Die Rheinland-Pfälzer sind mit der Erreichbarkeit von Bus und Bahn an ihrem Wohnort besonders unzufrieden: Nur 51 Prozent der Rheinland-Pfälzer gaben nun beim Mobilitätsbarometer 2022 an, an ihrem Wohnort mit Bus und Bahn gut angebunden zu sein – das ist der vorletzte Platz unter den 16 Bundesländern. Hessen kommt hingegen auf Platz sechs. Auch die Radwege sehen 62 Prozent der Rheinland-Pfälzer als nicht ausreichend sicher an. Der BUND kritisierte, in Rheinland-Pfalz habe sich im Nahverkehr „wenig bis gar nichts“ getan.

Wie zufrieden sind die Menschen in Deutschland mit der Anbindung an Bus und Bahn? Das misst das Mobilitätsbarometer. - Foto: gik
Wie zufrieden sind die Menschen in Deutschland mit der Anbindung an Bus und Bahn? Das misst das Mobilitätsbarometer. – Foto: gik

Das Mobilitätsbarometer ist eigenen Angaben zufolge eine repräsentative deutschlandweite Befragung zur Zufriedenheit mit der ÖPNV-Anbindung und der Sicherheit im Rad- und Fußverkehr. Erstellt wird er im Auftrag der „Allianz pro Schiene“, des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und des Deutschen Verkehrssicherheitsrat. Anders als bei statistischen Erhebungen wird beim Mobilitätsbarometer das persönliche Empfinden der Bürger in den Mittelpunkt gestellt. Befragt wurden rund 2.000 Bundesbürger ab 14 Jahren zwischen dem 06. Oktober und 25. Oktober 2022.

Gefragt wird hierbei danach, wie zufrieden die Menschen mit dem ÖPNV-Angebot an ihrem Wohnort sind, oder ob sie sich von Bus und Bahn abgehängt fühlen. Liegt die nächste Haltestelle nah genug? Wie sieht es mit der Anzahl der Abfahrten aus? Stehen ausreichend sichere Radwege zur Verfügung, und wie hat sich das Sicherheitsgefühl als Fußgänger verändert?

- Werbung -
Werben auf Mainz&

 

Deutliche Defizite bei Anbindung und Taktung im ÖPNV

Das Ergebnis der neuesten Umfrage: Rheinland-Pfalz schneidet besonders schlecht ab.  Lediglich 51 Prozent fühlen sich hier an ihrem Wohnort mit Bus und Bahn gut angebunden – schlechter schnitt nur Mecklenburg-Vorpommern mit 44 Prozent ab. Gleich fünf Länder bewegten sich mit einer Zufriedenheit von 66 Prozent im Mittelfeld, darunter Baden-Württemberg,. Brandenburg oder das Saarland. Spitzenreiter sind die Stadtstaaten Bremen (98 Prozent Zufriedenheit) und Hamburg (97 Prozent). Hessen kommt mit 75 Prozent auf Rang 6 und gehört damit zu den drei besten Flächenländern.

Wie oft fahren Bus und Bahn am Wohnort? Zu selten, sagen die Rheinland-Pfälzer - hier eine neue Mainzelbahn-Haltestelle in Bau. - Foto: MVG Mainz
Wie oft fahren Bus und Bahn am Wohnort? Zu selten, sagen die Rheinland-Pfälzer – hier eine neue Mainzelbahn-Haltestelle in Bau. – Foto: MVG Mainz

Insgesamt aber sind die Deutschen mit dem Ausbauzustand des Öffentlichen Nahverkehrs nicht besonders zufrieden: Jeder Dritte ist unzufrieden mit der Erreichbarkeit von Bus und Bahn, in allen Bundesländern gibt es deutlichen verbesserungsbedarf bei der Taktung. Und nicht einmal jeder Zweite in Deutschland ist mit der Sicherheit der Radwege zufrieden: 66 Prozent gaben an, sie fühlten sich auf dem Fahrrad nicht sicherer als vor fünf Jahren.

Für Rheinland-Pfalz stellte die Studie „vor allem bei der Taktung ein deutliches Angebotsdefizit im ÖPNV“ fest: 42 Prozent der Befragten seien unzufrieden mit der Anzahl der Abfahrten an ihrer nächstgelegenen Haltestelle, so das Mobilitätsbarometer. Zudem zeige der Trend „keine wirkliche Verbesserung“, konstatieren die Forscher: 38 Prozent sind der Ansicht, dass sich die Taktdichte in den vergangenen fünf Jahren nicht verändert habe, jeder Dritte (33 Prozent) erlebte sogar eine Verschlechterung.

Auch bei Radwegen drittletzter Platz für Rheinland-Pfalz

Und auch bei der Fahrradinfrastruktur sieht das Mobilitätsbarometer Nachholbedarf: Nur 38 Prozent der Bevölkerung stünden am eigenen Wohnort sichere Radwege zur Verfügung – lediglich 18 Prozent gaben an, sich im Fahrradverkehr heute sicherer zu fühlen als vor fünf Jahren. 39 Prozent fühlten sich hingegen heute unsicherer. Bundesweit gaben immerhin 47 Prozent an, sichere Radwege zu haben, 34 Prozent fühlten sich im Schnitt heute sicherer, 28 Prozent jedoch unsicherer.

