Die Sperrung der Salzbachtalbrücke in Wiesbaden und damit der Autobahn 66 ist ein verkehrstechnischer Alptraum, das Stadtgebiet Wiesbaden muss pro Tag nun rund 80.000 Fahrzeuge auffangen, die sonst über die Brücke und die Autobahn fahren. Diverse Umleitungskonzepte sollen nun gegen den Stau helfen, die Salzbachtalbrücke einen Bypass bekommen – und mehr Verkehr auf den Mainzer Ring geleitet werden. Damit werden auch die Staus rund um Mainz zunehmen, zumal die Bahn auch in den kommenden zwei Monaten Wiesbaden nicht wird anfahren können. Mainz& erklärt, welche Verkehrskonzepte nun für Abhilfe schaffen sollen.

Die gesperrte Salzbachtalbrücke mit dem beschädigten Brückenpfeiler und einem auf der Brücke gestrandeten Brückenprüffahrzeug. - Foto: gik
Die gesperrte Salzbachtalbrücke mit dem beschädigten Brückenpfeiler und einem auf der Brücke gestrandeten Brückenprüffahrzeug. – Foto: gik

Am 18. Juni sackte die Salzbachtalbrücke wegen eines defekten Brückenlagers ab und landete einem großen Knall auf einem Brückenpfeiler, Brückenüberbau und Pfeiler wurden dabei schwerst beschädigt – die Salzbachtalbrücke ist in Teilen offenbar geborsten und einsturzgefährdet. Die Brücke ist so stark beschädigt, dass sie nun in etwa zwei Monaten gesprengt werden soll – die Vollsperrung der 310 Meter langen Autobahnbrücke der A66 wird also noch mehr als ein Jahr dauern. In 14 Monaten wollen die Ingenieure der Autobahn GmbH des Bundes eine neue Brücke hochziehen, doch bis dahin droht vor allem der Landeshauptstadt Wiesbaden der Verkehrsinfarkt. Denn unter der beschädigten Salzbachtalbrücke verläuft auch die Bahnlinie, sämtlicher Bahnverkehr aus Richtung Frankfurt und Mainz nach Wiesbaden ist derzeit lahm gelegt – eine Katastrophe für Pendler.

„Es ist ein verkehrstechnischer Alptraum“, stöhnte vergangenen Freitag Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD), „die Dramatik der Lage kann gar nicht überbewertet werden.“ 80.000 Fahrzeuge, die sonst die Salzbachtalbrücke jeden Tag überqueren, suchen sich nun einen Weg durch Wiesbaden und die angrenzenden Vororte, belastet ist vor allem Biebrich. „Wir können nicht 80.000 Fahrzeuge im Stadtgebiet auffangen“, betonte Wiesbadens Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne), das Ziel müsse sein, möglichst schnell Schleichverkehre aus den Wohngebieten herauszuhalten.

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Die beschädigte Brücke ist abgesackt und weist tiefe Risse auf. - Foto: gik
Die beschädigte Brücke ist abgesackt und weist tiefe Risse auf. – Foto: gik

Vergangenen Freitag präsentierten deshalb die Planer der Autobahn GmbH sowie von der Stadt Wiesbaden erste Verkehrskonzepte, wie der Dauer-Stau in Wiesbaden vermieden werden soll. Die Autobahn GmbH plant derzeit, die Salzbachtalbrücke in zwei Monaten zu sprengen und dann den ersten Brückenteil – die südliche Brücke – binnen 12 Monaten neu zu bauen. Damit aber bleibt die Lücke in der A66 für mindestens 14 Monate – Mainz& erklärt, welche Lösungsansätze es für Bus, Bahn, Autoverkehr und Radfahrer gibt.

