Der neue Coronavirus-Subtyp BA.5 ist auch in Deutschland angekommen: Die Variante der Omikron-Mutante sei bereits im Mai bei Abwasseruntersuchungen in Wiesbaden nachgewiesen worden, teilte die Stadt Wiesbaden nun mit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält den neuen Subtyp derweil für noch einmal ansteckender – und für gefährlicher. In Portugal, wo sich BA.5 derzeit massiv ausbreitet, steigen bereits schwere Fälle und Krankenhauseinweisungen wieder. Experten schließen eine Sommer-Corona-Welle nicht mehr aus. Aus Mainz gibt es hingegen keinerlei Zahlen zur Ausbreitung von BA.5, ein Abwasser-Monitoring-Projekt wurde hier 2021 eingestellt. Droht eine Sommerwelle?

Corona-Maßnahmen in Deutschland, aufgespießt schon 2021 vom Karikaturisten Ralf Böhme. - Copyright: RABE Cartoon
Corona-Maßnahmen in Deutschland, aufgespießt schon 2021 vom Karikaturisten Ralf Böhme. – Copyright: RABE Cartoon

Die Corona-Zahlen sinken seit Wochen, die Zahl der Infektionen ging seit Anfang April steil nach unten – doch nun scheint eine Art Talsohle erreicht. Seit Mitte Mai bewegt sich die Sieben-Tage-Inzidenz in Mainz dauerhaft zwischen 300 und 400, am Donnerstag lag sie gar wieder bei 397,9. Das Landesuntersuchungsamt meldete am gleichen Tag 2.160 neue, Laborbestötitg5te Corona-Infektionen in Rheinland-Pfalz, landesweit liegt die Inzidenz derzeit bei 251,5 – am Vortag hatte sie noch bei 204 gelegen. Auch die Hospitalisierungsrate stieg leicht von 1,47 auf 1,74.

Doch nun könnte neues Ungemach drohen, Experten warnen bereits vor einer neuen Sommerwelle noch deutlich vor dem Herbst. Der Grund heißt BA.5 und breitet sich derzeit rasant in Portugal aus. BA.5 ist ein Subtyp der Omikron-Variante des Coronavirus, in Portugal macht der Typ bereits 80 Prozent der Neuinfektionen aus – und beschert dem kleinen Land am Atlantik den derzeitigen Corona-Spitzenwert in Europa.

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BA.5 sei „auf jeden Fall ansteckender und gefährlicher als die ursprüngliche Omikron-Variante BA.1“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nun im „Heute Journal“. Der Subtyp könne im Herbst die Variante sein, „mit der wir kämpfen müssen“, sagte der Minister weiter, und betonte: „Das ist auf jeden Fall eine Variante, die man nicht haben möchte, und wo wir gut vorbereitet sein müssen.“

In der Kläranlage Wiesbaden wurde der neue Omikron-Subtyp BA.5 bereits nachgewiesen. - Foto: Autobahn GmbH
In der Kläranlage Wiesbaden wurde der neue Omikron-Subtyp BA.5 bereits nachgewiesen. – Foto: Autobahn GmbH

Tatsächlich steigen in Portugal nicht nur die Infektionen, sondern auch die schweren Fälle – und die Todeszahlen. Der Subtyp BA.5 wurde laut Weltgesundheitsorganisation WHO zum ersten Mal im Januar 2022 in Südafrika festgestellt. Laut dem Berliner Virologen Christian Drosten stammen BA.4 und 5 nicht von BA.1 bis 3 ab, sondern sind Varianten des gemeinsamen Omikron-Vorläufers, wie Heute Online schreibt.

„Diese Varianten haben zusätzlich zu Omikron im Spike eine L452R Mutation, die man unter anderem aus Delta kannte und die im Hamster die Virulenz erhöht“, schrieb Drosten jüngst auf Twitter. Zudem sei eine „Immunflucht wahrscheinlich“, das heißt: Die Menschen stecken sich trotz Impfung an, auch wer schon einmal Coronas hatte, kann sich wohl wieder infizieren.

 

Und BA.5 ist auch in Deutschland angekommen: Die Sublinien BA.4 und BA.5 der Omikron-Variante seien im Mai im Rahmen von Abwasseruntersuchungen auch bereits in Wiesbaden nachgewiesen worden, teilte die hessische Landeshauptstadt am Freitag mit. Mittels eines solchen Abwasser-Monitorings können Experten die Ausbreitung von Viren wie eben dem Coronavirus frühzeitig aufspüren.