Auch bei der Radwegesicherheit schneidet Rheinland-Pfalz erneut schlecht ab. - Foto: gik
Auch bei der Radwegesicherheit schneidet Rheinland-Pfalz erneut schlecht ab. – Foto: gik

Ohne sichere Radwege und gute Radinfrastruktur verzichteten aber viele Menschen ganz aufs Rad, weil es ihnen zu gefährlich sei, betonen die Studienmacher weiter: „Damit der Fahrradverkehr seinen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende leisten kann, müssen flächendeckend sichere Radwege vorhanden sein. Die Ergebnisse des Mobilitätsbarometers zeigen, dass wir aus Sicht der Befragten davon noch weit entfernt sind.“

Scharfe Kritik kommt denn auch vom BUND Rheinland-Pfalz: „Das Mainzer Verkehrsministerium hat in zurückliegenden Legislaturperioden im öffentlichen Nahverkehr zu wenig bewegt“, kritisierte BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub. Für Straßen sei „immer Geld und Initiative vorhanden“ gewesen, darunter auch „für wenig sinnvolle Projekte“ wie der Ausbau von A1 in der Eifel, A643 in Mainz oder der B10 durch das Biosphärenreservat Pfälzerwald.

 

Um eine Verkehrswende zu erreichen, sei eine deutliche Steigerung der Bahnkilometer erforderlich, das habe auch die große Nutzung des 9-Euro-Tickets gezeigt, betonte der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Michael Carl. Der BUND habe bereits im Herbst 2020 einen Forderungskatalog zum öffentlichen Nahverkehr unter dem Titel „Neue Züge braucht das Land“ vorgelegt.

Mehr Züge, fordert unter anderem der BUND für Rheinland-Pfalz. - Foto: gik
Mehr Züge, fordert unter anderem der BUND für Rheinland-Pfalz. – Foto: gik

„Vergleicht man die BUND-Forderungen mit dem, was in den vergangenen beiden Jahren geschehen ist, so kommt man zu dem Ergebnis, dass wenig bis gar nichts passiert ist“, kritisierte Carl. Selbst kurzfristig realisierbare Maßnahmen, wie die Wiederinbetriebnahme der Trierer Nordstrecke, die Aartalbahn oder ein Regionalexpress (RE) zwischen Karlsruhe und Saarbrücken lägen „offenbar in weiter Ferne.“

„Es ist unabdingbar, dass nicht nur mehr Züge auf vorhandenen Strecken eingesetzt werden, sondern auch eine Reihe von Bahnlinien reaktiviert, ausgebaut und elektrifiziert werden“, forderte Carl. Auch bei der Anzahl der Abfahrten mit Bus und Bahn müsse eine deutliche Verbesserung erreicht werden, damit mehr Menschen den ÖPNV nutzten. „Nur mit einem guten Angebot kann der ÖPNV zum Rückgrat der Mobilitätswende werden“, betonte Carl.

 

Mainz 2020 schon Schlusslicht beim ADAC-Radwegetest

Es ist zudem nicht das erste Mal, dass Rheinland-Pfalz schlecht bei der Radwegeinfrastruktur abschneidet: Selbst die Radfahrerstadt Mainz wurde noch 2020 Schlusslicht beim ADAC-Radwegetest. Die Tester rügten vor allem den mangelhaften Zustand der Radwege und die viel zu engen Fahrradtrassen. Beim ADFC-Fahrradklimatest kam Mainz 2020 auf den zehnten Platz in der Kategorie von Großstädten von 200.000 bis 500.000 Einwohnern – allerdings hatte sich die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt mit einer Note von 4,0 leicht verschlechtert.

Von den Autos abgetrennter Radweg in Wiesbaden. - Foto: Stadt Wiesbaden
Von den Autos abgetrennter Radweg in Wiesbaden. – Foto: Stadt Wiesbaden

Während sich die Nachbarstadt Wiesbaden stark verbesserte, und auf Rang 7 vorschob, rügte die Studie bei Mainz unter anderem zu schlechte Radwege-Oberflächen, zu viele Konflikte mit Autos und Fußgängern, die Führung an Baustellen und die Ampelschaltungen für Radfahrer als besonders schlecht. Aktuell läuft der ADFC-Fahrradklimatest 2022, noch bis Ende November kann man an der Umfrage teilnehmen – Infos dazu sowie zu den Ergebnissen von 2020 findet Ihr hier im Internet.

In Hessen freute sich Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) über die guten Noten für sein Bundesland: „Dreiviertel der Befragten sind der Meinung, dass sie gut an Bus und Bahn angebunden sind, damit ist Hessen einer der Spitzenreiter unter den Flächenländern.“, freute sich der Minister. Trotzdem sei klar: „Der Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn geschieht nur, wenn der Öffentliche Nahverkehr ein gutes Angebot bietet, bequem und bezahlbar ist“, unterstrich Al-Wazir. Es müssten noch mehr Menschen besser angebunden und die Taktungen erhöht werden.

Bei den Radwegen gebe es hingegen „noch viel zu tun“, räumte Al-Wazir ein, der Bau sicherer Radwege brauche Zeit, oft mehrere Jahre. Er appelliere deshalb an die hessischen Städte und Gemeinden, die Beratung und Förderprogramme des Landes Hessen in Anspruch zu nehmen: „Allein in diesem Jahr stehen fast 26 Millionen Euro Landesmittel für den kommunalen Geh- und Radwegebau zur Verfügung“, betonte Al-Wazir.

Info& auf Mainz&: Das ganze Mobilitätsbarometer mit allen Ergebnissen findet Ihr hier im Internet. Den Forderungskatalog des BUND, „Neue Züge braucht das Land“, findet Ihr hier auf der Homepage des BUND Rheinland-Pfalz. Mehr zum Thema Verkehr in Mainz lest Ihr auch in diesem Mainz&-Artikel: Was die OB-Kandidaten in Mainz zum Thema Verkehrspolitik sagen.