Autos: Bypass für die Brücke und Umleitung über den Mainzer Ring

Schon seit der Sperrung der Salzbachtalbrücke am 18. Juni versuchen die Planer von der Autobahn GmbH des Bundes, den Fernverkehr großräumig um Wiesbaden herumzuleiten: Anzeigetafeln weisen bereits weit vor Wiesbaden auf die Brückensperrung hin, der Fernverkehr soll über die A3 oder aber gleich auf die Mainzer Seit ausweichen: Es sei erklärtes Ziel, mehr Verkehr über den Mainzer Ring abzuleiten, erklärten die verantwortlichen der Autobahn GmbH. Das wird vor allem im Herbst zu einem Problem werden, wenn die Ferien vorbei sind, die Schule wieder beginnt und weniger Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten können.

Der geplante Bypass für die Salzbachtalbrücke an der Mainzer Straße / A671. - Grafik: Autobahn GmbH
Der geplante Bypass für die Salzbachtalbrücke an der Mainzer Straße / A671. – Grafik: Autobahn GmbH

Im Bereich des Schiersteiner Kreuzes gilt künftig ein Verbot für LKW über 3,5 Tonnen, die A66 wird ab dem Kreuz für Lkw Richtung Frankfurt gesperrt, um die Anschlussstelle Wiesbaden-Biebrich zu entlasten. Für die Wirtschaft bedeutet das erhebliche Umwege und für den Mainzer Ring deutlich mehr Lkw-Verkehr für mindestens die nächsten 14 Monate. Gesperrt ist durch die marode Brücke aber auch die B 263, die sogenannte „Mainzer Straße“, die die A 671 mit der Wiesbadener Innenstadt verbindet. Für sie soll es nun einen Bypass geben: Dafür werden die beiden Auffahrts- und Abfahrtsrampen von der Mainzer Straße auf die A66 so umgebaut, dass pro Fahrtrichtung eine Fahrspur zur Verfügung steht – und die kaputte Brücke so umfahren werden kann.

Der Bypass werde zwar nur langsam befahrbar sein, aber immerhin eine Durchfahrtmöglichkeit bieten, so sollen vor allem auch Busse wieder die Route befahren können – auch der Gehweg und der Radweg sollen hier wieder langführen können. Derzeit laufen dafür die Umbauarbeiten, der Bypass wohl schon in dieser Woche geöffnet werden können. In den nächsten vier bis sechs Wochen sollen zudem weitere Umfahrungsmöglichkeiten ausgearbeitet werden, so soll von der Biebricher Allee aus eine Auffahrt auf die A66 Richtung Rheingau geschaffen werden, was derzeit nicht möglich ist.

Geplante neue Auffahrt von der Biebricher Allee auf die A66 in Richtung Rheingau. - Grafik: Autobahn GmbH
Geplante neue Auffahrt von der Biebricher Allee auf die A66 in Richtung Rheingau. – Grafik: Autobahn GmbH

Vom Siegfriedring soll zudem eine bessere Auffahrt auf die Bundesstraße 54 Richtung Mainz-Kastel eingerichtet werden, dafür soll der dortige Wirtschaftsweg als Zufahrt umgebaut werden, um auch hier mehr Verkehr langfließen zu lassen. Im Stadtgebiet von Wiesbaden wird zudem die Beschilderung angepasst, Ampelschaltungen werden so umgestellt, dass sie einen besseren Verkehrsfluss ermöglichen – in den ersten Tagen hatten vor allem Verkehrspolizisten höchst effektiv an den Verkehr an vielen Kreuzungen dirigiert und so für einen erheblich besseren Verkehrsfluss gesorgt.

Bahnverkehr nur via Wiesbaden-Ost und Mainz-Kastel

Der erste Impuls nach der Sperrung der Salzbachtalbrücke war der Satz: Pendler sollten auf den Zug umsteigen – doch oh weh: Die Hauptzugstrecke nach Wiesbaden verläuft just unter der Salzbachtalbrücke – und ist von der Sperrung gleich mit betroffen. Eine Wiederaufnahme des Zugverkehrs wäre zum jetzigen Zeitpunkt zu gefährlich: Die Brücke ist nicht standsicher und akut einsturzgefährdet. Frühestens in zwei Monaten, so die Experten, könnten wieder Züge über die Schienenverbindung nach Wiesbaden rollen – wenn denn alles glatt geht, und die Gleise durch eine Sprengung oder gar einen vorherigen Einsturz der Brücke nicht noch beschädigt werden.

