufen. Zunächst waren dabei am Vormittag drei Zubringer-Gruppen per Fahrrad von Darmstadt, Hanau und Friedberg nach Frankfurt geradelt, ab dem Mittag dann setzte sich der Fahrradcorso über die Autobahn 66 von Frankfurt in Richtung Wiesbaden in Bewegung. Wie die Hessenschau am Samstag ausführlich berichtete, hatte die Autobahn GmbH des Bundes noch in letzter Minute versucht, mit Eilanträgen vor Gerichten die Sternfahrt über die Autobahnen zu verhindern.

Das Bündnis „Verkehrswende Hessen“ bestätigte am Sonntagabend den Vorgang auf seiner Homepage – warum genau die Autobahn GmbH gegen die Sternfahrt klagte, war nicht zu erfahren. Laut Hessenschau hatte die für die Autobahnen zuständige Organisation des Bundes zunächst vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden geklagt, der Antrag war aber gescheitert. Der Hessenschau zufolge hatte die Autobahn GmbH damit argumentiert, dass „erhebliche Verkehrsbehinderungen“ drohten – der Grund: für die Sternfahrt wurden die A66 und ihr Zubringer, die A648 in Teilstücken für jeweils zwei bis drei Stunden gesperrt.

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Doch die Anträge der Bundes-Gesellschaft scheiterten erst in Wiesbaden, und am Samstagabend dann auch vor dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel – die Gerichte hatten damit die Autobahnen als Demonstrationsort ausdrücklich erlaubt. Auch die hessische Polizei hatte vor “erheblichsten Verkehrsbehinderungen” im gesamten Rhein-Main-Gebiet gewarnt – es kam anders.

Eine Autobahn voller Radfahrer: Aufstellung zum Fahrrad-Corso Richtung Wiesbaden. Foto: ADFC Bad Homburg via Twitter
Eine Autobahn voller Radfahrer: Aufstellung zum Fahrrad-Corso Richtung Wiesbaden. Foto: ADFC Bad Homburg via Twitter

Am Vormittag hatten sich zunächst nach Angaben der Polizei Westhessen mehr als 4.000 Teilnehmende in Frankfurt zu einer Auftaktveranstaltung versammelt. Anschließend startete der Aufzug gegen 13.15 Uhr über die zuvor gesperrten Bundesautobahnen A 648 und A 66 sowie die Bundesstraße B 455 in Richtung der Landeshauptstadt Wiesbaden. Dafür wurde die A 648 zwischen Frankfurt (Messe) und der A 66 von 12.45 Uhr bis 15.15 Uhr, die A 66 zwischen dem Krifteler Dreieck und dem Wiesbadener Kreuz von 13.45 Uhr bis 15.45 Uhr und der Abschnitt der A 66 zwischen Wiesbadener Kreuz und der Anschlussstelle Erbenheim von 15.00 Uhr bis 16.20 Uhr.

Der Fahrradkorso habe sich zwischenzeitlich auf eine Länge von bis zu zehn Kilometern ausgedehnt, berichtete die Polizei weiter. Über verschiedene Auffahrten entlang der BAB habe es auch regen Zulauf gewesen. Hatte die Polizei auf ihrem Twitter-Account zunächst noch von rund 4.000 Fahrradfahrern gesprochen, so korrigierte sie später nach: Man habe „noch mal nachgezählt und müssen auf ca. 8500 Teilnehmende nach oben korrigieren“, hieß es dann. Zur Beobachtung und Zählung des Corsos war unter anderem ein Polizeihubschrauber eingesetzt.

 

Zu Problemen kam es im Verlauf des Corsos wohl nicht, die Polizei meldete „keine besonderen Vorkommnisse.“ Die Veranstalter nannten am Abend auf ihrer Interseite die gleiche Teilnehmerzahl von rund 8,500 Radfahrenden und freute sich, dass ein breites Bündnis von Verkehrs-, Umwelt- und Sozialverbänden dem Aufruf gefolgt sei. In Wiesbaden hätten schließlich rund 12.000 Menschen an dem Verkehrswende-Festival in den Reisinger-Anlagen teilgenommen. Die Fahrrad-Demo war zwischen 15.55 Uhr und 16.30 Uhr in Wiesbaden eingetroffen.

Mehr als 70.000 Unterschriften für die Verkehrswende.- Foto: Initiative Verkehrswende Hessen
Mehr als 70.000 Unterschriften für die Verkehrswende.- Foto: Initiative Verkehrswende Hessen

Dort übergaben die Organisatoren dann auch 70.232 Unterschriften für ein Verkehrswende-Gesetz an den hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). „Obwohl unser Vorschlag zu einem hessischen Verkehrswendegesetz seit einem Jahr öffentlich vorliegt, hat sich die Landesregierung dazu bisher nicht geäußert“, kritisierte Stephan Voeth, einer der Vertrauenspersonen des Volksbegehrens. Das Bündnis Verkehrswende Hessen hatte am 1. September 2021 einen eigenen Gesetzestext für ein verkehrswende-Gesetz vorgelegt, da es „in Hessen bis heute seitens der Landespolitik keine Gesetzesinitiative gegeben hat, um diese Ziele zu erreichen.“

Die Initiative will mit dem Gesetz eigenen Angaben zufolge deutlich schneller einen leistungsfähigen und günstigen ÖPNV, durchgängige Radnetze, breite Geh- und sichere Schulwege erreichen. „Nur mit einer echten Verkehrswende können Klimaschutz, barrierefreie Mobilität für alle, verbesserte Verkehrssicherheit und lebenswertere Städte und Gemeinden verwirklicht werden“, betonte Katalin Saary, eine weitere Vertrauensperson.

 

Nun muss der Landeswahlleiter überprüfen, ob die eingereichten Unterschriften für ein Volksbegehren ausreichen, und ein solches auch formal zulässig ist – eine Voraussetzung haben die Initiatoren schon einmal geschafft: Laut Hessischer Verfassung braucht es mindestens 43.728 Unterschriften für ein gültiges Volksbegehren – allerdings müssen die auch alle ihren Wohnsitz in Hessen haben. Ein Teil der Prüfung widmet sich denn auch der Frage, wie viele von den mehr als 70.000 Unterzeichnern tatsächlich Hessen sind.

Fahrräder bei der Sternfahrt für die Verkehrswende. - Foto: Polizei Westhessen via Twitter
Fahrräder bei der Sternfahrt für die Verkehrswende. – Foto: Polizei Westhessen via Twitter

Die mehr als 70.000 Unterschriften waren nämlich nach Angaben des Bündnisses an mehr als 350 Sammelstellen im ganzen Bundesgebiet eingeholt worden. Al-Wazir habe das Engagement der Initiatoren gewürdigt, berichtete das Bündnis weiter: „“Das Engagement so vieler nötigt mir Respekt ab“, sagte Al-Wazir demnach: „Das sehe ich als Unterstützung für die Verkehrswende.“ Die Landesregierung habe nun „einen Monat Zeit, über unseren Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens zu entscheiden, spätestens dann muss sie unseren Gesetzesvorschlag bewerten“, betonte Robert Wöhler, einer der Campaigner.

Info& auf Mainz&: Die ganze Pressemitteilung der „Initiative Verkehrswende“ findet Ihr hier im Internet.