Corona-Abwasser-Monitoring in der Kläranlage Mainz im Sommer 2021. - Foto: gik
Corona-Abwasser-Monitoring in der Kläranlage Mainz im Sommer 2021. – Foto: gik

Ein solches Abwasser-Monitoring hatte es für ein paar Monate auch in Mainz gegeben, die bundesweite Forschungsgruppe bilanzierte nach Auswertung der Messungen im Sommer 2021: Die im Mainzer Abwasser gemessenen Viren spiegelten den Pandemie-Verlauf genau wieder, auch die neue Welle im Herbst 2021 habe sich frühzeitig abgebildet – das Abwasser-Monitoring sei gut geeignet neue Pandemie-Wellen zu entdecken. Trotzdem stellte das Land Rheinland-Pfalz das Projekt ein, auch die Stadt Mainz wollte die Messungen nicht fortsetzen

Die ÖDP hatte das scharf kritisiert: In Österreich werde ein solches Abwasser-Monitoring längst professionell betreiben, „ich verstehe nicht, warum das in Deutschland nicht geht.“, kritisierte Fraktionschef Claudius Moseler im Gespräch mit Mainz&. Gerade als Vorhersagesystem für den kommenden Herbst könnte ein solches Überwachungssystem wertvoll sein, hatte Moseler im Februar argumentiert: Sehe man, dass die Gesamtvirenlast im Abwasser wieder steige, könnte die Stadt frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen, wie etwa eine Maskenpflicht.

 

Zur Ausbreitung von BA.5 in Rheinland-Pfalz gibt es bisher keine Informationen, der Tagesbericht des Landesuntersuchungsamtes schweigt sich dazu aus – und beim Gesundheitsamt Mainz-Bingen wurden die täglichen Corona-Meldungen an die Presse eingestellt. Auch im Wochenbericht des Landesuntersuchungsamtes kommt BA.5 bisher nicht vor. Beim Robert-Koch-Institut heißt es derweil, derzeit dominier noch der Omikron-Subtyp BA.2 – doch der Anteil von BA.5 steige.

Hält BA.5 für ansteckender und gefährlicher: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). - Screenshot: gik
Hält BA.5 für ansteckender und gefährlicher: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). – Screenshot: gik

„Der Anteil von BA.5 nahm weiter zu“ und liege nun bei 5,2 Prozent, heißt es im jüngsten Wochenbericht des RKI vom 2. Juni 2022 – damit hat sich der Anteil des neuen Subtyps binnen einer Woche klar verdoppelt. Genau nach dem gleichen Schema hatten sich auch die Corona-Varianten Delta und später Omikron verbreitet: Zuerst das Auftreten in Großbritannien und Portugal, dann Beginn auf niedrigem Niveau, erste Verdopplung der Fälle – und schließlich exponentielle Übernahme der Infektionen durch den neuen Subtyp.

Die letzte BA.5-Zahl des RKI stammt allerdings schon aus der 20. Woche – also von vor zwei Wochen. Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer geht deshalb davon aus, dass BA.5 sich bereits deutlich weiter verbreitet haben und bereits bei einem Anteil von 20 Prozent liegen könnte. Der neue Subtyp könne auch für den seit Wochenbeginn verzeichneten neuen Anstieg der Corona-Infektionen verantwortlich sein, sagte Stürmer dem ZDF.

 

Lauterbach forderte nun, Bund und Länder müssten sich für eine neue Welle vorbereiten, vor allem für den Herbst. Doch das bisherigen Infektionsschutzgesetz läuft Mitte September aus, Bund und Länder verhandeln nun über seine Fortführung und die Frage: Welche Maßnahmen will sich Deutschland künftig für die Bekämpfung weiterer Corona-Wellen geben? Derweil stockt die Evaluation über die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen in Deutschland – eine Kommission will nun am 30. Juni ihren Bericht vorstellen.

In Wiesbaden warnte Gesundheitsdezernent Oliver Franz (CDU) nun, die derzeit milderen Infektionsverläufe könnten „zu einer Untererfassung der Fälle beitragen“ – es wird derzeit schlicht weniger getestet und damit auch weniger Infektionen erfasst. Gleichzeitig allen allerorts derzeit die Masken – damit wird der neuen Variante weiter Vorschub geleistet.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Omikron-Subtyp BA.5 und den Folgen findet Ihr auch hier bei Heute Online. Einen ausführlichen Bericht zum Corona-Abwasser-Monitoring in Mainz lest Ihr hier bei Mainz&:

Corona im Abwasser: Messungen in Mainz spiegelten Verlauf der Pandemie gut wieder – Projekt eingestellt