Der Wiesbadener Hauptbahnhof wird für die kommenden Wochen zum Geisterbahnhof. – Foto: Silke Gutjahr
Der Wiesbadener Hauptbahnhof wird für die kommenden Wochen zum Geisterbahnhof. – Foto: Silke Gutjahr

Der Wiesbadener Hauptbahnhof wird deshalb erst einmal ein Geisterbahnhof bleiben: Alle Züge und S-Bahnen aus Richtung Frankfurt enden deshalb vorerst in Wiesbaden-Ost oder am Bahnhof Mainz-Kastel. Nach Angaben des RMV gelten vorerst folgende Regelungen: Die S-Bahnen S1 und S8 enden in Wiesbaden-Ost un wenden dort, die Deutsche Bahn hat von dort Busse als Schienenersatzverkehr zum Wiesbadener Hauptbahnhof eingerichtet. Die Linie S9 wiederum endet und wendet am Bahnhof Mainz-Kastel, Reisende können von hier einen Bus nehmen, oder die S1 nach Wiesbaden-Ost, von dort Busse zum Hauptbahnhof fahren.

Für die Regionalbahnlinie RB 10 entfällt der Halt am Hauptbahnhof, Fahrgäste können in Wiesbaden-Biebrich in den Schienenersatzverkehr der VIAS umsteigen. Auch die ESWE-Buslinie 47 verbindet Biebrich und den Wiesbadener Hauptbahnhof.

Alternative Richtung Taunus und Frankfurt: Die Ländchesbahn

Eine Alternative kann die sogenannte „Ländchesbahn“ von Wiesbaden aus in den Taunus nach Niedernhausen sein – die von der Hessischen Landesbahn (HLB) betriebene Regionallinie ist die einzige, die derzeit den Wiesbadener Hauptbahnhof anfahren kann. Die HLB arbeite „mit Hochdruck“ an einem Notfall-Betriebsprogramm mit erweiterter Platzkapazität tagsüber im Halbstundentakt, teilte der RMV weiter mit.

Wegen der Sperrung der Salzbachtalbrücke fährt derzeit auch kein Zug und keine S-Bahn von Mainz nach Wiesbaden. - Foto: gik
Wegen der Sperrung der Salzbachtalbrücke fährt derzeit auch kein Zug und keine S-Bahn von Mainz nach Wiesbaden. – Foto: gik

Die Ländchesbahn fährt von Wiesbaden nach Niedernhausen, hier kann in die S-Bahn nach Frankfurt umgestiegen werden – die Fahrzeit verlängere sich im Vergleich zu einer sonstigen S-Bahn-Fahrt zum Frankfurter Hauptbahnhof um etwa 20 Minuten, heißt es weiter. Den Fahrplan für die Ländchesbahn findet Ihr hier im Internet. Eine gute Nachricht immerhin: Solange die übrigen Züge nicht den Wiesbadener Hauptbahnhof anfahren können, gelten Fahrkarten, die sonst zwischen Frankfurt-Höchst und Wiesbaden gelten, auch zur Fahrt mit dem Zug über Niedernhausen, teilte der RMW nun mit.  Im Übrigen seien am Hauptbahnhof Reisendenlenker im Einsatz, um Fahrgästen so gut es gehe weiterzuhelfen. Ansonsten verweist man beim RMV auf den Stadtbusverkehr. Aktuelle Infos zum RMV-Verkehr gibt es hier im Internet.

