Ostermontag ist Papst Franziskus in Rom überraschend gestorben, an diesem Samstag wird der Papst in Rom zu Grabe getragen. Im Mainzer Dom findet zu dem Anlass ein Trauergottesdienst abends um 18.00 Uhr statt. Bereits am Freitagabend wird wird in allen Kirchen des Bistums Mainz von 19.00 Uhr bis 19.30 Uhr ein gemeinsames Trauergeläut stattfinden. An allen Kirchen und kirchlichen Gebäuden soll es eine Trauerbeflaggung geben, das wird am Samstag auch an staatlichen Gebäuden in Rheinland-Pfalz der Fall sein. Am Samstag will sich zudem Ministerpräsident Alexander Schweitzer ins Kondolenzbuch für den Papst im Mainzer Dom eintragen. Was von Franziskus bleiben wird: Verehrung – und Enttäuschung.

Überführung des Sarges von Papst Franziskus in den Petersdom, durch eine Menschenmenge auf dem Petersplatz. - Screenshot: gik
Überführung des Sarges von Papst Franziskus in den Petersdom, durch eine Menschenmenge auf dem Petersplatz. – Screenshot: gik

Papst Franziskus war an Ostermontag im Alter von 88 Jahren an einem Schlaganfall in den frühen Morgenstunden gestorben – nur einen Tag, nachdem sich das Oberhaupt der Katholischen Kirche den Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom im Papamobil gezeigt, und den Ostersegen „Urbi et Orbi“, der Stadt und dem Weltkreis, gespendet hatte. Dass Franziskus nach langen Wochen der Krankheit, in denen er mehrfach an der Schwelle des Todes stand, überhaupt auf dem Petersplatz erschien, war vielen wie ein Wunder erschienen.

Es sollte der letzte Auftritt des Papstes gewesen sein, der 2013 mit großen Erwartungen als Reformer ins Amt gewählt worden war. Jorge Mario Bergoglio war der erste Argentinier auf dem Papststuhl, und der erste Vertreter des Jesuitenordens, der diese Position jemals inne hatte. Für Aufhorchen sorgten seine ersten Aktionen und Äußerungen nach Amtsantritt: Der Papst pilgerte nach Lampedusa und gedachte der im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge. Mit Sätzen wie „Wer bin ich, ihn zu verurteilen“ schien er erstmals in der Geschichte der Katholischen Kirche Homosexuelle anerkennen zu wollen.

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Papst Franziskus: Verehrt, geliebt – und enttäuscht

Geradezu Verehrung brachte Franziskus sein Lebensstil ein: Der Papst lehnte Prunk und Pomp ab, wohnte schlicht in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, und lief gerne in abgetretenen Straßenschuhen anstatt in roten Papstpumps. Der Heilige Vater fuhr vorwiegend in Kleinwagen, besuchte Arme und Hungernde, und wusch Sträflingen an Gründonnerstag die Füße. Am besten wirkte er, wenn er die Nähe der Menschen suchte, dann bewunderten und liebten ihn die Gläubigen in aller Welt.

Papst Franziskus war an Ostermontag an einem Schlaganfall verstorben. - Foto: Vatikan News
Papst Franziskus war an Ostermontag an einem Schlaganfall verstorben. – Foto: Vatikan News

„In guten Tagen war der Vatikan für Franziskus eine Showbühne“, schreibt Spiegel-Korrespondent Frank Hornig in seinem lesenswerten Nachruf „Der Seelsorger“: „Er lachte, scherzte mit Gläubigen. Küsste, umarmte, weinte, spielte Tischfußball und tanzte. Er war ein Charismatiker. (…) Kameras fingen solche Momente ein und projizierten das Bild vom liebevollen Strahlepapst in die Welt.“

Doch in Sachen Reformen erfüllte Papst Franziskus die Erwartungen, die er selbst mit seinen Reden zu beginn des Pontifikats geweckt hatte, nicht. Das Zölibat abschaffen oder zumindest aufweichen, Frauen die Priesterweihe ermöglichen, wiederverheiratete Geschiedene zum Abendmahl zulassen – all das ermöglichte der „Reformerpapst“ eben gerade nicht. Am deutlichsten wurde das in seinem Verhältnis zur Deutschen Kirche: Franziskus selbst sprach sich für „Synodale Wege“ aus, also die gemeinsame Beratung von Kirchenvertretern mit normalen Gläubigen über den Weg der Kirche.

Synodaler Weg in Deutschland: abgeschmettert wie Schulkinder

Doch als die Deutschen genau das taten, und nach jahrelangem Ringen Reformen gerade in Bezug auf die Sexualmoral beschlossen, „schmetterte Franziskus sie ab“, wie Hornig schreibt: „Mit harschen Briefen wiesen er, seine Kurienkardinäle oder anonym sein Presseamt das Gottesvolk wie aufmüpfige Schulkinder zurecht.“ Franziskus, so Hornigs Fazit, sei groß darin gewesen, die Menschen von einer anderen Kirche träumen zu lassen. Doch in der Substanz, bei der Reinheit der Lehre, „zeigte sich: Es war nur ein Traum.“

Mainzer Dom bei Nacht: Quo Vadis katholische Kirche? - Foto: gik
Mainzer Dom bei Nacht: Quo Vadis katholische Kirche? – Foto: gik

Womöglich ist auch das ein Grund, warum in Deutschland die Kirchenaustritt gerade auch in der Katholischen Kirche unter Franziskus einen nie gekannten Höhepunkt erreichten. Denn gerade bei der Aufklärung der grauenhaften Missbrauchsskandale bekamen die deutschen Katholiken keine Unterstützung vom Papst: Franziskus beließ sogar den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki im Amt, obwohl der ein gesamtes Bistum gegen sich aufgebracht hatte. Der „Schlingerkurs“ (Hornig) des Papstes in Bezug auf so viele moderne Themen wie Frauen oder Homosexuelle führte vielfach zu tiefer Enttäuschung und einer Abwendung von der Kirche.

