Seit August 2018 streikt die schwedische Schülerin Greta Thunberg jeden Freitag in Stockholm für mehr Umweltschutz und die Rettung des Klimas, inzwischen ist aus ihrer einsamen Aktion eine weltweite Bewegung geworden. Am Freitag trafen sich zum zweiten Mal auch Mainzer Schüler zum Schulstreik. Rund 500 Teilnehmer zogen unter dem Motto „Fridays for Future“ quer durch die Mainzer Innenstadt, schwenkten Plakate, hielten Reden. „Das hier ist ein Streik, kein Schwänzen“, stellte eine Rednerin klar: „Wir sind hier, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die wichtigen Dinge zu lenken: auf Klimagarechtigkeit und den Einsatz für die Umwelt.“

Rund 500 Schüler streikten am Freitag in Mainz unter dem Motto Fridays for Future für die Rettung des Weltklimas. – Foto: gik

Sie springen, sie hüpfen, sie schwenken selbstgemalte Plakate. Im Hintergrund läuft der Song „We are the World“, immer mehr Schüler strömen auf den Platz vor dem Mainzer Hauptbahnhof.  „Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut“, skandieren sie wieder und wieder. Es ist Viertel nach Zehn am Freitagmorgen, und Alexander und seine Freunde sollten eigentlich im Unterricht sitzen. „Mir ist ein Fehltag lieber, als eine kaputte Erde“, sagt der 12-Jährige.

„Fridays for Future“ heißt die weltweite Schülerstreik-Bewegung, ausgelöst von der 16 Jahre jungen schwedischen Umweltaktivistin Greta Thunberg. Und wie Greta sind sie heute hier nach Mainz an den Hauptbahnhof gekommen, um ihrem Unmut Luft zu machen. „Es ist gut, was Greta gemacht hat“, findet Alexander, „so wird es immer schwerer, das zu ignorieren.“

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„Das“ – das ist der Protest der jungen Leute gegen die Zerstörung der Umwelt, gegen den hausgemachten Klimawandel, und vor allem gegen das Nichtstun der Erwachsenen. „Mich macht das unglaublich wütend“, sagt Sophie, „die sagen immer, sie machen was, und tun’s dann doch nicht.“ Sophie ist 13, wie Alexander geht auch sie in die 7. Klasse des Mainzer Frauenlob-Gymnasiums. Es ist ihre erste Demo überhaupt, und ein bisschen aufgeregt sind sie schon. „Wir sind hier, weil es passieren wird“, betont Alexander, „es wird nach uns keine ordentliche Erde mehr geben.“

Alexander, Sophie, Joseph und ihre Freunde aus der 7. Klasse des Frauenlob-Gymnasiums streikten bei Fridays for Future mit. – Foto: gik

Zum zweiten Mal haben die Organisatoren zum Freitagsstreik in Mainz aufgerufen, beim ersten Mal Mitte Januar seien 1.600 Teilnehmer gekommen, berichtet Vincent Lohmann, einer der Organisatoren. An diesem sonnigen Februartag haben es ungefähr 500 Schüler zum Mainzer Hauptbahnhof geschafft. „Ich denke ganz klar, die Politik tut nicht genug, um die Welt zu schützen, um unsere Erde zu schützen“, sagt Lohmann, der in die 13. Klasse des Gymnasiums Mainz-Oberstadt geht.

Auch Lohmann engagiert sich zum ersten Mal in seinem Leben, von einem Freund hörte er von der Fridays for Future-Bewegung, sie vernetzten sich über Whattsapp-Gruppen. die Veränderung der Umwelt, die Bedrohung für die Erde, ja, „das ist auf jeden Fall eine Thema bei uns im Freundeskreis“, sagt der 18-Jährige. Die Schulstreiks am helllichten Tag , sagt er, „sind eine Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu bekommen.“ Schließlich gebe es auch Samstagsdemos für die Umwelt, „aber da berichtet kein Mensch drüber.“

Neun Forderungen an die Politik haben sie aufgestellt: Die Versorgung von Rheinland-Pfalz zu 100 Prozent aus Erneuerbarer Energien bis 2030 gehört dazu, ein deutlicher Ausbau und Reaktivierung von Bahnstrecken, die Reduzierung des Autoverkehrs, die Investition von Millionen in Radwege und ÖPNV. Die Landesregierung solle sich im Bund für die Einführung des kostenlosen ÖPNV einsetzen, heißt es weiter, man wolle ein günstiges landesweites ÖPNV-Ticket nach dem Vorbild des hessischen 365-Euro-Schülertickets. Auch die Förderung klimafreundlicher Ernährung, eine Agrarwende, und die Begrenzung des Einflusses von Wirtschaftslobbyisten auf die Politik gehören dazu.

