Polarlichter sind normalerweise Himmelserscheinungen ausschließlich der nördlichen Breiten, doch in diesen Nächten könntet Ihr sie womöglich sogar am Himmel über Mainz sehen: Eine ungewöhnlich starke Sonneneruption hat vor zwei Tagen besonders viel Plasma ins All geschleudert, die Plasmawolke werde je nach Geschwindigkeit irgendwann zwischen Freitagabend und Samstagabend die Erde erreichen, berichteten nun die Meteorologen. Damit könnten sogar in unseren Breiten die grell leuchtenden Lichter am Himmel zu sehen sein.
„Polarlichter entstehen, wenn elektrisch aufgeladene Teilchen von der Sonne in die Erdatmosphäre gelangen“, heißt es bei den Kollegen des ZDF: Diese Teilchen träfen auf Sauerstoffatome und bringen diese auf ein höheres Energieniveau und damit zum Leuchten – das passiert in etwa 100 Kilometern Höhe. Das so entstehende Licht ist als Bewegung von weißen oder leuchtend grünlichen Schleiern zu sehen, heißt es beim ZDF – im hohen Norden können die Himmelsschleier hingegen alle Farben annehmen, ein beeindruckendes Himmelsschauspiel, das jedoch Hauptsächlich rund um die Pole zu sehen ist, und damit meist weit weg von unseren Breiten.
Doch an diesem Wochenende ist das anders: Am Donnerstagabend habe es auf der Sonne einen besonders starken Plasmaausbuch gegeben, berichtet Björn Goldhausen, Pressesprecher und Meteorologe von WetterOnline – und nach derzeitigem Stand habe die Eruption und der damit verbundene Masseauswurf genau in Richtung Erde stattgefunden. „Je nach Geschwindigkeit der Plasmawolke wird diese im Zeitfenster vom späten Freitagabend bis Samstagabend die Erde erreichen“, sagte Goldhausen weiter: „Die Chancen Polarlichter bis in mittlere Breiten zu sehen, steigen somit deutlich an und sind so gut wie schon lange nicht mehr.“
Ob tatsächlich Polarlichter am Himmel zu sehen sein werden, ist aber unklar: „Das Wetter spielt leider längst nicht in allen Landesteilen mit“, sagte Goldhausen. Die Nacht zum Samstag beginne zwar meist noch klar, von Westen zögen aber dichte Wolken auf, gegen Morgen kann regen einsetzen, vor allem im Südwesten. In der Nacht zum Sonntag schwänden dann die Chancen, Polarlichter zu Gesicht zu bekommen weiter, denn dann zögen zunehmend dichte Wolken durch – im Westen rechnen die Meteorologen sogar mit einem komplett wolkenverhangenen Himmel.
Schade – denn Polarlichter sind ungewöhnlich seltene und faszinierende Erscheinungen, die allerdings keinen ganz ungefährlichen Hintergrund haben: Die Plasmawolken von der Sonne können erhebliche Störungen im GPS-System auf der Erde und sogar Stromausfälle verursachen. Der aktuelle Ausbruch auf der Sonne habe knapp eine Stärke der höchsten Kategorie X erreicht, berichtet Goldhausen weiter. Erst im Sommer 2021 habe es den letzten Ausbruch mit einer ähnlichen Stärke gegeben – er sorgte für einen rund einstündigen Ausfall des GPS-Systems und stundenlange Störungen im Radioempfang.
„Anders als diesmal, ereignete sich der Ausbruch im Sommer allerdings am Rand der Sonne und war nicht genau erdgerichtet“, sagte Goldhausen weiter. Beide Ausbrüche kennzeichneten im Übrigen die „wiedererwachende Sonne“: „War es auf unserem Fixstern bis Ende 2019 eher ruhig, so nimmt die Aktivität seitdem wieder zu“, erklärt der Meteorologe. Der Höhepunkt des aktuellen Sonnenzyklus werde im Sommer 2025 erwartet, Experten gingen allerdings von einem eher schwachen Zyklus aus.
„Doch keine Panik: Uns Menschen bereitet die Strahlung direkt keine Probleme“, beruhigt der Experte: „Unser Schutzschild, das Magnetfeld, ist auf Zack und spannt sich wie ein Wächter im All um die Erde.“ Problematischer sehe das allerdings für Astronauten und Piloten aus, denn diese seien teils massiver Strahlung ausgesetzt. Ausgerechnet jetzt, nämlich am Sonntag, startet der deutsche Astronaut Matthias Maurer ins All, der Saarländer soll ein halbes Jahr lang auf der Internationalen Raumstation ISS leben und mehr als 100 Forschungsexperimente durchführen – mehr dazu hier bei ZDF heute.
Wie groß die Auswirkungen des Sonnensturms jetzt „auf technische Systeme wie GPS oder den Radioempfang sein werden, bleibt abzuwarten“, sagte Goldhausen. Sehr schwere Ausbrüche, zu denen dieser aber nicht zähle, seien „durchaus in der Lage für großflächige und langanhaltende Stromausfälle zu sorgen – im Extremfall weltweit.“
Info& auf Mainz&: Wie das Wetter in der kommenden Nacht wird, könnt Ihr natürlich auf Wetteronline.de nachschlagen.