So ist die häufigste Beschreibung für den nun verstorbenen Papst diese: Franziskus habe „Türen geöffnet“ – hindurchgegangen ist er aber meistens nicht. Dass sein Nachfolger dies tun wird, darf bezweifelt werden: Beim anstehenden Konklave ab Anfang Mai dürften Franziskus-Gefolgsleute hart mit den konservativen Hardlinern ringen, die bislang jede echte Reform der katholischen Doktrinen abgeschmettert haben. Den neuen Papst werden jedenfalls nur drei Kardinäle aus Deutschland noch mit wählen: neben dem Kölner Woelki sind das der Münchner Kardinal Reinhard Marx sowie Kardinal Gerhard Ludwig Müller.

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Mainzer Bischof Kohlgraf: „Ein motivierender Mensch“

Ausgerechnet der zum erzkonservativen Kreis zählende gebürtige Finther Müller wird also den Papstnachfolger mit bestimmen: Müller war von Papst Benedikt XVI. zum Chef der Glaubenskongregation in Rom gemacht, aber 2017 von Franziskus gefeuert worden. Nicht mit im Konklave wird hingegen der amtierende Mainzer Bischof sein: Peter Kohlgraf wurde bislang nicht zum Kardinal erhoben – der oberste Vertreter des Bistums Mainz ist damit erstmals seit Jahrzehnten nicht bei einer Papstwahl dabei.

Audienz des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf bei Papst Franziskus im Jahr 2022 in Rom. - Foto: Vatikan, via Bistum Mainz
Audienz des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf bei Papst Franziskus im Jahr 2022 in Rom. – Foto: Vatikan, via Bistum Mainz

Der Tod des Papstes sei „ein einschneidender und trauriger Moment für mich“, reagierte Bischof Kohlgraf am Montag. Er sei aber auch „dankbar für diesen Papst“, der ganz neue Akzente in der Kirche gesetzt, und Themen und Regionen in den Blick genommen habe, die zuvor nicht zentral im Blickfeld lagen. „In Einfachheit und Humor begegnete er unkompliziert seinen Mitmenschen“, berichtete Kohlgraf, mit Sätzen wie „Wer bin ich ihn zu verurteilen?“ habe er „eine offene Debattenkultur innerhalb der Kirche eröffnet.“ Dass dem Papst „die Suche nach einer angemessenen Rolle der Frauen innerhalb der Kirche ein Herzensanliegen war“, habe er mit der Berufung von Frauen in hohe Ämter im Vatikan gezeigt.

„Er wollte eine synodale Kirche, die sich, wenn es sein muss, verbeult zeigt und durchaus einem Feldlazarett gleicht, in dem für Menschen in ihrer Gebrochenheit oder sozialen Notlage gesorgt wird“, würdigte Kohlgraf den verstorbenen Franziskus: „Migration, Kapitalismuskritik und Einsatz für Frieden waren für ihn keine Randthemen.“ Mit seinen Enzykliken „Laudato Si’“ und „Fratelli tutti“ habe er sich zentral dem sozialen und ökologischen Engagement für eine Welt im Klimawandel und massiven ungerechten Zuständen zugewandt. „Mir persönlich ist die Begegnung mit ihm bei der Privataudienz 2022 und während der Ministrantenwallfahrt nach Rom letztes Jahr in lebendiger Erinnerung“, sagte Kohlgraf: „Ein motivierender Mensch. Danke Papst Franziskus.“

Requiem im Mainzer Dom, Trauergeläut, Fahnen auf Halbmast

Kohlgraf wird denn auch am Samstagabend ab 18.00 Uhr ein Trauer-Requiem im Dom zu Mainz für Papst Franziskus halten. Bereits am Nachmittag, um 15.45 Uhr wird sich Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) in das Kondolenzbuch im Dom eintragen. Bereits am Freitagabend, den 25. April, wird in allen Kirchen des Bistums Mainz von 19.00 bis 19.30 Uhr ein gemeinsames Trauergeläut stattfinden. Bis zum Abend des Beisetzungstages soll zudem an allen Kirchen und kirchlichen Gebäuden eine Trauerbeflaggung zu Ehren von Franziskus gehisst werden, am Samstag wird dies auch an allen staatlichen Gebäuden der Fall sein.

Info& auf Mainz&: Ein ausführliches Interview mit dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf zum Tod von Papst Franziskus findet Ihr hier beim Bistum Mainz im Internet. Den ganzen, sehr ausführlichen Nachruf von Spiegel-Korrespondent Hornig findet Ihr hier auf Spiegel Online, allerdings hinter der Paywall. Mehr Gedanken zum Zustand von Kirche und Religion in Deutschland lest Ihr auch in unserer Mainz&-Kolumne zu Ostern.

„Mainz& politisch“: Wieviel Religion steckt noch in Deutschland? – Ratlos in Mainz: Bischof Kohlgraf im RPR1-Interview zu Kirchenaustritten