Am Donnerstag lud Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) die Schüler zum Austausch in die Staatskanzlei. „Das ist ein Zeichen, dass wir wahrgenommen werden und eventuell auch Druck ausüben können“, sagt Lohmann: „Es geht darum, den Supergau zu verhindern.“ Einschlägige Studien zeigten ja, „dass es nicht mehr viel Zeit gibt um es zu verhindern.“ Elf Jahre habe die Menschheit noch Zeit, betont auch Alexandra Kalpadikou in ihrer Rede, die 18 Jahre alte Schülerin aus Bad Schwalbach engagiert sich im hessischen Bund für Umwelt und Naturschutz. „Prognosen zeigen, wie wir uns bis 2030 verhalten, ist entscheidend dafür, ob wir die menschengemachte Erderwärmung noch begrenzen können“, sagt Kalpakidou, und beruft sich auf Berichte des Weltklimarates: „Wir haben keine Zeit zu warten, bis wir alle erwachsen sind.“

Forderungen auf Pappe: Bei Fridays for Future ging es um den schnellen Kohleausstieg, gegen Billigflieger und gegen die Klimaerwärmung insgesamt. – Foto: gik

Die Menschheit habe ein Aufmerksamkeitsproblem, sagt Kalpadikou, nämlich „das Problem, unsere Aufmerksamkeit auf die relevanten Dinge zu richten.“ Die Klimapolitik der vergangenen Jahre sei „geradezu kurzsichtig“ gewesen, und dabei seien die Alternativen für einen besseren Umgang mit der Umwelt ja sogar da – Elektroautos, Wind- und Solarenergie, Bahnverkehr statt Fliegen, pflanzliche Ernährung, regenerative Landwirtschaft. „Deshalb sind wir hier, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die wichtigen Dinge zu lenken: auf Klimagarechtigkeit und den Einsatz für die Umwelt“, sagt Kalpadikou, und betont: FridaysforFuture, sei „ein Streik, kein Schwänzen“ – wem es nur ums Schwänzen gehe, könne auch in die Stadt verschwinden.

Das sehen auch Tayla und Zoe so, die Oberstufenschülerinnen sind eigens aus Wiesbaden zum Fridays for Future nach Mainz gekommen. „Es ist uns wichtig, ein Zeichen zu setzen“, sagt Zoe. Acht Schulstunden werden sie dafür verpassen „Es ist so ein Spruch aber es stimmt einfach: Es gibt keinen Planeten B“, sagt Tayla: „Es ist unsere Zukunft, unser Planet.“ Weitermachen wollen sie auf jeden Fall, auch wenn es Kritik und Druck an ihrem Streik gibt. Einmal im Monat solle in Mainz gestreikt, ein Zeichen für die Zukunft gesetzt werden, sagte Lohmann Mainz&.

„Gegenwind? Wir bleiben stehen“, steht auf dem kleinen Schild von Nadeshda. Die Lehrer am Frauenlob hätten gesagt, ihr Streik sei ok, aber entschuldigen dürften sie die Schüler nicht, berichtet sein Freund Joseph. Vincent Lohmann spricht von einer „Drohkulisse“, die an manchen Schulen aufgebaut werde. „Es gab Schüler, die unentschuldigte Fehlstunden bekommen haben“, sagte er, die Drohungen zeigten aber ja auch, „dass der Druck angekommen ist.“ Im Mainzer Bildungsministerium heißt es, das Anliegen der Schüler sei „absolut begrüßenswert“, eine Beurlaubung der Schüler könne aber nicht gewährt werden. Wie auf die Fehlzeiten reagiert werde, sei aber Sache der Schulen. Nadeshda zuckt da nur die Achseln. „Es sind Fehlzeiten“, sagt der 12-Jährige, „auf die wir stolz sein können.“

Info& auf Mainz&: Die Mainzer Initiative „Fridays for Future“ findet Ihr hier auf dieser Facebookseite.

 

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