Der Krieg in der Ukraine geht in seine 12. Woche, und er hat fast 14 Millionen Menschen zu Vertriebenen gemacht – allein 6 Millionen Ukrainer sind außer Landes geflohen. Deutschland hat davon 688.133 Menschen aufgenommen, nach Rheinland-Pfalz kamen mehr als 34.700 Geflüchtete. Die Landeshauptstadt Mainz beherbergt sogar weniger, als sie laut Verteilerschlüssel müsste, dennoch muss die Stadt nun sogar eine Turnhalle in Mainz-Drais als Unterkunft aktivieren.

Der Krieg in der Ukraine hat bereits rund 14 Millionen Menschen vertrieben. - Foto: gik
Der Krieg in der Ukraine hat bereits rund 14 Millionen Menschen vertrieben. – Foto: gik

Der Krieg in der Ukraine tobt inzwischen seit 12 Wochen, die große Fluchtbewegung aus dem Land ist mittlerweile zum Erliegen gekommen: Der unglaublich effektive und mutige Widerstand der Ukrainer hat den russischen Truppen schwere Niederlagen zugefügt, inzwischen haben sich die Russen aus dem Westen und der Mitte des Landes praktisch komplett zurückgezogen. Gekämpft wird nun vor allem im Osten und im Süden, damit fliehen nun aber inzwischen weniger Menschen aus dem Land.

Dennoch: Der Überfall auf die Ukraine hat eine der größten Fluchtbewegungen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Nach Angaben der UN-Flüchtlingswerks UNHCR sind inzwischen 8 Millionen Menschen in der Ukraine auf der Flut, weitere 6,1 Millionen Menschen sind aus dem Land geflohen – der Großteil Frauen und Kinder. Damit wurde ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung bisher laut UNHCR aus ihren Städten und Dörfern vertrieben.

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Nach Deutschland kamen dabei 688.133 Ukrainer, wie das Integrationsministerium in Mainz am Montag bekanntgab. Nach Rheinland-Pfalz kamen davon insgesamt 34.742 Menschen, das waren 5,04 Prozent der nach Deutschland Geflüchteten – sogar etwas mehr, als Rheinland-Pfalz nach dem Verteilerschlüssel von Bund und Ländern hätte aufnehmen müssen: Danach wären es 4,81 Prozent gewesen.

Willkommensbeutel für ukrainische Kinder in der IGS Mainz-Bretzenheim. - Foto: Stadt Mainz
Willkommensbeutel für ukrainische Kinder in der IGS Mainz-Bretzenheim. – Foto: Stadt Mainz

Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) betonte, sie freue sich, „wie ruhig, unaufgeregt und kooperativ sich das Aufnahmegeschehen in den letzten Wochen dargestellt hat.“ Das sei in der Vergangenheit „auch nicht immer der Fall“ gewesen, sagte die Ministerin – und spielte damit auf die große Flüchtlingskrise 2015 an, als binnen kürzester Zeit Hunderttausende aus dem Bürgerkrieg in Syrien nach Deutschland flüchteten. Tatsächlich kamen zwischen 2010 und Ende 2019 rund 790.000 syrische Flüchtlinge nach Deutschland, die Flüchtlingskrise 2015 löste eine der größten gesellschaftlichen Erschütterungen in den deutschen Nachkriegsgeschichte aus.

Davon ist dieses Mal so gut wie nichts zu spüren: Die Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine ist weiter enorm groß, viele sind privat untergekommen. Das allerdings macht den Überblick für die Behörden ebenso schwierig wie eine gleichmäßige Verteilung auf die Kommunen im Land, räumte Binz ein: „Die ukrainischen Kriegsflüchtlinge können sich bis zum 31. August visumfrei in Deutschland bewegen, eine gleichmäßige Verteilung auf die Länder und die Kommunen macht das sehr schwierig“, sagte die Ministerin: „Die Menschen haben sich mehr oder weniger selbst verteilt.“

 

So haben von den derzeit hier lebenden ukrainischen Geflüchteten offiziellen Angaben zufolge 1.626 eine offizielle Aufenthaltserlaubnis, 23.284 wurden offiziell erfasst, 9.832 sogar erkennungsdienstlich. Die Verteilung auf die einzelnen Landkreise und Kommunen ist dabei durchaus unterschiedlich: Während etwa im Westerwaldkreis mit 1.587 Ukrainern im Verhältnis besonders viele untergekommen sind, sind es im Landkreis Alzey-Worms derzeit nur 633.

