Fast genau ein Jahr nach der Havarie der Salzbachtalbrücke beginnt die Autobahn GmbH des Bundes mit einem entscheidenden Punkt des Wiederaufbaus: An der Baustelle im Salzbachtal wurden die ersten Stahlbauteile für die neue Brücke angeliefert. Noch in diesem Jahr sollen die Pfeiler für die neue Brücke stehen – die ersten Stahlbauteile Ende August über das Tal geschoben werden. Die Lichtblicke sind auch dringend nötig: Erst Ende 2023 wird die erste Brückenhälfte wieder stehen können, die komplette Brücke wohl erst 2025 fertig.

Die abgesackte Salzbachtalbrücke kurz nach dem Brückenunfall im Juni 2021. - Foto: gik
Die abgesackte Salzbachtalbrücke kurz nach dem Brückenunfall im Juni 2021. – Foto: gik

Es war am 18. Juni 2021, als ein lauter Knall an der Salzbachtalbrücke Anwohner und Passanten aufschreckte: Staub und Steine rieselten von der Autobahnbrücke der A66 über das Tal vor den Toren von Wiesbaden – die Brücke sackte ab, ein Brückenpfeiler brach und stellte sich quer. Die Folgen waren dramatisch: Die zentral wichtige Brücke für Pendlerverbindungen im ganzen westlichen Rhein-Main-Gebiet musste sofort komplett gesperrt werden – und kam auch nicht wieder.

Am 7. November wurde die rund 300 Meter lange Autobahnbrücke mit zwei großen Knalls gesprengt – die Brücke war so stark beschädigt, dass eine langsame Reparatur keine Option mehr war. 15.000 Tonnen Schutt wurden in Rekordzeit beseitigt, Ende November waren die Schuttberge bereits verschwunden. Die Bahnstrecke nach Wiesbaden sowie die wichtige Zubringerstraße zur Autobahn A671 .konnten vor Weihnachten wiedereröffnet werden.

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Doch damit war allenfalls nur das halbe Problem gelöst, wie der Wiesbadener Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) am Montag noch einmal deutlich machte: „Wir sind von der Havarie vor einem Jahr erheblich getroffen worden“, sagte Kowol bei einem Termin an der Salzbachtalbrücke: „Wir haben noch immer jeden Tag viele Staus in der Stadt.“ Rund 90.000 Fahrzeuge passierten pro Tag die Salzbachtalbrücke auf der A66, jetzt suchten sich viele Autofahrer noch immer notgedrungen Schleichwege auch durch Wohngebiete. „Da können wir derzeit nicht eingreifen, das ist einfach so“, sagte Kowol.

Die Baustelle der neuen Salzbachtalbrücke im Juni 2022. - Foto: gik
Die Baustelle der neuen Salzbachtalbrücke im Juni 2022. – Foto: gik

„Wir haben auf der A66 relativ viel Verkehr aus Rheinland-Pfalz und Rheinhessen“, erklärte Kowol zudem: Es gebe viele Pendler, die aus Gemeinden im Rheinhessischen über die Schiersteiner Brücke und die A66 ins Rhein-Main-Gebiet pendelten. Egal, wie sehr man sich wünsche, dass die Menschen auf die Bahn umstiegen, sagte Kowol weiter: „Wir sind ein sehr stark wachsender Ballungsraum, das wird einfach auch weiter ein starkes Autoaufkommen zur Folge haben. Man muss mit dem Umland rechen, das ist einfach die Realität.“

Die Hoffnungen der Wiesbadener ruhen deshalb auf eine möglichst schnelle Fertigstellung der neuen Salzbachtalbrücke, und daran werde unter Hochdruck gearbeitet, versicherte die Autobahn West GmbH. „Wir stehen hier ein Jahr später, und schauen nicht mehr auf die Trümmer sondern auf das, was nun werden wird“, sagte Ulrich Neuroth, Chef der Autobahn GmbH West. Am Montag wurde der Startschuss für den Bau der Stahlkonstruktion der Brücke gegeben, bis Ende August sollen sich die ersten Stahlträger über das Tal schieben.

 

Insgesamt rund 226 Stahlbauteile im Gesamtgewicht von rund 2.810 Tonnen werden die Brücke bilden, die einzelnen Elemente wurden zuvor in einer Fabrik gefertigt. Nun wurden die ersten Stahlbauteile auf der Baustelle neben der Brücke angeliefert, in einem „Taktkeller“ werden sie vormontiert und verschweißt. Dabei entsteht eine Hohlbrücken-Konstruktion ähnlich wie sie schon bei der Schiersteiner Brücke benutzt wurde – eine Reportage aus dem Inneren der Schiersteiner Brücke könnt Ihr hier bei Mainz& lesen. Einzelne Elemente der Salzbachtalbrücke haben ein Gesamtgewicht von bis zu 89 Tonnen, erklärten die Experten vor Ort.

