Sein Spitzname lautet „Klein Hogwarts“, und tatsächlich erinnert Schloss Waldthausen bei Mainz an die Filmkulisse aus den Harry Potter-Filmen. Doch eine Internationale Schule wird es auf dem Anwesen im Wald bei Budenheim nun doch nicht geben: Am 4. November will der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz den neuen Pächter für das Schloss und sein Gelände vorstellen: Die französische Unternehmensgruppe Châteauform’ wird hier ein internationales Seminarzentrum etablieren. Scharfe Kritik kommt von den Liberalen: Mainz verpasse eine große Chance und viel Renommee.
Schloss Waldthausen wurden zwischen 1908 und 1910 als repräsentative Villa für den Freiherren Martin Wilhelm von Waldthausen erbaut, das schlossartige Anwesen liegt vor den Toren von Mainz auf dem Gebiet von Budenheim. Seit Jahren steht das verwunschene Anwesen leer, denn die Besitzverhältnisse sind kompliziert: Das Schlossareal steht im Eigentum der Landeshauptstadt Mainz, die das inmitten des Naturschutzgebietes Lenneberger Wald gelegene Gelände 1980 erworben hatte.
Das Anwesen selbst aber ging 1982 an den Sparkassenverband Rheinland-Pfalz – und zwar in Erbbaurecht. Schloss Waldthausen wurde damit Sitz des Sparkassenverbandes, der hier seine Akademie einrichtete – bis zu seinem Umzug im Jahr 2020 in die Mainzer Innenstadt. Seither war lange unklar, was aus dem Schloss werden würde – im März 2022 schlug die Junge Union etwa vor, ukrainische Flüchtlinge in dem Gebäudekomplex unterzubringen.
Schloss Waldthausen als Standort für Internationale Schule gehandelt
Zuletzt allerdings war Schloss Waldthausen vor allem als Standort für eine in Mainz dringend benötigte Internationale Schule im Gespräch, vor allem die langjährige FDP-Stadträtin Cornelia Wilius-Senzer setzte sich vehement für die Idee ein. Der Sparkassenverband verhandelte in diesem Frühjahr tatsächlich auch mit einem Betreiber von Internationalen Schulen aus Baden-Württemberg, zuletzt machte sich Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) für ein solches Projekt stark – im Mai wurde im Mainzer Stadtrat bekannt, dass das Theresianum in der Mainzer Oberstadt ab Sommer 2027 einen internationalen Schulzweig anbieten will.
Nun ist klar: Schloss Waldthausen wird definitiv keine Schule werden. Ende August unterzeichnete der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz einen 15-jährigen Pachtvertrag mit der französischen Unternehmensgruppe Châteauform’. Diese werde „als führende Betreiberin von exklusiven Seminarstätten in Europa das denkmalgeschützte Areal pachten und nach umfassenden Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten dort ab 2026 Gäste betreuen“, teilte der Sparkassenverband Ende August mit: Geplant sei ein internationales Seminar- und Tagungszentrum.
„Ein neues Kapitel in der wechselvollen Geschichte von Schloss Waldthausen bei Mainz wird aufgeschlagen“, freuten sich Sparkassenpräsident Thomas Hirsch und Jerome Claus von Châteauform’ Deutschland. Das Châteauform’-Konzept, das jetzt in die Umsetzung gehe, werde die Region bereichern und den Wirtschaftsstandort rund um Mainz stärken, betonte Hirsch. Claus wiederum kündigte an, man freue sich auf die neue Location und wolle sie „mit vollem Engagement“ vorantreiben. Ziel sei, neben Firmen und Institutionen im Raum Mainz und der Rhein-Main-Region auch „Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet und den europäischen Nachbarländern für den Tagungsstandort Schloss Waldhausen zu begeistern.“
Châteauform’: Experte für exklusive Tagungen in Schlössern
Châteauform’ – gegründet 1996 – betreibt inzwischen in ganz Westeuropa höchst exklusive Seminarstandorte in mittlerweile 67 Locations in Spanien, Italien der Schweiz, den Niederlanden und natürlich in Frankreich. In Deutschland ist die Gruppe an sieben Standorten vertreten, darunter Schloss Ahrenthal bei Bonn oder Schloss Velen im Münsterland. Châteauform’ bietet dort Tagungen, Meetings und Firmenevents an, Schloss Waldthausen passt offenbar genau in das Konzept.
Am 4. November wollen nun Sparkassenverband und Châteauform’ in einer gemeinsamen Pressekonferenz die weiterem Pläne vorstellen. Châteauform’ werde bereits ab Oktober die Bewirtschaftung von Schloss Waldthausen übernehmen, Anfang November wolle man „Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten erläutern und das zukünftige Bewirtschaftungskonzept vorstellen“, heiß es am Donnerstag.
Enttäuscht äußerte sich hingegen die Mainzer FDP: Das Scheitern einer Internationalen Schule in Schloss Waldthausen sei ein „absolutes Trauerspiel“, kritisierte FDP-Stadtrat bereits Ende August: „Mainz verpasst damit erneut die Chance, die Schullandschaft um einen echten Leuchtturm zu erweitern und die Möglichkeiten, den wir mit dem Ausbau unseres Biotechnologiestandorts eigentlich haben, konterkarieren wir mit unsagbarer Mutlosigkeit“, schimpfte Dietz.
Nachdem es „wochenlang kaum positive Bewegung“ um eine mögliche Internationale Schule in Waldthausen gegeben habe, sei nach der Stadtratssitzung im Mai eigentlich „eine neue Dynamik zwischen dem Sparkassenverband, dem interessierten Schulträger und Akteuren aus der Region gekommen“, berichtete Dietz. Es sei daher „umso bedauerlicher“, dass von Seiten der Mainzer Verwaltung „nicht mehr Impulse ausgegangen sind, um diese Möglichkeit zu realisieren“, kritisierte er: „Eine internationale Schule in diesem fantastischen Ambiente hätte enormen Charme, Strahlkraft und Magnetwirkung entfalten können. Schade, dass wir mit den Chancen, die wir haben, offensichtlich nicht mithalten können.“
Info& auf Mainz&: Mehr zur französischen Unternehmensgruppe Châteauform’ findet ihr hier im Internet.