Die Busse: Umleitungen, Verspätungen und ein Busstreik

Die Buslinien in Wiesbaden und zwischen Wiesbaden und Mainz sind durch die Sperrung der Salzbachtalbrücke ebenfalls stark beeinträchtigt, diverse Linien müssen andere Routen fahren, dazu stehen die Busse ebenfalls im Dauerstau – mehr zu den Busumleitungen in Wiesbaden und dem Schienenersatzverkehr zu den Bahnhöfen findet Ihr hier bei der Wiesbadener ESWE. Ein großer Problem haben Pendler von und nach Wiesbaden, sie müssen deutlich mehr Zeit einrechnen als sonst – Leser berichten von bis zu einer Stunde mehr. Fahrgäste aus Mainz müssen vor allem bei den Linien 6 und 33 mit erheblichen Verspätungen rechnen, mehr dazu hier bei der Mainzer Mobilität.

Auch der Busverkehr ist wegen eines Busfahrerstreiks von Verdi stark eingeschränkt, besonders betroffen: die Buslinie 6. - Foto: gik
Auch der Busverkehr ist wegen eines Busfahrerstreiks von Verdi stark eingeschränkt, besonders betroffen: die Buslinie 6. – Foto: gik

Dazu kommt noch ein Spezialproblem: ein Busstreik. Trotz der Brückensperrung startete die Gewerkschaft Verdi am Montag, den 21. Juni in einen unbefristeten Busfahrerstreik, der vor allem die Linien der DB Regio trifft – Verdi will mit dem „Erzwingungsstreik“ vor allem um durchbezahlte Wartezeiten die Arbeitgeber zur Einhaltung eines bereits unterbreiteten Angebots zwingen, das Problem: der Streil trifft nun die Region besonders hart. Denn betroffen sind ausgerechnet die Linien 6 und 33 mit dem Ergebnis: Gerade in den Morgenstunden fahren kaum Busse auf diesen Linien und wenn, dann nur in großen Abständen. Ab dem 28. Juni müsse zudem mit noch mehr Fahrausfällen auf den Linien 6, 56, 66 und 91 gerechnet werden, heißt es auf der Homepage der Mainzer Mobilität weiter – alle Details dazu findet Ihr hier im Internet.

Rad: Sonder-Fahrtguthaben für Mietradelsystem meinRad

So mancher Pendler dürfte sich da schon gedacht haben: Ich schwimm‘ nach Wiesbaden… Doch halt, eine Option gibt es ja noch: das Fahrrad. In den kommenden Wochen wird die Region wohl einen besonderen Fahrradboom bei Pendlern zwischen den Städten erleben – eine Fahrt vom Mainzer Hauptbahnhof in die Wiesbadener Innenstadt – etwa zum Landtag – wird allerdings bei Radrutenplanern mit satten 48 Minuten angegeben.

Das Mietradelsystem meinRad von ESWE und Mainzer Mobilität ist eine echte Alternative. - Foto: ESWE
Das Mietradelsystem meinRad von ESWE und Mainzer Mobilität ist eine echte Alternative. – Foto: ESWE

Immerhin: Die Wiesbadener ESWE bietet nun einen Sonder-Brückentarif für alle Nutzer ihres Mietradelsystems meinRad an: Mit dem Gutscheincode BRUECKE21 erhält man 15 Euro Fahrtguthaben für „meinRad“, um den Stau zu umfahren, das praktische für Mainzer: Mit dem Mietradelsystem kann man auch von Wiesbaden nach Mainz und zurück fahren, die Räder können an jeder Station in den beiden Städten deponiert werden. Aber Achtung: Das Sonder-Brückenangebot gilt erst einmal nur bis zum 4. Juli, das Guthaben ist dann gültig bis einschließlich 22. Juli – mehr dazu hier bei der ESWE.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Crash der Salzbachtalbrücke lest Ihr hier bei Mainz&, alle Details zur geplanten Sprengung und zur Beschädigung der Brücke haben wir hier bei Mainz& berichtet.

 

 

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