Bauleiter Michael Achauer mit Stahlelementen, auf denen künftig die Fahrbahn der Salzbachtalbrücke ruht. - Foto: gik
Bauleiter Michael Achauer mit Stahlelementen, auf denen künftig die Fahrbahn der Salzbachtalbrücke ruht. – Foto: gik

Getragen werden die Stahlträger von Brückenpfeilern, je sechs große Pfeiler werden eine Brückenhälfte tragen – immer zu zweit an einer Stelle. Die ersten beiden Pfeiler sind nahezu fertig, über sie sollen die ersten Stahlbauträger hinausgeschoben werden. Für den östlichen Pfeiler der Südbrücke werde gerade die Gründung mit der Pfahlkopfplatte vervollständigt, um im Anschluss den Pfeiler herzustellen, der als Erstes für den Verschub des Stahlbaus benötigt wird, teilte die Autobahn GmbH weiter mit. Parallel werde auch bereits der Bau der Pfeiler für die Nordbrücke vorbereitet

Als erstes wird jedoch die Südbrücke übers Salzbachtal entstehen – und sie soll, so der Wille der Autobahn West GmbH, bis Ende 2023 befahrbar sein. Bis Mitte 2025 soll dann auch die Nordbrücke stehen, jede der beiden Brücken soll zunächst zwei Fahrstreifen der A 66 tragen, biete jedoch genügend Platz für einen zukünftigen Ausbau, hieß es weiter. Rund 150 Millionen Euro lässt sich der Bund den Ersatzneubau der Salzbachtalbrücke kosten.

 

„Es ist ein wichtiges Signal, dass wir in dieser Ballungsregion vorankommen“, sagte der eigens aus Berlin angereiste Verkehrs-Staatssekretär Oliver Luksic, und betonte ausdrücklich: „Dieses Bauwerk hier hat höchste Priorität für uns.“ Die Havarie vor einem Jahr sei „eine immense Belastung für die gesamte Region“, dessen sei man sich in Berlin sehr bewusst. „Ich freue mich über den Startschuss für die Stahlbaumontage“, sagte Luksic weiter: „Wir haben eine engagierten Zeitplan, den wollen wir auch unbedingt einhalten.“

Die Pfeiler für die neue Salzbachtalbrücke wachsen bereits in die Höhe. - Foto: gik
Die Pfeiler für die neue Salzbachtalbrücke wachsen bereits in die Höhe. – Foto: gik

Luksics Chef, Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) war vor seinem Wechsel nach Berlin Verkehrsminister in Mainz, das Thema Brückensanierung will der Liberale zu einem Schwerpunkt seiner Amtszeit machen. „Was wir hier erleben, erleben wir an vielen Stellen der Republik – vor allem im Westen“, sagte Luksic. In den westlichen Bundesländern seien in den 1960er Jahren gleichzeitig enorm viele Autobahnbrücken gebaut worden – nun aber werden genau diese Brücken alle gleichzeitig marode.

28.000 Brücken an Bundesfernstraßen gebe es im Land, sagte Luksic, 4.000 Brücken wolle der Bund nun prioritär in den kommenden zehn Jahren sanieren oder neu bauen. Das aber bedeute eine „gigantische Herausforderung“, betonte der Staatssekretär: Derzeit schafft der Bund gerade die Sanierung von 200 Brücken pro Jahr, nun müsse man Gas geben, „damit wir auf einer Treppe in Richtung 400 Brücken pro Jahr kommen, die wir sanieren müssen.“ Bis zur Gründung der Autobahn  GmbH des Bundes seien aber die Bundesländer zuständig für die Planungsentwürfe gewesen, klagte Luksic – und da gebe es erhebliche Defizite: Es gebe da „keinen großen Planungsstand“, rügte der Politiker.

Baukörper für die neue Salzbachtalbrücke: Stahltrapez mit Hohlraum in der Mitte. - Foto: gik
Baukörper für die neue Salzbachtalbrücke: Stahltrapez mit Hohlraum in der Mitte. – Foto: gik

Dezernent Kowol wünschte den Bauexperten der Autobahn GmbH derweil „gutes Gelingen“ beim Alltagsgeschäft Sanierung der Infrastruktur. „Mei dringender Wunsch und Appell ist, den Zeitplan wirklich einzuhalten“, sagte Kowol mit Blick auf die Salzbachtalbrücke. Die Verkehrslage im Sommer sei noch vergleichsweise entspannt – „doch der Herbst wird noch einmal sehr schwierig“, warnte Kowol: „Es wäre schön, wenn wir allen Verkehrsteilnehmern ein Signal senden könnten, dass die Brücke auch wirklich Ende 2023 in Betrieb gehen kann.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Havarie der Salzbachtalbrücke vor fast genau einem Jahr könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Unseren Bericht von der spektakulären Sprengung findet Ihr hier bei Mainz&:

“Bilderbuchsprengung”: Salzbachtalbrücke mit zwei Knalls tiefer gelegt – Brücken-Gebirge soll bis zum 4. Dezember weichen