Rückschlag für die Stadt Mainz im Kampf um mehr Wohnraum: Die GFZ-Kaserne in der Mainzer Oberstadt wird doch nicht, wie vorgesehen, 2019 von der Bundeswehr geräumt. Die Räumung verschiebe sich wohl bis 2022, teilte die Stadt Mainz nun mit, das habe man selbst erst aus der Presse erfahren. Entsprechend wütend ist man bei der Stadt: Das neun Hektar große Gelände mitten am Eingang zur Mainzer Innenstadt spielt eine wichtige Rolle in den Plänen der Stadt zur Schaffung von Wohnraum in Mainz, die Verschiebung ist nun ein herber Rückschlag. Zumal es nicht die erste ist: Seit Jahren verzögert die Bundeswehr die Räumung des Geländes immer wieder, auch weil Bauarbeiten auf dem Gelände der Kurmainz-Kaserne am Eingang nach Hechtsheim nicht fertig werden. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) schrieb deshalb jetzt gleich zwei wütende Briefe – einen an Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und einen an Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
Seit Jahren schon schaut die Stadt Mainz mit begehrlichen Blicken auf das Gelände der Generalfeldzeugmeister-Kaserne in der Oberstadt, das weitläufige Areal wird seit geraumer Zeit von der Bundeswehr nur noch in sehr geringem Maße genutzt. Das 8,7 Hektar große Gelände zwischen St. Vinzenz-Krankenhaus und Pariser Straße dümpelt schon lange vor sich hin, viele Gebäude stehen schon seit Jahren leer. Pläne gab es bereits viele, das Hochhaus etwa hätte die Stadt gerne schon 2015 als Flüchtlingsunterkunft genutzt – es wurde nie etwas daraus. Anfang 2017 dann hieß es, jetzt endlich komme Bewegung in die Sache, die Bundeswehr werde das Gelände bis Ende 2019 räumen. Die Stadt würde hier gerne 500 Wohnungen entstehen lassen und dazu Gewerbe ansiedeln, nun stockt das Vorhaben erneut.
„Mit großer Verwunderung“ habe er einen neuen Zeitplan aus einer Berichterstattung im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags zur Kenntnis genommen, nachdem sich die Übergabe des GFZ-Geländes an die Stadt Mainz „bis in das Jahr 2022“ verzögern solle, schrieb Ebling am Dienstag in einem Brief an Ministerin von der Leyen. „Offenbar hielt es Ihr haus für nicht geboten, die Stadt Mainz über diese Überlegungen sofort und unmittelbar zu unterrichten“, schreibt Ebling deutlich verärgert weiter. Die Verzögerung habe aber „fatale Konsequenzen“ für die Landeshauptstadt Mainz und den Mainzer Wohnungsmarkt, auch die Entwicklung wertvoller Gewerbeflächen werde gehemmt – explizit nennt Ebling den Bereich der Biotechnologie-Branche. Es gelte, die Abwanderung hochflexibler Firmen zu verhindern, deren Personal sich aus international anerkannten fach- und Spitzenkräften rekrutiert.
Am Rande der GFZ-Kaserne hat sich in den vergangenen Jahren etwa die Firma BionTech angesiedelt, die im Bereich der Krebsbekämpfung führende Verfahren entwickelt – und die sich gerne weiter ausdehnen würde. Die Firma sei deshalb an die Stadt Mainz herangetreten, sagte Ebling – und offenbar hat man hier auch schon Zusagen gemacht: Die Stadt habe gemeinsam mit dem Unternehmen „auf den gesetzten Zeitplan“ mit der Räumung Ende 2019 vertraut, schreibt Ebling wütend weiter. Angesichts der Nöte seiner Stadt, aber vor allem auch der zeitlichen Abläufe des Freigabeprozesses der Kaserne sei er „mehr als enttäuscht“, schriebt Ebling weiter. Bereits Ende 2011 sei über die Aufgabe der GFZ-Kaserne grundsätzlich im Verteidigungsministerium entschieden worden. „Wenn der dann einsetzende Prozess sich über mehr als zwei Jahrzehnte erstreckt, ist dies nur noch schwer begreiflich und den Bürgern auch nicht mehr vermittelbar“, fügte der OB hinzu.
Bereits vor einem Jahr waren nämlich erneute Verzögerungen für die Freigabe bekannt geworden, damals kamen die Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne in Hechtsheim nicht voran – hier muss Platz für die Soldaten aus der GFZ-Kaserne geschaffen werden. Ursache vor einem Jahr war unter anderem Personalmangel im Landesbetrieb Bauen von Rheinland-Pfalz – und ganz ausgeräumt sind die Probleme offenbar auch noch nicht: „Ich bitte weiterhin auch das Land Rheinland-Pfalz, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Bautätigkeiten auf dem Gelände der Kurmainz-Kaserne im vorgesehene Zeitplan abzuschließen“, schrieb Ebling an Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Der Mahnbrief in die Staatskanzlei ist besonders denkwürdig, war Ebling doch selbst vor seiner Zeit als Oberbürgermeister Staatssekretär in der rheinland-pfälzischen Landesregierung.
Der Druck in Mainz ist jedenfalls hoch, in beiden Briefen – die Mainz& vorliegen – verweist Ebling auf den hochgradig angespannten Wohnungsmarkt in Mainz. „Trotz aller gemeinsamer Anstrengungen entspannt sich die Situation nicht so schnell wie gewünscht“, schreibt Ebling weiter, „selbst eine Stagnation ist an vielen Stellen leider nicht spürbar.“ So hätten sich die Bodenrichtwerte in der Stadt binnen weniger Jahre um rund 300 Prozent erhöht. Und Ebling erneuerte in beiden Briefen auch noch einmal sein Angebot zur Unterstützung: Die Stadt sei gerne bereit, jede Unterstützung für die Zusammenführung der beiden Bundeswehrstandorte zu leisten. „Ich bitte Sie“, fügte Ebling noch hinzu, „den verabredeten Zeitplan einzuhalten.“
Auch die Fraktionen der Ampel-Koalition im Mainzer Rathaus reagierten mit Unverständnis und Enttäuschung auf die Verschiebung: „Die Bundeswehr mit ihren Liegenschaften sollte sich hier ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden“, sagten die drei Fraktionschefs Alexandra Gill-Gers (SPD), Sylvia Köbler-Gross (Grüne) und Walter Koppius (FDP). Man erwarte nun von den Mainzer Bundestagsabgeordneten, sich für eine schnellstmögliche Freigabe der GFZ–Kaserne einzusetzen, „die ewige Hinhalterei des Bundes muss ein Ende finden.“
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Verzögerungen bei der Räumung der GFZ-Kaserne lest Ihr hier bei Mainz&, einen Bericht von einem Rundgang über das Gelände im Jahr 2014 könnt Ihr hier finden.