Spendenaktion für Kinder aus der Ukraine an der IGS Mainz. - Foto Stadt Mainz
Spendenaktion für Kinder aus der Ukraine an der IGS Mainz. – Foto: Stadt Mainz

Besonders viele Ukrainer hat Bad Kreuznach mit 1.356 Personen aufgenommen, und damit seine eigentlich Verteilungsquote von 3,88 Prozent mit 4,24 Prozent deutlich übererfüllt. Auch der Landkreis Mainz-Bingen hat mit 1.823 Personen mehr aufgenommen, als er laut Verteilerschlüssel müsste: Mainz-Bingen hat damit 5,7 Prozent der geflüchteten Ukrainer aufgenommen, „müsste“ laut Verteilerschlüssel aber nur 5,16 Prozent aufnehmen.

Die Stadt Mainz hingegen hat inzwischen den Zahlen zufolge 1.462 Menschen aus der Ukraine aufgenommen – das sind 4,57 Prozent, und damit weniger als der eigentliche Verteilerschlüssel von 5,3 Prozent. Die Stadt Mainz meldet derweil höhere Zahlen: In der Landeshauptstadt Mainz seien mittlerweile rund 1.560 Menschen gemeldet, die seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine im Februar aus ihrem Heimatland flüchten mussten, teilte die Stadt vergangenen Freitag mit.

 

Die Sporthalle Mombach wurde bereits im März als Notunterkunft für Geflüchtete umgerüstet. - Foto: gik
Die Sporthalle Mombach wurde bereits im März als Notunterkunft für Geflüchtete umgerüstet. – Foto: gik

Trotz der im Verhältnis gar nicht so hohen Zahl muss Mainz nun eine Turnhalle im Stadtteil Drais als Unterkunft für die Flüchtlinge aktivieren: Ab dieser Woche müsse die Turnhalle zur Unterbringung genutzt werden, die Halle sei bereits für eine Belegung von bis zu 150 Menschen vorbereitet worden, teilte die Stadtverwaltung mit. Die Betreuung der Menschen vor Ort werde die Hilfsorganisation der Malteser übernehmen, die viel Wissen und Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit mitbringe. Die Versorgung mit Essen übernehme ein Caterer im Auftrag der Stadtverwaltung.

„Die Stadt konnte in den vergangenen Wochen kurzfristig mehrere Standorte zur Unterbringung von aus der Ukraine geflüchteten Menschen in Betrieb nehmen“, verteidigt die Stadt ihr Vorgehen weiter. Dazu gehörten reaktivierte Gemeinschaftsunterkünfte wie das Allianzhaus oder vormals von Studierenden bewohnte Appartements in der Generaloberst-Beck-Straße. Auch seien Menschen in privaten Wohnraum vermittelt und beeinträchtige Personen im Hotel INNdependence untergebracht worden.

Frauen aus der Ukraine beim Deutschkurs im Mainzer Allianzhaus. - Foto: gik
Frauen aus der Ukraine beim Deutschkurs im Mainzer Allianzhaus. – Foto: gik

„Dennoch kommen die Unterkünfte im Verantwortungsbereich der Stadtverwaltung Mainz nun an ihre Grenze, denn mittlerweile wohnen dort rund 660 Ukrainer“, heißt es weiter. Tatsache ist: Mainz verfügt nicht über genügend Unterbringungsmöglichkeiten. Im März hatte die Stadt Mainz mitgeteilt, aktuell gebe es insgesamt 1.334 Plätze in den Flüchtlingsunterkünften, davon seien 1.169 belegt. 500 Plätze könne man kurzfristig zusätzlich zur Verfügung stellen, hieß es damals.

Der Mainzer CDU-Stadtrat Karsten Lange hatte schon drei Tage nach Ausbruch des Kriegs gemahnt, Mainz verfüge nicht über ausreichend Unterbringungskapazitäten. Vorhandene Aufnahmekapazitäten seien „in jüngerer Vergangenheit leider wieder abgebaut worden“, sagte Lange. Deswegen müsse Mainz jetzt dringend „neue Kapazitäten aufzubauen, um mehr Menschen aufnehmen zu können“, betonte der CDU-Politiker: „Es ist unsere moralische Verpflichtung, die vor Krieg Schutz suchenden Menschen aus der Ukraine bei uns aufzunehmen.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Hilfe für die Ukraine aus Mainz könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zum Thema, wie sich das Land und die Stadt Mainz für die Aufnahme von Flüchtlingen im März rüsteten, könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen:

Ukraine-Krieg: Stadt Mainz und Land Rheinland-Pfalz rüsten sich für Flüchtlinge – Private Wohnungen gesucht