Seit Beginn der Corona-Pandemie hatte die Stadt Mainz die Winter-Container für Obdachlose am Fort Hauptstein für wohnungslose Menschen offen gehalten, doch damit ist es nun vorbei: Am Dienstagnachmittag wurden die Container geräumt und verschlossen. „Es sitzen noch immer Menschen hier vor den Containern, die nicht wissen, wohin sie sollen“, berichtete am Abend Maximilian Klinkner von der Linksjugend Solid Mainz gegenüber Mainz&. Es habe auch keine Begründung für die Schließung gegeben, kritisierte er. Die räumende Firma habe Betten und Wohnuntensilien der Bewohner einfach entsorgt, kritisierte auch Marcio Demel vom Verein „Rheinhessen hilft“: „Die Stadt Mainz hat doch eine Nachsorgepflicht für diese Menschen, stattdessen hüllt sie sich in Schweigen“, kritisiert er.
Die Wohncontainer am Fort Hauptstein sollten eigentlich im März am Ende der Wintersaison geschlossen werden – doch dann kam die Corona-Pandemie mit ihrem Aufruf, zu Hause zu bleiben, um die Ausbreitung des hochansteckenden Coronavirus einzudämmen. Für Obdachlose stellte das ein besonderes Problem da, die Stadt ließ sich deshalb überreden, die Container weiter offen zu halten. Die Übernachtung im Vier-Bett-Container sei kostenlos und zeitlich nicht begrenzt gewesen, sagte Marlon Demel vom „Verein zur Förderung sozial und gesundheitlich benachteiligter Menschen in Mainz und Umgebung“, der auch den Namen „Rheinhessen hilft“ verwendet. Insgesamt hätten sechs Schlaf-Container zur Verfügung gestanden, davon einer ausschließlich für Frauen. Dazu gab es einen Sanitär-Container mit Sanitäranlagen und Dusche.
Am Dienstagnachmittag seien die Container dann aber geräumt und verschlossen worden, berichtete Demel empört auf der Facebookseite des Vereins: „Die Bewohner sind sich nun selbst überlassen, die Toiletten wurden verschlossen, insbesondere Frauen haben nun ein Problem.“ Die ausführende Firma habe zudem „viel an Fremdeigentum der Bewohner entsorgt, darunter teilweise hochwertige Decken und andere Gegenstände, die wir selbst an die Bewohner vor Wochen verteilt haben“, kritisierte Demel. Es stelle sich die Frage, ob diese Gegenstände nicht eigentlich wie bei einer Räumung einer Wohnung auch eingelagert werden müssten.
„Das ist heute Nachmittag um 16.00 Uhr passiert, alle Container sind ausgeräumt und mit Schlössern versiegelt“, berichtete auch Maximilian Klinkner von der Linksjugend „Solid Mainz“, der Jugendorganisation der Partei „Die Linke“ gegenüber Mainz&. Am Abend würden sich immer noch acht Personen bei den Containern aufhalten, weil sie nicht wüssten, wohin sie gehen sollten, die hätten keinen Zugang zu fließendem Wasser oder zu Toiletten, berichtete Klinkner weiter: „Diese Menschen seien „schon länger wohnungslos – was ist denn die Alternative?“
Die Schlafcontainer wurden für die Stadt Mainz von der Gesellschaft für Psychosoziale Einrichtungen (gpe) betreut, die Firma kündigte am 16. Mai in einem Brief die Räumung der Container an. Man danke für die gemeinsame Zeit, die Container würden nun aber am 26. Mai abgebaut, heißt es in dem Schreiben, das Mainz& vorliegt: „Wir wünschen Ihnen Kraft und Rückenwind führ Ihren weiteren Weg.“ Zudem wird auf weitere Hilfsangebote der Stadt für Obdachlose verwiesen, etwa die Teestube der Pfarrer-Landvogt-Hilfe, Beratungsstelle und die Medizinische Ambulanz auf der Mainzer Zitadelle. Zu Unterkunftsmöglichkeiten gibt das Schreiben keine Auskunft.
„Die Pandemie ist doch nicht vorbei“, kritisierte Klinkner, wo sollten die Menschen denn hin? „Die wollen ja keinen Palast, eine Wiese, auf der man ein Zelt aufstellen könnte, würde ja schon reichen“, sagte Klinkner:“ Dass die Stadt die Menschen hier einfach so sitzen lässt, geht gar nicht.“ Man habe am Nachmittag versucht, die Stadt Mainz zu erreichen, berichtete auch Marcio Demel, Erster Vorsitzender von „Rheinhessen hilft“, man habe aber keine Reaktion bekommen.
„Von der Stadt Mainz aus wurde kein Finger gerührt“, kritisiert Demel, „die Leute sind geschockt, die existierenden Heime sind voll und nehmen niemanden auf.“ Die Stadt „muss sich doch um eine Nachsorge kümmern“, kritisierte Demel, stattdessen würden die Bewohner einfach auf die Straße gesetzt. „Wer als Stadt Mainz am Tag des Geschehens schweigt, handelt nicht sozial, sondern unsozial“, kritisierte Demel, „von einer SPD-geführten Stadt haben wir dies nicht erwartet.“ Die Stadt wollte sich am Dienstagabend auf Mainz&-Anfrage dazu nicht äußern.
Info& auf Mainz&: Die Fotos vom Fort Hauptstein und den betroffenen Obdachlosen wurden uns von der Linksjugend zur Verfügung gestellt, die Fotografierten haben ausdrücklich zugestimmt, für die Zeitung fotografiert zu werden. Die Gesichter haben wir dennoch unkenntlich gemacht. Mehr zum Thema Obdachlose in der Corona-Pandemie lest Ihr hier bei Mainz&.